Antrag auf Rückbenennung des zuvor einbenannten Kindes
Gericht
BGH
Art der Entscheidung
Beschluss
Datum
14. 01. 2004
Aktenzeichen
XII ZB 30/02
Zur Beschwerdebefugnis der Aufsichtsbehörde auch gegen Entscheidungen, die ihrem eigenen Antrag stattgeben.
Durch die Einbenennung wird der neue Geburtsname des Kindes - vorbehaltlich einer weiteren Einbenennung - grundsätzlich unwandelbar fixiert. Nimmt der sorgeberechtigte Elternteil nach Scheidung seiner Ehe gem. § 1355 V 2 BGB wieder seinen Geburtsnamen an, kann sich das Kind dieser Namensänderung nicht anschließen.
Auszüge aus dem Sachverhalt:
Der Bet. zu 1 wurde am 16. 7. 1986 als Kind der Bet. zu 2 geboren, die zu diesem Zeitpunkt als Familiennamen ihren Geburtsnamen „La“ führte. Dieser wurde im Geburtenbuch als Geburtsname des Bet. zu 1 eingetragen. Die Vaterschaft des leiblichen Vaters des Bet. zu 1 wurde durch rechtskräftiges Urteil des AG Halle vom 17. 3. 1989 festgestellt. 1988 schloß die Bet. zu 2 die Ehe mit Herrn Lo. Die Eheleute führten den Ehenamen „Lo“. Dieser Name, den die Eheleute dem Bet. zu 1 im Wege der Einbenennung mit Wirkung vom 6. 9. 1993 erteilten, wurde dessen Geburtsnamen im Geburtenbuch beigeschrieben. Seit dem 8. 4. 1997 ist die Ehe der Bet. zu 2 mit Herrn Lo geschieden; dieser verstarb 1998. Mit Erklärung vom 11. 12. 2000 nahm die Bet. zu 2 wieder ihren Geburtsnamen „La“ an. Mit Erklärung vom selben Tag schloss sich der Bet. zu 1 dieser Namensänderung an. Der Standesbeamte legte die Sache über den Bet. zu 3 (Standesamtsaufsicht) gem. § 45 II PStG dem AG zur Entscheidung darüber vor, ob die Erklärung des Bet. zu 1 wirksam und somit im Geburtenbuch ein entsprechender Randvermerk einzutragen sei.
Mit Beschluss vom 20. 4. 2001 wies das AG den Standesbeamten an, bei dem Geburtseintrag des Bet. zu 1 zu vermerken, dass sich die Namensänderung der Bet. zu 2 auch auf diesen erstrecke. Dagegen legte der Bet. zu 3 sofortige Beschwerde ein mit dem Antrag, die Entscheidung des AG zu bestätigen. Auf die sofortige Beschwerde hob das LG am 17. 7. 2001 den Beschluss des AG auf und sprach aus, dass die Anschlusserklärung des Bet. zu 1 dem Eintrag im Geburtenbuch nicht beizuschreiben sei. Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Bet. zu 3, die das OLG gem. § 28 II FGG dem BGH zur Entscheidung vorgelegt hat. Es hält das Rechtsmittel des Bekl. zu 3 für zulässig, aber unbegründet, da eine Änderung des Namens hier nur unter den Voraussetzungen des § 1617c II BGB in Betracht komme, dessen Voraussetzungen indes nicht gegeben seien. Weder habe sich im Sinne des Absatz 2 Nr. 1 der Vorschrift der Ehename „Lo“, der durch Einbenennung Geburtsname des Bet. zu 1 geworden sei, als „Gemeinschaftsname“ geändert, noch stütze sich im Sinne des Absatz 2 Nr. 2 dieser Vorschrift der Geburtsname des Bet. zu 1 auf den Familiennamen nur eines Elternteils. Eine „Rückbenennung“ des Bet. zu 1 scheide daher aus. Das OLG möchte den angefochtenen Beschluss daher bestätigen, sieht sich daran aber durch eine Entscheidung des OLG Dresden (StAZ 2000, 341) gehindert, nach der eine Rückbenennung in solchen Fällen möglich sei, weil der Geburtsname des Kindes nach der Einbenennung (auch) der Familienname seiner Mutter sei. Der Senat teilt die Rechtsauffassung des vorlegenden OLG.
