Keine Eintragung des Werbeslogans „RadioCom”
Gericht
HABM
Art der Entscheidung
Entscheidung
Datum
07. 07. 2006
Aktenzeichen
R 1266/2005-1
Sachverhalt
1. Mit Anmeldetag vom 16. August 2004 beantragte die Anmelderin die Eintragung der Wortmarke
RadioCom
für die folgenden Dienstleistungen der Klassen:
35 - Marketing, Marktforschung; Werbung, insbesondere Rundfunkwerbung, Fernsehwerbung; Werbemittlung; Online Werbung in einem Computernetzwerk; Organisation von Ausstellungen und Messen für wirtschaftliche Zwecke und Werbezwecke; Öffentlichkeitsarbeit; betriebswirtschaftliche Beratung, Beratung bei der Organisation und Führung von Unternehmen, insbesondere im Medienbereich; Sammeln und Zusammenstellen von themenbezogenen Presseartikeln; Vermittlung und Abschluss von Handelsgeschäften für andere; Vermittlung von Verträgen über Anschaffung und Veräußerung von Waren sowie über Dienstleistungen.
38 - Ausstrahlung von Rundfunkprogrammen; Internet-Dienste, nämlich Bereitstellen, Aufbereiten und Anbieten von Informationen über das Medium Internet, Betreiben und Anbieten von Interaktivitätsmodulen im Internet; Bereitstellen eines Internet-Zugangs.
41 - Rundfunkunterhaltung, Produktion von Hörfunkprogrammen bildender, unterrichtender und unterhaltender Art; Organisation und Durchführung von Konzerten, Tanzveranstaltungen, Bällen; Veranstaltung von Wettbewerben im Bildungs-, Unterrichts-, Unterhaltungs- und Sportbereich; Veranstaltung von Glücksspielen, Tombola.
2. Die Anmelderin hielt ihren Eintragungsantrag auch nach Beanstandung durch die Prüferin aufrecht.
3. Mit Entscheidung vom 14. Oktober 2005 (im Folgenden die „angefochtene Entscheidung“) wies die Prüferin die Anmeldung für alle beanspruchten Waren und Dienstleistungen gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstaben b und c der Verordnung (EG) des Rates Nr. 40/94 vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke („GMV“) zurück. Die Prüferin stützte sich insbesondere auf die folgenden Gründe:
Der Begriff „com“ sei die gebräuchliche Abkürzung für „communication“. Im Internet werde der Begriff „com“ regelmäßig als Endung für kommerzielle Domains verwendet.
Zwar könne „com“ auch als Abkürzung für „commercial“ verstanden werden, wie etwa in auf „.com“ endenden Domainnamen. In Verbindung mit dem Wort „Radio“ und in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen stehe aber die Bedeutung „Communication“ im Vordergrund.
Der Gesamtbegriff habe die Bedeutung „radio communication“ und erschöpfe sich in Bezug auf die fraglichen Waren und Dienstleistungen in dem Hinweis, dass diese Radiokommunikation ermöglichten bzw. hierfür bestimmt seien.
In den Bereichen Medien, Rundfunk und Internet sei dies ein weit verbreiteter Begriff, etwa in den Bereichen neuer Technologien für Mobilfunksysteme, in Bezug auf Hochfrequenz-Radiokommunikation, aber auch im Rahmen von Kommunikation über das Radio.
Bei den von der Anmelderin genannten Verwendungsbeispielen für eine markenmäßige Benutzung sei das fragliche Zeichen nicht in Alleinstellung zu sehen.
Im Übrigen reiche der Nachweis der Verwendung des angemeldeten Zeichens auf einer Internetseite nicht aus, um nachzuweisen, dass die Marke gemäß Artikel 7 Absatz 3 GMV für die Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, infolge ihrer Benutzung Unterscheidungskraft erlangt habe.
Auch die Zusammenschreibung von „Radio“ und „Com“ führe nicht zu einer ungewöhnlichen, aus sich heraus nicht verständlichen Wortneuschöpfung.
