Wohngebiet neben Gewerbegebiet

Gericht

OVG Münster


Datum

22. 05. 2006


Aktenzeichen

7 D 114/05


Tenor

Der Antrag wird abgelehnt. Der Ast. trägt die Kosten des Verfahrens. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand


Tatbestand:

Der Ast. ist Eigentümer eines Hubschrauberlandeplatzes. Er wendet sich mit dem vorliegenden Normenkontrollantrag gegen den Bebauungsplan Nr. 338 - „M. -E. „ - der Ag., der im Wesentlichen ein allgemeines Wohngebiet festsetzt.

Das in etwa rechteckige Bebauungsplangebiet grenzt mit seiner nördlichen Schmalseite auf etwa 120 m an die hier von Nordwesten nach Südosten führende O. M1.---straße , mit seiner 170 m langen Ostseite an die von Norden nach Süden führende L.-------straße (K 3). Rund 140 m südlich des Bebauungsplangebiets verläuft die Straße Am Postdamm von Westen nach Osten, an die etwa 300 m östlich der Kreuzung L.-------straße /Am Q.---damm die O. M1.---straße anknüpft. Zwischen O. M1.---straße , L.-------straße und der Straße Am Q.---damm liegt der E. von M. ; der Bereich östlich der L.-------straße ist durch den Bebauungsplan Nr. 238 - „Kapellensiedlung“ - überplant und als Dorfgebiet festgesetzt. Nördlich der O. M1.---straße , östlich der L.-------straße setzt der Bebauungsplan Nr. 238 ein kleines Gewerbegebiet fest, das ein Betriebsgrundstück der Spedition G. erfasst. Nördlich folgen außerhalb des Bebauungsplanbereichs weitere gewerblich genutzte Grundstücke. Südlich des vom Bebauungsplan Nr. 338 erfassten Bereichs befindet sich westlich der L.-------straße die Grundschule. Zur Spedition G. gehört eine rückwärtig des Hauses L.------- straße 118 auf der Parzelle 435 stehende Lagerhalle. Diese Parzelle grenzt nördlich an die O. M1.---straße und westlich an die L.-------straße ; dort mündet zwischen den Wohnhäusern L.-------straße 112 und 114 eine Betriebszufahrt dem Gebiet des Bebauungsplans Nr. 338 gegenüberliegend in die L.-------straße . Rund 200 m westlich der Westgrenze des Bebauungsplans Nr. 338 befindet sich südlich der O. M1.---straße der Hubschrauberlandeplatz des Ast.. Die luftverkehrsrechtliche Genehmigung vom 7. 12. 1984 (mit nachfolgenden Änderungen) bestimmt in ihrer Auflage Nr. 8 a, Starts und Landungen dürfen in der Regel nur über den nördlichen An- und Abflugsektor erfolgen. Die Genehmigung stellt auch einen An- und Abflugsektor dar, der in östlicher Richtung über Teilbereiche des Gebiets des Bebauungsplans Nr. 338 hinwegführt. Durch die Nebenbestimmung Nr. 7 in ihrer durch Bescheid vom 7. 2. 2001 geänderten Fassung bestimmt die Genehmigung den Zweck des Landeplatzes mit Geschäfts- und Privatflugverkehr nach Sichtflugregeln zwischen 6.00 und 22.00 Uhr.

Die Hauptzufahrt des Bebauungsplangebiets ist von der L.-------straße aus vorgesehen. Die öffentliche Verkehrsfläche verzweigt sich innerhalb des Bebauungsplangebiets und erschließt die durch Baugrenzen begrenzten Baufenster des allgemeinen Wohngebiets, die in offener Bauweise eingeschossig mit Einzel- oder Doppelhäusern bebaut werden können. Je Wohngebäude sind höchstens zwei Wohnungen zulässig. Im nordöstlichen Eckbereich des Bebauungsplans ist entlang der O. M1.---straße und der L.-------straße ein insgesamt rund 110 m langer Lärmschutzwall vorgesehen, der 4 m hoch angelegt werden soll. Der Bebauungsplan gibt verschiedene Bepflanzungen vor. Im Süden des Bebauungsplanbereichs ist eine öffentliche Grünfläche geplant, die für Ausgleichsmaßnahmen zur Verfügung stehen soll. Für alle Gebäude im Bebauungsplangebiet verlangt der Bebauungsplan passiven Lärmschutz. Hierzu ist in den textlichen Festsetzungen unter Nr. 6 u. a. Folgendes bestimmt:

„... für die Außenbauteile (ist) ein Schalldämmmaß von ... 40 dB(A) einzuhalten. Die Schallschutzfenster sind bei Wohnhäusern nur in Räumen, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen, vorzusehen. ... bei Büroräumen liegen (die Werte des Schalldämmmaßes) um 5 dB unter den Werten für Wohnungen. Bei Schlafräumen und Kinderzimmern, die zugleich als Schlafräume dienen, werden zusätzliche Belüftungseinrichtungen in Fenstern oder Wand erforderlich.“

Nach der 3. Offenlage des Bebauungsplanentwurfs wurde folgende Festsetzung ergänzend in den Bebauungsplan aufgenommen:

„Fenster von Räumen in den Obergeschossen, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen sollen, sind bei Gebäuden auf den Grundstücken östlich und nördlich des im Bereich des Lärmschutzwalls nach Osten führenden Stichwegs an den Gebäudewest- und -südseiten anzuordnen.“

Auf der Bebauungsplanurkunde ist eine „Vorbelastung durch Hubschrauberlärm“ vermerkt, zu der es unter Nr. 3 der textlichen Hinweise heißt:

„Mitunter kann es im gesamten Plangebiet zu Lärmbelastungen durch den nahegelegenen Hubschrauberlandeplatz kommen. Die nach allgemeiner Rechtsprechung abgeleiteten Richtwerte für Hubschrauberlandeplätze von 62 dB(A) können in seltenen Fällen in Teilbereichen des Baugebiets um bis zu 8 dB(A) überschritten werden. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn auf Grund ungünstiger Witterungsbedingungen für die maximal angenommene Zahl an Flugbewegungen (zwei- bis dreimal pro Jahr je 50 Starts und 50 Landungen) der östliche Flugkorridor genutzt werden muss.“

