Verkehrssicherungspflicht des Vermieters für Garageneinfahrt

Gericht

KG


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

24. 10. 2006


Aktenzeichen

9 U 185/05


Tenor

Auf die Berufung der Bekl. zu 2 wird die Klage unter Abänderung des den Parteien jeweils am 1. 9. 2005 zugestellten Urteils des LG Berlin (14.O.705/04) abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kl. zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zuzulassen.

Entscheidungsgründe


Gründe

I.

Gemäß § 313a I in Verbindung mit § 540 II ZPO wird von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil sowie etwaiger Änderungen oder Ergänzungen abgesehen.


II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.

1. Der Kl. hat gegen die Bekl. weder gem. § 280 I in Verbindung mit § 241 II BGB aus dem Garagenmietvertrag der Parteien vom 28. 2. 1995 noch aus § 823 BGB einen Schadenersatzanspruch wegen der Nachteile, die ihm durch den Sturz vom 27. 8. 2003 entstanden sind.

Eine Verkehrssicherungspflichtverletzung der Bekl. lag nicht vor.

a) Zwar hat ein Vermieter seinen Mietern den uneingeschränkten und sicheren Zugang zum Mietobjekt zu gewährleisten. Insoweit trifft den Vermieter sowohl aus dem Mietvertrag als Nebenpflicht als auch deliktisch eine Verkehrssicherungspflicht.

Die Verkehrssicherungspflicht verlangt jedoch nicht, dass für alle denkbaren, auch nur entfernten Möglichkeiten eines Schadeneintritts Vorsorge getroffen werden muss. Es ist nur diejenige Sicherheit zu schaffen, die man bei Berücksichtigung der jeweils gegebenen Verhältnisse allgemein erwarten darf. Insoweit kann eine Verkehrssicherungspflicht auch durch Zumutbarkeitskriterien begrenzt werden.

b) Die Bekl. hatte alle zumutbaren Maßnahmen getroffen, um ihrer Verkehrssicherungspflicht nachzukommen.

aa) Die Bekl. hat die Tiefgarageneinfahrt in ausreichendem Umfang reinigen und kontrollieren lassen.

Insoweit hat die Beweisaufnahme vor dem LG ergeben, dass die Garageneinfahrt am Tag vor dem Unfall gereinigt und am Morgen des Unfalltages auf Verunreinigungen kontrolliert worden ist. Am Unfalltage selbst war die Bekl. weder zu einer erneuten Reinigung noch zu einer wiederholten Kontrolle der Garageneinfahrt verpflichtet.

Eine tägliche Reinigung oder eine Kontrolle im Abstand weniger Stunden war dagegen nicht zumutbar. Hierbei war zu berücksichtigen, dass die Einfahrt nur von den Garagenmietern genutzt wird, mithin nur eine relativ geringe Anzahl von Personen Zugang sucht. Darüber hinaus ist die Gefahr einer gefährlichen Verschmutzung der Garageneinfahrt eher unerheblich. Auch insoweit wirkt sich aus, dass die Einfahrt nur von relativ wenigen Fahrzeugen befahren wird. Die Wahrscheinlichkeit für ein plötzliches Entstehen eines Ölfleckes ist hier nicht größer als im öffentlichen Straßenland, wo deutlich mehr Fahrzeuge verkehren. Beeinträchtigungen durch Witterungseinflüsse sind nahezu ausgeschlossen, weil die Einfahrt ab dem Tor vollständig überdacht ist und jedenfalls nachts regelmäßig verschlossen gehalten wird.

Die Zeugin nn hat ausgesagt, dass sie die Auffahrt jeden Morgen kontrolliert habe. Hiermit habe die Zeugin zwischen 6.00 und 7.00 Uhr begonnen und alles in Ordnung gebracht, was ihr aufgefallen sei. Dienstags habe sie sich dann u.a. immer um das Haus Eichenallee 66, in dem sich die Tiefgarage befindet, gekümmert. Bei dieser Hausreinigung habe sie auch immer die Garageneinfahrt gefegt. Von diesem Aussageinhalt ist auch das LG ausgegangen, so dass eine erneute Beweisaufnahme entbehrlich war.

Das LG hat die Aussage der Zeugin allerdings allein deshalb nicht berücksichtigt, weil diese darauf beruhe, dass die Zeugin lediglich geschildert habe, was sie immer so mache. Damit ist die Aussage jedoch nicht umfassend gewürdigt. Unbeachtet blieb, dass die Zeugin weiter ausgesagt hat, sie erinnere sich noch gut an den August 2003, weil sie am auf den Unfalltag folgenden Montag, den 1. 9. 2003, zur Kur gefahren sei. Aus diesem Grunde habe die Zeugin vorher alles in Ordnung bringen wollen und habe dies in dieser Woche auch gemacht. Das Gericht ist auf Grund dieser glaubhaften Bekundungen der Zeugin davon überzeugt, dass die Zeugin tatsächlich am Tage vor dem Unfall die Einfahrt gereinigt hat. Es ist auch davon überzeugt, dass die Zeugin den Ölfleck, der zum Unfall des Kl. geführt hat, erkannt und beseitigt hätte, wenn dieser Fleck am Morgen des 26. 8. 2003, dem Tag vor dem Unfall, bereits vorhanden gewesen wäre. Der Umstand, dass die Zeugin in der Woche vor ihrem Kurantritt, die ihr zur Hausbesorgung übertragenen Bereich wegen der sich anschließenden Zeit ihrer Abwesenheit „in Ordnung haben wollte“, rechtfertigt den Schluss, dass die Zeugin ihre Aufgaben (jedenfalls) in dieser Woche mit besonderer Sorgfalt verrichtet hat. Ebenso ist davon auszugehen, dass der Zeugin bei ihrem Rundgang am Morgen des Unfalltages ein Ölfleck aufgefallen wäre und sie diesen beseitigt hätte.

