Kostenteilung für Wegerecht

Gericht

BGH


Art der Entscheidung

Revisionsurteil


Datum

17. 02. 2006


Aktenzeichen

V ZR 49/05


Leitsatz des Gerichts

Auch ein unbefestigter, aus zwei Fahrspuren bestehender Weg, der ständig mit Kraftfahrzeugen befahren wird, ist eine Anlage im Sinne von § 1020 Satz 2 BGB.

Tenor

Auf die Rechtsmittel der Kläger werden das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim vom 11. Februar 2005 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung zurückgewiesen worden ist, sowie das Urteil des Amtsgerichts Burgdorf vom 30. September 2004 geändert.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, sich neben den Klägern zur Hälfte an allen Kosten zu beteiligen, die mit der Wiederherstellung des unbefestigten Weges zur Ausübung des Wegerechts der Beklagten auf dem Grundstück der Kläger im Zusammenhang stehen.

Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.

Von Rechts wegen

Tatbestand


Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten, sich an den Kosten für die Wiederherstellung eines über das Grundstück der Kläger verlaufenden Weges zu beteiligen.

Das Grundstück der Kläger ist mit einer Grunddienstbarkeit (Wegerecht) zugunsten des jeweiligen Eigentümers des dahinter liegenden Grundstücks belastet. Die Beklagten sind Eigentümer des Hinterliegergrundstücks. Sie und ihre Mieter erreichen es - auch mit ihren Kraftfahrzeugen - über das Grundstück der Kläger auf einem nicht befestigten, aus zwei ausgefahrenen Fahrspuren bestehenden Weg, den auch die Kläger befahren. Nach Regenfällen sammelt sich dort Wasser an.

Die Kläger wollen - jetzt noch - die Feststellung erreichen, dass die Beklagten verpflichtet sind, sich zur Hälfte an allen Kosten zu beteiligen, die mit der Wiederherstellung eines der Ausübung des Wegerechts der Beklagten dienenden unbefestigten Weges auf dem Grundstück der Kläger in Zusammenhang stehen. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Kläger ist insoweit erfolglos geblieben. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, verfolgen die Kläger ihren Feststellungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe


Entscheidungsgründe:

I.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts haben die Kläger keinen Anspruch auf eine Kostenbeteiligung der Beklagten nach § 1020 Satz 2 BGB; zum einen sei der Weg keine Anlage im Sinne der Vorschrift, zum anderen finde diese nur dann Anwendung, wenn dem Dienstbarkeitsberechtigten die alleinige Befugnis zur Benutzung einer Anlage zustehe. Eine analoge Anwendung von § 748 BGB scheide aus; der Grundstückseigentümer und der Dienstbarkeitsberechtigte müssten den Weg jeweils auf eigene Kosten so unterhalten, wie es für ihre Belange erforderlich sei. Ein Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. § 242 BGB bestehe nicht, weil die Beklagten den Weg nicht rechtswidrig nutzten und weil die Schäden nicht durch eine schuldhafte Pflichtverletzung der Beklagten entstanden seien. Schließlich bestehe auch kein Anspruch aus dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag, weil die Wiederherstellung des Weges mit ihrer Beteiligung an den Kosten nicht dem Willen der Beklagten entspreche.

Das hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.


II.

1. Zu Unrecht verneint das Berufungsgericht die Verpflichtung der Beklagten nach § 1020 Satz 2 BGB, sich zur Hälfte an den Kosten für die Instandsetzung des Weges zu beteiligen.

a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts handelt es sich bei dem Weg um eine Anlage im Sinne dieser Vorschrift. Darunter versteht man eine für eine gewisse Dauer bestimmte, von Menschenhand zur Benutzung des Grundstücks geschaffene Einrichtung (Senat, BGHZ 149, 213, 217). Nichts anderes ist der Weg, obwohl er unbefestigt ist und nur aus zwei Fahrspuren besteht. Denn er ist wenigstens durch ständiges Befahren mit Kraftfahrzeugen entstanden, falls er nicht irgendwann einmal angelegt wurde. Spätestens seit dem Entstehen der Fahrspuren und sonstiger Veränderungen der Erdoberfläche, die mit der Benutzung der Fläche zum Betreten und Befahren zusammenhängen, ist der unbefestigte Weg eine vom Menschen geschaffene Einrichtung, die der Ausübung der für den jeweiligen Eigentümer des Hinterliegergrundstücks bestehenden Dienstbarkeit auf unbestimmte Dauer dient. Darin unterscheidet sich der unbefestigte Weg von einer bloßen Veränderung des Grundstücks selbst, die keine Anlage i.S.v. § 1020 Satz 2 BGB sein soll (Staudinger/ Jörg Mayer, BGB [2002], § 1020 Rdn. 12; Grziwotz, Grundbuch- und Grundstücksrecht, Rdn. 434).

b) Rechtsfehlerhaft nimmt das Berufungsgericht auch an, dass die Anwendbarkeit von § 1020 Satz 2 BGB auf die Fälle beschränkt sei, in denen der Dienstbarkeitsberechtigte die Anlage ausschließlich allein nutze. Der Senat hat in seinem - erst nach dem Erlass des Berufungsurteils veröffentlichten - Urteil vom 12. November 2004 (BGHZ 161, 115 ff.) anders entschieden, nämlich dass der Berechtigte auch dann nach § 1020 Satz 2 BGB zur Unterhaltung und Instandsetzung einer der Ausübung der Dienstbarkeit dienenden Anlage verpflichtet ist, wenn der Eigentümer die Anlage mitbenutzen darf, und dass der Berechtigte die Unterhaltungs- und Instandsetzungskosten nicht allein, sondern in entsprechender Anwendung von §§ 748, 742 BGB im Zweifel zur Hälfte tragen muss.

c) Anhaltspunkte dafür, dass hier eine andere Kostenverteilung angebracht ist, gibt es nicht. Zwar ist es möglich, dass es den Interessen der Parteien eher entspricht, die Unterhaltungspflicht an dem Maß der jeweiligen Nutzung auszurichten (Senat, Urt. v. 12. November 2004, V ZR 42/04, NJW 2005, 894, 897 [insoweit in BGHZ 161, 115 ff. nicht abgedruckt]). Aber nach den von dem Berufungsgericht getroffenen Feststellungen befahren die Beklagten den Weg mit zwei Fahrzeugen, ihre Mieter mit einem Fahrzeug und die Kläger allenfalls auch mit einem Fahrzeug. Damit steht fest, dass die Beklagten und ihre Mieter den Weg wenigstens zur Hälfte nutzen. Da die Kläger keine höhere Kostenbeteiligung verlangen, müssen die Beklagten jedenfalls die Hälfte der Wiederherstellungskosten tragen.

2. Danach ist das Berufungsurteil teilweise aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da weitere Feststellungen nicht erforderlich sind, hat der Senat in der Sache selbst zu entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Das führt zum Erfolg der Klage auch hinsichtlich des Feststellungsantrags.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.


Krüger Klein Lemke
Schmidt-Räntsch Roth

Vorinstanzen

AG Burgdorf, 13 C 429/04, 30.09.2004; LG Hildesheim, 7 S 272/04, 11.02.2005

Rechtsgebiete

Grundstücks- und Wohnungseigentumsrecht

Normen

BGB § 1020 Satz 2