Das Bebauungsplanverfahren nahm im Wesentlichen folgenden Verlauf: Bereits am 31. 10. 1996 beschloss der Bau-, Planungs- und Verkehrsausschuss der Ag., den Bebauungsplan aufzustellen und eine frühzeitige Bürgerbeteiligung durchzuführen. Träger öffentlicher Belange wurden nach Durchführung einer Bürgerversammlung beteiligt. Insbesondere die Handwerkskammer und die Industrie- und Handelskammer wandten sich gegen die Bebauungsplanung im Hinblick auf die Immissionsbelastung des Plangebiets, sowie auf die Interessen der in den angrenzenden Gewerbegebieten gelegenen Gewerbebetriebe und die Interessen der den Hubschrauberlandeplatz betreibenden Firma. Am 6. 5. 1999 beschloss der Bau-, Planungs- und Verkehrsausschuss, den Bebauungsplanentwurf offen zu legen. Im Jahre 2001 und im Jahre 2003 veranlasste der Ausschuss eine zweite und eine dritte Offenlage des Bebauungsplanentwurfs. Die Industrie- und Handelskammer, die Handwerkskammer und auch das Staatliche Umweltamt erneuerten Bedenken im Hinblick auf die Immissionssituation. Auch der Ast. brachte Anregungen in das Verfahren ein, zuletzt namentlich durch Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 7. 3. 2003. Am 14. 3. 2005 beschloss der Rat der Ag. die 31. Änderung des Flächennutzungsplans, nahm zu den in das Verfahren eingebrachten Anregungen Stellung und beschloss den mit einer Begründung versehenen Bebauungsplan sodann als Satzung. Am 23. 5. 2005 genehmigte die Bezirksregierung E1. die 31. Änderung des Flächennutzungsplans. Die Genehmigung der Änderung des Flächennutzungsplans und der Bebauungsplan wurden am 8. 7. 2005 öffentlich bekannt gemacht.

Der Ast. hat am 29. 9. 2005 den Normenkontrollantrag gestellt, zu dessen Begründung er ausführt: Er sei als Eigentümer des Grundstücks, auf dem der Hubschrauberlandeplatz bestehe, antragsbefugt. Der Antrag sei auch begründet. Der Bebauungsplan sei städtebaulich nicht gerechtfertigt, nämlich vollzugsunfähig. Die im Bebauungsplangebiet vorgesehene Wohnbebauung sei mit dem in § 15 I BauNVO verankerten Gebot der Rücksichtnahme unvereinbar. Sie würde sich unzumutbaren betrieblichen Immissionen aussetzen. Der Bebauungsplan sei abwägungsfehlerhaft. Gewerbliche Nutzung und Wohnnutzung dürften wegen ihrer prinzipiellen Konfliktanfälligkeiten nicht unmittelbar nebeneinander liegen, wie aus dem in § 50 BImSchG verankerten Trennungsgrundsatz folge. Ob die Bebauungsplanung kleinere oder größere Siedlungseinheiten betreffe, sei insoweit nicht relevant. Das Interesse an gesunden Wohnverhältnissen sei nicht hinreichend beachtet worden. In die Bewertung des Gewerbelärms seien zehn An- und Ablieferungen der Firma G. bezüglich des nordöstlich der O. M1.--- straße gelegenen Betriebsteils in die Lärmberechnung eingestellt worden, nicht jedoch das weitere Betriebsgrundstück L.-------straße 118. Obwohl im Gutachten Beckenbauer vom 27. 7. 1998 die Belastung des gesamten Plangebiets durch Gewerbelärm ermittelt worden sei, gehe die Bebauungsplanbegründung davon aus, dass lediglich in einem Radius von 55 m um die Spedition G. im Einmündungsbereich O. M1.---straße /L.-------straße ein Immissionswert zwischen 55 und 60 dB(A) erreicht werde. Welche Auswirkungen der Lärmschutzwall habe, sei nicht ermittelt worden. Der Lärmschutzwall genüge mit der vorgesehenen Höhe von 4 m ausweislich der schalltechnischen Untersuchung Beckenbauer vom 8. 10. 2004 nicht, um die Einhaltung der Immissionsrichtwerte zur Nachtzeit für die ersten Obergeschosse der Wohnhäuser sicherzustellen, obwohl dort Räume zum ständigen Aufenthalt von Menschen zulässig seien. Der festgesetzte passive Lärmschutz genüge nicht, um den Anforderungen zu genügen, die sich aus dem Schutzmodell des Bundes-Immissionsschutzgesetzes ergeben würden, denn passivem Lärmschutz könne bei Vorhaben, die nicht dem Gemeinwohl dienen, nur die Funktion vorbeugenden Umweltschutzes zukommen. Den Außenwohnbereichen sei kein Schutz vor unzumutbaren Lärmimmissionen eingeräumt worden. Der Speditionsbetrieb habe mit nachträglichen immissionsschutzrechtlichen Anforderungen zu rechnen, denn für die Immissionsbewertung komme es in Anwendung der TA Lärm auf Immissionsorte außerhalb der Gebäude an. Der Bebauungsplan sei auch deshalb abwägungsfehlerhaft, weil Erweiterungs- und Entwicklungsabsichten des Betriebes nicht hinreichend abgewogen worden seien. Herr G. habe mit Schreiben vom 19. 12. 2001 an den Fachbereich Stadtplanung der Ag. auf die Erwartung von Kunden hingewiesen, just- in-time angeliefert zu werden. Unter dem 28. 11. 2002 habe er eine Nutzungsänderung durch Ausweitung der Betriebszeiten beantragt. Nach Abschluss des Offenlegungsverfahrens sei eine Nachtfahrerlaubnis erteilt worden. Im Rahmen einer normalen Entwicklung der Spedition sei mit einer Erhöhung der Zahl von An- und Abfahrten zu rechnen. Der Hinweis des Bebauungsplans auf Hubschrauberlärm genüge zur Konfliktbewältigung nicht. Es sei eine fehlerhafte Unterstellung, An- und Abflugverkehr nur für den Nordsektor vorauszusetzen. Bei entsprechenden Wetterverhältnissen müsse über den östlichen An- und Abflugsektor geflogen werden. Dann würden die Lärmrichtwerte im Plangebiet überschritten. Die Flüge über den Ostsektor könnten nicht als seltene Ereignisse betrachtet werden, denn an mehr als 10 Tagen oder Nächten im Jahr müsste der östliche Flugsektor benutzt werden. Fraglich sei, ob die schalltechnische Untersuchung Beckenbauer vom 29. 1. 2001 nicht deshalb fehlerhaft sei, weil der Gutachter nicht von dem in der DIN 18005 („Schallschutz im Städtebau“) bestimmten Ermittlungsverfahren gem. DIN 45643 ausgegangen sei; auf dieses Bewertungsverfahren sei aber für Bereiche abzustellen, die nicht dem Fluglärmschutzgesetz unterliegen. Auch die Helikopterfirma habe Erweiterungsinteressen, die in der Abwägung unberücksichtigt geblieben seien. Die Belastung der Außenwohnbereiche durch Verkehrslärm habe keine hinreichende Beachtung gefunden. Eine ordnungsgemäße Abwägung hätte in den Blick nehmen müssen, ob die Summe aller Lärmquellen den kritischen Bereich der Gesundheitsgefährdung überschreite. Die Ag. habe Alternativstandorte nicht hinreichend untersucht; südlich der Straße Am Q.---damm hätten Wohnbauflächen in geeigneter Lage festgesetzt werden können; der dort bestehende Landschaftsschutz hätte zurücktreten können. Jedenfalls sei keine naturschutzfachliche Überprüfung erfolgt.