Dass das angemeldete Zeichen mehrere Bedeutungen haben könne, führe zu keiner anderen Beurteilung.
Als rein beschreibende Angabe über die Art, Beschaffenheit und Bestimmung der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen sei die angemeldete Marke auch nicht geeignet, auf deren Herkunft aus einem ganz bestimmten Unternehmen hinzuweisen.
4. Gegen diese Entscheidung legte die Anmelderin am 26. Oktober 2005 Beschwerde ein, die sie mit am 14. Februar 2006 beim Amt eingegangenem Schriftsatz begründete. Sie beantragt, die Entscheidung der Prüferin aufzuheben und die Veröffentlichung der Anmeldemarke zu verfügen. Die Anmelderin begründet ihre Beschwerde im Wesentlichen wie folgt:
Die Schutzfähigkeit des angemeldeten Zeichens werde schon durch die Schreibweise selbst begründet, die in ihrer Gesamtheit über die bloße Kombination der einzelnen Elemente hinausgehe. Zudem weise das Zeichen eine schriftbildliche Besonderheit dahingehend auf, dass mitten im Wort ein Großbuchstabe stehe.
Der Begriff „Radio“ möge zwar für die Dienstleistungen in Klasse 38 und 41 beschreibend sein, doch die Kombination der beiden Worte zu „RadioCom“ sei weder im Deutschen noch im Englischen verständlich oder gar gängig.
Der Begriff „Com“ sei keine gebräuchliche Abkürzung für „Communication“. Der Begriff habe mannigfaltige Bedeutungen. So sei das regelmäßig als Präfix stehende „Com“ dem Lateinischen „committere“ (zusammenführen) entlehnt und habe insoweit die Bedeutung von „with“ „together“ und „in association with“.
Die ganz normalen Verkehrskreise würden die Bezeichnung als Ableitung von „commercial“ verstehen. Dies erkläre sich dadurch, dass die Endung „com“ für Internetdomains verwendet werde und dabei auf eine kommerzielle also geschäftlich genutzte Domain hinweise.
Eine beschreibende Verwendung der Bezeichnung als Sachangabe lasse sich nicht belegen. Die Anmeldemarke vermittle allenfalls suggestiv bestimmte Anspielungen im Bereich von Radio, Computern und wirtschaftlicher Tätigkeit.
An der Anmeldemarke „RadioCom“ bestehe auch kein Freihaltebedürfnis.
Die angefochtene Entscheidung sei bereits aus dem Grund rechtsfehlerhaft, dass die Prüferin eine Verkehrsdurchsetzung nach Artikel 7 Absatz 3 GMV ablehnte, obwohl ein entsprechender Antrag von der Anmelderin überhaupt nicht gestellt worden sei.
Das HABM habe zahlreiche Marken mit dem Bestandteil „Com“ eingetragen, wie z.B. Travelcom, NETRADIO.COM, HouseCom, com fm, SchlauCom. Außerdem sei die in Rede stehende Marke vom Schweizer Markenamt für ein identisches Warenverzeichnis als eintragungsfähig befunden worden.
Entscheidungsgründe
5. Die Beschwerde erfüllt die Anforderungen von Artikel 57, 58 und 59 GMV in Verbindung mit Regeln 48 und 49 der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission vom 13. Dezember 1995 zur Durchführung der Verordnung Nr. 40/94 des Rates über die Gemeinschaftsmarke, hiernach GMDV, (ABl. EG 1995 Nr. L 303, Seite 1; ABl. HABM 2-3/95, Seite 258). Sie ist daher zulässig.
6. Die Beschwerde ist jedoch im Hinblick auf den Antrag unbegründet. Die Markenanmeldung ist gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c GMV (beschreibende Angaben) und Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b GMV (fehlende Unterscheidungskraft) zurückzuweisen.
Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c GMV
7. Nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c GMV sind von der Eintragung beschreibende Marken ausgeschlossen, d.h. Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Merkmale der Waren- oder Dienstleistungsgruppen dienen können, für die diese Eintragung beantragt wird. Damit verfolgt Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c GMV das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass Zeichen oder Angaben, die die Waren- oder Dienstleistungsgruppen beschreiben, für die die Eintragung beantragt wird, von allen frei verwendet werden können. Diese Vorschrift erlaubt daher nicht, dass solche Zeichen oder Angaben aufgrund ihrer Eintragung als Marke einem Unternehmen vorbehalten werden (siehe Urteil des Gerichtshofes vom 4. Mai 1999 in den verbundenen Rechtssachen C-108/97 und C-109/97 Windsurfing Chiemsee Produktions- und Vertriebs GmbH (WSC) / Boots- und Segelzubehör Walter Huber und Franz Attenberger („Chiemsee“) Slg. 1999, I- 2779, Rdnrn. 24-25).
8. Die Prüfung auf absolute Eintragungshindernisse muss dabei streng und vollständig sein, um eine ungerechtfertigte Eintragung von Marken zu vermeiden und aus Gründen der Rechtssicherheit und der ordnungsgemäßen Verwaltung sicherzustellen, dass Marken, deren Benutzung vor Gericht mit Erfolg entgegengetreten werden könnte, nicht eingetragen werden (siehe Urteile des Gerichtshofes vom 6. Mai 2003 in der Rechtssache C-104/01 Libertel Groep BV / Benelux-Merkenbureau („Orange“) Slg. 2003, I-3793, Rdnr. 59; und vom 21. Oktober 2004 in der Rechtssache C-64/02 P HABM / Erpo Möbelwerk GmbH („Das Prinzip der Bequemlichkeit“) Slg. 2004, I-10031, Rdnr. 45).
9. Nur Angaben, die unmittelbar beschreibend sind, sind von der Eintragung gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c GMV ausgeschlossen. Dabei ist es nicht erforderlich, dass das fragliche Zeichen bereits als beschreibende Angabe bekannt ist, sondern es reicht aus, dass dies vernünftigerweise für die Zukunft zu erwarten ist. Daher muss auch vom Prüfer kein Nachweis erbracht werden, dass das angemeldete Zeichen bei Angaben im geschäftlichen Verkehr, insbesondere in der Werbung, gemeinhin verwendet wird (siehe EuGH, „Das Prinzip der Bequemlichkeit“, a.a.O., Rdnr. 46).
10. Die Prüfung muss auf einer Gesamtwahrnehmung der Marke durch die maßgeblichen Verkehrskreise beruhen. Im Allgemeinen bleibt die bloße Kombination von Bestandteilen, von denen jeder Merkmale der Waren oder Dienstleistungen beschreibt, für die die Eintragung beantragt wird, selbst für diese Merkmale beschreibend im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c GMV. Die bloße Aneinanderreihung solcher Bestandteile ohne Vornahme einer ungewöhnlichen Änderung, insbesondere syntaktischer oder semantischer Art, kann nämlich nur zu einer Marke führen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben besteht, welche im Verkehr zur Bezeichnung von Merkmalen der genannten Waren oder Dienstleistungen dienen können. Einer solchen Kombination kann jedoch der beschreibende Charakter im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c GMV fehlen, sofern der von ihr erweckte Eindruck hinreichend weit von dem abweicht, der durch die bloße Zusammenfügung ihrer Bestandteile entsteht. Der Umstand allein, dass jeder dieser Bestandteile für sich genommen nicht unterscheidungskräftig ist, schließt nämlich nicht aus, dass deren Kombination unterscheidungskräftig sein kann (siehe Urteile des Gerichtshofes vom 12. Februar 2004 in den Rechtssachen C-265/00, Campina Melkunie BV / Benelux Markenbureau („Biomild“) Slg. 2004, I-1699, Rdnrn. 40 und 41; vom 12.Februar 2004 in der Rechtssache C-363/99, Koninklijke KPN Nederland NV / Benelux Merkenbureau („Postkantoor“), Slg. 2004, I-1619, Rdnrn. 99 und 100; analog Urteile vom 16. September 2004 in der Rechtssache C-329/02 P SAT.1 SatellitenFernsehen GmbH / HABM („SAT.2“); und vom 15. September 2005 in der Rechtssache C-37/03 P BioID AG / HABM („BioID“) Slg. 2005, I-7975, Rdnr. 29).
