Wirtschaftlichkeitsgebot
Gericht
BUNDESGERICHTSHOF
Datum
13. 06. 2007
Aktenzeichen
VIII ZR 78/06
Tenor:
Der VIII. Zivilsenat des BGH hat im schriftlichen Verfahren nach § 128 II ZPO mit einer Frist zur Einreichung von Schriftsätzen bis zum 26. 1. 2007 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richter Dr. Wolst und Dr. Frellesen sowie die Richterinnen Hermanns und Dr. Hessel
für Recht erkannt:
Die Revision der Bekl. gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des LG Dresden vom 28. 2. 2006 wird zurückgewiesen.
Die Bekl. hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Tatbestand:
Die Kl. begehrt, soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse, von der Bekl. auf der Grundlage der Abrechnungen eines Wärmecontractingunternehmens die Nachzahlung von Heizungs- und Warmwasserkosten für die Jahre 2000 bis 2003.
Die Kl. war Vermieterin, die Bekl. Mieterin einer Wohnung in D. . Das Mietvertragsverhältnis begann am 1. 12. 2000 und endete am 31. 3. 2004.
Die Wärme und Warmwasserversorgung des Mietobjekts erfolgte ursprünglich in einer von der Kl. betriebenen Zentralheizungsanlage. Im April 1999 vor Abschluss des Mietvertrags der Parteien übertrug die Kl. die Wärme und Warmwasserversorgung einem Wärmecontractingunternehmen.
Der Formularmietvertrag enthält bezüglich der Heiz und Warmwasserkosten die folgenden Regelungen:
„§ 6 Heizung, Warmwasserversorgung
2. Der Mieter ist verpflichtet, die anteiligen Kosten der zentralen Heizungsanlage einschließlich der Abgasanlage sowie der Warmwasserversorgungsanlage zu bezahlen. Zu den Kosten des Betriebs der zentralen Heizungsanlage gehören die Kosten der verbrauchten Brennstoffe und ihrer Lieferung, die Kosten des Betriebsstroms, die Kosten der Bedienung
5. Werden die Mieträume durch eigenständige gewerbliche Lieferung von Wärme (Fernwärme oder einer zentralen Heizungsanlage) versorgt, so ist der Mieter verpflichtet, sämtliche dem Vermieter entstehenden Kosten anteilig zu tragen. Hierzu gehören das Entgelt für die Wärmelieferung und die Kosten des Betriebs der zugehörigen Hausanlagen. Die vorstehend in § 6 Ziffer 2 getroffenen Regelungen gelten entsprechend.
6. Werden die Mieträume durch eigenständige gewerbliche Lieferung von Warmwasser (Fernwarmwasser oder zentrale Warmwasserversorgung) versorgt, so ist der Mieter verpflichtet, sämtliche dem Vermieter entstehenden Kosten anteilig zu tragen. Hierzu gehören das Entgelt für die Wärmelieferung und die Kosten des Betriebs der zugehörigen Hausanlagen. Die vorstehend in § 6 Ziffer 2 getroffenen Regelungen gelten entsprechend.“
Das AG hat die Bekl. unter Berücksichtigung einer Hilfsaufrechnung der Bekl. mit einer Gegenforderung von 89,68 € zur Nachzahlung von 3.211,11 € Heiz und Warmwasserkosten nebst Zinsen verurteilt. Das LG hat die Berufung der Bekl. zurückgewiesen, nachdem die Parteien den Rechtsstreit in Höhe von 239,16 € übereinstimmend für erledigt erklärt hatten. Mit der vom BerGer. zugelassenen Revision verfolgt die Bekl. ihren Antrag auf Klageabweisung weiter. Sie begehrt darüber hinaus die „Anordnung“, dass die von ihr erklärte Hilfsaufrechnung nicht verbraucht sei.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
Das BerGer. hat im Wesentlichen ausgeführt:
Die Kl. sei berechtigt gewesen, die Wohnung der Bekl. mittels Wärmecontracting zu versorgen, da die Wärmeversorgung bereits vor Abschluss des Mietvertrags umgestellt worden sei. Bei einer Vermietung nach Abschluss eines Wärmecontractingvertrags müsse der Mieter die vorgefundene Versorgungssituation hinsichtlich der Wärmelieferung hinnehmen. Darüber hinaus sehe der Mietvertrag die Umstellung der Wärmeversorgung auf externe
Belieferung ausdrücklich vor. Da sich der Mieter vor Vertragsschluss auch nach der Art der Beheizung erkundigen könne, stelle das vor Abschluss ausgeübte Wahlrecht in § 6 des Mietvertrags weder einen Verstoß gegen das Transparenzgebot noch eine unangemessene Benachteiligung dar.
Die für eine Pflichtverletzung der Kl. darlegungs- und beweisbelastete Bekl. habe nicht hinreichend dargetan, dass der von der Kl. abgeschlossene Wärmecontractingvertrag unwirtschaftlich sei. Der Nachweis sei grundsätzlich durch eine Gegenüberstellung des in Rechnung gestellten Wärmepreises mit den Entgelten anderer ortsansässiger Wärmecontractoren zu führen. Dabei müsse die Vergleichbarkeit sowohl hinsichtlich des Objekts als auch hinsichtlich des Zeitpunkts des Vertragsabschlusses gegeben sein. Die von der Bekl. vorgelegten Vergleichsberechnungen seien nicht aussagekräftig, weil entweder die Art der Wärmeversorgung oder die herangezogenen Objekte mit den Verhältnissen in dem Anwesen der Kl. nicht vergleichbar seien.
