Keine Anwendbarkeit des UWG auf die Durchführung von Tests; Werbung mit Testergebnissen
Gericht
OLG Frankfurt a.M.
Art der Entscheidung
Berufungsurteil
Datum
29. 06. 2006
Aktenzeichen
6 U 103/05
Veröffentlicht eine Zeitschrift Warentests, denen Untersuchungen auf gesundheitlich oder ökologisch bedenkliche Inhaltsstoffe zugrunde liegen, nicht aber eine Wirksamkeitsprüfung, ist darin nur dann eine Wettbewerbshandlung zu sehen, wenn damit eine klare und deutliche Irreführung der Leser verbunden ist.
Die Zeitschrift kann jedoch verpflichtet sein, die Warenhersteller, die mit einem Label der Zeitschrift für ihre getesteten Waren mit der Testnote werben wollen, darauf hinzuweisen, dass diese die Verbraucher über den eingeschränkten Testumfang informieren.
Die Berufung der Klägerin gegen das am 10.6.2005 verkündete Urteil der 11. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt a. M. wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe:
I.
Die Beklagte veröffentlichte in der von ihr herausgegebenen Zeitschrift „ÖKO-Test“ die im Klageantrag zu A. I. wiedergegebenen Testergebnisse über Shampoos und Deodorants; untersucht wurde die ökologische und gesundheitliche Unbedenklichkeit der Erzeugnisse, nicht dagegen deren Wirksamkeit. Die Beklagte gestattet den Herstellern der von ihr getesteten und bewerteten Erzeugnisse gegen Entgelt die Verwendung von Testlabels der im Klageantrag zu A. II. wiedergegebenen Art. Die Klägerin hält sowohl die Testberichte als auch die Verwendung der Testlabels für irreführend (§§ 3, 5 UWG), weil der Verkehr nicht hinreichend darüber aufgeklärt werde, dass die Wirksamkeit der bewerteten Erzeugnisse nicht geprüft worden ist.
Im übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin die erstinstanzlich gestellten Klageanträge unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens weiter.
Sie weist – wie bereits in einem nicht nachgelassenen Schriftsatz vor der angefochtenen Entscheidung – darauf hin, dass die Beklagte in der Ausgabe 6/2004 von „ÖKO-Test“ einen Test für Mückenschutzmittel veröffentlicht habe, der ebenfalls wettbewerbsrechtlich zu beanstanden sei.
Die Klägerin beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,
Aes bei Meidung von Ordnungsgeld in Höhe bis zu € 250.000.00,-- ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft, zu vollstrecken an dem Geschäftsführer, zu Zwecken des Wettbewerbs zu unterlassen,
I.1. in der Zeitschrift "ÖKO-Test" Warentests zu veröffentlichen und/oder veröffentlichen zu lassen,
wenn für getestete Produkte sog. "Gesamturteile" (mit den Benotungen "sehr gut", "gut", "befriedigend", "ausreichend", "mangelhaft", "ungenügend") und/oder konkrete Produktempfehlungen abgegeben werden, und wenn die so beurteilten und/oder empfohlenen Produkte im Rahmen des Warentests nicht auf ihre Wirksamkeit für den bestimmungsgemäßen Verwendungszweck getestet wurde, ohne die Leser der Zeitschrift "ÖKOTest" zugleich darauf hinzuweisen, daß eine solche Wirksamkeitsüberprüfung nicht stattgefunden hat, wie insbesondere bei dem Produkttest "Shampoos für strapaziertes Haar" in der Zeitschrift "ÖKO-Test" Heft 6/04, S. 53 ff., Anlage K 1, und/oder bei dem Produkttest "Von der Rolle" in der Zeitschrift "ÖKO-Test" Heft 7/2004, S. 50 ff., Anlage K2
2. hilfsweise hierzu:
a) es zu unterlassen, einen Produkttest über "Shampoos für strapaziertes Haar" in der Zeitschrift "ÖKO-Test" zu veröffentlichen oder veröffentlichen zu lassen, bei welchem durch
redatkionelle Beschreibung messbarer Leistungsanforderungen wie Säuberung, Rückfettung und Nasskämmbarkeit sowie
die Bewertung der Verwendung bestimmter Pflegesubstanzen sowie rückfettender Komponenten (pflanzliche Öle, Wachse) als wichtig sowie