Dem steht nicht entgegen, dass sich zum Unfallzeitpunkt Laub in der Einfahrt befand. Die Zeugin selbst hat in ihrer Aussage erläutert, dass sie die Einfahrt nicht immer sofort gefegt habe, wenn sie bei ihren Kontrollen nur wenige Blätter auf dem Boden festgestellt habe. Zum einen lag zum Unfallzeitpunkt unstreitig nur wenig Laub in der Einfahrt. Insoweit ist es auch nicht zumutbar, zu verlangen, dass jederzeit jegliches Laub in der Einfahrt beseitigt würde, zumal seinerzeit Ende August innerhalb von ein bis zwei Tagen nicht viel Laub angefallen sein kann und das Laub nicht feucht oder nass gewesen ist. Zum anderen war das Laub selbst nicht unfallursächlich, so dass eine unterbliebene Beseitigung des Laubes als Verkehrssicherungspflichtverletzung der Bekl. ohnehin nicht als Ursache für den Unfall des Kl. in Betracht kam.

Dem Ergebnis der Beweiswürdigung steht auch nicht entgegen, dass die Zeugin den Fleck, der zürn Sturz des Kl. geführt hat, bei ihren morgendlichen Kontrollgängen an den auf den Unfall folgenden Tagen nicht festgestellt hat. Zum einen konnte sich der Fleck (etwa durch darüberfahrende Fahrzeuge und/oder durch Einziehen oder Abtrocknen) mittlerweile derart verändert haben, dass die Zeugin diesen Fleck nicht mehr als gefährliche, zu beseitigende Verschmutzung wahrgenommen hat. Zum anderen konnte der Fleck auch beim Laubfegen mitbeseitigt worden sein, ohne dass dies der Zeugin besonders aufgefallen ist.

bb) Zu weiteren Maßnahmen, insbesondere zu baulichen Veränderungen an der Garageneinfahrt war die Bekl. nicht verpflichtet.

Die Garageneinfahrt weist nicht ein derart starkes Gefälle auf, als dass die Bekl. in dieser Hinsicht hätte tätig werden müssen. Vielmehr ist die Einfahrt - was auf den eingereichten Fotos deutlich wird - in einem baulichen Zustand, der bei vorsichtiger Nutzung eine ungefährliche Begehung der Einfahrt ermöglicht. Hierbei kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass dem Kl. - wie auch allen anderen Garagenmietern – die Beschaffenheit der Einfahrt bekannt war, dem Kl. zudem bereits seit mehreren Jahren.

Dass die Pflasterung der Einfahrt besonders rutschig sei, haben die Parteien in erster Instanz nicht vorgetragen. In zweiter Instanz ist der Kl. mit diesem Vortrag gem. §§ 529 I Nr. 2 in Verbindung mit § 531 II ZPO ausgeschlossen. (Auch das LG ist nur davon ausgegangen, dass Kopfsteinpflaster dann rutschig ist, wenn Nässe oder Öl vorhanden ist.)

2. Der Antrag auf Feststellung der teilweisen einseitigen Hauptsachenerledigung war hiernach ebenfalls unbegründet, weil bezüglich der von der Haftpflichtversicherung der Bekl. geleisteten Zahlung in Höhe von 2000,00 Euro eine Hauptsachenerledigung im Rechtssinne nicht vorlag.

Dies ist nur dann der Fall, wenn eine ursprünglich zulässige und begründete Klage durch ein erledigendes Ereignis nach Rechtshängigkeit gegenstandslos wird (BGHZ 83, 12; BGHZ106, 359, 366). Eine Hauptsachenerledigung liegt deshalb u.a. dann nicht vor, wenn eine Klage von

Anfang an unbegründet war. War die Klage ohnehin unbegründet, hatte sie also von vornherein keine Aussicht auf Erfolg, so konnte sie sich nicht nachträglich im Rechtssinne erledigen. Das nachträgliche erledigende Ereignis war dann für die Erfolglosigkeit der Klage nicht ursächlich.

Im vorliegenden Fall war die Klage aus den oben unter 11. 1. erörterten Gründen zu keiner Zeit begründet.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§91 I Satz 1, 269 III Satz 2 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen (§ 543 II ZPO).


Damaske

Rechtsgebiete

Nachbarrecht; Garten- und Nachbarrecht; Mietrecht