Der Ast. beantragt,

den Bebauungsplan Nr. 338 - „M. -E. „ - der Ag. für unwirksam zu erklären.

Die Ag. beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie erwidert: Der Bebauungsplan begründe die Zulässigkeit von Vorhaben nicht, die der Nachbarschaft gegenüber rücksichtslos sein könnten. Störungen und Belästigungen würden durch die festgesetzten passiven und aktiven Schallschutzmaßnahmen in zumutbaren Grenzen gehalten. Gewisse Beeinträchtigungen seien hinzunehmen, da dem Wunsch nach Wohnbebauung im Dorfmittelpunkt vorrangiges Gewicht habe eingeräumt werden dürfen. Dem Trennungsgrundsatz des § 50 BImSchG habe in der Abwägung geringeres Gewicht beigemessen werden dürfen, zumal bei kleinen Siedlungseinheiten wie M. Erweiterungen nur an wenigen Stellen möglich seien. Wie die schalltechnische Neuberechnung vom 8. 2. 2000 gezeigt habe, würden nur in einem Kreisausschnitt mit dem Radius von 55 m um den Einmündungsbereich L.------- straße /Neuenkirchener M1.---straße die Immissionsrichtwerte im 1. Obergeschoss nachts überschritten. Städtebauliche Missstände würden nicht auftreten. Der Planung habe zugrundegelegen, dass sich die fahrtechnischen Abläufe des Speditionsbetriebs G. auf dem nördlich der O. M1.---straße gelegenen Grundstück ereignen würden. Auch bei einem Fahrbetrieb auf dem Grundstück L.----- --straße 118 müssten jedoch dorfgebietsspezifische Grenzwerte eingehalten werden, die zudem durch den Lärmschutzwall gemindert würden. Hinsichtlich des Flugverkehrs seien nur zwei- bis dreimal pro Jahr bei bis zu 50 Starts und 50 Landungen extreme Richtwertüberschreitungen von bis zu 8 dB(A) über dem hinzunehmenden Richtwert von 62 dB(A) im Bebauungsplangebiet zu erwarten; in der Praxis würde die verträgliche Zahl von zehn Starts und Landungen häufig nicht erreicht. Da die luftverkehrsrechtliche Genehmigung zudem vorschreibe, es sei in der Regel der nördliche Flugsektor zu nutzen, sei die Nutzung des östlichen Flugsektors als Ausnahme anzusehen. Der schalltechnischen Untersuchung der Auswirkungen des Hubschrauberlandeplatzes habe die Leitlinie zur Ermittlung und Beurteilung der Fluglärmimmissionen in der Umgebung von Landeplätzen durch die Immissionsschutzbehörden der Länder vom 14. 5. 1997 (Landeplatz- Fluglärmleitlinie, AzB-L) zugrundegelegen; die Messung und Beurteilung sei nach der DIN 45643 erfolgt. Der Gutachter sei bei der Berechnung der aktiven Lärmschutzmaßnahmen zum Schutz vor Immissionen der Spedition G. vom Schutzanspruch der im benachbarten Dorfgebiet gelegenen Wohnhäuser ausgegangen und habe auf dieser Grundlage für das Speditionsgrundstück einen flächenbezogenen Schallleistungspegel angenommen, der die denkbaren Betriebserweiterungen erfasse. Konkrete Betriebserweiterungsabsichten seien im Bebauungsplanverfahren nicht vorgetragen worden. Im Verfahren auf Genehmigung der Nachtfahrten habe der Betrieb gutachterlich nachgewiesen, dass mit der vorhandenen benachbarten Wohnbebauung kein Konflikt bestehe. Um die Obergeschosse der Wohnhäuser ohne die für die Dachgeschosse geltenden passiven Lärmschutzmaßen zu schützen, müsste der Lärmschutzwall auf 6 m erhöht werden; ein derart monumentales Gebilde sei städtebaulich nicht erwünscht. Einige Grundstücke entlang der L.-------straße seien vom Lärmschutzwall nicht erfasst; eine Verlängerung des Walls sei jedoch nicht in Frage gekommen, denn eine Abschottung des neuen Wohngebiets würde einen nicht zu akzeptierenden Eingriff in das Dorfgefüge darstellen. Die Gesamtlärmbelastung der verschiedenen Lärmquellen habe nicht summiert betrachtet werden müssen, da es kein entsprechendes Beurteilungsverfahren gebe. Ein Alternativstandort hätte nicht überplant werden müssen, denn alle anderen dorfnahen Lagen würden dem Einfluss von Gewerbe- bzw. Verkehrslärm unterliegen bzw. sich im Landschaftsschutzgebiet befinden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der von der Ag. vorgelegten Akten über das Bebauungsplanverfahren sowie die Bauakten der Spedition G. Bezug genommen.

Entscheidungsgründe


Entscheidungsgründe:

Der Antrag ist zulässig.

Der Ast. ist antragsbefugt.

Der Ast. ist zwar nicht Eigentümer eines der beiden im Geltungsbereich des Bebauungsplans gelegenen Grundstücke. Es ist jedoch möglich, dass er in einem die Antragsbefugnis eröffnenden Recht verletzt ist. Als Recht i.S. des § 47 II VwGO ist auch das Recht auf Abwägung der eigenen, durch die Bebauungsplanung mehr als nur geringfügig berührten Belange anzusehen. Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. 9. 1998 - 4 CN 2.98 -, BRS 60 Nr. 46.

