"Im Moment leben 41 % der Deutschen vom Staat (Stütze, Rente)"

Gericht

Dt. Presserat


Art der Entscheidung

Entscheidung


Datum

Invalid date


Aktenzeichen

BK2-225/06


Tatbestand


A. Zusammenfassung des Sachverhalts

Die ... veröffentlicht unter der Überschrift "In oder Out - Politik" die Aussage: "Im Moment leben 41 % der Deutschen vom Staat (Stütze, Rente). Nur 59 % verdienen noch was als Arbeitnehmer. Bei 50:50 können wir einpacken."

Der Beschwerdeführer sieht eine falsche Aussage und dadurch eine Diskriminierung von Rentnern. Rentner würden nicht vom Staat leben, sondern von ihren früher geleisteten Zahlungen. Sie bekämen heute lediglich das zurück, was sie früher in die Rentenversicherung eingezahlt hätten.

Der stellvertretende Chefredakteur der ... betont in seiner Stellungnahme, dass die Angaben über die Relation zwischen Einkommensbeziehern und Empfängern von Transferleistungen in der Notiz zutreffend dargestellt seien. In dem Klammerzusatz werde sogar eigens darauf hingewiesen, dass in der Zahl von 41 % sowohl Empfänger von Sozialleistungen (Stütze) als auch Rentner erfasst seien. Die Leser der ... wüssten selbstverständlich, dass ein Rentner während seines Erwerbslebens selbst Leistungen erbracht haben müsse. Mit der - naturgemäß zugespitzten - Kommentierung in der "In-Out"-Liste solle aber darauf hingewiesen werden, dass eine weitere Verschiebung des Verhältnisses zu Lasten der Einkommensbezieher die Gesellschaft vor große Probleme stelle.

Die Verärgerung des Beschwerdeführers dürfte wohl daher rühren, dass aus seiner Sicht "gute" und "schlechte" Empfänger von Transferleistungen in einen Topf geworfen würden. Dies geschehe allerdings nicht in diffamierender Absicht, sondern sei erforderlich, um die Dimension des Demografieproblems zu verdeutlichen. Dieses ereile die Gesellschaft unabhängig davon, ob ein Empfänger von Transferleistungen selbst in ein Sozialversicherungssystem eingezahlt habe, denn dieses Geld sei längst ausgegeben. Diese Thematik lasse sich nur darstellen, wenn für die Zwecke dieser Betrachtung einmal alle Empfänger von Sozialleistungen, Renten und sonstigen Transferleistungen zusammengerechnet würden.

Entscheidungsgründe


B. Erwägungen

Die Vorsitzende des Beschwerdeausschusses ist der Ansicht, dass eine Verletzung der in Ziffer 2* Pressekodex definierten journalistischen Sorgfaltspflicht nicht vorliegt. Mit der Formulierung , "41 Prozent der Deutschen leben vom Staat" wird ausgesagt, dass dieser Prozentsatz der Deutschen von staatlichen Transferleistungen lebt. Zu diesen Transferleistungen gehört auch die Rente. Dabei ist klar, dass Rentner selbstverständlich während ihres Erwerbslebens Leistungen erbracht haben. Unabhängig davon ist es jedoch unbestritten, dass jeder heutige Rentner sein Geld aus dem Bundeshaushalt erhält. Eine falsche Tatsachenbehauptung im Sinne der Ziffer 2 des Pressekodex liegt daher nicht vor.


C. Ergebnis

Die Vorsitzende des Beschwerdeausschusses 2 beurteilt die Beschwerde als unbegründet (§ 7 (2) BO). Publizistische Grundsätze werden nicht verletzt.


(Ursula Ernst-Flaskamp)
Vorsitzende des
Beschwerdeausschusses 2

(Wy)


* Ziffer 2:
Zur Veröffentlichung bestimmte Nachrichten und Informationen in Wort und Bild sind mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen. Ihr Sinn darf durch Bearbeitung, Überschrift oder Bildbeschriftung weder entstellt noch verfälscht werden. Dokumente müssen sinngetreu wiedergegeben werden. Unbestätigte Meldungen, Gerüchte und Vermutungen sind als solche erkennbar zu machen.

Rechtsgebiete

Presserecht