Auszüge aus den Gründen:
II. 1. Die Vorlage ist zulässig, da dem Vorlagebeschluss, der unter anderem in NJW 2002, 2048 L = FamRZ 2002, 1731 veröffentlicht ist, - wie erforderlich (vgl. Senat, BGHZ 82, 34 = NJW 1982, 517 = LM Art. 17 EGBGB Nr. 9 L) - zu entnehmen ist, dass das vorlegende Gericht bei Befolgung der Ansicht, von der es abweichen will, zu einer anderen Fallentscheidung gelangen würde. Da auch sonst keine formellen Bedenken bestehen, hat der Senat gem. § 28 III FGG an Stelle des OLG über die weitere Beschwerde des Bet. zu 3 zu entscheiden.
2. Das gem. §§ 27 I, 29 II FGG i.V. mit § 48 PStG zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.
a) Zu Recht hat das LG die Erstbeschwerde des Bet. zu 3 gegen die Entscheidung des AG als zulässig angesehen (§ 49 I 2 und II PStG). Dem steht nicht entgegen, dass der Bet. zu 3 mit seiner sofortigen Beschwerde die Bestätigung der von ihm im Ergebnis für richtig gehaltenen Entscheidung des AG erstrebt hat. Als Aufsichtsbehörde hat der Bet. zu 3 ein von einer Beschwer unabhängiges Beschwerderecht, von dem er auch zu dem alleinigen Zweck Gebrauch machen kann, über die der Entscheidung zu Grunde liegende Streitfrage eine obergerichtliche Entscheidung herbeizuführen (vgl. BGH, NJW 1971, 1516 = LM Art. 14 EGBGB Nr. 2 = FamRZ 1971, 426 m. Nachw.; Keidel/Sternal, FGG, 15. Aufl., Vorb. § 71 Rdnr. 69, und Keidel/Kahl, § 20 Rdnr. 100 m.w. Nachw.; Hepting/Gaaz, PersonenstandsR, § 49 PStG Rdnr. 14).
b) Auch soweit das LG die sofortige Beschwerde des Bet. zu 3 gegen die Entscheidung des AG als begründet angesehen und ausgesprochen hat, dass die Anschlusserklärung des Bet. zu 1 dem Eintrag im Geburtenbuch nicht beizuschreiben ist, hält diese Entscheidung der rechtlichen Nachprüfung stand.
Der entgegenstehenden Entscheidung des OLG Dresden (StAZ 2000, 341) ist aus den zutreffenden Gründen des Vorlagebeschlusses, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen im Einzelnen verwiesen wird, nicht zu folgen. Die Voraussetzungen einer Namensänderung nach dem hier anzuwendenden neuen Kindschaftsrecht (Art. 224 § 3 EGBGB, § 1618 S. 6 BGB i.V. mit § 1617c BGB) liegen nicht vor. Zwar ist in Fällen, in denen sich - wie hier - der aktuelle Geburtsname des Kindes aus einer Einbenennung ergibt, die Vorschrift des § 1617c BGB entsprechend anwendbar. Wegen der nicht mehr vorgenommenen Unterscheidung ehelicher und nichtehelicher Abstammung ist es für die Anwendung dieser Vorschrift unerheblich, ob das Kind in einer Ehe geboren wurde oder nicht. Im Übrigen müssen aber für die hier allein in Betracht kommende Anwendung des § 1617c II BGB entweder die in dessen Nr. 1 oder aber die in dessen Nr. 2 genannten Voraussetzungen erfüllt sein. Beides ist hier nicht der Fall:
Zum einen hat sich dadurch, dass die Bet. zu 2 gem. § 1355 V 2 BGB wieder ihren Geburtsnamen „La“ angenommen hat, der Ehename, welcher Geburtsname des Bet. zu 1 geworden ist, nicht geändert (§ 1617c II Nr. 1 BGB; vgl. auch Staudinger/Coester, BGB, 2000, § 1617c Rdnrn. 30, 36).