Der Ast. behauptet ein abwägungserhebliches, hinreichend gewichtiges Interesse. Er ist Eigentümer des Grundstücks, auf dem ein luftverkehrsrechtlich genehmigter Hubschrauberlandeplatz betrieben wird. Die wirtschaftliche Nutzbarkeit seines Grundstücks kann beeinträchtigt sein, wenn der Betrieb des Hubschrauberlandeplatzes wegen etwaiger nachträglicher Immissionsschutzauflagen Beschränkungen unterworfen oder eine etwaig beabsichtigte Betriebsausweitung deshalb gehindert sein kann, weil an den Landeplatz auf Grundlage der Bebauungsplanfestsetzungen Wohnbebauung näher als bislang heranrücken kann. Entsprechende Befürchtungen hat der Ast. vorgetragen. Die Abwägungsrelevanz seiner Belange wird durch die Erwägungen der Ag. bestätigt, die in das Bebauungsplanverfahren Eingang gefunden haben. Die Ag. hat sich gerade auch mit der Belastung des Plangebiets durch Hubschrauberlärm befasst.

Der Antrag ist jedoch unbegründet.

Der Bebauungsplan und seine Festsetzungen sind i.S. des § 1 III BauGB städtebaulich gerechtfertigt. Die städtebauliche Rechtfertigung ergibt sich bereits unmittelbar aus der Bebauungsplanbegründung. Im Hauptsiedlungsbereich von M. sollen zusätzliche Wohnbauflächen ausgewiesen werden, um den Wohnbedarf der ortsansässigen Bevölkerung mittelfristig zu decken (Bebauungsplanbegründung Nr. 2.0). Diesem beachtlichen städtebaulichen Belang (vgl. § 1 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 BauGB) hält der Ast. zu Unrecht entgegen, der Bebauungsplan sei gar nicht vollzugsfähig; Wohnbebauung sei in den allgemeinen Wohngebieten wegen unzumutbarer gewerblicher Immissionen unzulässig. Die Immissionsbelastung des Bebauungsplangebiets führt jedoch nicht zur Vollzugsunfähigkeit des Bebauungsplans, was weiter unten noch auszuführen sein wird.

Form- oder Verfahrensfehler des Bebauungsplans sind nach Lage der dem Senat vorliegenden Akten gegenüber der Ag. nicht geltend gemacht worden. Ohne Rüge beachtliche Form- oder Verfahrensfehler sind nicht ersichtlich.

Die Festsetzungen des Bebauungsplans sind hinreichend bestimmt und von einschlägigen Ermächtigungsgrundlagen getragen.

Der Bebauungsplan ist abwägungsfehlerfrei.

Nach § 1 Abs. 7 BauGB sind bei der Aufstellung von Bebauungsplänen die öffentlichen und privaten Belange gegen- und untereinander gerecht abzuwägen. Das so normierte Abwägungsgebot ist verletzt, wenn eine sachgerechte Abwägung überhaupt nicht stattfindet, wenn in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, wenn die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit der einzelnen Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens ist dem Abwägungsgebot jedoch genügt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde im Widerstreit verschiedener Belange für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung des anderen Belangs entscheidet.

Der Bebauungsplan ist zunächst nicht deshalb abwägungsfehlerhaft, wie der Ast. meint, weil die Ag. das allgemeine Wohngebiet in der Nähe des durch den Bebauungsplan Nr. 238 nördlich der O. M1.---straße , östlich der L.-------straße festgesetzten Gewerbegebiets (dem sich in nördlicher Richtung außerhalb des Bebauungsplangebiets weitere gewerblich genutzte Grundstücke anschließen) sowie des westlich gelegenen Hubschrauberlandeplatzes vorgesehen hat. Dem in § 50 BImSchG verankerten Trennungsgrundsatz ist kein Verbot in dem Sinne zu entnehmen, gewerbliche Nutzung und Wohnnutzung dürften nie nebeneinander liegend geplant werden. Gemäß § 50 BImSchG sind bei raumbedeutsamen Planungen die für eine bestimmte Nutzung vorgesehenen Flächen einander so zuzuordnen, dass schädliche Umwelteinwirkungen auf die ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienenden Gebiete soweit wie möglich vermieden werden. Dieser Bestimmung ist jedoch keine Planungsschranke in dem Sinne zu entnehmen, eine Gemeinde dürfe es schon nicht zum Gegenstand ihrer abwägenden Entscheidung machen, ob nicht insbesondere unter Berücksichtigung der jeweiligen konkreten örtlichen Gegebenheiten und der möglichen Immissionsschutzmaßnahmen ein an ein Gewerbegebiet angrenzendes Wohngebiet festgesetzt werden kann. Vielmehr ist § 50 BImSchG eine der Abwägung unterliegende Planungsdirektive, die der Gemeinde vorgibt, bei der Planung eines neu anzulegenden, einer Wohnbebauung benachbarten Gewerbe- oder Industriegebiets die besondere Schutzbedürftigkeit der Wohnbebauung in die Abwägung einzustellen. Vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. 11. 1992 - 4 NB 41.92 -, juris.

Nichts anderes gilt für den Fall der Festsetzung eines Wohngebiets neben einem Gewerbegebiet. Sollen derartige Gebiete nach der Entscheidung der Gemeinde aneinandergrenzen, muss die Gemeinde durch die Art und Weise der planerischen Festsetzungen den künftigen Konflikt auflösen und damit vermeiden. Dazu können beispielsweise auch planerische Festsetzungen gem. § 9 I Nr. 24 BauGB gehören. Nach dieser Vorschrift sind bestimmte bauplanerische Festsetzungen zulässig, mit denen schädlichen Umwelteinwirkungen begegnet werden kann. Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 30. 11. 1992 - 4 NB 41.92 - und vom 7. 7. 2004 - 4 BN 16.04 -, ZfBR 2005, 71.

§ 9 I Nr. 24 BauGB ermächtigt die Gemeinde, zum Schutz und zur Vermeidung von oder zur Minderung von schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren i.S. des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bauliche oder sonstige Vorkehrungen zu treffen. Zu den danach möglichen Vorkehrungen gehören Maßnahmen des aktiven und/oder passiven Schallschutzes. Das „Schutzmodell“ des Bundes-Immissionsschutzgesetzes beschränkt passive Schallschutzmaßnahmen nicht auf dem vorbeugenden Immissionsschutz dienende Maßnahmen. Vielmehr kann auch passiver Schallschutz ein geeignetes Mittel sein, um schädliche Umwelteinwirkungen zu vermeiden.

