Unwirksamkeit "starrer" Qutenklausel in Miet-AGB

Gericht

BGH


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

18. 10. 2006


Aktenzeichen

VIII ZR 52/06


Leitsatz des Gerichts

BGB §§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 Bb, 535 Abs. 1 Satz 2

Eine Formularklausel in einem Mietvertrag, die den Mieter bei Beendigung des Miet-verhältnisses zur Zahlung eines allein vom Zeitablauf abhängigen Anteils an den Kosten für noch nicht fällige Schönheitsreparaturen nach feststehenden Prozentsät-zen auch dann verpflichtet, wenn ein diesem Kostenanteil entsprechender Renovie-rungsbedarf aufgrund des tatsächlichen Erscheinungsbilds der Wohnung noch nicht gegeben ist (Abgeltungsklausel mit "starrer" Abgeltungsquote), ist gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, weil sie den Mieter entgegen den Gebo-ten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Mannheim vom 8. Februar 2006 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand


Tatbestand:

Der Kläger mietete mit Vertrag vom 13. November 2001 von der "Bau-gemeinschaft S. [der Beklagten] und R. " eine bei seinem Einzug renovierte Wohnung in M. . Das Mietverhältnis begann am 15. November 2001 und endete am 19. November 2003.

§ 10 des Formularmietvertrags enthält folgende Klauseln:

"1. Die Miete ist so kalkuliert, dass in ihr die Kosten für die nach-folgend geregelten Instandsetzungen und Instandhaltungen nicht enthalten sind.

2. Die während der gesamten Vertragsdauer nach Maßgabe des unter Ziff. 3 vereinbarten Fristenplanes fällig werdenden Schönheitsreparaturen trägt der Mieter auf eigene Kosten. …

3. Der Mieter verpflichtet sich, die Schönheitsreparaturen im All-gemeinen innerhalb folgender Fristen auszuführen:

a) Küche, Wohnküche, Kochküche,

Bad, Dusche, WC alle 3 Jahre

b) Wohnzimmer, Schlafzimmer, Dielen, Korridore und alle sonstigen Räume alle 5 Jahre

c) Nebenräume (z.B. Speisekammer, Besenkammer) und alle Ölfarbanstriche alle 7 Jahre.

4. …

5. Hat der Mieter trotz Fristsetzung und Ablehnungsandrohung die Räume zu Ziff. 3 a mindestens drei Jahre, die Räume zu Ziff. 3 b mindestens fünf Jahre, die Räume oder Einrichtungen zu Ziff. 3 c mindestens sieben Jahre benutzt, ohne diese Räu-me in der genannten Zeit renoviert zu haben, so hat er spätestens bei Beendigung des Mietverhältnisses die Reno-vierung fachmännisch nachzuholen. …

6. Zieht der Mieter vor Ablauf der für die Schönheitsreparaturen vorgesehenen Fristen aus, so muss er seiner Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen durch Zahlung des unten ausgewiesenen Prozentsatzes der Kosten der Schönheitsreparaturen nachkommen.


Räume gemäß Ziff. 3a Ziff. 3b Ziff. 3c
nach einer Nutzungsdauer von mehr als
6 Monaten 17 % 10 % 7,14 %
12 Monaten 33 % 20 % 14,28 %
24 Monaten 66 % 40 % 28,50 %
36 Monaten 60 % 42,85 %
48 Monaten 80 % 57,00 %
60 Monaten 71,40 %


Die Nutzungsdauer beginnt mit dem Anfang des Mietverhält-nisses, bzw. mit dem Zeitpunkt der letzten Renovierung durch den Mieter. …

Der Mieter wird von der Verpflichtung zur Zahlung eines Pro-zentsatzes der Kosten der Schönheitsreparaturen frei, wenn er, was ihm unbenommen ist, dieser anteiligen Zahlungsver-pflichtung dadurch zuvorkommt, dass er vor dem Ende des Mietverhältnisses Schönheitsreparaturen selbst durchführt. ..."

In einem Abrechnungsschreiben vom 31. Januar 2004 verrechnete die Vermieterin das Kautionsguthaben des Klägers von 475,05 € mit Gegenforde-rungen wegen zeitanteiliger Renovierungskosten für Anstricharbeiten im Wohn-zimmer und Flur (270,02 €) und in der Küche und im Badezimmer (205,81 €) sowie einem weiteren Anspruch in Höhe von 15,34 €. Der Kläger zahlte den geltend gemachten Nachforderungsbetrag von 13,17 €.

