Rechtmäßige Verdachtsberichterstattung über einen BND-Agenten
Gericht
LG Regensburg
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
07. 05. 2007
Aktenzeichen
1 O 2022/06
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
TATBESTAND:
Der Kläger begehrt Unterlassung, Widerruf, Geldentschädigung und Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz weiterer Schäden hinsichtlich meh¬rerer Aussagen, die ... unter Nennung seines Namens verbreitet hat.
Der Kläger ist Journalist und Buchautor und führte auch von ... bis ... Informanten für den Bundesnachrichten dienst. Im Rahmen seiner schriftstellerischen Tätigkeit veröffentlichte er unter anderem ... das Buch ... Die Beklagte ist der herausgebende Verlag des ... .
Auf Grund von in der Presse erhobenen Vorwürfen, der Bundesnachrichtendienst (BND) habe über längere Zeiträume im Inland Journalisten rechtswidrig mit nachrichtendienstlichen Mitteln überwacht, um so deren Informanten zu enttarnen, und der BND habe Journalisten als Quellen geführt, ließ sich das für die Kontrolle der Nachrichtendienste zuständige parlamentarische Kontrollgremium des Deutschen Bundestages nach § 2 c TKGR-Gesetz, einem Bericht des ehemaligen Vorsitzenden Richters am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Gerhard Schäfer als Sachverständigen zu diesen Vorwürfen vorlegen (in Auszügen als Anlage B 1; sog. "Schäfer-Bericht"). Dieser Bericht wurde Mitte Mai 2006 dem Kontrollgremium vorgelegt und am 26.5.2006 mit anonymisierter Darstellung, bei der der Kläger als ... bezeichnet wurde, ergänzt um Stellungnahme unter anderem des Klägers, veröffentlicht. Mittlerweile ist allgemein bekannt, dass der Kläger Gegenstand des "Schäfer-Berichts" ist. Am 18.5.2006 (gesendet am 19.5 .2006) nahm der Kläger in der ... Fernsehsendung ... unter anderem auch zu Vorwürfen, er habe Kollegen bespitzelt, Stellung.
In ... berichtete die Beklagte in dem Artikel ... über den Kläger, wobei von diesem als ... gesprochen wurde. Auszugsweise lautete die Textpassage wie folgt:
"... Laut Schäfers Bericht waren die Bespitzelungen keine bedauerlichen Ausrutscher des BND, sondern Teil einer Strategie: Die Behörde überwachte gezielt jene Journalisten, die durch ihre Berichterstattung über die Tätigkeite der deutschen Geheimdienste offenbar als gefährlich eingestuft wurden. Zur versuchten (und gescheiterten) Komplettkontrolle der Reporter gehörten eben nicht "nur" Observationen. Spitzel wurden auch gezielt im beruflichen und privaten Umfeld der Journalisten eingesetzt. Und 1996 markierte nicht etwa, wie bisher gedacht, das Ende der Affäre. 1996 fing es erst richtig an.
Vor knapp 10 Jahren, am 06. Dezember 1996, kamen die Spitzenbeamten des BND zu einer dramatischen Sitzung zusammen. Anwesend waren zwei Abteilungsleiter (Beschaffung und Sicherheit), der Vizepräsident und der damalige BND-Präsident Hansjörg Geiger. Die Dunkel-Manager unterhielten sich über den Undercover-Einsatz des Journalisten ... .
Seit August arbeitet ..., so Schäfers Report, als "nachrichtlichendienstliche Verbindung" (NDV) für den Geheimdienst, registriert unter der V-Nr. ... und unter dem Decknamen ... . Die hochrangige Dezemberrunde "verfügte", ... in Zukunft für die BND-Abteilung 5, "Sicherheit" arbeiten zu lassen - und zwar "unter Abwehrgesichtspunkten". Im Klartext: Der erprobte BND-Zuträger ... sollte von nun an Journalisten ausspähen. Zu ... Zielperson zählte ... . Mit dem Journalisten ... war ... eng befreundet. Am 23. September 1997 sollte ... über ... beim BND ausgepackt haben - über dessen mutmaßliche Ansprechpartner bei den Geheimdiensten und dessen angebliche Informanten in der Berichterstattung über die Elf-Aquitaine-Affäre.
