„Flexible“ Wäschespinne und Gartenhaus

Gericht

OLG Zweibrücken


Art der Entscheidung

Beschluss über sofortige Beschwerde


Datum

23. 12. 1999


Aktenzeichen

3 W 198/99


Leitsatz des Gerichts

  1. Eine nicht fest und dauerhaft installierte Wäschespinne, die nur bei Bedarf in ein im Boden eingelassenes Führungsrohr geschoben wird, ist keine bauliche Veränderung i.S. von § 22 I WEG (Abgrenzung zu BayObLG, WE 1994, 151; WE 1987, 57).

  2. Zu den Anforderungen an eine konkludente Zustimmung zu einer baulichen Veränderung (hier: Gartenhäuschen).

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Bet. zu 1 bis 4 bilden die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, die Bet. zu 5 ist die Verwalterin der Anlage. Den Bet. zu 2 ist an einer Teilfläche des im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Gartens ein Sondernutzungsrecht eingeräumt. Auf dieser Teilfläche errichtete der Mieter der Bet. zu 2 ein Gartenhaus. Ferner ließ er dort in der Erde ein Führungsrohr ein, in dem bei Bedarf eine Wäschespinne aufgestellt wird. Die Bet. zu 1 haben beantragt, die Bet. zu 2 zur Beseitigung von Gartenhaus und Wäschespinne zu verpflichten.

Das AG hat die entsprechenden Anträge zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Bet. zu 1 ist ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde verfolgten die Bet. zu 1 ihr Beseitigungsverlangen weiter. Das Rechtsmittel hatte teilweise Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

II. 1. Soweit das LG einen Beseitigungsanspruch hinsichtlich der Wäschespinne verneint hat, ist der angefochtene Beschluss aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Er beruht in diesem Punkte nicht auf einer Verletzung des Gesetzes (§ 27 I FGG, § 550 ZPO). Mit dem Aufstellen einer Wäschespinne haben sich weder die Bet. zu 1 noch die übrigen Eigentümer einverstanden erklärt. Ein Beseitigungsanspruch gem. § 1004 I BGB kommt somit dann in Betracht, wenn es sich bei der Wäschespinne um eine bauliche Veränderung handelt, die über eine ordnungsgemäße Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgeht (§ 22 I 1 WEG) und wenn sie die Rechte der Bet. zu 1 über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt (§§ 22 I 2, 14 WEG). Das LG hat diese Voraussetzungen verneint. Seine Entscheidung unterliegt insoweit keiner rechtlichen Beanstandung.

a) Die Errichtung einer fest und dauerhaft im Boden verankerten Wäschespinne kann zwar eine bauliche Veränderung darstellen, die der Zustimmung aller Wohnungseigentümer bedarf (vgl. für die Verlegung einer bereits bestehenden, einbetonierten Wäschespinne bzw. eines Wäschetrockenplatzes BayObLG, WE, 1994, 151; DWE 1987, 57; KG, KG-Report 1994, 73; Bub/Bub, Wohnungseigentum von A - Z, § 22 Rdnr. 195; Bärmann/Pick/Merle, WEG, 7. Aufl., § 22 Rdnr. 93, jew. m.w.Nachw.). Letztlich ist dies aber eine Frage des Einzelfalls (vgl. Bub/Bub, § 22 Rdnr. 195). Der hier vorliegende Sachverhalt betrifft keine fest verankerte Wäschespinne im oben genannten Sinne. Nach den Feststellungen des LG ist im Boden lediglich ein Rohr eingelassen, in das die Wäschespinne bei Gebrauch eingeschoben wird. Dabei ist unstreitig, dass die Wäschespinne nicht ständig im Garten aufgestellt ist, sondern nur dann, wenn sie zum Trocknen von Wäsche benutzt wird. Ist dies nicht der Fall, so ist lediglich die Öffnung des im Boden eingelassenen Führungsrohres zu erkennen. Dabei handelt es sich aber nur um ein kaum sichtbares Loch im Rasen.