11. Bei den beanspruchten Dienstleistungen handelt es sich zunächst um solche, die an Unternehmen gerichtet sind, wie etwa die in Klasse 35 fallenden Dienstleistungen der Marktforschung, Werbung, Beratung, Öffentlichkeitsarbeit und Vermittlungstätigkeit und die Produktion von Hörfunkprogrammen in Klasse 41. Zum anderen werden auch Dienstleitungen beansprucht, die sich an ein breites Publikum richten, wie etwa die Ausstrahlung von Rundfunkprogrammen und verschiedene Internetdienstleistungen in Klasse 38. Auch die in Klasse 41 beanspruchten Dienstleistungen der Organisation von Veranstaltungen im Bildungs-, Unterrichts- Unterhaltungs- und Sportbereich richten sich an das allgemeine Publikum.
12. Aus den Waren und Dienstleistungen ergibt sich, dass einerseits die allgemeinen Verkehrskreise, insbesondere das von der Rundfunkunterhaltung angesprochene Publikum, und andererseits die Fachverkehrskreise einschlägig sind. Damit ist auf das Verständnis eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der jeweils angesprochenen allgemeinen und Fachverkehrskreise abzustellen (Urteil des Gerichtshofes vom 16. Juli 1998 in der Rechtssache C-210/96 Gut Springenheide GmbH und Rudolf Tusky/Oberkreisdirektor des Kreises Steinfurt - Amt für Lebensmittelüberwachung („Gut Springenheide“), Slg. 1988, I-4657, Randnr. 31; WRP 1998, 848; ABl. HABM 1999, 561; Slg. 1998, I-4681; GRUR Int. 1998, 795).
13. Die angemeldete Wortmarke ist aus den Elementen „Radio“ und dem mit großem Anfangsbuchstaben geschriebenen „Com“ zusammengesetzt.
14. Bei der Prüfung von Wortmarken gilt grundsätzlich, dass ihr Schutzbereich Groß- und Kleinschreibung und die Wiedergabe in verschiedenen üblichen Schrifttypen umfasst. Ergibt sich allerdings eine Bedeutung der angemeldeten Marke erst aus verschiedener Groß- und Kleinschreibung, so ist letztlich der Bedeutungsinhalt der Marke in der angemeldeten Form entscheidend. Wenn Marken ihre Bedeutung je nach verschiedener Groß- und Kleinschreibung ändern, können die verschiedenen Formen nicht als identisch angesehen werden. So ist etwa das Wort „BlumenTopfErde“ nicht identisch mit „BlumentoPferde“, da sich die Bedeutung geändert hat (zum Begriff der Identität weiter Urteil des Gerichtshofes vom 20. März 2003 in der Rechtssache C-291/00 LTJ Diffusion SA/Sadas Vertbaudet SA („Arthur et Félicie“), Slg. 2003, I-2799, Rndnrn. 50-53; wie hier etwa Urteil „BioID“, a.a.O.; Entscheidungen der Beschwerdekammern vom 2. Juni 2006 in der Sache R 897/2005-1 – LeadIng. Rndnr. 15; und vom 9. Februar 2005 in der Sache R 248/2004-2 – T-PCS/PCS, Rndnr. 31).
15. Die angemeldete Marke RadioCom zerfällt demnach in zwei klare Bestandteile, die nicht nur im Bildeindruck, sondern auch im Höreindruck und in der Bedeutung auseinander gehalten werden.
16. Mit „Radio“ wird in der deutschen Sprache, wie auch in anderen Sprachen, Rundfunk oder ein Rundfunkgerät bezeichnet (Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, dtv 2000). Etwa in der englischen Sprache kommt die Bedeutung für Funk im Allgemeinen hinzu. Radioprogramme werden jedoch nicht nur über Funk, sondern auch über Kabel, Fernsehen oder Internet übertragen.
