Kanzlei-Werbung „Für Sie und Ihr Recht kämpft niemand so wie ROLAND”

Gericht

OLG Hamburg


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

23. 11. 2006


Aktenzeichen

3 U 110/06


Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

... Die zulässige Berufung der Antragsgegnerin hat auch in der Sache Erfolg. Demgemäß ist unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Beschlussverfügung aufzuheben und es sind der auf ihren Erlass gerichtete Unterlassungsantrag sowie die in der Berufungsverhandlung außerdem gestellten Hilfsanträge zurückzuweisen.


I.

1. Der Gegenstand des Berufungsverfahrens sind neben dem Haupt‑Verfügungsantrag gemäß der Beschlussverfügung die in der erstanzlichen Widerspruchsverhandlung gestellten Hilfsanträge. Das hat die Antragstellerin klarstellen lassen.

2. Der als Hauptantrag gestellte Unterlassungsantrag gemäß der Beschlussverfügung betrifft nach seinem Verbotsgegenstand die werbliche Verwendung der Aussage: „Für Sie und Ihr Recht kämpft niemand so wie ROLAND.“, und zwar schlechthin, d. h. in einem beliebigen Umfeld.

a) Zum Verbotsgegenstand des Hauptantrages gehört dagegen nicht (auch) die Werbung mit der Anzeige gemäß Anlage ASt 4.

Die Antragstellerin hat sich allerdings zur Begründung ihres Verfügungsantrages u. a. auf die Werbung gemäß Anlage ASt 4 gestützt, insoweit bestimmt das den Streitgegenstand mit (BGH GRUR 2006, 421 - Markenparfümverkäufe, GRUR 2006, 504 - Parfümtestkäufe). Davon ist die Frage zu unterscheiden, ob durch das verallgemeinert beantragte Verbot auch die Verwendung einer zur Akte gereichten Anzeige miterfasst sein soll oder nicht (BGH GRUR 1997, 308 - Wärme fürs Leben, GRUR 1999, 509 - Vorratslücken). In den Hilfsanträgen wird ausdrücklich ‑ und zwar eben nur hilfsweise ‑ auf die Verwendung der Anzeige gemäß Anlage ASt 4 konkret abgestellt, nicht dagegen im Hauptantrag. Das belegt, dass der Hauptantrag das Werben mit der konkreten Anzeige nicht miteinbeziehen soll; andernfalls wäre der 1. Hilfsantrag nur eine (unnötige) Wiederholung des Hauptantrages.

b) Die werbliche Verwendung der angegriffenen Aussage „in Alleinstellung“ ist für den Hauptantrag (und auch nicht für die Hilfsanträge) ebenfalls nicht streitgegenständlich.

Das LG hat in seinem Urteil (Urteilsumdruck Seite 8) allerdings ausgeführt, die angegriffene Werbeaussage sei „auch in Alleinstellung irreführend“, womit wohl eine hervorgehobene Darstellung etwa im Blickfang oder als einzige Aussage einer Anzeige gemeint sein dürfte.

Dabei ist übersehen worden, dass ein solches Verbot mit einer ‑ auch für die Voraussetzung der Begehungsgefahr - besonderen werblichen Gestaltungsform nicht beantragt gewesen ist und dass die Beschlussverfügung vom Verbotsausspruch her nicht erkennen lässt, dass das Verbot etwa auch in diesem Sinne gemeint gewesen sein sollte.

Jedenfalls hat die Antragstellerin in der Berufungsverhandlung klarstellen lassen, dass sie sich das für ihr Antragsbegehren nicht zu eigen macht.

3. Der als Hilfsantrag (1. Stufe) gestellte Unterlassungsantrag wiederholt den verallgemeinerten Hauptantrag, zusätzlich eingefügt ist der „insbesondere“-Antrag betreffend die Verwendung der Werbeanzeige gemäß Anlage ASt 4. Der als weiterer Hilfsantrag (2. Stufe) gestellte Unterlassungsantrag betrifft nur die Verwendung der konkreten Werbeanzeige gemäß Anlage ASt 4.

4. Zum Streitgegenstand gehört bei allen Anträgen der Umstand, dass die Antragstellerin die Aussage als irreführende Alleinstellungsbehauptung angreift (§ 5 UWG).


II.

Der mit dem Hauptantrag gemäß der Beschlussverfügung geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist nicht begründet (§§ 8, 3, 5 UWG).