die daran anknüpfende redaktionelle Ankündigung "Wir wollten wissen, ob die Shampoos … wirklich halten, was sie versprechen" sowie
ein "Gesamturteil" mit den Noten "sehr gut", "gut", "befriedigend", "ausreichend", "mangelhaft", "ungenügend" sowie konkrete Produktempfehlungen
der Eindruck einer Wirksamkeitsüberprüfung erweckt wird, wenn für die getesteten Produkte keine Überprüfung auf Wirksamkeit der Produkte für ihren bestimmungsgemäßen Verwendungszweck durchgeführt worden ist und die Leser hierauf nicht gleichzeitig hingewiesen werden
wie bei dem in der Anlage K 1 beigefügten Produkttest
und/oder
b) es zu unterlassen, einen Produkttest über "Deoroller und Kompaktdeos" in der Zeitschrift "ÖKO-Test" zu veröffentlichen und/oder veröffentlichen zu lassen, bei welchem durch
redaktionelle Beschreibung messbarer Leistungsanforderungen wie Sanftheit, Überdecken des Geruchs sowie
die Bewertung der Verwendung bestimmter Pflegesubstanzen wie Duftstoffen sowie
redaktionelle Ankündigungen wie "Schwitzen ist ganz normal, unangenehm wird's erst, wenn's müffelt. Deshalb benutzen die meisten Menschen ein Deo. Der Test von 25 Deorollern und acht Kompaktdeos ist ernüchternd. Obwohl fast alle Produkte versprechen, besonders sanft zu sein, können wir nur fünf Roll- On-Deos wirklich empfehlen" sowie
ein "Gesamturteil" mit den Noten "sehr gut", "gut", "befriedigend", "ausreichend", "mangelhaft", "ungenügend" sowie konkrete Produktempfehlungen
der Eindruck einer Wirksamkeitsüberprüfung erweckt wird, wenn für die getesteten Produkte keine Überprüfung auf Wirksamkeit der Produkte für ihren bestimmungsgemäßen Verwendungszweck durchgeführt worden ist und die Leser hierauf nicht gleichzeitig hingewiesen werden
wie bei dem in der Anlage K 2 beigefügten Produkttest.
3. Höchst hilfsweise:
a) einen Produkttest "Shampoo für strapaziertes Haar" zu veröffentlichen und/oder veröffentlichen zu lassen, der wie nachfolgend eingelichtet, gestaltet ist:
...
b) einen Produkttest "Deoroller und Kompaktdeos" zu veröffentlichen und/oder veröffentlichen zu lassen, der wie nachfolgend eingelichtet gestaltet ist:
...
II.Im Rahmen von Gestattungsverträgen zu vergleichenden Warentests gemäß I die Verwendung eines Öko-Test-Labels zu gestatten und vorzuschreiben, es sei denn, es wird im Rahmen des Gestattungsvertrages festgelegt, dass bereits im zu verwendenden Label oder im Zusammenhang mit dem Label darauf hingewiesen wird, dass dem so veröffentlichten Testergebnis eine Wirksamkeitsprüfung nicht zugrunde liegt, insbesondere wenn dies geschieht wie folgt:
...
Ban die Klägerin 189,00 € nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 27.11.2004 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
In der mündlichen Verhandlung hat sich die Beklagte auf Anregung des Senats verpflichtet,
es bei Meidung einer Vertragsstrafe in Höhe von 5.100,00 Euro für jeden
Fall der Zuwiderhandlung zu unterlassen,
Herstellern oder Vertreibern der in den vergleichenden Warentests „Shampoos für
strapaziertes Haar“ („ÖKO-Test“ Heft 6/04, S. 53 ff. – Anlage K 1 zur Klageschrift)
und „Von der Rolle“ („ÖKO-Test“ Heft 7/04, S. 50 ff. – Anlage K 2 zur Klageschrift)
untersuchten Erzeugnissen die Verwendung von Test-Labels der im Klageantrag zu
II wiedergegebenen Art zu gestatten, ohne den Verwender des Labels darauf hinzuweisen,
dass gegenüber dem Verbraucher im zu verwendenden Label oder im Zusammenhang
mit dem Label wörtlich oder sinngemäß deutlich gemacht werden
muss, dass dem so veröffentlichten Testergebnis eine Wirksamkeitsprüfung nicht
zugrunde liegt.
Im übrigen wiederholt und vertieft die Beklagte ihr erstinstanzliches Vorbringen. Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Klageantrag zu A I.
