Betriebskostenumlage im Beitrittsgebiet unter §14 MHGR - Contracting
Gericht
BGH
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
20. 09. 2006
Aktenzeichen
VIII ZR 279/05
Die Umlage von Betriebskosten durch schriftliche Erklärung des Vermieters gemäß § 14 Abs. 1 MHG setzt voraus, dass aus dem Schriftstück für den Mieter klar erkenn-bar ist, welche Art von Betriebskosten der Vermieter im Einzelnen umlegen will.
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Chemnitz - 6. Zivilkammer - vom 14. November 2005 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Beklagten sind seit dem 1. Januar 1993 Mieter einer Wohnung der Klägerin in C. . Die Wohnung war zunächst mit einer Gas-Etagenheizung ausgestattet; die Abrechnung der Heizkosten erfolgte direkt im Verhältnis zwi-schen den Beklagten und den Stadtwerken. Mit Schreiben vom 4. September 1997 kündigte die Klägerin umfassende Sanierungs- und Modernisierungsmaß-nahmen an. Unter anderem sollten eine mit Erdgas betriebene Zentralhei-zungsanlage errichtet und in den einzelnen Wohnungen Plattenheizkörper mit Wärmemengenzählern zur Verbrauchserfassung angebracht werden. In der beigefügten Kostenaufstellung waren die auf die Mieter umlegungsfähigen Kos-ten der Heizungszentrale mit "0,00" angegeben. Mit Schreiben vom 10. Dezember 1997 teilte die Klägerin den Beklagten unter dem Betreff "Erfassung des Wärmeenergieverbrauches und des Warmwassers gemäß Heizkos-tenverordnung" unter anderem folgendes mit:
"Die bei Ihnen eingebaute Heizungsanlage wurde mit individuellen Erfassungsgeräten - Wärmemengenzähler sowie Warm- und Kaltwasserzähler - ausgerüstet. Als Wärmedienstunternehmen wurde W. GmbH & Co. KG gebunden.
Mit der Ausrüstung ist es möglich, ab dem 01.01.1998 die verbrauchsabhängige Abrechnung der Heizkosten nach Heizkos-tenverordnung (BGBl. vom 20.01.1989) in dem gleichen Abrech-nungsrhythmus wie die Betriebskostenabrechnung durchzuführen.
...
Unter Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen (§§ 4, 14 MHG), der mietvertraglichen Vereinbarung und zur Vermeidung von er-heblichen Nachzahlungen wird ab 01.01.1998 für Heizung und Warmwasser eine
"Vorauszahlung in Höhe von 2,00 DM/qm Wohnfläche fällig."
Mit Schreiben vom gleichen Tag, welches mit "Erklärung der Umlage von Betriebskosten gemäß § 14 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung der Miethöhe (MHG)" überschrieben ist, erklärte die Klägerin gegenüber den Beklagten, sie möchte
"gemäß § 14 Abs. 1 MHG die Möglichkeit nutzen, Ihnen als Mieter bzw. Nutzer und Pächter gegenüber nochmals eine einheitliche und zusammengefasste Erklärung bezüglich der Betriebskosten-umlage abzugeben. Besonders deshalb, weil es im Zusammen-hang mit der Abrechnung der Betriebskosten des Jahres 1996 verstärkt zu Rückfragen zur Formulierung der Positionen, welche als Betriebskosten gegenüber dem Mieter geltend gemacht wer-den können, kam. Somit werden neben der Miete die nachstehen-den Betriebskosten gemäß des § 27 Anlage 3 der Zweiten Be-rechnungsVO umgelegt. Hierfür werden Vorauszahlungen erho-ben, soweit diese tatsächlich anfallen."
In Ziff. 4 der sich daran anschließenden Auflistung werden die "Kosten des Betriebs zentraler Heizungsanlagen einschließlich der Reinigung und War-tung der Heizungsanlagen bzw. Reinigung und Wartung von Etagenheizungen", in Ziff. 5 die entsprechenden Kosten des Betriebs zentraler Warmwasseranla-gen genannt.