Am selben Tag soll ... dem BND gesteht haben, der FAZ-Redakteur ... könne mit seinem Material jederzeit den Geheimdienstkoordinator ... "in die Pfanne hauen".
Am 19. Dezember 1997 berichtete ..., damals noch freier Mitarbeiter bei ..., offenbar über Recherchen des ...-Reporters ... . Zuvor hatte ... den Dienst bereits über die Arbeit des ...-Journalisten ... informiert.
Am 5. August 1998 muss ... von sich aus den Kontakt mit dem BND abgebrochen haben - offenbar aus Angst, seine Spitzeldienste könnten auffliegen. Bis zu diesem Zeitpunkt soll der BND-Honorare in Höhe von insgesamt 652783,91 DM erhalten haben, inklusive einer Sonderprämie von 9522,20 DM für besonders heiße Meldungen. Der "reisende Geschäftsaufklärer" ... lieferte dem BND angeblich 856 Berichte. Da er als Stammspitzel innerhalb der Behörde einfach zu bekannt war, musste er gar seine Alias-Identität wechseln. Der BND taufte ... irgendwann auf ... um.
... bestreitet seinen Spitzeljob. Er bestreitet auch, jemals für ausländische Geheimdienste spioniert zu haben. Wegen dieses Verdachts hatte der BND den früheren Vertrauten nach 1998 selbst observiert. ... trennte sich von dem Mitarbeiter ... schon vor Jahren." ...
In der ... und unter ... berichtete die Beklagte erneut über den Kläger in den Artikeln ... (Anlage K 6) und ... (Anlage K 7) .Die Berichterstattung erfolge jeweils unter vollständiger Namensnennung des Klägers sowie unter Veröffentlichung eines Fotos des Klägers.
In dem Artikel ... hieß es unter anderem wie folgt:
"... Kurz vor Sonnenuntergang rollte ein schwarzer Audi A 4 Kombi mit Euskirchener Kennzeichen vor das abgelegene Haus einer 90-jährigen. Drei Männer stiegen aus. Einer fotografierte das Gebäude. Die anderen bedrängten die Hausherrin. Sie fragten nach ihrem Sohn, wollten alles wissen aus seiner Jugend, auf welche Schule er gegangen sei, wer seine Freunde und Feinde seien. Die alte Dame bat die Unbekannten, sie mögen gehen. Doch die Männer, ein schwergewichtiger Bayer und ein kleiner Sachse, wollten zunächst nicht nachgeben. Die Greisin schloss die Tür. Die geheimnisvollen Besucher rückten ab und ließen eine verängstigte Frau ... zurück.
Nach den Recherchen Bundestagssonderermittlers Gerhard Schäfers sollten ... und ... über Jahre für den Bundesnachrichtendienst (BND) Journalisten bespitzelt haben." ...
In dem Artikel der ... hieß es unter anderem wie folgt:
"... Denn vor knapp zwei Wochen war es noch, der mit seinem Kumpel ... durch Nordrheinwestfalen streifte, heimlich fotografierte und das Privatleben mehrerer "Zielpersonen" ausspionierte.
Die Polizei untersucht jetzt mit Nachdruck, warum die Schnüffler ausgerechnet ... betagte Mutter zwei mal belästigten und deren abgelegenes Wohnhaus im Münsterland knipsten.
Im BND-Auftrag bespitzelten die beiden mehrere Journalisten - dies stellte der frühere Bundesrichter Gerhard Schäfer in einer Untersuchung für den Deutschen Bundestag fest ... ." ...
Weiterhin war das Foto des Klägers in besagter Ausgabe mit der Textzeile unterlegt: "Späher - Der enttarnte BND-Spitzel ... forscht das Privatleben hoher Beamter aus".