b) Unter diesen Umständen stellt allenfalls die Installation des im Boden fest verankerten Rohres eine bauliche Veränderung i.S. von § 22 I 1 WEG dar. Nach den insoweit rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des LG, das die entsprechende Örtlichkeit in Augenschein genommen hat, führt diese Änderung aber zu keiner optischen oder sonstigen Beeinträchtigung der Miteigentümer. Sie ist deshalb hinzunehmen (§§ 22 I 2, 14 WEG). Die Aufstellung der Wäschespinne als solche, die nach den Feststellungen des LG nur bei Bedarf erfolgt, ist hingegen keine bauliche Veränderung. Sie ist nicht anders zu behandeln als etwa das Aufstellen eines sonstigen beweglichen Wäscheständers, der bei Nichtverwendung zusammengelegt und entfernt werden kann. Im Unterschied zu den eingangs genannten Fällen (BayObLG, WE 1994, 151; DWE 1987, 57) fehlt insoweit das Erfordernis der Dauerhaftigkeit einer umgestaltenden Maßnahme an realen Teilen des gemeinschaftlichen Eigentums, das für das Vorliegen einer baulichen Veränderung vorauszusetzen wäre (vgl. etwa Bub/Bub, § 22 Rdnr. 36; Bärmann/Pick/Merle, § 22 Rdnr. 6, jew. m.w. Nachw.). Schon aus diesem Grund scheidet ein auf die Verletzung von § 22 I WEG gestützter Beseitigungsanspruch aus.

c) Im Übrigen hat das LG aber auch zu Recht darauf hingewiesen, dass den Bet. zu 2 die Verwendung der Wäschespinne nicht verwehrt werden kann, weil sie nicht über das Maß desjenigen hinausgeht, was bei einem geordneten Zusammenleben hinzunehmen ist (§ 14 Nr. 1 WEG). Den Bet. zu 2 ist der entsprechende Teil des im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Gartens zur Sondernutzung überlassen. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass dies - etwa infolge entsprechender Vereinbarungen der Wohnungseigentümer - mit Einschränkungen verbunden wäre. Den Bet. zu 2 bzw. deren Mietern kann es somit nicht verwehrt werden, ihre Wäsche an der freien Luft zu trocknen. Ein solcher Gebrauch des ihnen zur Nutzung zugewiesenen Teils des Gemeinschaftseigentums liegt im Rahmen des nach § 15 III WEG Zulässigen und begründet keine Nachteile, die über das in § 14 Nr. 1 WEG festgelegte Maß hinausgehen.

2. Im Ausgangspunkt rechtlich zutreffend ist das LG davon ausgegangen, dass es sich bei dem Gartenhaus um eine bauliche Veränderung i.S. von § 22 I WEG handelt (vgl. dazu BayObLG, NJW-RR 1988, 591; NJW-RR1992, 975; WE 1995, 377 [378]; Bub/Bub, § 22 Rdnr. 146; Bärmann/Pick/Merle, § 22 Rdnr. 158, jew. m.w.Nachw.). Sodann hat das LG angenommen, ein Beseitigungsanspruch entfalle jedenfalls deshalb, weil sämtliche Miteigentümer und damit auch die Bet. zu 1 ihre Zustimmung zu der hier in Rede stehenden Änderung erteilt hätten. Dies hält einer rechtlichen Prüfung nicht in allen Punkten stand.

a) Rechtlich ist es allerdings nicht zu beanstanden, dass das LG eine formlose Zustimmung zur Vornahme einer baulichen Veränderung als möglich angesehen hat und davon ausgegangen ist, die Zustimmung könne ggf. sogar konkludent erteilt werden (vgl. dazu BayObLG, NJW-RR 1993, 1165, [1166]; OLG Hamm, WE 1996, 351, [352]; Bub/Bub, § 22 Rdnr. 50; Bärmann/Pick/Merle § 22 Rdnr. 99, jew. m.w. Nachw.). Auch liegt es grundsätzlich im Rahmen des bei der Überzeugungsbildung des Tatrichters Zulässigen, das von dem Zeugen H bei der Beweisaufnahme geschilderte Verhalten der Wohnungseigentümer im Sinne einer solchen stillschweigenden Zustimmung zu werten.