Die Klägerin übertrug den Betrieb der Zentralheizungsanlage im Rahmen der Modernisierung auf einen Wärmecontractor. Seit dem Abrechnungszeitraum 1998 rechnete sie die gesamten Kosten der Wärmelieferung gegenüber den Beklagten ab. Die Beklagten leisteten die jeweils von der Klägerin geforder-ten Vorauszahlungen, die Zahlung der sich aus den Abrechnungen für die Kos-ten der Wärmelieferung ergebenden Nachforderungen verweigerten sie.
Mit der Klage begehrt die Klägerin Zahlung der sich aus den Abrechnun-gen für die Jahre 1998 bis 2002 ergebenden Nachforderungen für die Wärme-lieferung in Höhe von insgesamt 1.138,08 €. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landgericht die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin zu-rückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer vom Berufungsge-richt zugelassenen Revision.
Entscheidungsgründe:
Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Nachzahlung der begehrten Kos-ten für die Wärmelieferung. Denn die im Zusammenhang mit der Auswechslung der Heizung vorgenommenen Modernisierungsarbeiten seien nicht ordnungsgemäß im Sinne von § 541 b Abs. 2 BGB a.F. angekündigt worden. Zwar habe ein Vermieter nach § 14 Abs. 1 Satz 2 MHG unter den dort genannten Voraus-setzungen Betriebskosten durch schriftliche Erklärung auf den Mieter umlegen können. Dadurch werde ein Vermieter jedoch nicht davon befreit, den Mieter von der Modernisierung im Sinne von § 541 b Abs. 2 BGB a.F. zu informieren. Zu einer wirksamen Begründung des Modernisierungsverlangens gehöre auch die Darlegung der voraussichtlichen Belastung des Mieters mit Betriebskosten. Der Mieter könne sein Wahlrecht zwischen Duldung der Modernisierungsmaß-nahme und Ausübung des Sonderkündigungsrechts wegen der Mietpreissteige-rung aufgrund der Modernisierung nur dann effektiv nutzen, wenn der Vermieter ihn umfassend und wahrheitsgemäß über die im Zusammenhang mit der Mo-dernisierung anfallenden Kosten informiere. Zwar werde gerade bei den verbrauchsabhängigen Betriebskosten eine genaue Vorhersage hinsichtlich der zu erwartenden Kostensteigerung kaum möglich sein. Anstelle dieser Angaben trete jedoch dann die Pflicht des Vermieters zur eindeutigen Information des Mieters darüber, dass die Wärmeversorgung auf ein Drittunternehmen übertra-gen und dass damit die Umlage von weiteren Kosten der Wärmelieferung auf den Mieter verbunden sein werde. Dies ergebe sich für die Beklagten jedoch weder aus der Modernisierungsankündigung noch aus den Schreiben vom 10. Dezember 1997.
II.
Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält der rechtlichen Nachprü-fung im Ergebnis stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist.
Zu Recht hat das Berufungsgericht der Klägerin die für die Jahre 1998 bis 2002 noch geltend gemachten Heizkosten in Höhe von insgesamt 1.138,08 € versagt. Die Klägerin ist nicht berechtigt, von den Beklagten Erstat-tung der abgerechneten Wärmelieferungskosten zu verlangen.
1. Grundsätzlich kann ein Vermieter nur dann Ersatz der Wärmeliefe-rungskosten im Sinne des § 7 Abs. 4 HeizKV verlangen, die auch kalkulatori-sche Kosten für Instandhaltungen, Abschreibungen, Kapital und Gewinn des Wärmelieferanten enthalten, wenn der Mieter dem Wärmecontracting zustimmt oder eine ausdrückliche Regelung im Mietvertrag die Umlegung dieser Kosten vorsieht (Senat, Urteil vom 6. April 2005 - VIII ZR 54/04, NJW 2005, 1776). Hieran fehlt es vorliegend.