Hinsichtlich bestimmter Behauptungen begehrt der Kläger von der Beklagten nunmehr Unterlassung, Gegendarstellung, Richtigstellung und Schadensersatz. Diese Forderungen wurden von der Beklagtenseite nach Aufforderung durch den Kläger verweigert.
Der Kläger behauptet nach ... nur noch wenige informelle Gesprächskontakte mit dem BND gepflegt zu haben. In den Jahren ... habe er nur einige Male mit Herrn ... vom BND Mittag gegessen. Er habe bei dieser Gelegenheit keine Informationen über Journalisten-Kollegen, die auch nur den geringsten nachrichtendienstlichen Wert gehabt hätten, an Herrn ... oder einen anderen Mitarbeiter des BND weiter gegeben. Auch habe er ab ... so gut wie kein "Honorar" mehr vom BND bekommen. Insbesondere habe er kein "Honorar" bekommen, dass in irgendeinem unmittelbaren, mittelbaren oder sonstigen Zusammenhang mit der Bespitzelungsaffäre stehe. Er habe im Jahr 1997/1998 für eine "Amtshilfe in Sachen Terrorismus" 1.300, - DM erhalten und Auslagen in Höhe von 8.620,- EUR erstattet bekommen. Für seine BND Tätigkeit in den Jahren ... habe er 243.000,- DM an Entgelt, 9.500,- DM an Prämien und darüber hinaus Auslagen in Höhe von 418.000,- DM erhalten.
Hinsichtlich der zitierten Veröffentlichungen in den ... behauptet der Kläger, dass die Darstellung der Recherche wie auch die Wiederholung im Hinblick auf das angebliche Bespitzeln von Journalisten unwahr bzw. unzutreffend seien. Er habe am 10.10.2006 nur gemeinsam mit ... das Anwesen der Familie ... aufgesucht. Das Gespräch mit Frau ... sei launig gewesen, zum Verlassen des Hofes habe man ihn und auch Herrn ... nicht aufgefordert. Fotographiert habe man das Haus erst am nächsten Tag, wobei ein Mann im Hof die Erlaubnis hierzu erteilt habe. Es sei eine völlig normale Recherche gewesen.
Der Kläger hat seine mit Schriftsatz vom 21.9.2006, der Beklagten zugestellt am 27.9.2006, eingereichte Klage mit Schriftsatz vom 14.11.2006, dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten zugestellt am 30.11.2006, erweitert.
Zuletzt beantragte der Kläger:
Die Beklagte wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes, und für den Fall. dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000,00, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre) verurteilt
zu behaupten, zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen:
Der erprobte BND-Zuträger ... sollte im Auftrag der BND-Abteilung V "Sicherheit" ab dem 06.12.1996 "von nun an Journalisten ausspähen".
Zu den Zielpersonen (sc: die ... im Auftrag des BND ausspähen sollte) zählte der Journalist ... . Am 23.09.1997 soll Herr ... über ... beim BND ausgepackt haben - über dessen mutmaßliche Ansprechpartner bei den Geheimdiensten und dessen angebliche Informanten in der Berichterstattung über die Elf-Aquitaine-Affäre.
Am selben Tag (sc: 23.09.1997) soll Herr ... dem BND gesteckt haben, der ...-Redakteur ... könne mit seinem Material jederzeit den Geheimdienstkoordinator ... "in die Pfanne hauen".
Am 19.12.1997 berichtete Herr ..., damals noch freier Mitarbeiter bei ..., offenbar über Recherchen des ...-Reporters ... .
Herr ... hat BND-Honorare in Höhe von insgesamt DM 652.738,91 erhalten, inklusive einer Sonderprämie von DM 9.522,20 für besonders heiße Meldungen.
"dass der Dienst ihn für seine Dienste mit über DM 650.000,00 entlohnte bestätigt ... .
Kurz vor Sonnenuntergang rollte ein schwarzer Audi A4 Kombi mit Euskirchener Kennzeichen vor das abgelegene Haus einer 90-Jährigen. Drei Männer (sc: Herr ...) stiegen aus.
