Medienbericht über eine Bestattung: Geldentschädigung abgelehnt

Gericht

OLG Hamburg


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

17. 04. 2007


Aktenzeichen

7 U 2/07


Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 1. Dezember 2006, Geschäftsnummer 324 0 589/06, wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Entscheidungsgründe


Gründe gemäß § 540 Abs. 1, S. 1, Ziff. 1 u. 2 ZPO:

1. Mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen Inhalt zur weiteren Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat das Landgericht die auf Zahlung einer Geldentschädigung sowie auf Erstattung der durch die vorgerichtliche Zahlungsaufforderung entstandenen Anwaltskosten gerichtete Klage abgewiesen.

Der Kläger ist der Lebensgefährte von ..., einer ehemaligen deutschen ... . Die Beklagte verlegt u.a. die Zeitschrift ... . In der Ausgabe Nr. 23/06 berichtete sie im Innenteil unter der Überschrift "Abschied vom geliebten 'Schwiegervater'" über die Beerdigung des im Mai 2006 verstorbenen Vaters des Klägers. In diesem Zusammenhang veröffentlichte sie ein Foto, das den Kläger gemeinsam mit ... anlässlich der Beerdigung zeigt. Hinsichtlich Einzelheiten des Artikels wird auf die Anlage K 1 verwiesen. Der Kläger forderte die Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 5. Juli 2006 (Anlage K 10) auf, wegen der mit der Veröffentlichung des Fotos verbundenen Persönlichkeitsrechtsverletzung ein Schmerzensgeld in Höhe von EUR 25.000,-¬- zu zahlen.

Das Landgericht hat zur Begründung des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass die Veröffentlichung des Fotos zwar rechtswidrig die Privatsphäre des Klägers verletze, dass die Verletzung aber nicht derart schwerwiegend sei, dass die Zuerkennung einer Geldentschädigung gerechtfertigt sei. Der Kläger werde nicht in abträglicher Weise und auch nicht in einem für Dritte deutlich sichtbaren Moment der Trauer abgebildet. Hinzu komme, dass der Kläger nicht an der Grabstätte selbst, sondern auf dem Weg zur Grabstätte oder von dieser zurück gezeigt werde. Auch unter Berücksichtigung der Textberichterstattung, die nicht sensationslüstern aufgemacht sei, komme die Zubilligung einer Geldentschädigung nicht in Betracht.

Mit der form- und fristgerecht eingereichten Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter und macht geltend, dass die Rechtsverletzung die Zuerkennung einer Geldentschädigung rechtfertige. Er sei keine prominente Person und habe sich auch nach Beginn seiner Beziehung zu ... in keiner Weise der Öffentlichkeit zugewandt, so dass Ereignisse aus seinem Leben bereits aus diesem Grunde für die Öffentlichkeit tabu seien. Das Foto bilde eine äußerst private Situation ab, nämlich seine Trauer über den Verlust seines Vaters. Vor diesem Hintergrund sei nicht verständlich, dass das Landgericht die Berichterstattung als nicht sensationslüstern eingestuft habe. Die Fotoveröffentlichung diene mangels Informationsinteresse allein der Befriedigung der Neugier gewisser Leserkreise und somit dem Gewinnstreben der Beklagten. Derartigem schamlosen Eindringen in die engste Privatsphäre könne nur durch die Zuerkennung einer Geldentschädigung ein Riegel vorgeschoben werden.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an ihn eine immaterielle Geldentschädigung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, die allerdings mindestens EUR 25.000,-- nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit betragen sollte, sowie weitere EUR 540,44 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

2. Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat dem Kläger zu Recht und mit zutreffender Begründung, der der Senat folgt und auf die zunächst verwiesen wird, die Zuerkennung einer Geldentschädigung sowie die Erstattung im Zusammenhang mit der Geldentschädigungsforderung entstandener Anwaltskosten versagt.

Das Berufungsvorbringen führt zu keiner anderen Beurteilung. Entgegen der Auffassung des Klägers rechtfertigt die in Rede stehende Berichterstattung nicht die Zubilligung einer Geldentschädigung. Das Landgericht ist unter zutreffender Abwägung der Berichterstattungsfreiheit einerseits und den persönlichkeitsrechtlichen Belangen des Klägers andererseits zu dem Ergebnis gelangt, dass dem Interesse des Klägers, im Moment der Trauer um seinen Vater ungestört zu sein, gegenüber dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit an einer bildlichen Unterrichtung über die Trauerfeier der Vorrang einzuräumen und dass deshalb die Fotoveröffentlichung als rechtswidrig anzusehen ist. Hieraus folgt indes nicht ohne weiteres, dass ein Anspruch auf einen Ausgleich in Geld gerechtfertigt wäre. Mit dem Landgericht ist davon auszugehen, dass der Geldentschädigungsanspruch eine besondere Eingriffsschwere voraussetzt, die vorliegend nicht gegeben ist. Beerdigungen sind nicht schlechthin der öffentlichen Berichterstattung entzogen; über die Beisetzung prominenter Personen darf beispielsweise, sofern hierbei nicht bestimmte Grenzen verletzt werden, berichtet werden.

Zu Recht hat das Landgericht vorliegend aus dem Umstand, dass die Beklagte eine derartige Prominenz des verstorbenen Vaters des Klägers nicht dargetan hat, die Rechtswidrigkeit der Berichterstattung hergeleitet. Zutreffend hat das Landgericht die Berichterstattung auch nicht deshalb als zulässig erachtet, weil die auf dem Foto mitabgebildete Lebensgefährtin des Klägers in der Vergangenheit ein besonderes öffentliches Interesse auf sich gezogen hat. Trotz der rechtswidrigen Berichterstattung fehlt es aber an Umständen, die die Rechtsverletzung als derartig schwerwiegend erscheinen lassen, dass die Zubilligung einer Geldentschädigung in Betracht käme. Wie bereits im angefochten Urteil ausgeführt worden ist, wird der Kläger nicht in abträglicher Weise und auch nicht in einer besonders zurückgezogenen Situation der Trauer abgebildet. Entgegen der Auffassung des Klägers wird seine Trauer auch nicht in sensationslüsterner Weise dargestellt. Schließlich folgt aus dem Umstand, dass die Beklagte bei ihrer Veröffentlichung die Grenzen einer zulässigen Berichterstattung überschritten hat, auch nicht, dass der Beklagten vorgeworfen werden kann, aus reinem Gewinnstreben die Rechte des Klägers verletzt zu haben.

Auch das übrige Berufungsvorbringen führt zu keinem anderen Ergebnis.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.


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