Das Immissionsschutzrecht wirkt nicht mit verbindlichen Vorgaben unmittelbar auf die Bauleitplanung ein. Seine rechtlichen Vorgaben greifen grundsätzlich erst auf der Ebene der Anlagenzulassung. Das schließt zwar nicht aus, dass ihm bereits im Rahmen der Bauleitplanung Rechnung getragen werden muss. Eine Schrankenfunktion erfüllt es im Planungsstadium allerdings nur in einer Richtung. Die Gemeinde darf keinen Bebauungsplan aufstellen, der aus Rechtsgründen nicht vollzugsfähig sie. Trifft sie Festsetzungen, deren Verwirklichung an den Anforderungen des Immissionsschutzrechts scheitert, so verstößt ihre Planung gegen das in § 1 III BauGB enthaltene Gebot der Erforderlichkeit, das dem in § 1 Abs. 7 BauGB normierten Abwägungsgebot rechtlich vorgelagert ist und nicht nach Abwägungsgesichtspunkten überwunden werden kann. Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. 2. 2002 - 4 CN 5.01 -, BRS 65 Nr. 67.

Dem Bundes-Immissionsschutzgesetz ist jedoch keine Regelung zu entnehmen, die eine auf § 9 I Nr. 24 BauGB gestützte Festsetzung schon deshalb ausschließen würde, weil sie nicht nur dem vorbeugenden Immissionsschutz, sondern (auch für nicht dem Gemeinwohl dienende Vorhaben) dem Schutz vor ohne entsprechende Festsetzung möglichen schädlichen Umwelteinwirkungen dienen soll. Der Wortlaut und der Zweck des § 9 I Nr. 24 BauGB gibt für einen derart eingeschränkten Anwendungsbereich gemeindlicher Festsetzungsmöglichkeiten ebenfalls nichts her. Der Senat schließt sich deshalb nicht der vom Ast. zitierten Entscheidung des 8. Senats, Beschluss vom 1. 9. 2005 - 8 A 2810/03 -, BauR 2006, an, wenn dieser einen anderen Sachverhalt betreffende Entscheidung etwas anderes zu entnehmen sein sollte.

Die Ag. hat die immissionsschutzrechtlich erheblichen Umstände in der Abwägung fehlerfrei berücksichtigt.

Das Bebauungsplangebiet grenzt mit der nördlichen und der westlichen Seite an unbebaute Bereiche, die nach dem dem Senat vorliegenden Kartenmaterial eindeutig dem bauplanungsrechtlichen Außenbereich zuzuordnen sind. Im Süden schließt die Grundschule von M. an, im Osten, jenseits der L.-------straße , folgt (mit Ausnahme der Parzelle 435) ein ausschließlich wohngenutzter Bereich zwischen L.-- -----straße , O. M1.---straße und Am Q.---damm , der durch den Bebauungsplan Nr. 238 als Dorfgebiet festgesetzt ist. Ein Gewerbegebiet, dessen Immissionen auf das Bebauungsplangebiet einwirken, stößt nur mit seiner Südwestspitze an die Kreuzung O. M1.---straße /L.-------straße , an die das Gebiet des Bebauungsplans Nr. 338 nur mit seiner Nordostspitze anschließt. Für die städtebauliche Entwicklung des durch den streitbefangenen Bebauungsplan überplanten Bereichs ist bei diesen Gegebenheiten die durch Wohnbauten geprägte Situation östlich der L.-------straße bedeutsamer als das Gewerbegebiet im Nordosten. Der Bebauungsplan begründet nicht erstmals eine Gemengelage zwischen Wohnbauten und gewerblicher Nutzung, sondern entwickelt die Wohnnutzung in westlicher Richtung fort und damit in eine Richtung, die nicht zu einer gegenüber der vorhandenen Wohnnutzung zusätzlichen Beeinträchtigung des (faktischen) Gewerbegebiets nördlich der O. M1.---straße führt. Die örtlichen Gegebenheiten sind danach am ehesten vergleichbar mit einer bereits bestehenden Gemengelage, für die das Trennungsgebot des § 50 BImSchG ohnehin keine strikte Geltung beansprucht. Vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. 5. 2004 - 4 BN 15.04 -, juris.

Der Bebauungsplanung steht nicht entgegen, dass Wohnbebauung nunmehr näher an den auf dem Grundstück des Ast. betriebenen Hubschrauberlandeplatz heranrückt. Weder lässt der Betrieb als Hubschrauberlandeplatz unzumutbare Lärmimmissionen für die Wohnbebauung im allgemeinen Wohngebiet erwarten noch hat die Ag. abwägungsbeachtliche Belange des Betriebs fehlgewichtet.

Die durch den Hubschrauberverkehr zu erwartenden Lärmimmissionen sind von der Ag. auf der Grundlage des von ihr eingeholten Gutachtens C. vom 29. 1. 2001 zutreffend bewertet worden. Die luftverkehrsrechtliche Genehmigung des Hubschrauberlandesplatzes vom 7. 12. 1984, geändert durch Bescheide vom 25. 6. 1990 und vom 7. 2. 2001, lässt Geschäfts- und Privatflugverkehr nach Sichtflugregeln zwischen 6.00 Uhr und 22.00 Uhr zu. Eine Immissionsbelastung der Nachbarschaft ist auf Grundlage dieser Gegebenheiten nachts nicht zu erwarten. Allerdings hat der Ast. in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, er erhalte dann eine entsprechende Einzelgenehmigung, wenn nachts ein Hubschrauber landen oder starten solle. Ein entsprechendes Geschehen hat er jedoch im Bebauungsplanverfahren nicht vorgetragen, sondern sich auf die ihm erteilte luftverkehrsrechtliche Genehmigung bezogen; diese lässt keinen nächtlichen Flugbetrieb zu. Von diesen betrieblichen Gegebenheiten durfte die Ag. bei ihrer Abwägung ausgehen. Die Zahl der Starts und Landungen ist tagsüber allerdings nicht (ausdrücklich) beschränkt, sodass das tatsächlich zu erwartende Hubschrauberaufkommen in die Immissionsbewertung einzustellen war. Dass die Ag. die Zahl zu erwartender Flugbewegungen unzutreffend prognostiziert haben könnte, legt der Ast. nicht dar. Der von der Ag. beauftragte Gutachter hat die Zahl der Flugbewegungen in Rechnung gestellt, die ihm vom Geschäftsführer der I. Geschäftsreisen GmbH benannt worden sind (vgl. S. 2 f. des Gutachtens). Abgesehen von zwei bis drei Tagen im Jahr, an denen Flugveranstaltungen durchgeführt werden, sind dies bis zu zehn Starts und zehn Landungen täglich. Die Starts und Landungen dürfen gem. Auflage 8 a der insoweit unverändert gültigen luftverkehrsrechtlichen Genehmigung vom 7. 12. 1984 in der Regel nur über den nördlichen An- und Abflugsektor erfolgen. Bei zehn Starts und zehn Landungen pro Tag ergibt sich für das Bebauungsplangebiet keine Lärmbelastung, die in einem allgemeinen Wohngebiet nicht hingenommen werden müsste. Es ergibt sich bei einer Bewertung nach der AzB-L ein äquivalenter Dauerschallpegel von unter 50 dB(A) (Gutachten S. 4 f., Anlage III Alternative II). Nach Angaben des Gutachters kann der nach der AzB-L berechnete Dauerschallpegel mit den Orientierungswerten der DIN 18005 verglichen werden. Ein Dauerschallpegel von bis zu 50 dB(A) tags ist als Immissionsbelastung in einem allgemeinen Wohngebiet hinnehmbar (vgl. Tabelle 1 DIN 18005). Der Ast. wendet ein, den Berechnungen des Gutachters sei nicht die in der DIN 18005 (vgl. Nr. 2.3) in Bezug genommene DIN 45643 zu Grunde gelegt worden. Auch die AzB-L verweist jedoch zur Messung und Bewertung von Fluggeräuschen an Flugplätzen auf die DIN 45643 (vgl. Nr. 1 AzB-L). Substantiierte Anhaltspunkte, der Gutachter sei nicht von dem durch diese DIN-Norm bestimmten Verfahren ausgegangen, bestehen nicht. Auch kommt es für die Immissionsbewertung nicht nur auf Starts und Landungen in östlicher Richtung an. In der Tat ist zwar Nr. 8a der luftverkehrsrechtlichen Genehmigung vom 7. 12. 1984 nicht dahin zu verstehen, Starts und Landungen in östlicher Richtung seien im Wesentlichen ausgeschlossen. Wenn danach der An- und Abflug „in der Regel“ über den nördlichen An- und Abflugsektor verlangt wird, ist - selbstverständlich - der Ostsektor für den Flugverkehr dann zu nutzen, wenn der Nordsektor nicht genutzt werden kann. Dies ist, worauf der Ast. zutreffend hingewiesen hat, bei entsprechenden Wetterbedingungen der Fall. Wer ein Luftfahrzeug (hierzu gehört auch ein Drehflügler, vgl. § 1 II Nr. 2 LuftVG) führt, ist verpflichtet, gegen den Wind zu landen und zu starten, sofern nicht Sicherheitsgründe, die Rücksicht auf den Flugbetrieb, die Ausrichtung der Start- und Landebahnen oder andere örtliche Gründe es ausschließen (vgl. § 22 I Nr. 6 LuftVO).