Einer fotografierte das Gebäude. Die anderen bedrängten die Hausherrin. Sie fragten nach ihrem Sohn, wollten alles wissen aus seiner Jugend, auf welche Schule er gegangen sei, wer seine Freunde und Feinde seien. Die alte Dame bat die Unbekannten, sie mögen gehen. Doch die Männer ... wollten zunächst nicht nachgeben. Die Greisin schloss die Tür. Die geheimnisvollen Besucher rückten ab und ließen eine verängstigte Frau ... zurück.
... forschte das Privatleben hoher Beamter aus.
... hat ... betagte Mutter zweimal belästigt.
... hat im Auftrag des BND mehrere Journalisten bespitzelt.
Die Beklagte wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000,00, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre) verurteilt, nachfolgenden Widerruf in der nächsten ... noch nicht zum Druck abgeschlossenen Ausgabe ... veröffentlichen:
WIDERRUF
In verschiedenen Artikeln im ... haben wir über den Journalisten ... nachstehende Behauptungen aufgestellt:
Der erprobte BND-Zuträger Herr ... sollte im Auftrag der BND-Abteilung V "Sicherheit" ab dem 06.12.1996 "von nun an Journalisten ausspähen".
Zu den Zielpersonen (sc: die ... im Auftrag des BND ausspähen sollte) zählte der Journalist ... . Am 23.09.1997 soll Herr ... über ... beim BND ausgepackt haben - über dessen mutmaßliche Ansprechpartner bei den Geheimdiensten und dessen angebliche Informanten in der Berichterstattung über die Elf-Aquitaine-Affäre.
Am selben Tag (sc: 23.09.1997) soll Herr ... dem BND gesteckt haben, der ...-Redakteur ... könne mit seinem Material jederzeit den Geheimdienstkoordinator ... "in die Pfanne hauen".
Am 19.12.1997 berichtete Herr ..., damals noch freier Mitarbeiter bei ..., offenbar über Recherchen des ...-Reporters ... .
Herr ... hat BND-Honorare in Höhe von insgesamt DM 652.738,91 erhalten, inklusive einer Sonderprämie von DM 9.522,20 für besonders heiße Meldungen.
"dass der Dienst ihn für seine Dienste mit über DM 650.000,00 entlohnte bestätigt ..."
Kurz vor Sonnenuntergang rollte ein schwarzer Audi A4 Kombi mit Euskirchener Kennzeichen vor das abgelegene Haus einer 90-Jährigen. Drei Männer (sc: Herr ...) stiegen aus.
Einer fotografierte das Gebäude. Die anderen bedrängten die Hausherrin. Sie fragten nach ihrem Sohn, wollten alles wissen aus seiner Jugend, auf welche Schule er gegangen sei, wer seine Freunde und Feinde seien. Die alte Dame bat die Unbekannten, sie mögen gehen. Doch die Männer wollten zunächst nicht nachgeben. Die Greisin schloss die Tür. Die geheimnisvollen Besucher rückten ab und ließen eine verängstigte Frau ... zurück.
... forschte das Privatleben hoher Beamter aus.
... hat ... betagte Mutter zweimal belästigt.
... hat im Auftrag des BND mehrere Journalisten bespitzelt.
Hierzu stellen wir richtig:
Herr ... hat zu keiner Zeit im Auftrag des BND bzw. aus eigener Veranlassung Journalisten ausgespäht.
Herr ... hat auch nicht beim BND über den Journalisten ... "ausgepackt" bzw. nachrichtendienstlichrelevante Details über diesen Journalisten an den BND verraten.
Herr ... hat auch nicht dem BND "gesteckt", der ...-Redakteur ... könne mit seinem Material jederzeit den Geheimdienstkoordinator ... "in die Pfanne hauen".
Herr ... hat nicht am 19.12.1997 oder zu einen anderen Zeitpunkt über Recherchen des ...-Reporters ... an den BND berichtet.