2. Weitergehend konnte ein Vermieter nach § 14 Abs. 1 Satz 1 MHG in den neuen Bundesländern bei Mietverträgen, die - wie hier - vor dem 11. Juni 1995 abgeschlossen worden waren, Betriebskosten im Sinne des § 27 der Zweiten Berechnungsverordnung durch schriftliche Erklärung bis zum 31. Dezember 1997 auf den Mieter umlegen. Eine solche Erklärung hatte nach § 14 Abs. 1 Satz 2 MHG die Folge, dass die in dieser Weise umgelegten Be-triebskosten künftig als vereinbart galten. Diese Vorschrift ist, obwohl sie inzwi-schen aufgehoben worden ist, nach Art. 229 § 3 Abs. 1 Nr. 4 EGBGB im Streit-fall noch anzuwenden. Zu den in § 14 Abs. 1 Satz 1 MHG genannten Betriebskosten gehört nach Nrn. 4 c und 5 b der Anlage 3 zu § 27 Abs. 2 der Zweiten BerechnungsVO auch das Entgelt für die eigenständige gewerbliche Lieferung von Wärme und Warmwasser (Senat, Urteil vom 16. Juli 2003 - VIII ZR 286/02, NJW 2003, 2900 unter III 2).
a) Es fehlt indessen an einer schriftlichen Erklärung der Klägerin, aus der sich mit hinreichender Deutlichkeit eine Umlegung der Wärmelieferungskosten auf die Beklagte ergibt.
aa) Zwar ist bei einer einseitigen Umlegung von Betriebskosten im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 MHG nicht erforderlich, dass in dem Schriftstück der Grund für die Umlage nach § 4 Abs. 2 Satz 2 MHG bezeichnet und erläutert wird (Senat, aaO unter III 1 a). Aus der Erklärung muss jedoch nach allgemei-nen Grundsätzen für den Mieter klar erkennbar sein, welche Art von Betriebs-kosten der Vermieter umlegen will. Der Vermieter kann nur dann Betriebskosten durch einseitige Erklärung auf den Mieter überwälzen, wenn in der schriftlichen Erklärung - ebenso wie in einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung - die Betriebskostenarten inhaltlich bestimmt und eindeutig angegeben werden. Dies ergibt sich bereits aus der Entstehungsgeschichte des § 14 MHG, der durch das Mietenüberleitungsgesetz vom 6. Juni 1995 (BGBl. I, 748) eingeführt wurde und die bis dahin in den neuen Ländern geltende Betriebskosten-Umlageverordnung vom 17. Juni 1991 (BGBl. I, 1270) ablöste. Die in § 1 Be-triebskosten-Umlageverordnung vorgesehene und in § 14 MHG übernommene Möglichkeit, Betriebskosten einseitig auf den Vermieter umzulegen, sollte in den neuen Ländern den Umstand ausgleichen, dass das Mietrecht der ehemaligen DDR keine Möglichkeit vorsah, die anfallenden Betriebskosten in tatsächlicher Höhe auf den Mieter umzulegen (Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Überleitung preisgebundenen Wohnraums im Beitrittsgebiet in das allgemeine Miethöherecht, BT-Drucks. 13/783 S. 14). Die gesetzlichen Vorschriften zur
Überleitung preisgebundenen Wohnraums verfolgten das Ziel, die bisher auf sehr niedrigem Niveau preisgebundenen Mieten im Bestand des Beitrittsgebie-tes allmählich an marktorientierte Mieten heranzuführen und das Vergleichsmie-tensystem einzuführen.
Hierzu gehörte auch die dem Vermieter an die Hand gegebene Möglichkeit, durch einseitige Erklärung die Umlage der Betriebskos-ten und Abrechnung nach dem tatsächlich entstehenden Aufwand herbeizufüh-ren. Die einseitige Umlegung von Betriebskosten sollte damit eine entspre-chende vertragliche Vereinbarung, die in älteren Mietverträgen in den neuen Bundesländern fehlte, ersetzen. Dies folgt auch aus § 14 Abs. 1 Satz 2 MHG, wonach bis zum 31. Dezember 1997 nach Satz 1 dieser Vorschrift umgelegte Betriebskosten als vertraglich vereinbart gelten.
bb) Aus den beiden Schreiben der Klägerin vom 10. Dezember 1997 geht nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit hervor, dass Kosten der eigen-ständigen gewerblichen Lieferung von Wärme und Warmwasser umgelegt wer-den sollten.