Die Fluglärmbelastung, die die Ag. als mit der Festsetzung eines allgemeinen Wohngebiets vereinbar ansehen durfte, musste sie jedoch nicht anhand des Immissionswertes bewerten, der sich dann ergibt, wenn an einem Tag bei entsprechenden Wetterbedingungen alle Starts und Landungen über den östlichen An- und Abflugsektor erfolgen. Hat der Gesetz- und Verordnungsgeber wie hier für einen Hubschrauberlandeplatz weder Lärmgrenzwerte noch ein Mess- oder Beurteilungsverfahren für die Bewertung von Beurteilungspegeln vorgegeben, ist ein zur Erfassung und Bewertung des Lärms geeignetes Verfahren auszuwählen. Ein solches Bewertungsverfahren muss nicht auf den Dauerschallpegel abstellen, der sich für einen einzelnen Tag mit der stärksten Lärmbelastung ergibt. Sachgerecht kann auch sein, in entsprechender Anwendung der AzB (Anleitung zur Berechnung von Lärmschutzbereichen, Erlass des Bundesministers des Innern vom 27. 2. 1975, GMBl. 1975, 162, mit Ergänzung vom 20. 2. 1984 - U II 4-560-120 43 -), auf den über die sechs verkehrsreichsten Monate gemittelten äquivalenten Dauerschallpegel abzustellen. Bei schwankenden tatsächlichen Verhältnissen wie der von der Windrichtung abhängigen Flugbetriebsrichtung können Mittelungen sogar unumgänglich sein, weil kein Beurteilungszeitraum für sich genommen ohne weiteres repräsentative Werte aufweist. Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10. 12. 2004 - 20 D 134, 135, 155, 164 und 167/00.AK -; BVerwG, Beschluss vom 18. 8. 2005 - 4 B 18.05 -.

Diese Bewertungsgrundsätze können auf die Bewertung des vom Hubschrauberlandeplatz ausgehenden Fluglärms entsprechend Nr. 3.14 AzB-L übertragen werden. Wenn die Ag. S. 7 der Bebauungsplanbegründung die zwei bis drei Flugtage im Jahr mit bis zu 50 Starts und 50 Landungen und ferner an anderen als diesen Flugtagen fünf Starts und Landungen über den östlichen An- und Abflugsektor als seltene Ereignisse bezeichnet hat, die als Ausnahmefall anzunehmen seien, mag diese Formulierung in dem vom Ast. aufgegriffenen Sinne missverständlich sein; seltene Ereignisse seien nur solche, die an nicht mehr als zehn Tagen im Jahr auftreten dürften. Auf eine solche Bewertungsgrundlage kommt es im vorliegenden Verfahren jedoch nicht an. Ein seltenes Ereignisses mit der vom Ast. angenommenen Bedeutung ist ein Ereignis, das wegen voraussehbarer Besonderheiten beim Betrieb einer Anlage an nicht mehr als zehn Tagen oder Nächten im Kalenderjahr zu erwarten ist, vgl. Nr. 7.2 der TA Lärm. Die Starts und Landungen, die über den östlichen An- und Abflugsektor führen, sind jedoch in dem Sinne selten zu erwarten, dass ausgeschlossen werden kann, im Plangebiet würde es zur Überschreitung der maßgebenden Orientierungswerte kommen, wenn der Bewertung der über die sechs verkehrsreichsten Monate gemittelte Dauerschallpegel zu Grunde gelegt wird. Selbst bei einer Flugverteilung von jeweils fünf Starts und fünf Landungen täglich auf den östlichen und den nördlichen An- und Abflugsektoren kommt es ausweislich des Gutachtens C. zur Überschreitung des Orientierungswertes nur in einem kleinen nordwestlichen Bereich des Bebauungsplangebiets. Eine solche Flugverteilung ist jedoch durch die Auflage 8 a der luftverkehrsrechtlichen Genehmigung ausgeschlossen. Die Zahl der Flugbewegungen über die Ostroute wird ganz erheblich hinter der Zahl der Flugbewegungen in nördlicher Richtung zurückbleiben. Die Ostroute muss nur dann gewählt werden, wenn der Wind bei Landungen aus Westen bzw. bei Starts aus Osten weht. Selbst bei stetigem exakten Westwind führen nur 50% der Flugbewegungen über den Ostsektor, denn die Starts dürfen dann nicht mit dem Wind in Ostrichtung, sondern lediglich die Landungen von Osten erfolgen. Die sich bei solchen Windverhältnissen ergebende 50:50 - Verteilung der Flugbewegungen entspricht jedoch nicht den tatsächlichen Verhältnissen, da der Nordsektor für alle Starts und Landungen immer dann genutzt werden muss, wenn der Wind aus nördlichen und südlichen Richtungen weht oder Windstille herrscht.