Herr ... hat keine BND-Honorare in Höhe von insgesamt DM 652.738,91 erhalten und auch keine Sonderprämie von DM 9.522,20 für besonders heiße Mitteilungen. Herr ... hat lediglich Entgelte in Höhe von DM 243.000,00, DM 9.500,00 an Prämien erhalten und darüber hinaus Auslagen in Höhe von DM 418.000,00 erstattet bekommen.
Herr ... hat nicht bestätigt, dass der BND ihn für seine Dienste mit über DM 650.000,00 entlohnt hat.
Die obige Darstellung ist unrichtig. Keine der drei beschriebenen Personen, somit auch nicht Herr ... haben bei dem beschriebenen Vorgang das Gebäude von Frau ... fotografiert. Keine der genannten Personen, somit auch nicht Herr ..., haben Frau ... bedrängt. Keine der genannten Personen, somit auch nicht Herr ..., hat Frau ... nach ihrem Sohn, dem ..., Herrn ... gefragt, auf welche Schule er gegangen ist, wer seine Freunde und Feinde seien. Frau ... hat die Männer, darunter Herrn ..., auch nicht gebeten, diese mögen gehen. Es ist daher auch nicht richtig, dass die Männer, darunter Herr ..., zunächst nicht nachgeben wollten. Frau ... hat auch nicht die Tür geschlossen. Die Besucher, darunter Herr ..., haben auch nicht eine verängstigte Frau ... zurück gelassen.
Herr ... forschte nicht das Privatleben hoher Beamter aus.
Herr ... hat nicht die betagte Mutter von ... zweimal belästigt.
Herr ... hat nicht im Auftrag des BND mehrere Journalisten bespitzelt. Er hat dies weder im Auftrag des BND noch aufgrund eigener Veranlassung getan. Dies ergibt sich auch nicht aus dem Schäfer-Bericht.
...
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger eine Geldentschädigung zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch in einer Höhe von 30.000,00 EUR.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte dem Kläger jeglichen Schaden zu ersetzen hat, der dem Kläger aufgrund der Berichterstattung der Beklagten bereits entstanden ist bzw. noch entstehen wird.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Bezüglich der Veröffentlichung in der ... behauptet die Beklagte, dass die den Kläger betreffenden Passagen, ebenso wie der gesamte Artikel, im Wesentlichen den Inhalt des Schäfer-Berichts darstelle. Auf diesen werde auch an mehreren Stellen explizit Bezug genommen. Es würden nicht eigene Behauptungen der Beklagten wieder gegeben und soweit Fakten dargestellt würden, sei dies in Form der Wiedergabe eines Verdachts geschehen. Hinsichtlich der Veröffentlichungen in den ... behauptet die Beklagte, dass diese in den Kernpunkten. wahr sei und meint, dass soweit in unbedeutenden Randpunkten bei der Berichterstattung Irrtümer aufgetreten seien, diesen im Gesamtkontext kein Gewicht zukomme und dem Kläger daher keine geltend gemachten Ansprüche zustehen würden. Eine Persönlichtkeitsverletzung des Klägers sei darin jedenfalls nicht zu erkennen.
Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze vom 21.9.2006, 8.11.2006, 14.11.2006, 2.1.2007, 17.1.2007 und 9.3.2007 Bezug genommen.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Die zulässige Klage ist unbegründet, da rechtswidrige Persönlichkeitsverletzungen durch die Beklagte nicht vorliegen.
I.
Der vorn Kläger geltend gemachte Unterlassungsanspruch besteht durchgehend nicht. Soweit das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers überhaupt generell betroffen ist, ist dies jeweils, insbesondere vor dem Grundsatz der Presse und Informationsfreiheit des Artikel 5 Abs. 1 Grundgesetz wegen Wahrnehmung berechtigter Interessen gerechtfertigt.
