Unzulässiges Verbrennen von Abfällen
Gericht
OLG Düsseldorf
Art der Entscheidung
Beschluss
Datum
11. 11. 1993
Aktenzeichen
5 Ss (OWi) 317/93 - (OWi) 144/93
Eine Geldbuße von DM 300 ist angemessen, wenn Gartenabfälle verbrannt werden, die zum einen unerlaubt mit Bezin getränkt wurden und dies auch noch außerhalb des in einer kommunalen Satzung erlaubten Zeitraumes geschieht.
Sachverhalt:
Das AG hat den Betroffenen wegen "einer Ordnungswidrigkeit gem. §§ 4 I, 18 I Nr. 1 AbfG" zu einer Geldbuße von 300 DM verurteilt. Hiergegen richtete sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, der die Verletzung materiellen Rechts rügte. Das Rechtsmittel hatte im Ergebnis keinen Erfolg, es führte lediglich zu einer Änderung des Schuldspruchs.
Aus den Gründen:
I. Das AG hat festgestellt:
Der Betr. ist Eigentümer eines in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil von K. liegenden Grundstücks, das mit einem Einfamilienhaus bebaut ist. An das Grundstück grenzt in nordöstlicher Richtung eine Ackerfläche. Zwischen dem Grundstück des Betr. und der Ackerfläche verläuft ein schmaler Weg, an dessen Rändern niedrige Gehölze und Pflanzen wachsen.
Im November 1992 hatte der Betr. Gehölze und Pflanzen, insbesondere Brennnesseln am Rande dieses Weges abgeschnitten und mit Pflanzenresten aus seinem Garten auf die angrenzende Ackerfläche getragen und zu einem etwa einen Kubikmeter großen Haufen aufgeschichtet.
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Am 1. 12. 1992 - zuvor gestattete die feuchte Novemberwitterung sein Vorhaben nicht - machte der Betr. sich daran, die Pflanzenreste zu verbrennen. Gegen 11.30 Uhr versuchte er, den Haufen zu entzünden. Dies gelang ihm jedoch nicht, weil die Abfälle zu nass waren. Er legte deshalb mit Benzin getränktes Papier an den Haufen und entzündete es. Für einen kurzen Augenblick entstand ein Feuer, das aber schnell wieder erlosch. Statt dessen stieg eine große Qualm- und Dunstwolke auf. Der Betr. holte nunmehr einen Kanister mit Benzin und schüttete mindestens einmal jedenfalls mehrere Liter Benzin auf den Haufen. Sodann legte er erneut Feuer. Es entwickelte sich auch jetzt wegen der hohen Feuchtigkeit kein klares Feuer; es stieg wieder eine große Qualmwolke auf, die über das freie Feld abzog. Eine Gefährdung der Allgemeinheit oder eine Belästigung der Nachbarn traten nicht ein. Die letzte Glut verlosch gegen 14 Uhr.
Ein Anschluss- und Benutzungszwang für das Einsammeln von Kleingartenabfällen besteht im Gebiet der Stadt K. nicht. Der Betr. wusste, dass seine Handlungsweise nicht erlaubt war.
II. 1. Die Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen Zuwiderhandlung gegen § 4 I AbfG nicht.
Nach dieser Vorschrift dürfen Abfälle nur in den dafür zugelassenen Anlagen oder Einrichtungen (Abfallentsorgungsanlagen) behandelt, gelagert und abgelagert werden.
Unzweifelhaft handelte es sich bei den von dem Betr. verbrannten Pflanzenabfällen zwar um Abfälle i. S. des § 1 I 1 AbfG, und zwar im Sinne des subjektiven und des objektiven Abfallbegriffs. Der Betr. hat diese Abfälle auch außerhalb einer Abfallentsorgungsanlage behandelt, nämlich verbrannt. Gleichwohl stellt diese Handlungsweise keinen Verstoß gegen § 4 I AbfG dar. Die Beseitigung der Pflanzenabfälle außerhalb einer zugelassenen Entsorgungsanlage war hier durch die Bestimmungen der Pflanzen-Abfall-Verordnung des Landes Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. 9. 1978 (GVNRW S. 530), zuletzt geändert durch Verordnung zur Beschränkung landesrechtlicher Ordnungswidrigkeiten vom 6. 11. 1984 (GVNRW S. 670), grundsätzlich gestattet.