Mit seiner Klage hat der Kläger von der Beklagten die Auszahlung seines Kautionsguthabens von 475,05 € und die Rückzahlung des von ihm geleisteten Nachforderungsbetrags von 13,17 € verlangt; insgesamt hat er Zahlung von 498,17 € begehrt. Das Amtsgericht hat der Klage in Höhe von 472,88 € stattge-geben und sie im Übrigen abgewiesen. Das Landgericht hat die vom Amtsgericht zugelassene Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer vom Beru-fungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Ab-weisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe


Entscheidungsgründe:

Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung unter anderem in WuM 2006, 190 veröffentlicht ist, hat zur Begründung ausgeführt:

Der Anspruch des Klägers gegen die Beklagte ergebe sich aus der miet-vertraglichen Kautionsabrede. Der Kläger habe die Kautionsabrechnung der Beklagten nicht durch Zahlung des Nachforderungsbetrags von 13,17 € aner-kannt. Zwar könne in der Bezahlung einer Rechnung ohne Einwendungen ein (bestätigendes) Schuldanerkenntnis der beglichenen Forderung zu sehen sein. Erforderlich sei allerdings, dass weitere Umstände hinzuträten, aus denen sich ergebe, dass sich die Parteien über den Bestand und die Rechtmäßigkeit der Forderung einig seien. Dies sei hier nicht der Fall. Der Kläger habe davon aus-gehen dürfen, dass er aufgrund der Regelung in § 10 Ziff. 6 des Mietvertrags anteilige Renovierungskosten schulde. Nach der Rechtsprechung des Bundes-gerichtshofs bestünden zwar Zweifel an der Wirksamkeit der Klausel. Diese Rechtsprechung sei jedoch erst nach der Zahlung des Saldos aus der Kauti-onsabrechnung bekannt geworden.

Die in § 10 Ziff. 6 des Formularmietvertrags enthaltene Abgeltungsklau-sel sei wegen einer unangemessenen Benachteiligung des Mieters nach § 307 BGB unwirksam. Da nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs formu-larvertragliche "starre" Fristenpläne zur Ausführung von Schönheitsreparaturen unwirksam seien (Senat, Urteil vom 23. Juni 2004 - VIII ZR 361/03, NJW 2004, 2586), müsse dasselbe für Abgeltungsklauseln mit "starrer" Berechnungsgrund-lage gelten. Dem Mieter müsse auch bei einer Inanspruchnahme aus der Ab-geltungsklausel der Einwand offen stehen, dass infolge einer besonders scho-nenden Behandlung der Mietsache längere als die vereinbarten Fristen maß-geblich sind. Dabei erfordere das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB), dass sich die Möglichkeit dieses Einwandes aus dem Wortlaut der Klausel er-gebe. Diesen Anforderungen genüge die streitgegenständliche Klausel nicht. Die in § 10 Ziff. 6 des Mietvertrags festgelegten Fristen und Prozentsätze gälten nicht nur im Allgemeinen, sondern ausnahmslos.

II.

Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten der rechtlichen Nachprü-fung stand, so dass die Revision der Beklagten zurückzuweisen ist.

Der Kläger hat gegen die Beklagte als Gesellschafterin der Vermieterin, einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, einen Anspruch auf Auszahlung seines sich aus der Abrechnung der Vermieterin vom 31. Januar 2004 ergebenden restlichen Kautionsguthabens - soweit die Klage hinsichtlich dieses Anspruchs und des Anspruchs des Klägers auf Rückzahlung des von ihm auf die Kauti-onsabrechnung geleisteten Nachforderungsbetrags nicht bereits im ersten Rechtszug abgewiesen worden ist - in Höhe von 472,88 €. Der Anspruch des Klägers auf Auszahlung seines verbleibenden Kautionsguthabens ist nicht durch die Aufrechnung der Vermieterin mit Gegenforderungen auf Zahlung zeit-anteiliger Renovierungskosten von insgesamt 475,83 € erloschen (§§ 387 ff. BGB). Die Aufrechnung ist unwirksam, weil der Vermieterin kein Anspruch ge-gen den Kläger auf Zahlung der geltend gemachten Renovierungskosten für Anstricharbeiten in der Wohnung zusteht.

1. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass Einwendun-gen des Klägers hinsichtlich der von der Vermieterin geltend gemachten Ge-genansprüche nicht aufgrund eines bestätigenden Schuldanerkenntnisses aus-geschlossen sind. Es kann dahinstehen, ob, wie die Revision meint, in der Kau-tionsabrechnung der Vermieterin ein Angebot auf Abschluss eines Schuldaner-kenntnisvertrags zu sehen ist, das der Kläger dadurch angenommen habe, dass er die Abrechnung widerspruchslos hingenommen und den Nachforde-rungsbetrag von 13,17 € ohne Vorbehalt gezahlt hat. Denn ein solches - unterstelltes - Anerkenntnis würde lediglich die Einwendungen des Schuldners ausschließen, die er bei der Abgabe der Erklärung kannte oder mit denen er rechnen musste (Senatsurteil vom 23. März 1983 - VIII ZR 335/81, NJW 1983, 1903 = WM 1983, 685, unter II 2 a; Urteil vom 18. Januar 2006 - VIII ZR 94/05, NJW 2006, 903, unter II 1 c, jew. m.w.Nachw.). Danach ist der vom Kläger er-hobene Einwand der Unwirksamkeit der in § 10 Ziff. 6 des Mietvertrags enthal-tenen Formularklausel nicht ausgeschlossen. Wie das Berufungsgericht unan-gegriffen festgestellt hat, ist der Kläger bei der Zahlung des Nachforderungsbe-trags davon ausgegangen, dass er der Vermieterin aufgrund der vorgenannten Vertragsbestimmung zeitanteilige Renovierungskosten schulde. Entgegen der Auffassung der Revision befand sich der Kläger auch nicht in einem schuldhaf-ten und deshalb unbeachtlichen Rechtsirrtum über die Wirksamkeit der Klausel. Nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Kläger den sich aus der Kautionsabrechnung ergebenden Betrag gezahlt, bevor der Bundesgerichtshof einen "starren" Fristenplan für die Ausführung von Schön-heitsreparaturen in Formularmietverträgen für unwirksam erklärt hat (Senatsur-teil vom 23. Juni 2004 - VIII ZR 361/03, NJW 2004, 2586) und diese Entschei-dung allgemeine Bekanntheit erlangt hat. 2. Die von der Vermieterin gegenüber dem Kautionsguthaben des Klägers aufgerechnete Gegenforderung auf Zahlung zeitanteiliger Renovierungs-kosten besteht nicht. Ein Anspruch der Vermieterin auf Schadensersatz statt der Leistung wegen nicht durchgeführter Schönheitsreparaturen gemäß §§ 280 Abs. 1 und 3, 281 Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit § 10 Ziff. 3 des Mietver-trags kommt - wovon auch die Revision ausgeht - von vornherein nicht in Be-tracht, weil die Verpflichtung des Mieters zur Ausführung von Schönheitsrepara-turen bei Beendigung des Mietverhältnisses im November 2003 nach dem in § 10 Ziff. 3 enthaltenen Fristenplan noch nicht fällig war und die Beklagte auch einen vorzeitigen Renovierungsbedarf nicht geltend gemacht hat. Das Zah-lungsverlangen der Vermieterin kann seine Grundlage daher nur in der in § 10 Ziff. 6 des Formularmietvertrags enthaltenen sogenannten Abgeltungsklausel haben. Diese Formularklausel ist jedoch nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.

a) Zutreffend und von der Revision unbeanstandet hat das Berufungsge-richt die in § 10 Ziff. 6 des Mietvertrags enthaltene Formularklausel als Abgel-tungsregelung mit "starrer" Berechnungsgrundlage angesehen.

Der Senat kann die Auslegung der Formularklausel durch das Beru-fungsgericht uneingeschränkt überprüfen (vgl. BGHZ 98, 256, 258; 134, 42, 45), weil Abgeltungsklauseln in dieser oder inhaltlich vergleichbarer Fassung auch über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus verwendet werden.

Gemäß § 10 Ziff. 6 des Mietvertrags muss der Mieter, wenn er vor Ablauf der für die Schönheitsreparaturen vorgesehenen Fristen auszieht, seiner Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen durch Zahlung des nachstehend ausgewiesenen Prozentsatzes der Kosten der Schönheitsrepara-turen nachkommen. Die anschließend angegebenen Prozentsätze, die nach der Nutzungsart der Räume gestaffelt sind, erhöhen sich in Abhängigkeit von der mietvertraglichen Nutzungsdauer. Aus der Sicht eines verständigen Mieters hat diese Regelung die Bedeutung, dass der Mieter bei Beendigung des Mietver-hältnisses zur Zahlung eines allein vom Zeitablauf abhängigen Anteils an den Kosten für noch nicht fällige Schönheitsreparaturen nach feststehenden Pro-zentsätzen auch dann verpflichtet ist, wenn ein entsprechender Renovierungs-bedarf aufgrund des tatsächlichen Erscheinungsbilds der Wohnung noch nicht gegeben ist.