1. Der Gegenstand des verallgemeinert gefassten Unterlassungsantrages ist, wie ausgeführt, die werbliche Verwendung der Aussage: „Für Sie und Ihr Recht kämpft niemand so wie ROLAND.“, und zwar in einem beliebigen Äußerungsumfeld.

2. Die materiellrechtliche Begründetheit des Unterlassungsanspruchs würde mithin und gemäß dem auf § 5 UWG gestützten Angriff voraussetzen, dass die Werbeangabe in jedem Falle von erheblichen Teilen der Durchschnittsverbraucher als unzutreffende Alleinstellungsbehauptung verstanden würde, und zwar unabhängig von dem jeweiligen Äußerungszusammenhang.

Es kann eine Einzelaussage aus dem Fließtext einer Anzeige herausgelöst und mit Erfolg zum Gegenstand eines verallgemeinerten, auf Irreführung gestützten Unterlassungsanspruchs gemacht werden, wenn die Einzelaussage für sich schlechterdings irreführend ist. Anders ist es aber bei mehrdeutigen Angaben, bei denen sich eine ‑ bei isolierter Betrachtung denkbare ‑ Fehlvorstellung im Äußerungsumfeld des konkreten Verletzungsfalles nicht besorgen lässt. Entsprechendes gilt für die Beurteilung einer Angabe, die im Kontext vom Verkehr relativiert i.S. einer nichts sagenden Anpreisung verstanden wird. Das entspricht ständiger Rechtsprechung im Wettbewerbsrecht auch dieses Senats.

Der verallgemeinert geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist vorliegend schon deswegen unbegründet, weil ‑ wie auszuführen sein wird ‑ die Werbeanzeige der Antragsgegnerin gemäß Anlage ASt 4, in deren Fließtext die beanstandete Aussage eingebettet ist, in ihrem maßgeblichen Gesamteindruck nicht von beachtlichen Teilen der Durchschnittsverbraucher i.S. einer Alleinstellungsbehauptung verstanden wird, weil es sich erkennbar nicht um eine konkrete Tatsachenbehauptung geht. Schon daraus ergibt sich, dass die angegriffene Werbeaussage nicht in jedwedem Äußerungszusammenhang irreführend ist.

Es mag sein, dass es besondere Fallgestaltungen gibt, in denen die beanstandete Aussage durch das Äußerungsumfeld einen hinreichend konkreten Tatsachenbezug bekäme und dann irreführend wäre. Derartige Besonderheiten sind aber nicht Streitgegenstand des Hauptantrages und können daher nicht zur Begründung des Unterlassungsanspruchs herangezogen werden.

3. Das Werben mit der beanstandeten Anzeige der Antragsgegnerin (Anlage ASt 4) ist ‑ anders als es das LG offenbar gemeint hat ‑ nicht gemäß §§ 3, 5 UWG unlauter. Es kann nicht angenommen werden, dass erhebliche Teile der Referenzverbraucher die Anzeige i.S. einer Alleinstellungsbehauptung verstehen werden.

a) Eine derartige Alleinstellungswerbung ist gegeben, wenn für beachtliche Teile der angesprochenen Durchschnittsverbraucher der Eindruck entsteht, der Werbende nehme eine herausragende Stellung auf dem Markt ein. Die sprachliche Form der Aussage („… niemand so wie ROLAND“) ist in der Tat als Alleinstellungsbehauptung gebildet und lässt das Bild einer sonst von „niemandem“ erreichten Eigenschaft entstehen. Wäre die Werbeaussage mit einer inhaltlich konkreten Angabe (z. B. der Menge der Versicherten) verbunden, wäre eine Alleinstellungswerbung i.S. des § 5 UWG ohne weiteres gegeben, denn damit würde gesagt, in eben dieser Hinsicht läge die Antragsgegnerin „einsam“ an der Spitze.

b) Für das Verständnis der Werbeanzeige (Anlage ASt 4) ist nach dem Adressatenkreis der Werbung jedenfalls auch auf das breite Publikum als Grundlage für den Durchschnittsverbraucher abzustellen; hiervon dürfte das LG unausgesprochen ebenfalls ausgegangen sein.