Die Lärmbelastung des nordwestlichen Bebauungsplanbereichs durch Hubschrauberlärm wird damit noch deutlich hinter der Lärmbelastung zurückbleiben, die vom Gutachter für eine 50:50 - Verteilung der Flugbewegungen über den Nord- bzw. den Ostsektor errechnet hat. Die sich dort ergebende Lärmbelastung ist ohne weitergehende, durch den Bebauungsplan vorgegebene Maßnahmen zumutbar. Die insoweit maßgebende Lärmbelastung wird von der vom Gutachter C. berücksichtigten Rechtsprechung (unter Beachtung der jeweiligen örtlichen Gegebenheiten, aus denen sich hier jedoch nichts zu Gunsten des Ast. ergibt), bei einem äquivalenten Dauerschallpegel von 62 dB(A) angenommen. Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10. 12. 2004 - 20 D 134, 135, 155, 164 und 167/00.AK -, aaO.

Eine solche Immissionsbelastung wird hier auch im nordöstlichen Bereich des Bebauungsplangebiets nicht annähernd erreicht.

Die Ag. hat Erweiterungsabsichten der I. Geschäftsreisen GmbH abwägungsfehlerfrei berücksichtigt. Potentiell abwägungsbeachtlich kann auch das Bedürfnis an einer künftigen Betriebsausweisung sein. Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. 11. 1999 - 4 CN 3.99 -, BauR 2000, 689 = BRS 62 Nr. 50.

Konkrete Betriebserweiterungsabsichten, die die Ag. hätte abwägen und berücksichtigen können, haben der Ast. bzw. die Firma I. Geschäftsreisen GmbH jedoch nicht dargelegt. Einer Ausweitung des Betriebes steht das Bebauungsplangebiet ohnehin nicht entgegen, solange die für die Lärmbewertung erhebliche Zahl von Flügen über den Ostsektor nicht ganz wesentlich steigen würde. In welchem Umfang die luftverkehrsrechtliche Genehmigung eine wesentliche Veränderung des Fluggeschehens zulassen würde, bedarf daher im vorliegenden Verfahren keiner Entscheidung. Nur angemerkt sei, dass die zwei Starts und zwei Landungen erlaubende Auflage 8 a Satz 2 der Genehmigung vom 7. 12. 1984 unter dem Vorbehalt des jeweiligen Widerrufs mit der Begründung durch Bescheid vom 25. 6. 1990 aufgehoben worden ist, die Anzahl der Starts und Landungen werde sich nicht wesentlich erhöhen, sondern es erfolge lediglich eine Umverteilung der Flugbewegungen.

Die Ag. hat ferner die Lärmbelastung des Plangebiets durch die Spedition G. und weiterer Gewerbebetriebe abwägungsfehlerfrei in die Abwägung eingestellt. Sie hat mehrere Gutachten in Auftrag gegeben. Die Ag. hat das mit Schreiben vom 19. 12. 2001 artikulierte Interesse der Spedition nicht verkannt, des nachts an- und abzufahren. Sie hat das Gutachten C. vom 8. 10. 2004 eingeholt. Dieses kommt unter Berücksichtigung des im Bebauungsplan festgesetzten Lärmschutzwalls zu dem insoweit vom Ast. nicht in Abrede gestellten Ergebnis, die nächtlichen Immissionsrichtwerte für ein allgemeines Wohngebiet würden mit Ausnahme eines kleinen Bereichs im Nordosten des Bebauungsplans und dort für die Obergeschossebene nicht eingehalten, im Erdgeschoss jedoch eingehalten. Für die Obergeschossebene hat die Ag. die im Gutachten vorgeschlagenen Maßnahmen passiven Schallschutzes (Anordnung der nicht zum ständigen Aufenthalt von Menschen bestimmten Räume) aufgegriffen und festgesetzt. Dies ist - wie oben ausgeführt - nicht deshalb ein unzulässiges Vorgehen, weil passive Schallschutzmaßnahmen gar nicht festgesetzt werden dürften. Zugleich hat die Ag. mit der Festsetzung, welche Räume in Obergeschossen der Wohnhäuser wo angeordnet werden dürfen, der Vorgabe gem. Anhang A 1.3 der TA Lärm Rechnung getragen, wonach der maßgebende Immissionsort 0,5 m außerhalb von der Mitte des geöffneten Fensters des vom Geräusch am stärksten betroffenen schutzbedürftigen Raumes liegt. Schutzbedürftige Räume sind der Spedition im nordöstlichen Bebauungsplanbereich unter Berücksichtigung der textlichen Festsetzung des Bebauungsplans in den Obergeschossen nicht zugewandt. Der so genannte Außenwohnbereich hier mit Terrassen pp. im Erdgeschoss bzw. Balkonen am Obergeschoss im lärmabgewandten Bereich wird durch den Lärmschutzwall bzw. die Wohnhäuser selbst vor unzumutbaren Lärmimmissionen abgeschirmt.

Konkrete von der Ag. nicht gewürdigte Erweiterungsabsichten hat die Spedition G. über die mit Bauschein vom 15. 4. 2004 berücksichtigten Betriebszeiten hinaus nicht vorgetragen.