1. Generell ist davon auszugehen, dass die zum "Schäfer-Bericht" führenden Vorwürfe, der BND habe Journalisten ausspioniert, gerade wegen des hohen und vom Grundgesetz geschützten Wertes der Pressefreiheit ein besonderes Interesse an der Aufklärung, auch für die Öffentlichkeit mit sich bringen. Den besonderen Wert der Pressefreiheit in einem ähnlich schweren Fall staatlichen Zugriffs, wie er hier vermutet wurde, hat das Bundesverfassungsgericht durch sein Urteil vorn 27.2.2007 erneut betont und geschützt (Aktenzeichen 1 BVR 538/06 und 2045/06) .
Generell sind, hier von ausgehend, verschiedene Fallgruppen zu bilden:
Nachweislich wahre Behauptungen sind grundsätzlich rechtmäßig, bewusst unwahre Behauptungen hingegen niemals; wenn die Wahrheit zum Zeitpunkt der Äußerung ungewiss ist (sog. Verdachtberichterstattung), ist diese gerechtfertigt, falls jede journalistische Sorgfalt erfüllt ist, wobei hierfür die Beklagte die Beweislast trägt. Für den Fall, dass sich bei zulässiger Verdachtsberichterstattung nachträglich deren Falschheit herausstellt, besteht Anspruch auf nachträgliche Richtigstellung, wofür dann allerdings der Kläger beweisbelastet wäre.
Dabei ist im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass ein vollständiger Wahrheitsbeweis auf Grund des "Schäfer-Berichts" nicht geführt ist: Dieser Bericht enthält, etwa im Gegensatz zu einem rechtskräftigen Urteil, keine rechtlich verbindliche Feststellung, die einen Wahrheitsbeweis gleich stehen würde; er ist vielmehr ein, allerdings durch die umfassende Ermittlung und den Auftrag durch das parlamentarische Kontrollgremium möglichst der Objektivität verpflichtetes Mittel, um die parlamentarische Kontrolle verdeckter staatlicher Tätigkeiten zu ermöglichen. Soweit daher hier für den Klageantrag wesentliche Einzelheiten der Berichterstattung in ihrem tatsächlichen Wahrheitsgehalt zwischen den Parteien umstritten sind, kann das Gericht nicht davon ausgehen, dass diese Vorgänge so, wie sie dem Schäfer-Bericht zu Grunde liegen, objektiv mit Sicherheit feststehen.
Hingegen konnte der Schäfer-Bericht aber grundsätzlich, gerade auch wegen seines öffentlichen Auftrags und der umfassenden Untersuchungsmöglichkeiten, im Rahmen der Verdachtsberichterstattung (dazu grundlegend BGH NJW 2000, 1036 ff. mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen; speziell zum Fall der Verdachtsberichterstattung bei Angelegenheiten des öffentlichen Lebens und überregionaler Bedeutung auch OLG Nürnberg Urteil vom 10.2.1998, 3 U 3480/97) von der Beklagten genutzt werden: Dies gilt ohne Weiteres für den fertigen Bericht, in dem die Stellungnahme des Klägers eingearbeitet war. Für die vor der Veröffentlichung erschienenen Berichte gilt dies allerdings nur beschränkt: Zum Zeitpunkt ihres Erscheinens war der "Schäfer-Bericht" noch nicht veröffentlicht und enthielt insbesondere auch noch keine Stellungnahme des Klägers. Die Pflicht zur umfassend journalistischen Sorgfalt forderte daher in diesem Fall, die Möglichkeit eigener Aufklärung auszuschöpfen und insbesondere dem Kläger die Möglichkeit zu geben sich zu äußern. Auf Grund der besonderen Bedeutung des gesamten Vorgangs und auch des dem BND vorgeworfenen Eingriffs in die Pressefreiheit bestand auf der anderen Seite ein besonderes öffentliches Interesse an einer baldigen Aufklärung und Information Über dem BND vorgeworfene Bespitzelungsmaßnahmen, so dass der journalistischen Untersuchung auch im Bereich eines wöchentlich erscheinenden und somit auf Aktualität angewiesenen ..., keine unzumutbaren Bedingungen aufzuerlegen sind (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 27.2.2003, NJW 2003, 1845 ff.). Damit ist es nicht zu beanstanden, wenn mit Blick auf die Aktualität des Vorgangs und die Präsanz der zu ermittelnden Umstände, nach dem der Kläger telefonisch nicht zu erreichen war, zunächst eine auf die Ermittlung im "Schäfer-Bericht" bezogene Berichterstattung erfolgte. Hinsichtlich der Veröffentlichung in den Heften 42 und 43 aus 2006 erfolgte am 13.10.2006 eine persönliche Kontaktaufnahme durch den ... mit dem Kläger in dem die relevanten Gesichtspunkte, soweit erforderlich, entsprechend erörtert wurden.