Die Anzeige ist im S... erschienen und richtet sich insoweit an das allgemeine Publikum, das gilt auch inhaltlich. Der Fließtext ist zwar mit „ROLAND Manager-Rechtsschutz“ überschrieben, er enthält aber wie die Anzeige insgesamt mit ihren Blickfangangaben eine allgemein verstandene Selbstdarstellung der Antragsgegnerin als Rechtsschutzversicherer. Deswegen sind nicht etwa nur Interessenten für einen speziellen „Manager-Rechtsschutz“ angesprochen.

c) Der Irreführungstatbestand des § 5 UWG setzt voraus, dass die Werbung überhaupt eine Angabe i.S. des § 5 II UWG ist, es muss sich um eine inhaltliche Aussage handeln. Daran fehlt es nicht nur in Fällen ersichtlich nicht ernst gemeinter Übertreibungen, sondern auch dann, wenn der Verkehr erkennt, dass die vermeintliche Alleinstellung inhaltlich für das beworbene Angebot nichts aussagt. Mit diesen Gesichtspunkten korrespondiert der Umstand, dass die inhaltliche „Richtigkeit“ des durch die beanstandete Angabe vermittelten Eindrucks für deren wettbewerbsrechtliche Beurteilung nach § 5 UWG entscheidend ist. Handelt es sich im Kontext erkennbar um eine nichts sagende Angabe, so wird sie für den Durchschnittsverbraucher nicht etwa allein wegen der als „überragende Spitze“ angelegten Sprachform zu einer nachprüfbaren Sachaussage.

d) In der Anzeige (Anlage ASt 4) insgesamt wird das „Kämpfen“ der Antragsgegnerin für ihre Versicherten und deren „Recht“ werblich deutlich und mehrfach kommuniziert und meint ersichtlich deren Einsatz als Rechtsschutzversicherer. Von diesem Wortsinn geht auch die Antragstellerin zutreffend aus, dafür spricht schon die Lebenserfahrung.

Es ist, wie ausgeführt, die Abbildung eines Schwertgriffs in den Blickfang gestellt und für die Schwertklinge stehen gleichsam die Worte „Wir kämpfen für Ihr gutes Recht - ROLAND Rechtsschutz“. Und das „Kämpfen“ wird nicht nur in dem noch zu erörternden Fließtext („Für Sie und Ihr Recht kämpft niemand so wie ROLAND“) wieder aufgenommen, sondern nochmals neben dem „Roland“ im Wappen mit dem Motto wiederholt: „Wir kämpfen um Ihr gutes Recht“.

Schon vom Wortsinn beschreibt „Kämpfen“ i.S. von „Einsatz“ nur das aktive Tun als solches und besagt für sich noch nichts zu dessen Ergebnis. Das stellt der Durchschnittsverbraucher nach aller Lebenserfahrung in Rechnung. So weiß man ‑ etwa aus den im Sport populären Sparten des Fußball- oder Tennisspiels, dass das kämpferische Bemühen, selbst wenn es plakativ herausgestellt wird, keineswegs automatisch mit einem Sieg oder Erfolg gleichzusetzen ist und es ist dem Verkehr durchaus bewusst, dass es Wettkämpfe gibt, in denen gerade der Verlierer mehr gekämpft hat als der Sieger.

Demgemäß wird, wenn nur vom Kämpfen als solches die Rede ist, erkennbar über dessen Ausgang noch nichts gesagt, und zwar auch dann, wenn der Einsatz als besonders stark herausgestellt wird.

e) Für den Fließtext der Anzeige mit dem beanstandeten Satz zu Beginn gilt nichts anderes.

Der Durchschnittsverbraucher setzt das „Kämpfen“ schon vom Wortsinn nur mit dem Einsatz der Antragsgegnerin als Rechtsschutzversicherer gleich. In dem Eingangssatz des Fließtextes („Für Sie und Ihr Recht kämpft niemand so wie …“) wird dieser Einsatz als hervorragend bewertet und es folgen weitere positiv einstimmende Vokabeln zum Lobe des Unternehmens der Antragsgegnerin. So steht im nächsten Satz die Wendung: „streiten wir mit ganzer Kraft und großem Können“ und es folgen die Passagen: „stellen wir uns konsequent vor unsere Kunden“ und „als verlässlicher Partner bewährt“ und die Beschreibungen „durchsetzungsstark“ sowie „ohne Wenn und Aber“.

Diese Abfolge von vorteilhaften Wertungen im Fließtext der Anzeige ‑ beginnend mit „Für Sie und Ihr Recht kämpft niemand so wie ROLAND“ ‑ stellt sich dem Verkehr insgesamt als allgemeine Anpreisung des Einsatzes der Antragsgegnerin dar, aber erkennbar ohne konkreten tatsächlichen Bezug zu einem definitiven Ergebnis des Bemühens i.S. einer nachprüfbaren tatsächlichen Alleinstellungsbehauptung.