Allerdings hat das Berufungsgericht, ohne dazu abschließende Feststel-lungen zu treffen, offenbar angenommen, die von der Klägerin abgegebenen Erklärungen erfüllten die Voraussetzungen einer einseitigen Umlegung der Kos-ten der Wärme- und Warmwasserlieferung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 MHG, und die Klageabweisung damit begründet, dass es an einer hinreichenden Moderni-sierungsankündigung im Sinne von § 541 b Abs. 2 BGB a.F. fehle. Das trifft jedoch nicht zu. Wie die Revisionserwiderung im Wege einer Gegenrüge mit Recht geltend macht, hat das Berufungsgericht in anderem Zusammenhang rechtsfehlerfrei und von der Revision unangegriffen festgestellt, nach dem Ge-samtbild der ihnen zugegangenen Erklärungen habe sich für die Beklagten auf-drängen müssen, dass die Wärmeversorgung durch die Klägerin selbst - und nicht durch einen gewerblichen Dienstleister - sichergestellt werde. Im Ergebnis ist dies zutreffend.
Zwar könnten sich daraus, dass in dem ersten Schreiben der Klägerin vom 10. Dezember 1997 von einem "Wärmedienstunternehmen" die Rede ist und in der Anlage zur Modernisierungsankündigung vom 4. September 1997 für die Errichtung einer Heizzentrale die auf die Mieter umzulegenden Kosten mit "0,00" angegeben sind, Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Klägerin beab-sichtigte, Wärme und Warmwasser von einem gewerblichen Anbieter zu bezie-hen. Die Erklärung bringt jedoch schon nicht hinreichend deutlich zum Aus-druck, dass das "Wärmedienstunternehmen" mit der Lieferung von Wärme und Warmwasser und nicht etwa nur mit der in dem Schreiben angesprochenen Verbrauchserfassung beauftragt worden sei.
An einer eindeutigen Erklärung, die Kosten des Fremdbezugs von Wär-me und Warmwasser auf die Mieter umlegen zu wollen, fehlt es zudem jeden-falls deshalb, weil die Klägerin in ihrem weiteren Schreiben vom 10. Dezember 1997, das ausweislich seiner Überschrift und des Einleitungssatzes als Erklä-rung der Umlage von Betriebskosten gemäß § 14 Abs. 1 MHG gelten sollte, gerade nicht die Kosten des Fremdbezugs von Wärme und Warmwasser im Sinne von Nrn. 4 c und 5 b der Anlage 3 zu § 27 Abs. 2 der Zweiten Berech-nungsVO, sondern stattdessen in Ziffer 4 und 5 - unter Wiedergabe des Wort-lauts der Nrn. 4 a und 5 a der vorbezeichneten Anlage - die "Kosten des Be-triebs zentraler Heizungsanlagen" sowie die "Kosten des Betriebs zentraler Warmwasseranlagen" als umzulegende Betriebskosten bezeichnet hat.
b) Angesichts der Erwägungen unter a) kann dahinstehen, ob eine schriftliche Erklärung des Vermieters überhaupt den Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Satz 1 MHG genügt und die Rechtsfolge des § 14 Abs. 1 Satz 2 MHG auslöst, wenn - wie hier - die Umlegung der Kosten auf den Mieter zwar vor dem Stichtag (31. Dezember 1997) erklärt wird, die Kosten selbst jedoch erst nach dem maßgeblichen Zeitpunkt entstehen und hierfür Vorauszahlungen ver-langt werden.
c) Die vom Berufungsgericht als grundsätzlich erachtete Frage, ob ein Vermieter, der künftig entstehende Wärmelieferungskosten (Wärmecontracting) durch einseitige Erklärung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 MHG auf den Mieter umle-gen will, zusätzlich die voraussichtliche Höhe dieser Kosten und die generelle Umstellung auf das Wärmecontracting in einer Modernisierungsankündigung, die unter anderem die Modernisierung der Heizanlage betrifft , nach § 541 b Abs. 2 BGB a.F. (jetzt: § 554 Abs. 3 BGB) mitteilen muss, ist für die Entschei-dung des Rechtsstreits ebenfalls ohne Bedeutung.
Ball
Dr. Frellesen
Dr. Milger
Dr. Koch
Dr. Hessel
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