b) Das LG hätte aber feststellen müssen (§ 12 FGG), welche Reichweite der konkludenten Zustimmung beizumessen ist, die es der Schilderung des Zeugen H entnommen hat. Grundsätzlich beschränkt sich eine Zustimmung i.S. von § 22 WEG auf die konkret vorgestellte bauliche Veränderung; eine davon abweichende Ausführungsweise oder spätere Änderung ist von der erteilten Zustimmung nicht mehr gedeckt (vgl. BayObLG, MDR 1995, 569; OLG Karlsruhe, OLG-Report 1998, 229, [230]; Bub/Bub, § 22 Rdnr. 49). Hier hatten die Bet. zu 1 in den Tatsacheninstanzen geltend gemacht, die Bet. zu 2 hätten im Anschluss an die Begehung vom April 1994 am Standort des Gartenhauses zunächst einen sehr viel kleineren Geräteschuppen platziert, der dort bis Februar 1995 gestanden habe und nur halb so groß gewesen sei wie das Gartenhaus. Erst Ostern 1995 sei er durch das große Holzhaus in seiner derzeitigen Form ersetzt worden. Dieses Vorbringen hat das LG übergangen (§ 12 FGG). Die Feststellungen darüber, ob es in tatsächlicher Hinsicht zutrifft, werden nachzuholen sein. Auf Grundlage des vorliegenden Sach- und Streitstands erscheint es jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass das derzeit auf dem Gemeinschaftseigentum der Wohnungseigentumsanlage errichtete Gartenhäuschen nach Größe und Ausmaß nicht dem entspricht, was bei der Begehung vom April 1994 Gegenstand der Erörterung und Zustimmung war. Dann wären die Bet. zu 1 nicht mehr an eine erteilte Zustimmung gebunden.

Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn das Verhalten der Wohnungseigentümer aus Anlass der Begehung vom April 1994 im Sinne einer „allgemein“ erteilten Genehmigung aufzufassen sein sollte (vgl. dazu BayObLG , WE 1997, 236, [237]; OLG Karlsruhe, OLG-Report 1998, 229), bei der es letztlich allein im Belieben der Bet. zu 2 stehen sollte, auf welche konkrete Art und Weise das Gartenhäuschen ausgestaltet wird. Auch dazu bedürfte es aber näherer Feststellungen, die das LG nicht getroffen hat. Bei ihnen müsste auch berücksichtigt werden, dass nach dem protokollierten Ergebnis der Beweisaufnahme seinerzeit Vorbereitungen zum Aufstellen des Gartenhäuschens getroffen waren, die jedenfalls Rückschlüsse auf dessen Größe zugelassen haben dürften.

c) Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass dann, wenn eine wirksame Zustimmung zur Vornahme der baulichen Veränderung nicht erteilt worden sein sollte, ein Beseitigungsanspruch gleichwohl ausscheidet, sofern das Gartenhaus die Bet. zu 1 nicht über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt. Dabei wird es von Bedeutung sein, inwieweit das Gartenhäuschen eine Veränderung des architektonischen Gesamteindrucks der Wohnanlage bewirkt (vgl. dazu BayObLG NJW-RR 1988, 591; NJW-RR1992, 975; Bub/Bub, § 22 Rdnr. 73, jew. m.w.Nachw.). Nach der in der Rechtsprechung überwiegend vertretenen Ansicht, der sich nunmehr auch der Senat unter Aufgabe seiner abweichenden früheren Rechtsprechung angeschlossen hat, bedarf es dazu einer objektiv nachteiligen Auswirkung auf das äußere Erscheinungsbild der Wohnungseigentumsanlage (Senat, NZM 2000, 294L [in diesem Heft] m.w.Nachw. zum Meinungsstand). Auch dazu werden Feststellungen zu treffen sein.

Rechtsgebiete

Grundstücks- und Wohnungseigentumsrecht; Garten- und Nachbarrecht

Normen

WEG §§ 14 Nr. 1, 15 III, 22 I; BGB § 1004 I; FGG § 12