Mit dem Unterlassungsantrag zu A I. macht die Klägerin etwaige Unterlassungsansprüche geltend, die sich nach ihrer Auffassung aus den im Haupt- und in den Hilfsanträgen bezeichneten bzw. in vollständiger Form wiedergegebenen Testberichten „Shampoos für strapaziertes Haar“ („ÖKO-Test“ Heft 6/04) und „Von der Rolle“ („ÖKO-Test“ Heft 7/04) ergeben. Nicht zur Überprüfung steht dagegen – was der Senat in der mündlichen Verhandlung mit den Parteien erörtert hat – die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit des in der Ausgabe 6/2004 von „ÖKO-Test“ veröffentlichten Testberichts über Mückenschutzmittel, da dieser Testbericht mit den auch im Hauptantrag jedenfalls beispielhaft erwähnten Testberichten nicht unmittelbar vergleichbar ist.
Der Klägerin steht der mit dem Antrag zu A I. geltend gemachte Unterlassungsanspruch weder im Umfang des Hauptantrages noch im Umfang der Hilfsanträge zu; die in den Anträgen bezeichneten Testberichte verstoßen nicht gegen die Vorschriften des UWG, da – wie das Landgericht mit zutreffender Begründung angenommen hat - ihrer Veröffentlichung keine Wettbewerbshandlung der Beklagten im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG zugrunde lag.
Objektiv sind die Berichte zwar geeignet, nicht nur den Absatz der darin positiv beurteilten Erzeugnisse Dritter, sondern auch den Absatz der Zeitschrift der Beklagten zu fördern. Da es sich um redaktionelle Beiträge handelt, kann jedoch aus dieser objektiven Förderung – auch des eigenen Absatzes der Beklagten - ausnahmsweise nicht ohne weiteres der Schluss gezogen werden, dass dem auch ein entsprechendes „Ziel“ (§ 2 I Nr. 1 UWG) auf Seiten der Beklagten zugrund lag. Die grundgesetzlich geschützte Pressefreiheit (Art. 5 I GG) gebietet es vielmehr, die in § 2 I Nr. 1 UWG enthaltene subjektive Komponente der Wettbewerbshandlung (nach altem Recht: Wettbewerbsabsicht) erst dann zu bejahen und damit das vergleichsweise strenge Haftungsregime des UWG zu eröffnen, wenn besondere Anhaltspunkte dafür sprechen, dass die Wahrnehmung der Informations- und Pressefreiheit hinter der erkennbaren Absicht, den Absatz des eigenen Presseerzeugnisses zu fördern, zurücktritt. Diese nach altem Recht anerkannten Grundsätze (vgl. Hefermehl/ Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 24. Aufl., Rdz. 33 zu § 2 m.w.N.) gelten auch für § 2 I Nr. 1 UWG; es ist insbesondere kein Grund dafür ersichtlich, dass nach neuem Recht das Merkmal des „Ziels“ der Absatzförderung i.S.v. § 2 I Nr. 1 UWG einen anderen Regelungsgehalt hat als das Merkmal des Handelns „zu Zwecken des Wettbewerbs“ i.S.v. § 1 UWG a.F. (vgl. Hefermehl/Köhler/Bornkamm a.a.O.; a.A.: Fezer, UWG, Rdz. 34 zu § 2, der eine „objektive Finalität“ der Wettbewerbshandlung ausreichen lassen will) .
Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte mit den Testberichten eine Absatzförderung zu Gunsten der getesteten Erzeugnisse beabsichtigt haben könnte, sind weder ersichtlich noch dargetan. Bei Berücksichtigung der Gesamtumstände kann auch nicht angenommen werden, dass die Beklagte den Absatz ihres eigenen Magazins in einer die Anwendung des Wettbewerbsrechts auslösenden Weise zielgerichtet fördern wollte. Ein solcher Schluss lässt sich insbesondere auch nicht aus den von der Klägerin in der Sache erhobenen Irreführungsvorwürfen ziehen.
