Warn- und Schutzpflichten des Reiseveranstalters bei Schwimmen außerhalb des markierten Schwimmbereichs
Gericht
LG Köln
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
07. 03. 2007
Aktenzeichen
4 O 99/06
Auszüge aus den Gründen:
... Die Klägerin hat gegen die Beklagte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Ersatz der durch den Unfall entstandenen materiellen oder immateriellen Schäden. ...
Die Beklagte war nicht verpflichtet, auch den Wasserbereich hinter der Markierung zu überwachen und für Schwimmer abzusichern.
Zwar hatte die Klägerin gegen die Beklagte auch nach der Katalogbeschreibung der Beklagten einen Anspruch darauf, im Rahmen ihrer Reise im Meer zu baden. Insoweit besteht auch eine vertragliche Nebenpflicht der Beklagten, die Klägerin bei dem Baden im Meer zu schützen. Dieser Pflicht ist die Beklagte aber nachgekommen, indem das Hotel einen abgesperrten Bereich für Schwimmer anbietet, innerhalb dessen den Reisenden das gefahrlose Baden ermöglicht wird. Hierbei ist es nicht entscheidend, ob auch im abgesperrten Bereich Sportboote fuhren, da sich der fragliche Unfall unstreitig nicht in diesem Bereich ereignet hat. Im Übrigen ist aufgrund der Strandnähe auch davon auszugehen, dass die Geschwindigkeit etwa dort verkehrender Boote so gering war, dass sich ein derart schwerer Unfall - wie hier geschehen - nicht hätte ereignen können.
Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten aber keinen Anspruch darauf, im gesamten Meer geschützt und ungefährdet schwimmen zu können. Ein solcher Anspruch ergibt sich zunächst nicht aus der im Hotelprospekt enthaltenen Beschreibung der Bademöglichkeiten des Hotels. Die Beschreibung als "weit geschwungene, geschützte Sandbucht, die ideal für Wassersport geeignet ist" enthält nicht die Aussage, dass das gefahrlose Baden in dem gesamten Wasserbereich gewährleistet ist. Der verständige Leser dieser Beschreibung wird davon ausgehen, dass auch innerhalb dieser Bucht Bereiche existieren, die für Schwimmer nicht geeignet sind, etwa weil Strömungen den Schwimmer gefährden oder im Wasser befindliche Klippen den Schwimmer verletzen können oder weil eben auch Boote auf dieser insgesamt sehr großen Wasserfläche verkehren. Im Übrigen lässt bereits die Aussage, dass die Bucht für "Wassersport", also nicht nur für Schwimmer, "ideal geeignet ist" den konkreten Schluss zu, dass diese Bucht auch durch Boote oder ähnliche Wassersportgeräte genutzt wird. Soweit die Klägerin sich hinter die Markierung begibt, verlässt sie auch die Reichweite der nebenvertraglichen Schutzpflicht der Beklagten, der Klägerin ein gefahrloses Baden zu ermöglichen.
Ein Schadensersatzanspruch ergibt sich ebenfalls nicht wegen der Verletzung der nebenvertraglichen Pflicht, die Klägerin vor den Gefahren, die ihr beim Schwimmen außerhalb des abgesperrten Bereichs durch Boote drohen, ausreichend zu warnen.
Zwar muss die Beklagte, auch und gerade wenn der Bereich hinter der Markierung nicht mehr von den nebenvertraglichen Schutzpflichten der Beklagten umfasst ist, vor den in diesem Bereich bestehenden Gefahren warnen. Denn die überschwimmbare Markierung der Wasserfläche des Hotels eröffnet den Hotelgästen die Möglichkeit, sich hinter der Linie in Gefahr zu begeben.
Dieser Warn- und Aufklärungspflicht ist aber durch die in der Hotelanlage aufgestellten Warnschilder gegenüber der Klägerin Genüge getan worden. Die Klägerin konnte die aufgestellten Schilder wahrnehmen und auch verstehen. Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, dass die Schilder nicht konkret vor der Gefahr durch Boote warnten. Diese fehlende Warnung vor den Gefahren durch die Boote war nicht kausal für den Schaden der Klägerin, denn unstreitig hatte die Klägerin bereits im Vorfeld des Unfalls selber wahrgenommen, dass auf dem Wasserbereich hinter den Bojen Sportboote verkehren.
Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin kann auch nicht auf die nur lockere Abtrennung des Schwimmerbereichs vom offenen Wasser durch die Bojen gestützt werden. Die Beklagte hat durch diese Art der Absperrung nicht ihre vertraglichen Schutzpflichten verletzt. Die Beklagte ist nur verpflichtet, den Hotelgästen einen Bereich zu eröffnen, in dem sie gefahrlos schwimmen können und sie auf die Gefahren des Schwimmens außerhalb dieses Bereichs aufmerksam zu machen. Sie ist nicht verpflichtet, den Schwimmerbereich so abschließen zu lassen, dass dieser von den Schwimmern nicht mehr verlassen werden kann.
