Werbung mit Werturteilen Dritter

Gericht

LG Hamburg


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

19. 09. 2007


Aktenzeichen

315 U 640/07


Tenor

I. Die einstweilige Verfügung vom 20. Juli 2007 wird bestätigt.

II. Die Antragsgegnerin trägt die weiteren Kosten des Verfahrens.

Entscheidungsgründe


Tatbestand:

Die Parteien verlegen ….

In der Ausgabe …… verwendete die Antragsgegnerin den deutlich erkennbaren Claim

"Deutschlands bestgemachtes TV-Magazin* "

Das Sternchen findet am rechten Rand der Titelseite - in kleiner Schrift und in vertikaler Stellung - seine Auflösung wie folgt:

„1. Platz im Genre-Ranking der TV-Zeitschriften bei den Lead Awards 2007".

Die "LeadAwards" sind Auszeichnungen der "LeadAcademy für Mediendesign und Medienmarketing", die jährlich von einer Jury aus Medienschaffenden verliehen werden. Es handelt sich um - von einer Fachjury nach objektiven Kriterien festgelegte - Preise für bestimmte publizistische Leistungen. Diese werden aus 2.000 bis 3.000 Vorschlägen ausgewählt. Für die Gewinner in den jeweiligen Kategorien (z. B. "Cover des Jahres", "Beitrag des Jahres", "Foto des Jahres" u. s. w.) gibt es Auszeichnungen in Gold, Silber und Bronze. Diejenigen, die eine solche Auszeichnung erhalten, sind die einzigen offiziellen Preisträger der LeadAwards.

Darüber hinaus führt die "LeadAcademy" im Vorfeld der Bewertung und Preisverleihung einmal pro Jahr die "Top-100-Umfrage" durch. Bei der diesjährigen Umfrage wurden 3.150 "Top-Entscheider aus Medien, Werbung und Industrie mittels Fragebogen" gebeten, "das bestgemachte und wichtigste deutsche Magazin zu wählen" (vgl. Anl. AST 3). In dem Anschreiben (Anlage AST 7) wurden die "Top¬Entscheider" und "Top-Kreative" gebeten, "aus der Vielzahl deutscher Zeitschriften jene Titel herauszufiltern, die für Qualität, Relevanz und Innovation stehen." Es sollten auf einem beiliegenden Fragebogen alle Magazine angekreuzt werden, die derzeit für richtungsweisend, unverzichtbar und handwerklich einwandfrei gehalten würden. Die Einteilung der Zeitschriften in verschiedene Genres diene lediglich zur besseren Übersicht.

In dem dem Anschreiben beigefügten Fragebogen wird dann noch einmal wiederholt: "Bitte kreuzen Sie an, welche der folgenden Magazine für Sie derzeit die besten deutschen Zeitschriften sind. Sie können so viele Titel auswählen, wie sie wollen. Wichtig: Die Einteilung nach Genres dient nur zur besseren Orientierung. Sie können also pro Genre einen, keinen oder mehrere Titel ankreuzen. Sollte ein Magazin fehlen, fügen Sie es bitte hinzu."

Auf dem Fragebogen sind die insgesamt 100 Zeitschriften unter Rubriken (Genres) gegliedert. Unter der Rubrik "Fernsehen" finden sich die Zeitschriften der Antragstellerin und die Zeitschrift "TV SPIELFilM" neben weiteren Fernseh¬Zeitschriften.

Die Ergebnisse der Umfrage ergaben, dass unter 1 00 Zeitschriften verschiedener Genres 3 Fernsehzeitungen auftauchten, und zwar TV SPIELFIM auf Platz 60, und die Wettbewerbsprodukte Hörzu auf Platz 78 bzw. TV Digital auf Platz 99. Die Ergebnisse wurden von der "leadAcademy" u. a. in einem Genre-Ranking veröffentlicht (Anlage AG 6). Darüber hinaus veröffentlichte der "Kress-Report" in einem "Kress-Spezial" zu den "lead awards" unter der Überschrift: "Das sind die Besten ihrer Art" ein Genre-Ranking, in dem "TV SPIELFILM die Nummer 1, Hörzu die Nummer 2 und TV Digital die Nummer 3 trägt.

Die Antragstellerin hält die Werbung mit "Deutschlands bestgemachtes TV-Magazin*" für eine irreführende Spitzenstellungsberühmung …..