Dabei ist im konkreten Fall weiterhin auch nicht zu bemängeln, dass in den Ausgaben ... der voll Name des Klägers und der Verwendung eines Fotos genannt wurde. Abgesehen davon, dass sich der Kläger ab ... durch das Auftreten in der Fernsehsendung ... selbst in der Öffentlichkeit stellte, hatte, er insbesondere durch Veröffentlichung des Buches ... im Jahr ..., selbst ein großes Interesse, in der Öffentlichkeit präsent zu sein, gezeigt, so dass umgekehrt auch eine Informationsinteresse der Öffentlichkeit besteht, brisante Fakten wie in diesem Fall mit dem dazugehörigen bekannten Namen verknüpft zu erhalten. Der Kläger kann nicht einerseits geltend machen, er sei ein anerkannter erfolgreicher Autor von Büchern über den BND, wolle aber andererseits, wenn auf Grund sorgfältiger Recherche der Verdacht unredlicher Handlungen besteht, in diesem Zusammenhang nicht genannt zu werden. Das sog. besondere Persönlichkeitsrecht ist damit nicht verletzt. Durch die weiteren Tatsachenbehauptungen in dem im Streit stehenden Veröffentlichungen in den Heften ... ist eine Verletzung des allgemeinen oder besonderen Persönlichkeitsrechts des Klägers bereits nicht gegeben. Geschützt ist insoweit die Individualsphäre, die Privatsphäre wie auch die Intimsphäre. Diese sind nicht tangiert. Soweit Meinungen und Werturteile enthalten sind, sind die nach Inhalt und Form durch Meinungs- und Pressefreiheit (Art. 5 I GG) geschützt.
2. Für die einzelnen Behauptungen, gegen die sich der Kläger wendet, gilt Folgendes:
a) Soweit sich der Kläger gegen die im Klageantrag unter Ziffer I 1 bis 4 explizit dargestellten Darstellungen wendet, handelt es sich, wie bereits erwähnt, um eine zulässige Verdachtsberichterstattung. Sämtliche Behauptungen die Gegenstand des Artikels der Veröffentlichung vom ... waren, beruhen, wie sich aus dem gesamten Artikel zweifelsfrei ergibt und auch entsprechend ausdrücklich dargestellt ist, auf dem (noch nicht veröffentlichten) "Schäfer-Bericht". Die Zulässigkeit dieser Verdachtsberichterstattung ergibt sich im Übrigen explizit auch daraus, dass in dem Artikel weiter ausdrücklich ausgeführt wurden, dass der Kläger bestreitet, Kollegen bespitzelt und jemals für ausländische Geheimdienste spioniert zu haben.
b) "Herr ... hat BND-Honorare in Höhe von insgesamt 652.738,91 DM erhalten, inklusive einer Sonderprämie von 9.522,20 DM für besonders heiße Meldungen."
Diese Behauptung ist nicht zu beanstanden. Hier handelt es sich nämlich nicht um eine tatsächliche Frage, sondern lediglich um eine Frage der Wortwahl. Wie der Kläger letztlich selbst eingeräumt hat sind ihm insgesamt mehr als 650.000,- DM durch den BND zugewendet worden.
c) "Das Dienst ihn für seine Dienste über 650.000,- DM entlohnte bestätigt ... ."