17. Wie Anmelderin und Prüferin übereinstimmend hervorheben, ist die Silbe „com“ eine Abkürzung, die zunächst im Internet für die Top-Level-Domain „.com“ für kommerzielle Anbieter üblich und bekannt ist. Im Allgemeinen sehen Verbraucher in Markenelementen wie "http://... ", "www….", "….de", "….com" usw. keine Elemente, die in Kombination mit einem beschreibenden Begriff dem Zeichen insgesamt den ausschließlich beschreibenden Charakter nehmen können und die Schutzfähigkeit begründen (Entscheidung der Beschwerdekammern vom 5. November 2003 in der Sache R206/2003-2 – EUROPEANTOUR.COM, Randnr. 23 m.w.N.).
18. In Bezug auf die angemeldeten Dienstleistungen wären Zeichen wie „radio.com“, „Radio.com“, Radio.Com“ oder „RADIO.COM“ unmittelbar beschreibende Angaben, die zurückzuweisen wären. Die Kammer vermag der Anmelderin nicht darin zu folgen, dass RadioCom wegen des großen Buchstaben „C“ und dem Weglassen des Punktes eingetragen werden müsste. Mag auch die Großschreibung in der Mitte des Wortes grammatikalisch inkorrekt sein, so ist sie doch in der Werbesprache durchaus üblich geworden (Entscheidung der Beschwerdekammer vom 28. Februar 2001 in der Sache R 662/2000-3 – SeniorCare, Rndnr. 27). Im Gegenteil erkennt der relevante Verbraucher im vorliegenden Fall einen Hinweis auf den Bestandteil „com“, und hält ihn wegen der absetzenden Schreibweise durch die Binnenmajuskel auch ohne Punkt für einen Hinweis auf eine Domain. Bei einer solchen Leseart wäre das angemeldete Zeichen beschreibend, da es insoweit lediglich als Hinweis auf die Webseite eines Radiosenders aufgefasst würde.
19. Zu demselben Ergebnis gelangt die Kammer, wenn der Argumentation der Prüferin des Weiteren gefolgt wird. So ist nämlich zutreffend, dass das Wortelement „Com“ am Ende eines zusammengesetzten Begriffs in anderem Zusammenhang nicht nur für „commercial“ oder „company“, sondern auch als Abkürzung für „communication“ üblich geworden ist (z.B. im Englischen „telecom“ für Telekommunikation, „intercom“ für Gegensprechanlagen). In Zusammensetzung mit „Radio“ beschreibt diese Endsilbe, dass die fraglichen Dienstleistungen die Radiokommunikation ermöglichen oder von einem im Bereich der Radiokommunikation tätigen Unternehmen erbracht werden.
20. Im Einzelnen ist „RadioCom“ zunächst unmittelbar beschreibend für die „Ausstrahlung von Rundfunkprogrammen“. „RadioCom“ ist jedoch auch für die anderen in Klasse 38 beanspruchten Internet-Dienstleistungen
„Internet-Dienste, nämlich Bereitstellen, Aufbereiten und Anbieten von Informationen über das Medium Internet, Betreiben und Anbieten von Interaktivitätsmodulen im Internet; Bereitstellen eines Internet-Zugangs“
beschreibend. Der angesprochene Verbraucher erwartet, dass die Dienstleistungen von einem über das Internet ausstrahlenden Radiosender erbracht werden, da Radiosender heutzutage nicht nur terrestrisch ausstrahlen, sondern auch über das Internet, oder dass die speziellen technischen Voraussetzungen geschaffen werden, die für den Radioempfang über Internet erforderlich sind.