Etwas anderes lässt sich letztlich auch den ‑ allerdings mit anderer Zielrichtung gemeinten ‑ Ausführungen des landgerichtlichen Urteils nicht entnehmen, in denen zum „Aussagegehalt“ und damit zum hervorgerufenen Eindruck des in Rede stehenden Satzes nur gesagt wird, es gäbe neben der Antragsgegnerin („ROLAND“) keine andere Rechtsschutzversicherung, die ihre „Ressourcen derart einsetze“ (Urteilsumdruck Seite 7), zu einem konkreten Ergebnis dieses Einsatzes findet sich dort ebenfalls nichts.

Es kann nach Auffassung des Senats nicht davon ausgegangen werden, dass der Verkehr dem Fließtext der Anzeige etwa den Eindruck entnehmen werde, die Antragsgegnerin sei in der Rechtsschutzversicherung z. B. Marktführerin oder nähme sonst eine konkrete Alleinstellung gegenüber allen anderen Rechtsschutzversicherern ein. Davon ist in dem Fließtext an keiner Stelle die Rede und der zweite Satz, in dem sich die Antragsgegnerin wörtlich und klar relativierend nur als „einen der größten deutschen Rechtsschutz-Versicherer“ beschreibt, steht dem Verständnis einer solchen vermeintlichen Alleinstellung ausdrücklich entgegen. Damit ist aber zugleich für den Verkehr ohne weiteres erkennbar, dass es in dem Eingangssatz („Für Sie und Ihr Recht kämpft niemand so wie ROLAND“) gerade nur um das Kämpfen geht und nicht um eine vorgebliche Alleinstellung im Erfolg.

Auch sonstige konkrete Sachaussagen (wie z. B. zu der Anzahl der Versicherten, der Prämienhöhe oder Kundenzufriedenheit), bezüglich derer die Antragsgegnerin vermeintlich eine Spitzenstellung gegenüber allen anderen Rechtsschutzversicherern einnehmen könnte, werden in der beanstandeten Anzeige nicht gemacht. Insoweit besteht für den Verkehr kein Anhalt für die Annahme, mit dem Eingangssatz im Fließtext sei eine oder gar jede in Betracht kommende Sachangabe gemeint.

f) Nach Auffassung des Senats ist ‑ anders als die Antragstellerin meint ‑ auch nicht davon auszugehen, dass der Verkehr aus der Anzeige die Vorstellung gewinnen könnte, „keiner kämpfe so“ wie die Antragsgegnerin für die Versicherten und deren Recht, weil die Antragsgegnerin selbst vermeintlich Rechtsberatung und/oder Rechtsbesorgung betreibe und für die Versicherten auch „vor Gericht kämpfe“.

Es geht bei der Anzeige insgesamt ersichtlich um die Tätigkeit der Antragsgegnerin als Rechtsschutzversicherung. Dem Durchschnittsverbraucher ist aus den vielen Bereichen, in denen er Versicherungen begegnet, durchaus geläufig, dass diese im Versicherungsfall nur für den finanziellen Ersatz der Aufwendungen der Versicherten sorgen, aber nicht selbst gleichsam Hand an legen und z. B. bei einer Kaskoversicherung selbst die Reparatur übernehmen. Für die Rechtsschutzversicherung gilt im Prinzip nichts anderes. Deswegen spricht schon die Lebenserfahrung gegen die Vorstellung, die Antragsgegnerin betreibe bei ihrem „besonderen Einsatz“ selbst die Rechtsberatung und/oder Rechtsbesorgung. Auch der Fließtext der Anzeige legt einen dahingehenden Eindruck durch nichts nahe.

4. Nach alledem ist der verallgemeinerte Unterlassungsantrag unbegründet. Dadurch, dass die Werbeanzeige mit der beanstandeten Aussage (Anlage ASt 4), wie ausgeführt, i.S. einer Alleinstellungsbehauptung bezüglich einer konkreten Tatsache nicht irreführend ist, ist zugleich belegt, dass die Aussage („Für Sie und Ihr Recht kämpft niemand so…“) nicht in jedweden Zusammenhang einen unrichtigen Eindruck erweckt. ...

Rechtsgebiete

Wettbewerbsrecht

Normen

UWG § 5