Dass die Spedition bei diesen Gegebenheiten mit nachträglichen Auflagen rechnen müsste, ist nicht erkennbar. Allenfalls könnte insoweit von Belang sein, dass der Spedition auch eine Lagerhalle auf dem Grundstück Parzelle 435 zugeordnet ist, die im Gutachten C. vom 8. 2. 2000 keine Berücksichtigung gefunden hat. Dem Vortrag der Ag., dort fänden keine nennenswerten fahrtechnischen Abläufe der Spedition statt, ist der Ast. über den Vortrag in der mündlichen Verhandlung hinaus nicht entgegengetreten, auch dort würden LKW abgestellt. Selbst wenn die Ag. den der Abwägung zugrunde liegenden Sachverhalt insoweit nicht hinreichend ermittelt haben und ferner insoweit ein erheblicher Verfahrensmangel anzunehmen sein sollte, ist der (in diesem Zusammenhang zugunsten des Ast. einmal unterstellte) Verfahrensmangel jedenfalls nicht auf das Ergebnis von Einfluss gewesen (vgl. § 214 III BauGB). Denn die betriebliche Situation verschlechtert sich für die Spedition G. auf Grundlage der im Bebauungsplan zulässigen Nutzungen nicht. Für diese Bewertung ist maßgebend, dass der Gutachter C. darauf abgestellt hat, der Betrieb G. müsse auf die Wohnbebauung im festgesetzten Dorfgebiet Rücksicht nehmen; er hat einen entsprechenden flächenbezogenen Schallleistungspegel zur Grundlage der Bewertung gemacht, welche Lärmschutzmaßnahmen im Bebauungsplangebiet erforderlich sind. Diese Berechnungsweise umfasst zugleich (vom Betrieb G. allerdings nicht konkret artikulierte) Erweiterungsmöglichkeiten. Tatsächlich liegt der Schutzanspruch der Wohnnutzung im Bereich des Bebauungsplans Nr. 238 - „Kapellensiedlung“ - jedoch niedriger. Nach den örtlichen Gegebenheiten, wie sie aus der dem Senat vorliegenden Deutschen Grundkarte hervorgehen, ist das sich zwischen der L.-------straße , der Straße Am Q.---damm und der O. M1.--- straße erstreckte Plangebiet mit Ausnahme der Kapelle im äußersten Südwesten des Plangebiets und der einen Lagerhalle der Spedition G. auf der Parzelle 435 ausschließlich mit Wohnhäusern (und Nebenanlagen) bebaut. Es gibt auch keine Fläche in diesem Bereich, auf der eine Wirtschaftsstelle eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs sinnvoll realisiert werden könnte. Bei diesen Gegebenheiten ist die Festsetzung eines Dorfgebiets funktionslos. Vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. 5. 2001 - 4 B 33.01 -, BRS 64 Nr. 72.

Angesichts der fast ausnahmslosen, in sich geschlossenen Wohnbebauung in dem als Dorfgebiet festgesetzten Bereich kann entgegen der vom Ast. in der mündlichen Verhandlung vertretenen Ansicht keine Rede davon sein, dieser Bereich sei selbst als so genannte Gemengelage anzusehen. Die gewerbliche Nutzung besteht nach Vortrag der Beteiligten (mit Ausnahme der einen als so genannter Fremdkörper zu wertenden Lagerhalle) nördlich der O. M1.---straße ; zwei Gebiete unterschiedlicher, aber klar abgrenzbarer Nutzungsstruktur stoßen hier aneinander, und zwar das (faktische) Gewerbegebiet im Norden und das Wohngebiet im Süden. Diese Gegebenheiten haben sich auf Grundlage des (funktionslosen) Bebauungsplans Nr. 238 entwickelt, denn dieser setzte nördlich der O. M1.-- -straße ein Gewerbegebiet und südlich ein Dorfgebiet fest, das sich von Beginn an als Wohngebiet entwickelt hat. Danach ist der immissionsschutzrechtliche Schutzanspruch der im Wohngebiet gelegenen Wohnnutzung gegenüber den im (faktischen) Gewerbegebiet zwar i.S. eines so genannten Mittelwertes reduziert; innerhalb des Wohngebiets ist jedoch auf die Wohnnutzung dem Gebietscharakter entsprechende Rücksicht zu nehmen. Daher muss die Spedition G. auf nicht minder schutzwürdige Wohnnutzung Rücksicht nehmen, die der Betriebsstätte vergleichbar nahe liegt, wie die im Bebauungsplan mögliche, die zudem durch aktive und passive Lärmschutzmaßnahmen geschützt ist. Dies gilt namentlich auch für die betriebliche Nutzung der Lagerhalle auf der Parzelle 435. Die von dort zur L.-------straße führende Zufahrt führt an im Wohngebiet gelegenen Wohngrundstücken entlang.

Die Ag. hat die Belastung des Bebauungsplangebiets durch Verkehrslärm gutachterlich prüfen lassen und abwägungsfehlerfrei berücksichtigt. Ausweislich des Schallgutachtens wird das Bebauungsplangebiet im Erdgeschossbereich in einer Tiefe von ca. 28 m, im Obergeschossbereich in einer Tiefe von ca. 35 m tagsüber mit Verkehrslärm belastet, der über die Werte der 16. BImSchV hinausgeht und bis zu etwa 64 dB(A) reicht. Dass sie dennoch die östliche Bauzeile nicht auf voller Länge durch den Lärmschutzwall vor Lärmbeeinträchtigungen geschützt hat, relativiert sich vor dem Hintergrund, dass in diesem Bereich die Reduzierung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h erwogen wird. Ferner durfte die Ag. dem Schutz des Ortsbildes insoweit Vorrang vor einer Verlängerung des Lärmschutzwalls einräumen, zumal die Wohnnutzung durch passive Lärmschutzmaßnahmen und die so genannten Außenwohnbereiche durch die zur Straße vorgelagerten Baukörper weitgehend geschützt werden und schließlich der Lärmschutzwall ohnehin nicht durchgehend entlang der östlichen Plangebietsgrenze geführt werden kann, denn hier soll die Zufahrtsstraße in das Plangebiet hineingeführt werden.

Die Belastung des Plangebiets durch Lärm verschiedener Lärmquellen forderte keine Gesamtlärmbetrachtung. Eine Gesamtlärmbetrachtung kann aus Gründen des Grundrechtsschutzes geboten sein, wenn die Lärmbelastung zu Gesundheitsgefahren oder einem Eingriff in die Substanz des Eigentums führen kann. Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. 3. 1998 - 4 C 9.95 -, BVerwGE 101, 1.

Eine Gesamtlärmbelastung, die Gesundheitsgefahren befürchten ließe, steht hier nicht in Rede.

Die Ag. musste über die von ihr vorgenommenen Bewertung hinaus keine weiteren Alternativstandorte untersuchen. Ist der überplante Bereich für die Aufnahme eines allgemeinen Wohngebiets in zentraler Lage des Dorfes M. grundsätzlich geeignet, kommt es nicht darauf an, ob auch andere Ortsflächen für die Wohnbauentwicklung geeignet sind. Zudem ist der Ast. den Darlegungen der Ag. nicht entgegengetreten, bei allen anderen Ortsflächen hätte sich ebenfalls eine Belastung durch Gewerbelärm ergeben oder hätten zumindest landschaftsschutzrechtliche Hindernisse bestanden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 I VwGO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO iVm §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 II VwGO nicht gegeben sind.

Rechtsgebiete

Baurecht; Garten- und Nachbarrecht