Kosten eines auswärtigen Anwalts nicht erstattungsfähig

Gericht

OLG Nürnberg


Art der Entscheidung

Beschluss


Datum

23. 07. 2007


Aktenzeichen

3 W 1228/07


Tenor

  1. Die sofortige Beschwerde der Verfügungsbeklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 23.2.2007 (Az. 3 O 10973/06) wird zurückgewiesen.

  2. Die Verfügungsbeklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

  3. Der Beschwerdewert wird auf 800,33 Eurofestgesetzt.

Entscheidungsgründe


Gründe:

I.

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 23.2.2007 lehnte das LG Nürnberg-Fürth die Erstattung der Auslagen ab, die die Verfügungsbeklagte im Zusammenhang mit der Reise ihres auswärtigen Prozessbevollmächtigten zum Verhandlungstermin am 17.1.2007 in Nürnberg geltend gemachten hat. Gegen diesen der Verfügungsbeklagten am 12.3.2007 zugestellten Beschluss richtet sich deren sofortige Beschwerde vom 26.3.2007, eingegangen bei Gericht am selben Tag. Zur Begründung wird vorgetragen, die beantragten Reisekosten sowie Abwesenheitsgelder seien notwendig i.S.d. § 91 ZPO gewesen. Denn in dem vorliegenden Patentverletzungsrechtsstreit bedürfe es besonderer Kenntnisse des Prozessbevollmächtigten der Verfügungsbeklagten, der außerdem bereits seit längerer Zeit für diese tätig und daher genauestens mit der Sach- und Rechtslage vertraut sei.

Der Rechtspfleger hat der sofortigen Beschwerde durch Beschluss vom 19.6.2007 nicht abgeholfen.

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, § 11 I RPflG, §§ 104 III S. 1, 567 II ZPO, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, § 569 ZPO. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.

Mit zutreffender Begründung hat der Rechtspfleger bei dem LG Nürnberg-Fürth die von der Verfügungsbeklagten geltend gemachten Reisekosten und Abwesenheitsgelder für nicht erstattungsfähig gehalten, § 91 I S. 1 ZPO, und dabei auf die Entscheidung des BGH vom 12.12.2002 (NJW 2003, 901) Bezug genommen. Danach ist einer vernünftigen, kostenbewussten Partei, die in ihrem eigenen Gerichtsstand verklagt wird, grundsätzlich zuzumuten, einen Rechtsanwalt zu beauftragen, der entweder seine Kanzlei in der Nähe ihres Wohn- oder Geschäftsortes oder am Gerichtsort selbst hat. Die Beauftragung eines solchen Rechtsanwalts empfiehlt sich in aller Regel nicht nur wegen der geringen Kosten, sondern auch im Hinblick auf die erleichterte persönliche Unterrichtung und Beratung.

Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist vorliegend nicht gegeben. Geschäftsort ebenso wie Gerichtsort ist im Streitfall Nürnberg. Zwar mag der Beschwerde insoweit zugestimmt werden, dass ebenso gewichtig wie persönliche Gespräche das Interesse der Partei sein kann, sich durch einen Rechtsanwalt ihres Vertrauens vertreten zu lassen (BGH, NJW-RR 2004, 858), vor allem dann, wenn die Vertretung der Partei eine besondere Spezialisierung erfordert, die ein ortsansässiger Rechtsanwalt nicht vorweist (BGH, NJW 2003, 898 ff). Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Partei ohne kostenrechtliche Nachteile einen auswärtigen Rechtsanwalt ihres Vertrauens mit ihrer gerichtlichen Vertretung beauftragen kann, unabhängig davon, wie weit dessen Kanzlei von ihrem Wohn- oder Geschäftsort oder dem Gerichtsort entfernt ist. Insbesondere folgt aus dem Wegfall des Lokalisierungsgrundsatzes und der Erweiterung der Postulationsfähigkeit vor den Landgerichten auf alle zugelassenen Anwälte nicht, dass die durch die Beauftragung eines auswärtigen Rechtsanwalts entstandenen Kosten auch jeweils als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendige Kosten i.S.d. § 91 II S. 1 ZPO anzusehen wären (BGH, NZBau 2007, 306 ff.). So rechtfertigen im hier gegebenen Fall weder das vorgerichtliche Tätigwerden des Prozessbevollmächtigten der Verfügungsbeklagten in derselben Angelegenheit eine Kostenerstattung noch der Umstand, dass, da es sich um eine Patentrechtsstreitigkeit handelte, eine besondere Spezialisierung erforderlich war Zwar mag es im allgemeinen für die Partei kostengünstiger sein, den von ihr vorgerichtlich eingeschalteten Rechtsanwalt auch mit der Prozessvertretung zu beauftragen. Für die Frage der Notwendigkeit, einen auswärtigen Rechtsanwalt einzuschalten, ist jedoch auch nach der neuen Rechtsprechung des BGH (BGH 2007 a.a.O., BGH NJW 2003, 901) nicht auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem sich die Frage stellt, welcher Rechtsanwalt mit der Prozessvertretung mandatiert werden soll, sondern auf den der Beauftragung des Rechtsanwalts mit der außergerichtlichen Wahrnehmung. Insoweit wird eine vernünftige und kostenorientierte Partei, wie oben ausgeführt einen in ihrer Nähe oder am Gerichtsort tätigen Rechtsanwalt einschalten.

Soweit die Beschwerde auf die besondere Spezialisierung des Beklagtenvertreters hinweist, ist nicht ersichtlich, dass ortsansässige Rechtsanwälte, die sich ebenfalls mit Patentrechtsstreitigkeiten befassen, eine entsprechende Spezialisierung nicht aufweisen, worauf der Prozessbevollmächtigte der Verfügungsklägerin zutreffend hinweist. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass es sich bei der Verfügungsbeklagten um ein gewerbliches Unternehmen handelt, das über eine Rechtsabteilung und daher naturgemäß über ein ausreichendes Maß an Information und Sachkunde verfügt. So wird nach ständiger Rechtsprechung des OLG Nürnberg unter Hinweis auf den Grundsatz der gleichen Qualifikation von Rechtsanwälten regelmäßig eine Erstattungsfähigkeit von Reisekosten mit dieser Begründung der Partei abgelehnt (vgl. etwa Beschluss vom 12.4.1995 – 3 W 1018/95).

Die sofortige Beschwerde war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Der Beschwerdewert ergibt sich aus den abgelehnten Erstattungsbeträgen.

gez.
Junker-Knauerhase
Richterin am OLG

Rechtsgebiete

Kostenrecht