Eine Verletzung vertraglicher Schutzpflichten ergibt sich ebenfalls nicht aus einer fehlenden Kontrolle des Sportboot-Verleihs. Es kann offen bleiben, ob die Beklagte den Bootsverleih hinreichend kontrolliert hat. Jedenfalls ergeben sich solche Kontrollpflichten nicht als vertragliche Schutzpflichten gegenüber der Klägerin, wenn diese außerhalb des abgesperrten Bereichs schwimmt. Die Beklagte ist - wie oben ausgeführt ¬- nicht verpflichtet, außerhalb der Absperrung die Schwimmer zu sichern, indem sie etwa den Bootsverkehr dort überwacht.
Ein Anspruch auf Schadensersatz ergibt sich nicht aus § 831 BGB. Der Fahrer des Sportbootes ist nicht, wie von § 831 BGB vorausgesetzt, Verrichtungsgehilfe der Beklagten. ...
Ein Anspruch auf Schadensersatz ergibt sich auch nicht aus § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht. Der eingetretene Verletzungsschaden ist der Beklagten nicht aufgrund einer Verletzung ihrer Verkehrssicherungspflichten zurechenbar.
Zwar trifft den Reiseveranstalter bei der Vorbereitung und Durchführung der Reise eine eigene Verkehrssicherungspflicht. So ist er auch verpflichtet, ein von ihm unter Vertrag genommenes Hotel regelmäßig daraufhin zu überprüfen, ob dieses Hotel bei der Erfüllung der reisevertraglichen Verpflichtungen einen ausreichenden Sicherheitsstandard einhält und, sollte ein entsprechender Sicherheitsstandard nicht gegeben sein, für Abhilfe zu sorgen oder aber das Hotel aus dem Angebot zu nehmen. Das sichere Baden im Meer gehörte - wie oben ausgeführt - zu den von der Klägerin mit der Reise gebuchten Leistungen. Im Rahmen der Erfüllung dieser Leistungspflicht hat die Beklagte aber keine Verkehrssicherungspflichten verletzt.
Eine Verletzung von Verkehrssicherungspflichten gegenüber der Klägerin ergibt sich nicht aus dem Umstand, dass die Klägerin durch die Beklagte oder innerhalb der Hotelanlage nicht ausdrücklich vor den Gefahren der Sportboote außerhalb der markierten Badefläche gewarnt wurde. Ein solcher ausdrücklicher Hinweis war – wie oben ausgeführt - nach den Umständen des Falls nicht erforderlich. ...
Eine Verletzung von gegenüber der Klägerin bestehenden Verkehrssicherungspflichten ergibt sich vorliegend auch nicht aus dem Umstand, dass die Absperrung des Schwimmerbereichs nur durch Bojen, nicht aber durch eine fixe, durchgehende Barriere erfolgt ist. Der Reiseveranstalter ist - wie oben ausgeführt - nicht verpflichtet, die Reiseteilnehmer vor jeder Art der Gefahr hermetisch abzuschirmen. ...
Zwar ist es zutreffend, dass den Reiseveranstalter auch Verkehrssicherungspflichten bezüglich eines Teils der Reise treffen können, den er nicht selber anbietet, sondern der vor Ort von einem selbständigen Vertragspartner angeboten wird. Solche Verkehrssicherungspflichten bestehen dann, wenn das Verhalten des Reiseanbieters, etwa durch die Erwähnung des selbständigen Anbieters im Prospekt, bei dem Reiseteilnehmer den Eindruck erweckt, der Reiseveranstalter werde auch für die Qualität dieser Einrichtung sorgen (BGH, RRa 2000, 85 = NJW 2000, 1190). So wurde vorliegend im Prospekt der Beklagten die Möglichkeit genannt, gegen Gebühr motorisierten Wassersport zu betreiben.
Diese Verkehrssicherungspflichten des Reiseveranstalters im Rahmen der durch selbständige Vertragspartner erbrachten Leistungen bestehen aber nur insoweit, als der Reiseteilnehmer von diesem Angebot auch Gebrauch macht und eine vertragliche Beziehung mit dem selbständigen Anbieter eingeht. Denn nur soweit der Reiseteilnehmer den selbständigen Vertragspartner in Anspruch nimmt, kann er sich auf das von der Reiseveranstalterin hervorgerufene Vertrauen in die Qualität der Einrichtung berufen, so dass die Reiseveranstalterin insoweit auch Verkehrssicherungspflichten tragen muss. Die Klägerin kam aber vorliegend nicht im Rahmen einer eigenen Nutzung des Sportbootverleihs zu Schaden. Sie wurde nicht in ihrem durch die Beklagte geweckten Vertrauen auf die Ordnungsgemäßheit der Leistung des Sportbootverleihs enttäuscht. ...
Kanzlei Prof. Schweizer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH © 2020
Impressum | Datenschutz | Cookie-Einstellungen