Obliegenheiten des Versicherugsnehmers bei Belehrung im Formular für Schadensmeldung

Gericht

BGH


Art der Entscheidung

Beschluss


Datum

28. 02. 2007


Aktenzeichen

IV ZR 152/05


Leitsatz des Gerichts

Ob eine schon im Formular für die Schadensmeldung enthaltene Belehrung über die Folgen einer vorsätzlichen Verletzung der Aufklärungsobliegenheit bei einer späteren Nachfrage des Versicherers wiederholt werden muss, entscheidet sich nach den Umständen des Einzelfalles.

Tenor


Tenor: Der IV. Zivilsenat des BGH hat durch den Vorsitzenden Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Wendt, Felsch und Dr. Franke am 28. 2. 2007 beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 4. Zivilsenats des OLG Naumburg vom 31. 5. 2005 wird auf Kosten des Kl. zurückgewiesen. Streitwert: 22.500 €.

Entscheidungsgründe


Gründe:

1. Die Frage, ob es dem beklagten Versicherer hier verwehrt war, sich wegen unvollständiger Beantwortung seiner schriftlichen Nachfrage zum Erwerb des versicherten Motorrades vom 18. 9. 2002 auf Leistungsfreiheit nach § 7 I (2) und V (4) AKB in Verbindung mit § 6 III VVG zu berufen, weil er gehalten gewesen wäre, die im Schadensmeldungsformular enthaltene Belehrung über die Rechtsfolgen einer (folgenlosen) vorsätzlichen Verletzung der Aufklärungsobliegenheit zu wiederholen, ist einer über den Einzelfall hinausgehenden, grundsätzlichen Klärung nicht zugänglich.

Nach der Senatsrechtsprechung kann sich der Versicherer zwar auf seine Leistungsfreiheit wegen vorsätzlicher Verletzung der Aufklärungsobliegenheit nur berufen, wenn er den Versicherungsnehmer vorher deutlich über den Anspruchsverlust belehrt hat, der ihm bei vorsätzlich falschen Angaben droht (vgl. nur Senatsurteile vom 20. 12. 1972 IV ZR 57/71 VersR 1973, 174 unter VI 1; vom 21. 1. 1998 IV ZR 10/97 VersR 1998, 447 unter 2 c und ständig). Dabei handelt es sich um ein im Rahmen der so genannten Relevanzrechtsprechung für folgenlose Obliegenheitsverletzungen aus dem Grundsatz von Treu und Glauben abgeleitetes Korrektiv für die gravierenden Rechtsfolgen, die den Versicherungsnehmer bei Anwendung des „Alles-Oder-Nichts-Prinzips“ treffen können. Die Belehrung bezweckt insoweit den Schutz des Versicherungsnehmers vor einem drohenden Rechtsverlust. Hat der Versicherer ihn wie hier im Formular über die Schadensmeldung ordnungsgemäß belehrt, so bleibt es eine Frage des Einzelfalls, ob der Versicherungsnehmer im Anschluss daran auf Grund besonderer Umstände erneut derart schutzwürdig erscheint, dass der Grundsatz von Treu und Glauben es dem Versicherer gebietet, die bereits gegebene Belehrung zu wiederholen.

Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn der Versicherungsnehmer bei einer späteren Nachfrage den Bezug zu den Fragen der Schadensmeldung und seiner Aufklärungsobliegenheit wegen einer besonderen Fragestellung nicht ohne Weiteres erkennen kann, oder eine Nachfrage nach besonders langer Zeit erfolgt und deshalb die Sorge begründet, der Versicherungsnehmer könne die ursprüngliche Belehrung nicht mehr vor Augen haben (vgl. dazu OLG Hamm NVersZ 2001, 271). Ob solche besonderen Umstände gegeben sind, kann nur auf Grund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalles beantwortet werden und hängt insbesondere auch davon ab, ob der Versicherungsnehmer ausreichende Anhaltspunkte dafür hat, sich an die frühere Belehrung zu erinnern. Jedenfalls ist es nicht geboten, die Belehrung losgelöst von den Fallumständen bei jeder Nachfrage des Versicherers zu wiederholen (a.A. offenbar OLG Oldenburg VersR 1998, 449) oder feste Fristen vorzusehen, nach deren Ablauf jeder Nachfrage eine erneute Belehrung beizufügen ist (a.A. Römer in Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 6 Rdnr. 65).

Hier war eine erneute Belehrung entbehrlich, weil die etwa zwei Monate nach der Schadensmeldung gehaltene Nachfrage dem Versicherungsnehmer deutlich vor Augen führte, dass er auf Grund seiner bisherigen Angaben Gefahr lief, den Anspruch auf die Versicherungsleistung zu verlieren. Das war Anlass genug, sich der im Schadensmeldungsformular enthaltenen Belehrung zu erinnern.

2. Auch im Übrigen zeigt die Nichtzulassungsbeschwerde nicht auf, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des RevGer. erfordert.

Vorinstanzen

LG Dessau, Entscheidung vom 05.11.2004 - 4 O 452/03 -
OLG Naumburg, Entscheidung vom 31.05.2005 - 4 U 189/04 -

Rechtsgebiete

Versicherungsrecht

Normen

VVG § 6 III; AKB § 7 I