Zum anderen stützt sich der Geburtsname des Bet. zu 1 nicht einseitig auf den Familiennamen eines Elternteils (§ 1617c II Nr. 2 BGB), sondern leitet sich von dem gemeinsamen Ehenamen der Beteiligten zu 2 und ihres geschiedenen Ehemannes ab, auch wenn dieser Ehename nach § 1355 I 2 BGB zugleich zum Familiennamen der Bet. zu 2 geworden war. § 1617c II Nr. 2 BGB erfasst nur die Fälle, in denen sich der Geburtsname des Kindes allein von dem Individualnamen eines Elternteils ableitet; leitet er sich von einem Ehenamen ab, ist allein § 1617c II Nr. 1 BGB einschlägig. Denn § 1617c II Nr. 2 BGB eröffnet eine Anschlussmöglichkeit nur für den Fall, dass ein Kind seinen Geburtsnamen von einem Elternteil allein ableitet und dessen Familienname sich auf andere Weise als durch Eheschließung ändert, Letzteres aber nach der ausdrücklichen und abschließenden Regelung dieser Vorschrift nur dann, wenn sich der ursprüngliche Erwerb des Kindesnamens aus §§ 1617, 1617a oder 1617b BGB ergeben hat und somit eine von einem Elternteil direkt abgeleitete Namensführung darstellt. Ein vorangegangener Namenserwerb des Kindes nach § 1618 BGB durch Erteilung des Ehenamens eines Elternteils ist in dieser Vorschrift hingegen nicht erwähnt. Somit besteht nach § 1617c II Nr. 2 BGB keine Anschlussmöglichkeit an eine Wiederannahmeerklärung eines Elternteils, wenn ein Kind durch Namenserteilung den früheren Ehenamen dieses Elternteils erworben hat (vgl. Fachausschuss, StAZ 2000, 309 zu 2; Wagenitz/Bornhofen, Deutsches NamensR, § 1618 BGB Rdnr. 63; Erman/Michalke, BGB, 10. Aufl., § 1618 Rdnr. 12; Bamberger/Roth/Enders, BGB, § 1617c Rdnr. 9 und § 1618 Rdnr. 12; krit. Staudinger/Coester, § 1617c Rdnrn. 41, 42 und § 1618 Rdnr. 44).
Diese Bindung des Kindes an den ihm durch Einbenennung erteilten Ehenamen (vgl. Wagenitz, FamRZ 1998, 1545 [1552 sub VII 3d]) wird zwar häufig als unbefriedigend angesehen, insbesondere dann, wenn dieser Ehename sich aus dem Geburtsnamen des inzwischen geschiedenen oder verstorbenen Stiefelternteils ableitet. Sie lässt sich aber de lege lata nicht vermeiden, da die im Regierungsentwurf vorgesehenen weitergehenden Möglichkeiten einer Nachfolge des Kindes in Namensänderungen des sorgeberechtigten Elternteils auf Empfehlung des Rechtsausschusses im Interesse der Namenskontinuität in das am 1. 7. 1998 in Kraft getretene Kindschaftsreformgesetz nicht aufgenommen worden sind (vgl. v. Sachsen Gessaphe, in: MünchKomm, 4. Aufl., § 1618 Rdnr. 29 m.w.Nachw.). Da somit davon auszugehen ist, dass der Gesetzgeber die vorliegende Problematik gesehen hat, verbietet sich die Annahme einer Regelungslücke, die der Ausfüllung durch die Rechtsprechung zugänglich wäre (vgl. BayObLG, FamRZ 2001, 49 [50] m.w.Nachw.; Gaaz, FPR 2002, 125 [132f.]). In diesen Fällen bleibt daher nur die Möglichkeit einer behördlichen Namensänderung nach den Vorschriften des Namensänderungsgesetzes (vgl. LG Fulda, FamRZ 2000, 689).
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