2. a) Das festgestellte Tun des Betr. erfüllt jedoch den äußeren Tatbestand einer Zuwiderhandlung gegen §§ 5, 6 I i. V. mit § 3 II Nr. 6 NWPflanzenAbfallVO, die nach § 7 Nrn. 6 und 7 dieser Verordnung eine Ordnungswidrigkeit i. S. des § 18 I Nr. 1 AbfG darstellt.
aa) Nach § 18 I Nr. 1 AbfG handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig einer Rechtsverordnung nach § 4 IV AbfG zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist.
Durch die Vorschrift des § 4 IV AbfG sind die Landesregierungen ermächtigt worden, durch Rechtsverordnung die Entsorgung bestimmter Abfälle oder bestimmter Mengen dieser Abfälle außerhalb von Entsorgungsanlagen zuzulassen und die Voraussetzungen und die Art und Weise der Entsorgung festzulegen sowie diese Ermächtigung ganz oder teilweise auf andere Behörden zu übertragen.
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Die Regierung des Landes Nordrhein-Westfalen hat von der ihr erteilten Ermächtigung durch den Erlass der Pflanzen-Abfall-Verordnung Gebrauch gemacht. Diese Verordnung regelt die Beseitigung pflanzlicher Abfälle außerhalb von Abfallbeseitigungsanlagen und verweist für bestimmte Tatbestände (§ 7) auf § 18 I Nr. 1 AbfG. Gegen die Rechtsgültigkeit dieser Verordnung bestehen keine Bedenken.
bb) Nach dieser Verordnung ist das Verbrennen von pflanzlichen Abfällen grundsätzlich erlaubt (§§ 2 II, 3, 5 und 6), jedoch ist diese Art der Beseitigung bestimmten Beschränkungen unterworfen.
Bei der Verbrennung von Stroh bestimmt die Verordnung u. a. in § 3 II Nr. 6, dass "andere Stoffe, insbesondere Mineralöle, Mineralölprodukte oder Verpackungsrückstände, weder zur Ingangsetzung und Unterhaltung des Feuers benutzt noch bei Gelegenheit des Strohverbrennens ins Feuer gebracht werden dürfen". Diese Vorschrift ist nach § 5 S. 2 NWPflanzenAbfallVO auf das Verbrennen sonstiger pflanzlicher Abfälle, die auf landwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzten Grundstücken anfallen, z. B. verdorbenes Holz, Kartoffelkraut oder Schnittholz, entsprechend anzuwenden. Dies gilt darüber hinaus auch für das nach § 6 I NWPflanzenAbfallVO grundsätzlich erlaubte Verbrennen von Kleingartenabfällen (pflanzliche Abfälle in geringen Mengen, die in Haus- und Kleingärten anfallen), soweit für sie - was vorliegend zutrifft - kein Anschluss- und Benutzungszwang von den Gemeinden für das Einsammeln durch Satzung vorgeschrieben ist. Nach dieser Vorschrift dürfen Kleingartenabfälle an Werktagen einmal täglich verbrannt werden, wobei der Verbrennungsvorgang innerhalb von zwei Stunden beendet sein muss.