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

Die einstweilige Verfügung vom 20. Juli 2007 ist zu bestätigen. Sie hat sich auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Antragsgegnerin im Widerspruchsverfahren als zu Recht ergangen erwiesen.

1.

Nach §§ 3, 5, 8 Abs. 1 UWG kann auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer irreführend wirbt.

Eine Angabe ist irreführend i. S. von § 5 UWG, wenn sie die Wirkung einer unzutreffenden Angabe erzeugt, d. h. den von ihr angesprochenen Verkehrskreisen einen unrichtigen Eindruck vermittelt (für alle Piper-Ohly, UWG, 4. Auf!., § 5 Rn.114 m. w. N; st. Rspr.). Sie ist irreführend, wenn sie bei den Adressaten eine Vorstellung erzeugt, die mit den wirklichen Verhältnissen nicht im Einklang steht.

Es ist im Rahmen des § 5 UWG jedoch stets zu beachten, dass eine Angabe nur irreführend sein kann, wenn sie inhaltlich etwas aussagt und dieser Aussageinhalt nach der Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise objektiv nachprüfbar ist. Die Grenze ist deshalb zwischen Äußerungen zu ziehen, die nach Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise eine als nachprüfbar erscheinende Tatsachenbehauptung enthalten, und Äußerungen, die als bloßes Werturteil, als eine der Nachprüfung nicht zugängliche bloße Meinungsäußerung aufgefasst werden (HefermehI/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Auf!., § 5 Rn. 2.27).

Unabhängig von der Frage, ob sich abstrakt unter "bestgemachtes TV-Magazin" überhaupt noch eine Tatsachenbehauptung verstehen lässt, erkennen erhebliche Teile des Verkehrs durch den Sternchenhinweis als konkret nachprüfbare Angabe i. S. v. § 5 Abs. 2 Nr. 1 UWG jedenfalls, dass die Antragsgegnerin das (Wert- )Urteil eines Dritten wiedergibt. Dieses Verkehrsverständnis können die Mitglieder der Kammer selbst beurteilen. Die Ermittlung der Anschauungen der beteiligten Verkehrskreise ist Sache des Tatrichters. Dieser kann sich dabei auf seine eigene Sachkunde und Lebenserfahrung stützen und ohne Beweiserhebung entscheiden, wenn sich die Werbung auf Waren oder Leistungen des täglichen oder allgemeinen Bedarfs bezieht, wenn es sich bei dem in der Werbung verwendeten Begriff um einen solchen handelt, dessen Verständnis in einem bestimmten Sinn einfach und nahe liegend ist und keine Gründe vorliegen, die Zweifel an dem vom Gericht angenommenen Verkehrsverständnis wecken können (BGH GRUR 2001, 73, 75 ¬Stich den Buben; BGH GRUR 1995, 354, 357 - Rügenwalder Teewurst 11). Diese Annahme liegt umso näher, wenn die Richter wie im Streitfall selbst zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören.

Der Hinweis auf einen „1. Platz im Genre-Ranking der TV-Zeitschriften bei den Lead Awards 2007“ erweckt bei einem erheblichen Teil der angesprochenen Verbraucher eine Fehlvorstellung. Es entsteht der unzutreffende Eindruck, der Antragsgegnerin sei von einem Dritten ein Preis für "Deutschlands bestgemachtes TV-Magazin" verliehen worden. Tatsächlich stehen die Auszeichnungen bei den Lead Awards 2007 jedoch mit der hier entscheidenden Top-100-Umfrage in keinem direkten Zusammenhang. Die Umfrage ist letztlich nur aus Anlass der Preisverleihung gestartet worden. Es handelt sich auch um kein Genre-Ranking "bei den Lead Awards 2007", sondern um die Top-100-Umfrage der "LeadAcademy" an lässlich der "Lead Awards". Durch die Kombination von ,,1. Platz" und "Lead Awards 2007" entsteht der irreführende Eindruck, die Antragsgegnerin habe irgendeinen Preis ("Award") gewonnen, einen „1.Platz“ belegt, wenn sie tatsächlich bei den Awards überhaupt nicht erwähnt wird und bei der Top-100-Umfrage lediglich den 60. Platz belegt.

2.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Rechtsgebiete

Wettbewerbsrecht