b) Entgegen der Auffassung der Revision ist eine solche "starre" Abgel-tungsregelung gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, weil sie den Mieter entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt.

aa) Die Klausel in § 10 Ziff. 6 des Mietvertrags ist allerdings nicht bereits deshalb unwirksam, weil die ihr zugrunde liegende, in § 10 Ziff. 3 des Formular-vertrags geregelte Schönheitsreparaturverpflichtung des Mieters einen "starren" Fristenplan enthielte und diese Klausel daher gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam wäre (vgl. Senat, Urteil vom 5. April 2006 - VIII ZR 178/05, NJW 2006, 1728, unter II 2 b). Denn § 10 Ziff. 3 des Mietvertrags, wo-nach sich der Mieter verpflichtet, die Schönheitsreparaturen "im Allgemeinen" innerhalb der nach der Nutzungsart der Räume gestaffelten Fristen von drei, fünf beziehungsweise sieben Jahren auszuführen, enthält einen - zulässigen - flexiblen Fristenplan, der die Berücksichtigung des tatsächlichen Zustands der Wohnung ermöglicht (vgl. Senat, Urteil vom 28. April 2004 - VIII ZR 230/03, NJW 2004, 2087, unter III d; Urteil vom 13. Juli 2005 - VIII ZR 351/04, NJW 2005, 3416, unter II 2).

Der Wirksamkeit des § 10 Ziff. 3 steht nicht entgegen, dass die weitere, in § 10 Ziff. 5 Satz 1 des Mietvertrags enthaltene Renovierungsklausel, die eine von feststehenden Fristen abhängige Renovierungspflicht des Mieters bei Be-endigung des Mietverhältnisses vorsieht, gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam ist (Senat, Urteil vom 28. Juni 2006 - VIII ZR 124/05, NJW 2006, 2915, unter C I 1 a). Denn § 10 Ziff. 5 Satz 1 des Mietvertrags ent-hält eine eigenständige Regelung, deren Unzulässigkeit nicht die Unwirksam-keit der Verpflichtung des Mieters zur Ausführung fälliger Schönheitsreparatu-ren während des laufenden Mietverhältnisses - spätestens bei dessen Beendi-gung - gemäß § 10 Ziff. 3 des Mietvertrags zur Folge hat (vgl. Senat, aaO).

bb) Die Abgeltungsklausel (§ 10 Ziff. 6 des Mietvertrags) ist jedoch ge-mäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB für sich genommen unwirksam.

(1) Nach der Rechtsprechung des Senats ist eine Klausel, wonach der Mieter bei Ende des Mietverhältnisses je nach dem Zeitpunkt der letzten Schönheitsreparaturen während der Mietzeit einen prozentualen Anteil an Re-novierungskosten aufgrund des Kostenvoranschlags eines vom Vermieter aus-zuwählenden Malerfachgeschäfts zu zahlen hat, jedenfalls dann wirksam, wenn sie den Kostenvoranschlag nicht ausdrücklich für verbindlich erklärt, die für die Abgeltung maßgeblichen Fristen und Prozentsätze am Verhältnis zu den übli-chen Renovierungsfristen ausrichtet und dem Mieter nicht untersagt, seiner an-teiligen Zahlungsverpflichtung dadurch zuvorzukommen, dass er vor dem Ende des Mietverhältnisses Schönheitsreparaturen in kostensparender Eigenarbeit ausführt, und wenn - im Falle einer unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassenen Wohnung - die für die Durchführung wie für die anteilige Abgel-tung der Schönheitsreparaturen maßgeblichen Fristen nicht vor dem Anfang des Mietverhältnisses zu laufen beginnen (BGHZ 105, 71; Urteil vom 6. Oktober 2004 - VIII ZR 215/03, WuM 2004, 663, unter II 1). Zu der Frage, ob dies auch dann gilt, wenn die Abgeltungsquote sich - wie im vorliegenden Fall - nach einer "starren" Fristenregelung richtet, hat der Senat bislang nicht ausdrücklich Stel-lung genommen. Er hat allerdings in dem Urteil vom 6. Oktober 2004 (aaO; vgl. auch Senat, Urteil vom 5. April 2006 - VIII ZR 178/05, NJW 2006, 1728, unter II 2 b), auf das die Revision sich beruft, eine inhaltlich vergleichbare Klausel als wirksam bezeichnet. Daran wird aus den nachstehend dargelegten Gründen nicht festgehalten.