21. „RadioCom“ beschreibt weiter die Art und die Ausrichtung der Dienstleistungen auf den Rundfunk, wie etwa bei den Dienstleistungen in Klasse 35 und 41:
35 - Marketing, Marktforschung; Werbung, insbesondere Rundfunkwerbung, Fernsehwerbung; Werbemittlung; Online Werbung in einem Computernetzwerk; Organisation von Ausstellungen und Messen für wirtschaftliche Zwecke und Werbezwecke; Öffentlichkeitsarbeit; betriebswirtschaftliche Beratung, Beratung bei der Organisation und Führung von Unternehmen, insbesondere im Medienbereich; Sammeln und Zusammenstellen von themenbezogenen Presseartikeln; Vermittlung und Abschluss von Handelsgeschäften für andere; Vermittlung von Verträgen über Anschaffung und Veräußerung von Waren sowie über Dienstleistungen.
41 - Rundfunkunterhaltung, Produktion von Hörfunkprogrammen bildender, unterrichtender und unterhaltender Art; Organisation und Durchführung von Konzerten, Tanzveranstaltungen, Bällen; Veranstaltung von Wettbewerben im Bildungs-, Unterrichts-, Unterhaltungs- und Sportbereich; Veranstaltung von Glücksspielen, Tombola.
22. Insbesondere im Hinblick auf „Durchführung von Konzerten“ und „Veranstaltungen im Sportbereich“ liegt auf der Hand, dass dort eine Übertragung im Wege der Radiokommunikation erfolgen kann. Auch was die in Klasse 41 beanspruchten Dienstleistungen in den Bereichen Unterhaltung und Freizeitveranstaltungen betrifft, erschöpft sich das angemeldete Zeichen in einem bloßen Hinweis auf Radiokommunikation.
23. Was das Argument betrifft, das Amt hätte zahlreiche Marken akzeptiert, die ebenfalls den Bestandteil „com“ enthalten, so ist darauf hinzuweisen, dass diese Entscheidungen nicht Gegenstand dieses Verfahrens sind. Die Entscheidungen der Beschwerdekammern über die Eintragung eines Zeichens als Gemeinschaftsmarke gemäß der GMV sind gebundene Entscheidungen und keine Ermessensentscheidungen. Die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidungen ist daher allein auf der Grundlage der GMV und nicht auf der Grundlage einer vorherigen Entscheidungspraxis zu beurteilen. Der Vortrag über die Eintragungsfähigkeit anderer Marken ist nur relevant, wenn er Gründe enthält, die die Beurteilung des Prüfers für den vorliegenden Fall in Frage stellen (siehe Urteil „BioID“, a.a.O., Rdnrn. 47, 51).
24. Aus denselben Gründen kann auch die Eintragung des hier in Rede stehenden Zeichens für identische Dienstleistungen durch das Schweizer Markenamt zu keiner anderen Beurteilung seiner Eintragungsfähigkeit als Gemeinschaftsmarke führen.
25. Somit ist die Marke, die sich aus den Worten „Radio“ und „Com“ zusammensetzt und bei der kein merklicher Unterschied zwischen dem Gesamtbegriff und der bloßen Summe ihrer einzelnen Bestandteile besteht, für die angemeldeten Dienstleistungen eine beschreibende Angabe im Sinne des Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c GMV, die für Wettbewerber freigehalten werden muss.
Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b GMV
26. Wie sich aus Artikel 7 Absatz 1 GMV ergibt, ist das Zeichen schon dann nicht als Gemeinschaftsmarke eintragungsfähig, wenn eines der aufgezählten absoluten Eintragungshindernisse vorliegt. So fehlt einer Wortmarke, die im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c GMV Merkmale von Waren oder Dienstleistungen beschreibt, aus diesem Grund zwangsläufig die Unterscheidungskraft in Bezug auf diese Waren oder Dienstleistungen im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b GMV (siehe Urteil „Biomild“, a.a.O., Rdnr. 19). Allerdings können, selbst wenn das Vorliegen nur eines Eintragungshindernisses genügt, diese auch kumulativ geprüft werden (siehe Urteil des Gerichts erster Instanz vom 26. Oktober 2000 in der Rechtssache T-345/99 Harbinger Corporation/HABM („Trustedlink“) Slg. 2000, II-3525, Rdnr. 31, ABl. HABM 2001, 448).
27. Gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b GMV sind Gemeinschaftsmarken, die keine Unterscheidungskraft haben, d.h. Marken, die nicht geeignet sind, die konkret angemeldeten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden, von der Eintragung zurückzuweisen (Urteil „BioID“, a.a.O., Rdnr. 60).
28. Die Wortverbindung „RadioCom“ ist nicht geeignet, die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen nach ihrer Herkunft zu unterscheiden. Die angesprochenen Verkehrskreise werden das Zeichen eher als einen sachbezogenen Hinweis auf den Umstand, dass die fraglichen Dienstleistungen im Zusammenhang mit Radiokommunikation stehen, auffassen.
29. Die Verbindung der Worte ohne jede graphische oder inhaltliche Änderung weist keinerlei zusätzliches Merkmal auf, das das Zeichen in seiner Gesamtheit geeignet erscheinen ließe, die Waren und Dienstleistungen der Anmelderin von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden und ist auch in seiner Struktur nach in der Kommunikations-, Werbe-, Unterhaltungs- und Internetbranche als Marke nicht üblich (Urteil „SAT.2“, a.a.O., Rdnr. 44).
30. Dem kann die Anmelderin auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, die angemeldete Marke weise eine schriftbildliche Besonderheit und ungewöhnliche Kombination auf. Die Wortbildung „RadioCom“ ist grammatikalisch korrekt und in der Alltags- und Fachsprache nicht ungewöhnlich, auffallend oder systemwidrig. Daran ändert auch nichts, dass die beiden Anfangsbuchstaben „R“ und „C“ groß geschrieben sind. Der Großbuchstabe in der Mitte des Wortes, die so genannte Binnenmajuskel, entspricht zwar nicht der englischen oder deutschen Rechtschreibung, ist aber in der heutigen Werbe- und Unternehmenssprache üblich und daher nicht geeignet, beim Verbraucher herkunftsidentifizierende Vorstellungen auszulösen.
31. Aus diesem Grund kann die Marke auch wegen des Eintragungshindernisses von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b GMV nicht eingetragen werden.
Artikel 7 Absatz 3 GMV
32. Was schließlich die von der Anmelderin gerügte Einlassung der Prüferin zu einer eventuellen Verkehrsdurchsetzung nach Artikel 7 Absatz 3 GMV betrifft, so kann die Kammer nicht erkennen, inwieweit sich hieraus eine Rechtsfehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung ergeben sollte. Die Anmerkung der Prüferin bezieht sich lediglich auf die Internetauszüge, welche die Anmelderin als Nachweis für eine kennzeichenmäßige Benutzung des Zeichens eingereicht hatte. In diesem Zusammenhang stellt die Prüferin fest, ohne jedoch eine abschließende Prüfung der Frage der Verkehrsdurchsetzung vorzunehmen, dass die vorgelegten Internetseiten im Hinblick auf Artikel 7 Absatz 3 GMV nicht als Nachweis ausreichen würden. Im Übrigen ist es der Prüferin gemäß Artikel 74 Absatz 1 Satz 1 GMV nicht verwehrt, nach entsprechender Gewährung des rechtlichen Gehörs von sich aus zur Frage der Verkehrsdurchsetzung Stellung zu nehmen, auch wenn dies in der Praxis in Umsetzung des Grundsatzes „ultra posse nemo obligatur“ meist nur auf einen entsprechenden Vortrag des Anmelders hin geschieht (siehe Urteil des Gerichts erster Instanz vom 12. Dezember 2002 in der Rechtssache T-247/01 eCopy Inc./HABM („Ecopy“) Slg. 2002, II-5301, Rdnr. 47).
Tenor der Entscheidung
Aus diesen Gründen entscheidet
DIE KAMMER
wie folgt:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Th. Margellos Ph. von Kapff C. Rusconi
Geschäftsstellenbeamter:
E. Gastinel
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