Eine solche „Vorverlagerung“ der erhobenen inhaltlichen Beanstandung in die Prüfung der subjektiven Komponente des Begriffs der Wettbewerbshandlung (Wettbewerbsabsicht) ist zwar grundsätzlich möglich; denn zu den maßgeblichen Anhaltspunkten, die ausnahmsweise auf ein der Presseveröffentlichung zugrunde liegendes Absatzförderungsziel hindeuten können, gehören insbesondere auch Form und Inhalt des in Rede stehenden Beitrags (vgl. BGH GRUR 95, 270, 272 – Dubioses Geschäftsgebaren). Allerdings kann das nicht bedeuten, dass die in Rede stehenden Äußerungen inhaltlich am Maßstab des § 5 UWG gemessen und sodann – bei Bejahung einer Irreführungsgefahr – daraus ohne weiteres auf das Bestehen einer Absatzförderungsabsicht geschlossen werden könnte. Denn dadurch würde der eingangs genannte Grundsatz, dass Presseveröffentlichungen im Hinblick auf die Bedeutung des Grundrechts aus Art. 5 I GG nur eingeschränkt dem strengen wettbe- werbsrechtlichen Haftungsmaßstab unterworfen werden dürfen („Presseprivileg“), im Ergebnis unterlaufen. Vielmehr sind insoweit strengere Anforderungen zu stellen. Erst wenn der irreführende, absatzfördernde Charakter der Veröffentlichung klar und deutlich zu Tage tritt, kann aus ihm gefolgert werden, dass der Veröffentlichung in Wahrheit zumindest auch eine Absatzförderungsabsicht zugrunde liegt.
Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall können die beiden streitgegenständlichen Testberichte noch nicht als Wettbewerbshandlung eingestuft werden.
Die Tatsache, dass die beiden Tests sich ausschließlich mit den ökologischen Aspekten der untersuchten Waren, d.h. der Verwendung gesundheitlich unbedenklicher Inhaltsstoffe und umweltschonender Verpackungsmaterialien, nicht aber mit der Wirksamkeit der Erzeugnisse für den vorgesehenen Zweck befassen, ist allerdings ein Umstand, der den Wert der Testergebnisse, insbesondere der vergebenen „Gesamturteile“, aus der Sicht des Verbrauchers deutlich einschränkt. Denn auch der an der Bewertung unter ökologischen und gesundheitlichen Aspekten interessierte Verbraucher ist üblicherweise weiter daran interessiert, etwas über die Wirksamkeit der getesteten kosmetischen Erzeugnisse zu erfahren, da dieser Punkt die Kaufentscheidung ebenfalls wesentlich mitbestimmt; es ist auch ohne weiteres möglich, die Untersuchung auf beide genannten Aspekte zu erstrecken. Würde die Beklagte daher die – den Wert der streitgegenständlichen Tests einschränkende – Tatsache, dass eine Wirksamkeitsüberprüfung nicht stattgefunden hat, in den Testberichten ihrer Zeitschrift gezielt verschleiern oder gar verschweigen, ließe dies ohne weiteres den Schluss auf eine Absatzförderungsabsicht durch Täuschung über den Inhalt der eigenen Leistung zu. Davon kann vorliegend jedoch nicht ausgegangen werden.
Der wahre Charakter der Tests ist in den streitgegenständlichen Berichten nicht verschwiegen worden; denn jedenfalls aus den Einzeltestergebnissen und deren Erläuterung kann der aufmerksame und verständige Leser ohne weiteres entnehmen, was Gegenstand der Untersuchungen war und worauf die Beurteilungen beruhen. Im übrigen enthalten beide Berichte zwar Elemente, die es dem Leser durchaus erschweren zu erkennen, dass Grundlage der Tests lediglich Untersuchungen über die ökologische und gesundheitliche Unbedenklichkeit, nicht aber über die Wirksamkeit der getesteten Erzeugnisse waren. Bei der vorzunehmenden Gesamtbeurteilung er- scheinen diese Unklarheiten und Ungenauigkeiten jedoch nicht so gewichtig, dass von einer gezielten, den Schluss auf eine Absatzförderungsabsicht rechtfertigenden Verschleierung des Testcharakters gesprochen werden kann.
Die Beklagte muss sich in diesem Zusammenhang entgegenhalten lassen, dass die Wahl des plakativ herausgestellten Begriffs „Gesamtbeurteilung: gut“ usw. wenig zur wünschenswerten Aufklärung des Lesers über den Charakter der Tests beiträgt, da sie bei isolierter Betrachtung den Eindruck einer umfassenden Prüfung nahelegt; etwaige Missverständnisse könnten beispielsweise von vornherein ausgeräumt werden mit Beurteilungen wie „Ökologische Beurteilung: gut“ oder „Gesamtbeurteilung: unbedenklich“. Das von der Beklagten vorgebrachte Argument, der spezielle Leserkreis von „Öko-Test“ sei mit dem eingeschränkten Testinhalt ohnehin vertraut, vermag ebenfalls nicht zu überzeugen, da die Beklagte nach ihrer eigenen Darstellung in ihrer Zeitschrift jedenfalls auch Tests veröffentlicht, die die Beurteilung der Wirksamkeit einschließen.