(2) Eine Formularklausel, die den Mieter zur zeitanteiligen Abgeltung von Renovierungskosten nach einer "starren" Berechnungsgrundlage verpflichtet, die an einem Fristenplan von drei, fünf beziehungsweise sieben Jahren ausge-richtet ist, ist, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam (vgl. auch LG Hamburg, NJW 2005, 2462 mit Anm. von Flatow, jurisPR-MietR 20/2005 Anm. 3; AG Hamburg, WuM 2006, 144; AG Oranienburg, GE 2006, 655; Heinrichs, WuM 2005, 155, 162; Klimke/Lehmann-Richter, ZMR 2005, 417, 418; Langenberg, Schönheitsrepara-turen, Instandsetzung und Rückbau bei Wohn- und Gewerberaum, 2. Aufl., 1 B Rdnr. 89, E Rdnr. 6 f.; Riecke in Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, § 538 Rdnr. 18; Steenbuck, WuM 2005, 220, 222; Wiek, WuM 2005, 10, 11; a.A. Kin-ne, ZMR 2005, 921, 925; Eupen/Schmidt NZM 2006, 644). Die Gründe, die für die Beurteilung einer formularvertraglichen "starren" Fälligkeitsregelung zur Ausführung der Schönheitsreparaturen als unwirksam maßgebend sind, führen auch zur Unwirksamkeit einer entsprechenden zeitanteiligen Abgeltungsregelung.

Bei einer Abgeltungsklausel handelt es sich um eine - zeitlich vorverla-gerte - Ergänzung der vertraglichen Verpflichtung des Mieters zur Durchführung von Schönheitsreparaturen nach dem Fristenplan (Senat, BGHZ 105, 71, 77). Ihr Zweck besteht darin, dem Vermieter, der von dem ausziehenden Mieter mangels Fälligkeit der Schönheitsreparaturen nach dem Fristenplan keine End-renovierung verlangen kann, wenigstens einen prozentualen Anteil an Renovie-rungskosten für den Abnutzungszeitraum seit den letzten Schönheitsreparatu-ren während der Mietzeit zu sichern (BGHZ aaO, S. 77, 84; Senat, Urteil vom 26. Mai 2004 - VIII ZR 77/03, NJW 2004, 3042, unter II 2 a bb).

Eine solche Klausel benachteiligt den Mieter grundsätzlich nicht unan-gemessen, weil die Abwälzung der turnusmäßigen Schönheitsreparaturen - deren Kosten der Mieter zu tragen hätte, wenn das Mietverhältnis bis zum Ein-tritt der Fälligkeit der Schönheitsreparaturverpflichtung fortbestanden hätte - rechtlich und wirtschaftlich einen Teil der Gegenleistung des Mieters für die Gebrauchsüberlassung der Räume darstellt (vgl. § 10 Ziff. 1 des Mietvertrags), die er anderenfalls - bei einer den Vermieter treffenden Verpflichtung zur Durchführung der Schönheitsreparaturen - über eine höhere Bruttomiete im Voraus abgelten müsste (BGHZ aaO, S. 79 ff., 84).

