Irrtum bei Preisangabe

Gericht

AG Lichtenberg


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

12. 01. 2007


Aktenzeichen

14 C 218/06


Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

... Die Klägerinnen haben keinen Schadensersatzanspruch gemäß § 280 Abs. 1 BGB gegen die Beklagte, weil ein Reisevertrag zwischen ihnen nicht vorliegt. Die entsprechende Willenserklärung der Beklagten auf das Angebot der Klägerin zu 1) ist wirksam angefochten worden und damit von Anfang an nichtig (§§ 119 Abs. 1, 120, 121 Abs. 1 BGB). Die Klägerin zu 1) hat aufgrund der so genannten "invitatio ad offerendum" ein entsprechendes Angebot gegenüber der Beklagten gemacht, welche dieses entsprechend der vorgelegten Reisebestätigung auch angenommen hat. Mit Schreiben vom 24.3.2006 hat sie dann die Anfechtung unter Hinweis auf einen zu niedrig generierten Reisepreis im Zusammenhang mit der Eingabe des Reisepreises pro Zimmer und nicht pro Person erklärt, wobei sie ausdrücklich auf den Irrtum dieses Verhaltens hingewiesen hat. Die Beklagte konnte wirksam gemäß § 119 Abs. 1 BGB anfechten, weil es sich bei dieser Bestätigung zu dem Preis von 499,- EUR um einen Irrtum in der Erklärungshandlung handelt. Ein solcher liegt auch dann vor, wenn bereits vorher eine falsche Eingabe in einem falschen Feld zu einer irrtümlichen Preisangabe geführt hat. Der Irrtum der Beklagten bezieht sich nicht nur auf das Vorbereitungshandeln, sondern auch auf die im weiteren Verlauf dann automatisch gefertigten Willenserklärungen der Reisebestätigung. Diese ist zwar gesondert erstellt worden, ihr lagen jedoch die vorher irrtümlicherweise falsch eingegebenen Daten zugrunde, die dann ohne erneute Willensbildung übernommen wurden. Entscheidend für die Beurteilung eines Irrtums sind die Vorstellungen und Absichten des Handelnden bei der letzten so genannten "menschlichen Entscheidung", hier also der Eingabe in das System.

Die Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen W. hat zur Überzeugung des Gerichts ergeben, dass er als Mitarbeiter der Beklagten unbeabsichtigt eine falsche Eingabe gemacht hat, die dazu führte, dass ein Preis pro Doppelzimmer und nicht pro Person im Internet erschienen ist. Weiterhin hat er dargelegt, dass er diesen Fehler nach entsprechender Darstellung eines anderen Kunden und erfolgter Überprüfung des Systems dann auch festgestellt und sofort abgeändert hat.

Die Angaben des Zeugen sind nachvollziehbar und glaubhaft, weil Fehler der beschriebenen Art, wie jede Lebenserfahrung zeigt, immer wieder vorkommen können. Dass es sich hierbei um eine versehentlich fehlerhafte Angabe handelte, ergibt sich insbesondere auch aus der unstreitigen Tatsache, dass im Katalog der Beklagten sich der Preis von 499,- EUR auf eine Person und nicht auf das Doppelzimmer bezogen hat. Anhaltspunkte dafür, dass das Internetangebot hiervon abweichen sollte, sind nicht erkennbar. Auch ergeben sich keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen, die nicht allein aus seiner Stellung als Angestellter der Beklagten hergeleitet werden können. Sein persönliches Erscheinen bei der Vernehmung lässt auch keine Anhaltspunkte erkennbar werden, weil er gerade versucht hat, die Fragen richtig zu beantworten und eventuell auftretende Missverständnisse, die ihre Ursache in der zugrunde liegenden Materie der EDV- Technik hatten, auszuräumen bzw. zu erläutern.

Die Anfechtung erfolgte auch fristgerecht im Sinne von § 121 Abs. 1 BGB. Fristgemäß bedeutet unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern, nach Kenntnis von den Anfechtungsgründen, wobei entsprechend der einschlägigen Rechtsprechung und Literatur eine Frist von zwei Wochen als Obergrenze anzusehen ist, die hier mit der Erklärung vom 24.3.2006 noch nicht erreicht war, auch wenn man von einer Feststellung schon am 14.3.2006 ausgehen wollte.

Bei Vorliegen einer wirksamen Anfechtung könnten die Klägerinnen Schadensersatz im Rahmen von § 122 Abs. l BGB verlangen. Hierzu ist jedoch von ihnen nichts vorgetragen worden. In diesem Zusammenhang ist nur das negative Interesse zu ersetzen (Palandt / Heinrichs, BGB, [64. Aufl.], § 122, Anm. 4), d. h., die Aufwendungen, die durch das Vertrauen auf die Gültigkeit der Willenserklärung entstanden sind. Die Klägerinnen wären so zu stellen, wie sie stehen würden, wenn sie nicht auf die Gültigkeit des Geschäftes vertraut hätten, d. h., sie müssten zum Beispiel vortragen, dass sie ohne das Verhalten der Beklagten gegebenenfalls einen anderen günstigen Vertrag hätten schließen können.

Die Klägerinnen haben auch keinen Anspruch aus § 311 Abs. 2 BGB (culpa in contrahendo). Es kann dahingestellt bleiben, ob die Voraussetzungen für diesen Anspruchsgrund vorliegen, denn auch hier haben die Klägerinnen keinen ersetzbaren Schaden nachgewiesen. Zwar ist in diesem Rahmen durchaus der Ersatz des Erfüllungsinteresses möglich. Die hierfür notwendigen Umstände liegen aber nicht vor. Das Erfüllungsinteresse ist nur dann zu ersetzen, wenn der Vertrag ohne die culpa in contrahendo mit dem Schädiger zu günstigeren Bedingungen zustande gekommen wäre (Palandt / Heinrichs, a.a.O., § 311 Anm. 58). Das ist hier gerade nicht der Fall. Denn dann hätte die Beklagte den korrekten Preis in Höhe von 998,- EUR ausgewiesen, und es hätte nur ein Vertrag mit einem solchen Reisepreis zustande kommen können. ...

Rechtsgebiete

Reiserecht