Unter diesen Umständen ist für die Beurteilung wesentlich auch auf den weiteren Inhalt der konkret beanstandeten Testberichte abzustellen. In beiden Berichten, die in den Grundzügen gleich aufgebaut sind, folgen im Anschluss an die – für die Frage des Testinhalts aussagelosen – Titel („Das darf doch nicht Haar sein“, „Im Schwitzkasten“) Untertitel, die jeweils einen gewissen Hinweis auf den eingeschränkten Testinhalt geben („... nur fünf ... Shampoos belasten die angegriffene Haarpracht nicht noch zusätzlich“, „... zeigt, dass die Hälfte der Produkte problematische Stoffe enthält“). Sodann folgen längere Passagen, die in sachlicher Form die Wirkungsweise der untersuchten Erzeugnisse darstellen und einen allgemeinen Marktüberblick geben; die ökologischen und gesundheitlichen Fragen werden dabei auch angesprochen, stehen aber nicht im Vordergrund. Anschließend werden unter der Überschrift „Das Testergebnis“ ohne weitere Erläuterung die Endergebnisse mitgeteilt. Jedenfalls an dieser Stelle kann der Leser durchaus zu der Auffassung gelangen, der Test beziehe auch die Wirksamkeit der Produkte ein, nachdem kurz zuvor (auch) dieses Thema im Text ausführlich behandelt worden ist. Dies gilt insbesondere für den Shampoo-Testbericht, in dem es an der Übergangsstelle zwischen allgemeiner Erläuterung und der Präsentation des Testergebnisses heißt „Wir wollten wissen, ob die Shampoos in unserem Test wirklich halten, was sie versprechen“. Erst die weiteren Ausführungen lassen erkennen, daß sich die Untersuchungen nur darauf be- schränkt haben, ob und welche ökologisch bedenklichen Inhaltsstoffe bei den einzelnen Erzeugnissen Verwendung finden. Dies wird schließlich für den aufmerksamen Leser der Testtabellen deutlich bestätigt; denn das „Testergebnis Inhaltsstoffe“ hängt ersichtlich allein von diesem Parameter ab. Die Gesamtbeurteilung wird daneben auch noch durch das Verpackungsmaterial beeinflußt.
Keine wesentliche Bedeutung ist entgegen der Auffassung der Klägerin dem Umstand beizumessen, dass es im kleingedruckten Anhang zu den Testtabellen unter „Legende“ jeweils an einer Stelle heißt: „Das Gesamturteil beruht auf der Beurteilung des Inhalts“. Zwar mag dieser Satz für sich gesehen missverständlich sein. Der Leser, der ihn an dieser Stelle wahrnimmt, hat sich mit dem Testbericht aber zuvor so intensiv befasst, dass ihm der Charakter des Test bereits hinreichend klar geworden ist.
Insgesamt enthalten die Testberichte daher durchaus Elemente, die zumindest den eher flüchtigen Leser zu der Annahme bringen können, die vorgenommene Gesamtbewertung schließe auch die Frage der Wirksamkeit ein. Andererseits wird der interessierte Leser, der sich mit dem Bericht näher befaßt, dieser Fehlvorstellung nicht unterliegen. Damit fehlt es jedenfalls an der klaren und deutlichen Irreführung, die aus den eingangs genannten Gründen allein geeignet wäre, den Schluss auf eine Wettbewerbsabsicht zu rechtfertigen.
2. Klageantrag zu A II.
Hinsichtlich des Unterlassungsantrages zu A II. hat das Landgericht die Klage ebenfalls mit Recht abgewiesen, da der Beklagten nicht untersagt werden kann, die Verwendung ihrer Labels im Rahmen entsprechender Verträge mit den Herstellern der von ihr getesteten Erzeugnisse zu gestatten, ohne in diese Verträge die im Antrag bezeichneten Verpflichtungen der Hersteller zur Aufnahme von Hinweisen zum Charakter der Testergebnisse aufzunehmen.
Allerdings ist in dem Abschluss solcher Gestattungsverträge durch die Beklagte eine Wettbewerbshandlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG zu sehen; denn da die darin liegende „Vermarktung“ der Testergebnisse durch die Beklagte den Kernbe- reich der Berichterstattung in ihrer Zeitschrift nicht berührt, kann die Beklagte sich insoweit nicht auf das oben unter 1. erläuterte „Presseprivileg“ berufen.