Eine derartige Formularklausel benachteiligt den Mieter jedoch entgegen den Geboten von Treu und Glauben dann unangemessen, wenn sie eine "starre" Berechnungsgrundlage hat, die eine Berücksichtigung des tatsächlichen Erhaltungszustands der Wohnung nicht zulässt. Denn dies kann im Einzelfall dazu führen, dass der Mieter - gemessen am Abnutzungsgrad der Wohnung und der Zeitspanne bis zur Fälligkeit der Schönheitsreparaturen - eine übermä-ßig hohe Abgeltungsquote zu tragen hat. Sind etwa Wände und Decken der Wohnung mit besonders "langlebigen" Materialien dekoriert oder hat der Mieter die Wohnung oder einzelne Räume wenig genutzt, kann es an einem Renovie-rungsbedarf nach Ablauf der im Mietvertrag für die Ausführung der Schönheits-reparaturen bestimmten - üblichen - Fristen fehlen (vgl. Senat, Urteil vom 23. Juni 2004 - VIII ZR 361/03, NJW 2004, 2586, unter II 2 b m.w.Nachw.). In einem solchen Fall liegt es bei einer formularmäßigen Mietvertragsklausel, die dem Mieter die Verpflichtung zu einer anteiligen Abgeltung der Kos-ten von Schönheitsreparaturen auf der Grundlage einer "starren" Fristenrege-lung auferlegt, nicht anders als bei einer Klausel, die den Mieter zur Vornahme von Schönheitsreparaturen nach einem "starren" Fristenplan verpflichtet. Denn auch eine "starre" Abgeltungsregelung führt bei einem überdurchschnittlichen Erhaltungszustand der Wohnung dazu, dass der Mieter mit höheren zeitanteili-gen Renovierungskosten belastet wird, als es dem tatsächlichen Abnutzungs-grad der Wohnung entspricht. Hierdurch wird dem Mieter eine übermäßige, gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unzulässige Verpflichtung zur zeitanteiligen Abgeltung zukünftiger Instandhaltungskosten auferlegt. Dies ist mit dem Grundgedanken des § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB ebenso wenig zu vereinbaren wie die Auferlegung von Renovierungspflichten nach einem festste-henden Fristenplan ohne Rücksicht auf den tatsächlichen Renovierungsbedarf.

c) Die in § 10 Ziff. 6 des Mietvertrags enthaltene Abgeltungsklausel ist insgesamt unwirksam. Die Verpflichtung des Mieters zur zeitanteiligen Abgel-tung der Kosten noch nicht fälliger Schönheitsreparaturen ließe sich nur dann aufrechterhalten, wenn sich die Formularklausel aus sich heraus verständlich und sinnvoll in einen zulässigen und in einen unzulässigen Regelungsteil tren-nen ließe (Senat, Urteil vom 23. Juni 2004, aaO, unter II 3 m.w.Nachw.). Hieran fehlt es. Ohne die in der Klausel angegebenen feststehenden Fristen und Pro-zentsätze kann der verbleibende Klauselteil bereits sprachlich nicht als eigen-ständige Regelung bestehen bleiben. Dies ließe sich nur durch eine Umformu-lierung erreichen, die zu einer inhaltlichen Umgestaltung der Klausel in eine gesetzlich noch zulässige Abgeltungsregelung führen würde. Dies wäre jedoch eine unzulässige geltungserhaltende Reduktion der Klausel (vgl. Senatsurteil vom 23. Juni 2004, aaO; Senatsurteil vom 28. Juni 2006 aaO, unter C I 1 a bb).

d) Die Unwirksamkeit der in § 10 Ziff. 6 des Mietvertrags enthaltenen Ab-geltungsklausel führt nicht zu einer Regelungslücke, die im Wege ergänzender Vertragsauslegung geschlossen werden könnte. Die ergänzende Vertragsaus-legung setzt voraus, dass der Regelungsplan der Parteien infolge der Lücke einer Vervollständigung bedarf; das ist nur dann anzunehmen, wenn dispositi-ves Gesetzesrecht zur Füllung der Lücke nicht zur Verfügung steht und die er-satzlose Streichung der unwirksamen Klausel keine angemessene, den typi-schen Interessen des AGB-Verwenders und seines Vertragspartners Rechnung tragende Lösung bietet (st.Rspr.; Senat, BGHZ 143, 103, 120 m.w.Nachw.). Bereits die erste Voraussetzung ist nicht gegeben. Wie der Senat hinsichtlich einer unwirksamen Schönheitsreparaturklausel bereits entschieden hat, tritt gemäß § 306 Abs. 2 BGB die dispositive gesetzliche Bestimmung des § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB an die Stelle der unzulässigen Klausel (Urteil vom 28. Juni 2006, aaO, unter C I 1 a cc m.w.Nachw.). So verhält es sich auch bei einer un-wirksamen Abgeltungsklausel, weil sie die Verpflichtung des Mieters zur Durch-führung von Schönheitsreparaturen für den Fall ergänzt, dass die Renovie-rungspflicht noch nicht fällig ist.

Ball
Dr. Wolst
Hermanns
Dr. Milger
Dr. Koch

Vorinstanzen

AG Mannheim, Entscheidung vom 30.03.2005 - 8 C 8/05; LG Mannheim, Entscheidung vom 08.02.2006 - 4 S 52/05 -

Rechtsgebiete

Mietrecht

Normen

BGB §§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 Bb, 535 Abs. 1 Satz 2