Auf die Ausführungen unter b) wird verwiesen.
d) "Kurz vor Sonnenuntergang rollte ein schwarzer Audi A 4 Kombi mit Euskirchener Kennzeichen vor das abgelegene Haus einer 90-jährigen. 3 Männer (...) stiegen aus. Einer fotografierte das Gebäude. Die anderen bedrängten die Hausherrin. Sie fragten nach ihrem Sohn, wollten alles wissen aus seiner Jugend, auf welche Schule er gegangen sei, wer seine Freunde und Feinde seien. Die alte Dame bat die Unbekannten, sie mögen gehen. Doch die Männer (...) wollten zunächst nicht nachgeben. Die Greisin schloss die Tür. Die geheimnisvollen Besucher rückten ab und ließen eine verängstigte Frau ... zurück."
Soweit die Berichterstattung dahin gehend fehlerhaft sein mag, als tatsächlich nur zwei und nicht drei Personen aus dem Fahrzeug ausgestiegen sind, ist das allgemeine und besondere Persönlichkeitsrecht des Klägers nicht tangiert, da er jedenfalls unstreitig mit ausgestiegen ist. Weiter gehend kann das Gericht auch in der möglicherweise fehlerhaften Tatsachenberichterstattung, dass eine der Personen das Gebäude fotografierte, eine Persönlichkeitsrechtverletzung des Klägers nicht erkennen, da das Gebäude tatsächlich, wenn auch erst am folgenden Tag, fotographiert wurde. Soweit weitergehend berichtet wurde, dass "die anderen die Hausherrin bedrängten" und eine "verängstigten Frau ... zurück ließen, liegt darin bereits keine Tatsachenbehauptung. Dies stellt eine im Zuge der Berichterstattung zulässige Wertung des Geschehens dar, ohne das darin eine Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigung auf Seiten des Klägers gegeben wäre. Die Formulierungen "bedrängen" und "beängstigen", sind keine Tatsachenbehauptung, sondern Meinungsäußerungen, die zudem noch der eigenen Interpretation des Lesers zugänglich sind. Meinungsäußerungen sind insbesondere durch die subjektive Verbindung des Äußernden zum Inhalt gekennzeichnet und in der Regel einer objektiven Klärung nicht zugänglich. Dies gilt zweifelsohne für beide Formulierungen zumal "Bedrängen" bereits eine tätliche oder verbale Variante als Interpretationsmöglichkeit offen lässt. Die Tatsachenbehauptung "Die alte Dame bat die Unbekannten, sie mögen gehen..." wiederum stellt keine Persönlichkeitsrechtsverletzung dar, da im folgenden ersichtlich ist, dass die Männer tatsächlich, wenn auch nicht sofort, gingen. Die zeitliche Komponente wiederum ist unklar und damit dem Beweis nicht zugänglich.
e) "... forscht das Privatleben hoher Beamter aus".
Diese Behauptung ist richtig.
f) "... hat ... betagte Mutter zwei mal belästigt".
Auch hier gilt das unter d) Gesagte.
g) ... hat im Auftrag des BND mehrere Journalisten bespitzelt".
Insoweit handelt es sich wie bereits erwähnt um eine zulässige Verdachtsberichtserstattung, die, wie sich ausdrücklich aus der Textstelle ergibt, auf dem damals bereits veröffentlichten "Schäfer-Bericht" beruht.
3. Nach dem es schon hinsichtlich des Unterlassungsanspruches an der Rechtswidrigkeit der Darstellung der streitgegenständlichen Behauptungen fehlt, ist diese wesentliche Grundlage auch für den Anspruch auf Widerruf, Geldentschädigung und Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz jeglichen Schadens nicht gegeben. Daneben wäre für einen Widerruf auch nicht hinreichend dargelegt, dass die beanstandenden Äußerungen negativ für den Kläger fortwirken. Hinsichtlich der Schadensersatzverpflichtungsfeststellung ergäben sich auch generelle Bedenken gegen die Darstellung eines konkreten Schadens.
II.
Die Kostenentscheidung erfolgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 Satz I, 2 ZPO.
Lang
Richter
am Landgericht
Verkündet am 7.5.2007
D. Urkundsbeamte der Geschäftsstelle
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