Eine Werbung mit den Ergebnissen der streitgegenständlichen Tests durch die Hersteller der getesteten Erzeugnisse ist auch irreführend (§§ 3, 5 UWG), wenn die erzielte Gesamtbewertung plakativ – insbesondere unter Verwendung der im Klageantrag wiedergegebenen Labels – hervorgehoben wird, ohne dass der Verkehr in geeigneter Form einen Hinweis darauf erhält, dass bei dem Test eine Wirksamkeitsüberprüfung nicht stattgefunden hat. Denn aus den unter 1. dargestellten Gründen rechnet auch der verständige Durchschnittsverbraucher bei der bloßen Verwendung der im Klageantrag wiedergegebenen Labels mit der allgemeinen Bewertung „sehr gut“ oder einer anderen von der Beklagten vergebenen Bewertung nicht damit, dass bei Produkten wie den getesteten Shampoos und Deodorants die Wirksamkeit der getesteten Erzeugnisse ungeprüft geblieben ist. Er wird daher ohne zusätzliche Hinweise über den Testcharakter und damit über die Aussagekraft des Testergebnisses für das beworbene Erzeugnis getäuscht.
Verantwortlich für den darin liegenden Wettbewerbsverstoß ist jedoch in erster Linie der mit dem Testergebnis werbende Hersteller oder Vertreiber, dessen Sache es ist, die dargestellte Irreführungsgefahr durch geeignete Maßnahmen auszuräumen. Daneben kommt zwar auch eine wettbewerbsrechtliche Verantwortung der Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Gehilfen- oder Anstifterhaftung (§ 830 Abs. 2 BGB) in Betracht, weil die Beklagte mit dem Abschluss von Gestattungsverträgen über die Verwendung ihrer Labels die – als solche vorhersehbare – wettbewerbswidrige Benutzung dieser Labels fördert. Daraus lässt sich jedoch nicht die mit dem Klageantrag geltend gemachte Verpflichtung der Beklagten ableiten, im Rahmen der Gestattungsverträge festzulegen, dass die Labels nur gemeinsam mit den zur Vermeidung einer Irreführung erforderlichen Hinweisen verwendet werden. Von der Beklagten kann vielmehr nur allgemein verlangt werden, im Zusammenhang mit dem Abschluss derartiger Gestattungsverträge den Verwender des Labels darauf hinzuweisen, dass gegenüber dem Verbraucher im zu verwendenden Label oder im Zusammenhang mit dem Label wörtlich oder sinngemäß das Fehlen einer Wirksamkeitsüberprüfung deutlich gemacht werden muss; dies kann auch in Form eines Hinweises darauf geschehen, dass es sich um einen Test auf gesundheitliche oder ökologische Unbedenklichkeit handelt. Nachdem die Beklagte auf Anregung des Senats in der mündlichen Verhandlung eine strafbewehrte Unterlassungserklärung dieses Inhalts abgegeben hat, ist jedenfalls die Wiederholungsgefahr für ein wettbewerbswidriges Verhalten der Beklagten ausgeräumt.
3. Klageantrag zu B
Da der Klägerin die geltend gemachten Unterlassungsansprüche nicht zustehen, hat der Klageantrag auf Erstattung von Abmahnkosten ebenfalls keinen Erfolg. Dies gilt auch, soweit die Beklagte sich im Zusammenhang mit der Gestattung der Verwendung ihrer Labels insoweit wettbewerbswidrig verhalten hat, als sie ihren Vertragspartnern diejenigen Hinweise hätte geben müssen, zu deren Erteilung sie sich nunmehr mit der abgegebenen Unterlassungserklärung verpflichtet hat. Denn unabhängig davon, ob ohne die Unterlassungserklärung ein entsprechendes Verbot durch den Senat als minus gegenüber dem Klageantrag zu A II. hätte ausgesprochen werden können, war ein Unterlassungsanspruch dieses Inhalts nicht Gegenstand der von der Klägerin ausgesprochenen Abmahnung; dem Abmahnschreiben vom 18.11.2004 und der mit ihm verlangten Unterlassungserklärung konnte die Beklagte insbesondere nicht entnehmen, dass es der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung mit dem vom Senat angeregten, gegenüber der Abmahnung deutlich modifizierten Inhalt bedurfte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 540 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt von der Anwendung der anerkannten Grundsätze zur wettbewerbsrechtlichen Haftung der Presse für redaktionelle Beiträge auf den vorliegenden Einzelfall ab.
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