Anspruch des Käufers eines Hauses auf Herausgabe von Plänen
Gericht
LG Detmold
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
14. 01. 1969
Aktenzeichen
3 O 65/67
Der Käufer eines Hauses kann analog § 444 BGB die Herausgabe der statischen Berechnungen mit Prüfprotokoll und der Bewehrungspläne verlangen.
Auszüge aus dem Sachverhalt:
Die Klägerin, eine Architektin, baute eine Gruppe von 6 gleichen Wohnhäusern im sog. Taktverfahren. Allen Häusern lagen dieselben Pläne zugrunde.
Die Klägerin hatte der Beklagten eines der 6 Häuser verkauft und klagte auf den Restkaufpreis. Die Beklagte erkannte den Klageanspruch in der letzten mündlichen Verhandlung Zug um Zug gegen Herausgabe der statischen Unterlagen mit Prüfungsprotokoll und Bewehrungsplänen an. Demgegenüber berief sich die Klägerin darauf, daß sich die Originale der Unterlagen im Besitze des Bauamtes befänden, das der Käuferin Unterlagen jederzeit ablichten werde. Sie sei außerdem einverstanden, daß sich die Beklagte Kopien vom Statiker anfertigen lasse. Schließlich brauche sie als Architektin die Unterlagen nicht länger als 2 Jahre aufzubewahren. Die Bewehrungspläne fehlten teilweise.
Das Gericht hat die Beklagte zur Zahlung Zug um Zug gegen Herausgabe der statischen Berechnungen mit Prüfprotokollen und Bewehrungsplähen für das gekaufte Haus im Original oder in Abschrift oder in Ablichtung verurteilt.
Auszüge aus den Gründen:
… Der Anspruch der Beklagten auf Aushändigung der statischen Berechnungen mit Prüfprotokoll und der Bewehrungspläne ergibt sich aus § 444 BGB.
Allerdings betrifft diese Vorschrift nach ihrem Wortlaute lediglich die zum Beweise von Rechten oder Rechtsverhältnissen dienenden Urkunden (so auch LG Essen, NJW 65, 920). Hierzu zählen die statischen Berechnungen mit Prüfprotokoll und die Bewehrungspläne nicht. Es erscheint jedoch gerechtfertigt, diese Vorschrift hier entsprechend anzuwenden.
Eine Analogie zu § 444 BGB ist zulässig. Der enge Rahmen dieser Vorschrift wird den Anforderungen und Bedürfnissen der heutigen Zeit jedenfalls für den vorliegenden Fall nicht mehr gerecht. Interessenlage und Normzweck in den zu vergleichenden Fällen stimmen auch überein.
Nach dem Sinn und Zweck des § 444 BGB soll durch diese Vorschrift sichergestellt werden, daß ein Käufer die wichtigsten, den Kaufgegenstand betreffenden Unterlagen erhält. Grundsätzlich ist dem Käufer einer Sache auch hinreichend gedient, wenn er die zum Beweise eines Rechts erforderlichen Urkunden ausgehändigt bekommt. Beim Kauf eines Grundstücks oder Erbbaurechts ist es aber dann jedenfalls nicht mehr der Fall, wenn das darauf stehende Haus als Neubau mitverkauft wird. Für den neuen Eigentümer ist der Besitz von statischen Berechnungen und Bewehrungsplänen von wesentlicher Bedeutung; ohne sie könnte er Umbauten, Anbauten oder sonstige größere Veränderungen nicht oder doch nur mit erheblichem Kostenaufwand durchführen. Wirtschaftlich sind für ihn derartige Unterlagen sogar wichtiger als Urkunden, mit denen er irgendwelche Rechte beweisen kann.
Andererseits hat der Verkäufer regelmäßig kein schutzwürdiges Interesse am Besitz von Unterlagen für ein fremdes Gebäude. Selbst wenn dieselben Pläne für mehrere Häuser gelten, ist es ihm zuzumuten, sie wenigstens in Abschrift herauszugeben.
Da die im Besitz der Klägerin befindlichen statischen Berechnungen mit Prüfprotokoll und Bewehrungspläne noch für 5 weitere Häuser gelten, kann die Beklagte nur Abschriften oder Ablichtungen herausverlangen. Diesem Anspruch aus § 444 BGB steht nach allgemeiner Meinung nicht entgegen, daß die Beklagte sich die Unterlagen auch bei Dritten beschaffen könnte. …
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