II.
Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision stand. Das BerGer. hat zu Recht einen Anspruch auf Nachzahlung der geltend gemachten Heiz- und Warmwasserkosten bejaht.
1. Die Kl. kann gem. § 535 II BGB i.V. mit § 6 des Mietvertrags die geltend gemachten Nachzahlungsbeträge verlangen, denn es handelt sich insoweit um Betriebskosten, die nach § 556 BGB aF i.V. mit Anlage 3 zu § 27 II der Zweiten Berechnungsverordnung (jetzt Betriebskostenverordnung vom 25. 11. 2003, BGBl. I S. 2346) auf den Mieter umgelegt werden können. Die Berechtigung der Kl. zur anteiligen Umlage der gesamten Kosten der Wärmeversorgung auf die Bekl. ergibt sich insbesondere aus § 6 Nr. 5 und 6 des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrags. Darin ist ausdrücklich geregelt, dass die Bekl. bei einer Fremdbelieferung die anteiligen Kosten für die eigenständige gewerbliche Lieferung von Wärme und Warmwasser zu tragen hat.
2. Das BerGer. hat im Ergebnis auch zu Recht angenommen, dass die Bekl. einen Verstoß der Kl. gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 556 III Satz 1 Halbs. 2 BGB) nicht ausreichend dargelegt hat
Allerdings trägt nach einer in Rechtsprechung und Schrifttum weit verbreiteten Auffassung der Vermieter die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er den Wirtschaftlichkeitsgrundsatz beachtet habe (vgl. zum Streitstand Staudinger/Weitemeyer, BGB (2006), § 556 Rdnr. 96; Eisenschmid/Rips/Wall, Betriebskosten-Kommentar, 2. Aufl., Vor §§ 556, 556a, 560 BGB Rdnr. 1448 ff.; Schmid, ZMR 2007, 177; jew. m.w. Nachw.). Auch bei Zugrundelegung dieser Auffassung ist es jedoch zunächst Sache des Mieters, der einen Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot geltend macht, konkret vorzutragen, dass Heizwärme und Warmwasser in den der Abrechnung zugrunde liegenden Zeiträumen von einem anderen Wärmecontractor preiswerter angeboten wurden. Erst dann ist es an dem Vermieter, darzulegen und erforderlichenfalls den Nachweis zu erbringen, dass er mit dem von ihm abgeschlossenen Wärmecontractingvertrag das Wirtschaftlichkeitsgebot nicht verletzt hat.
Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen der Bekl. nicht. Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des BerGer. waren die von ihr vorgelegten Alternativangebote und Berechnungen mangels Vergleichbarkeit nicht geeignet, eine preisgünstigere Möglichkeit der Versorgung des Mietobjekts der Kl. mittels Wärmecontracting aufzuzeigen. Die Revision hält dem entgegen, den von der Bekl. vorgelegten Vergleichsberechnungen sei jedenfalls zu entnehmen, dass die Kl. durch „die Art, wie sie die Wohnung der Bekl. mit Wärme versorge“, gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoße, und dass deshalb die Kl. hätte darlegen müssen,warum „das von ihr gewählte Wärmebelieferungskonzept“ dem Wirtschaftlichkeitsgebot nicht widerspreche. Diesem Einwand liegt offenbar die Vorstellung zugrunde, das Wirtschaftlichkeitsgebot verpflichte den Vermieter schon bei der Auswahl unter den örtlich angebotenen Versorgungsarten und nicht erst innerhalb der von ihm gewählten Versorgungsart stets die wirtschaftlich vorteilhafteste Versorgungsalternative zu wählen. Ein solches Verständnis des mietrechtlichen Wirtschaftlichkeitsgebots erscheint dem Senat als zu weit gehend. Die dem Vermieter auferlegte Pflicht zur Rücksichtnahme auf die finanziellen Interessen seiner Mieter kann nicht so weit gehen, dass ein Mieter, der wie die Bekl. eine bei Abschluss des Mietvertrags mittels Wärmecontracting versorgte Wohnung anmietet und sich vertraglich zur anteiligen Tragung der Kosten der Wärmelieferung verpflichtet, dem Vermieter bei Abrechnung der Betriebskosten entgegenhalten könnte, die Mietwohnung hätte mittels Fernwärme oder durch eine vom Vermieter selbst betriebene Zentralheizung preiswerter versorgt werden können.
III.
Der Antrag anzuordnen, dass die von der Bekl. erklärte Hilfsaufrechnung in Höhe von 89,68 € nicht verbraucht sei, ist unbegründet, weil die Gegenforderung durch die Hilfsaufrechnung der Bekl. erloschen ist.
Ball Dr. Wolst Dr. Frellesen
Hermanns Dr. Hessel
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