Gegen die Bestimmungen der §§ 5, 6 I NWPflanzenAbfallVO hat der Betr. verstoßen, weil er bei dem Verbrennen der Pflanzenabfälle, bei denen es sich teilweise um sonstige pflanzliche Abfälle i. S. des § 5 der Verordnung und teilweise um Kleingartenabfälle i. S. des § 6 der Verordnung handelte, Benzin, also ein Mineralölprodukt, zum Ingangsetzen und zur Unterhaltung des Feuers verwendet hat und den Verbrennungsvorgang länger als zwei Stunden - nach den Feststellungen war das um 11.30 Uhr entfachte Feuer erst gegen 14 Uhr erloschen - hat andauern lassen.
b) Der Betr. hat ferner gegen § 1 II der Satzung der Stadt K. vom 6. 10. 1981 über das Verbrennen von Kleingartenabfällen verstoßen.
aa) Danach dürfen Kleingartenabfälle nur an Werktagen in der Zeit vom 1. 3. bis 30. 4. und vom 1. 10. bis 30. 11. jeweils von 9 Uhr bis 19 Uhr verbrannt werden.
bb) Nach den Feststellungen hat der Betr. seine Abfälle am 1. 12. 1992, also außerhalb des erlaubten Zeitraumes verbrannt.
Bedenken gegen die Gültigkeit dieser Satzung bestehen ebenfalls nicht. Sie beruht auf der der Stadt K. durch die Landesregierung in der Nordrhein-Westfälischen Pflanzen-Abfall-Verordnung erteilten Ermächtigung. Nach § 6 I 3 dieser Verordnung können nämlich die Gemeinden durch Satzung das Verbrennen auf bestimmte Werktage und bestimmte Stunden dieser Tage beschränken. Mit dieser Regelung hat die Landesregierung die ihr in § 4 IV AbfG erteilte Ermächtigung in zulässiger Weise
teilweise weiterübertragen. Die Vorschrift des § 3 der Satzung verweist für den hier vorliegenden Tatbestand auf die Bußgeldvorschriften der Nordrhein-Westfälischen Pflanzen-Abfall-Verordnung und des Abfallgesetzes.
3. Aus Rechtsgründen ist nicht zu beanstanden, dass das AG vorsätzliches Handeln des Betr. angenommen hat. Nach den Feststellungen war sich der Betr. bewusst, dass sein Handeln in zeitlicher Hinsicht nicht (mehr) erlaubt und die Verwendung von Benzin verboten war.
Der Schuldspruch des angefochtenen Urteils kann danach keinen Bestand haben. Er war vielmehr entsprechend der vorstehenden rechtlichen Beurteilung zu ändern.
Eines zuvor erteilten rechtlichen Hinweises nach § 71 I OWiG, § 265 I StPO bedurfte es nicht, weil die verletzten Vorschriften der Nordrhein-Westfälischen Pflanzen-Abfall-Verordnung und der Satzung der Stadt K. vom 6. 10. 1981 in den Urteilsgründen genannt und erörtert sind und im übrigen auszuschließen ist, dass der Betr. im Fall der Erteilung eines Hinweises sich anders, insbesondere wirksamer hätte verteidigen können.
Das Verbot der Schlechterstellung (§ 79 III 1 OWiG, § 358 II StPO) steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 41. Aufl., § 331 Rdnr. 8 und § 358 Rdnr. 11 m. w. Nachw.).
III. Die Überprüfung des Rechtsfolgenausspruchs aufgrund der Rechtsbeschwerderechtfertigung hat einen den Betr. benachteiligenden Rechtsfehler nicht aufgedeckt. Bei diesem Rechtsfolgenausspruch verbleibt es trotz der von dem Senat vorgenommenen Änderung des Schuldspruchs. Da das AG in den Urteilsgründen dieselben Rechtsvorschriften als verletzt angesehen hat wie der Senat, ist auszuschließen, dass es auf eine geringere Geldbuße erkannt hätte, wenn es den Betr. bereits im Urteil der Verletzung dieser Vorschriften schuldig gesprochen hätte, zumal die Schuldspruchänderung keine Minderung des Unrechtsgehalts der Tat des Betr. bedeutet.
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