Kein Ausgleichsanspruch für Samenbefall

Gericht

OLG Frankfurt


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

10. 06. 1987


Aktenzeichen

21 U 57/86


Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Parteien sind Nachbarn. Auf dem Grundstück der Bekl. stehen drei 25 bzw. 20 Jahre alte Birken, jeweils 14 m, 10,60 m und 2,60 m von der Grundstücksgrenze entfernt. Die Kl. betreiben einen landwirtschaftlichen Betrieb. Mit der Klage verlangen sie eine Entschädigung für die Beeinträchtigung ihres Grundstücks durch von dem Grundstück der Bekl. herüberwehenden Birkensamen, Laub und Zweige. Sie haben vorgetragen, insbesondere die Birkensamen verunreinigten nicht nur die Pflanzen ihres Nutzgartens und ihr gesamtes Grundstück, sie drängten durch geöffnete Fenster und Lüftungsöffnungen auch in das Innere ihres Hauses. Für die Entfernung der Birkenverunreinigungen müßten sie jährlich 30 bis 40 Arbeitsstunden aufwenden. Hierfür verlangen sie eine Entschädigung von 10 DM pro Stunde, insgesamt 300 DM pro Jahr. Die Bekl. haben vorgetragen, die Einwirkung von Naturkräften könne Ausgleichsansprüche nicht begründen, im übrigen werde die Nutzung des Grundstücks der Kl. auch nicht in unzumutbarer Weise beeinträchtigt.

LG und OLG haben die Klage abgewiesen.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

... Ein solcher Anspruch ist nicht gem. § 906 II 2 BGB gerechtfertigt, denn unter den in N., dem Wohnort der Parteien, herrschenden Umständen kann nicht angenommen werden, daß das Herüberwehen von Blüten, Samen, Blättern und Ästen von den drei Birken der Bekl. auf das Grundstück der Kl. dessen ortsübliche Benutzung über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt. Vor allem die Birkensamen mögen zwar - besonders bei häufigem Westwind - eine erhebliche Beeinträchtigung der Kl. bei der Benutzung ihres Grundstücks herbeiführen, sie muß aber - wie auch das LG ausgeführt hat - als Beeinträchtigung angesehen werden, die das zumutbare Maß nicht überschreitet. Bei der Beurteilung ist zu berücksichtigen, daß angesichts der Art der Nutzung der Grundstücke auch in einer ländlichen Gemeinde ein Bestand von drei Birken, die vor längeren Jahren angepflanzt worden sind, nicht als unüblich angesehen werden kann. Auch die von ihnen ausgehenden Beeinträchtigungen sind - mögen sie auch als erheblich empfunden werden - nicht unüblich und können als natürliche Umwelteinflüsse nicht für unzumutbar gehalten werden. Das allgemeine Interesse am Bestand einheimischer größerer Bäume bedingt, daß auch von ihnen ausgehende Beeinträchtigungen in gewissem Umfang hingenommen werden müssen (vgl. LG Stuttgart, NJW 1980, 2087; OlG Karlsruhe, NJW 1986, 2768; LG Saarbrücken, NJW-RR 1986, 1341).

Die Kl. können demgegenüber auch nicht auf die Möglichkeit verweisen, die Bekl. könnten die Birken durch andere, die Nachbarschaft weniger beeinträchtigende Bäume ersetzen. Wegen der langen Zeit, in der ein Baum heranwächst, läßt sich eine solche „Auswechslung“ von Bäumen nicht in absehbarer Zeit durchführen, abgesehen davon, daß die Beschränkung der heimischen Arten im allgemeinen Interesse nicht wünschenswert ist.

Da herüberwehende Pflanzenteile - auch zeitweise in größeren Mengen - hiernach nicht als unzumutbare Beeinträchtigung der Nutzung des ländlichen Grundstücks der Kl. angesehen werden können, muß ihnen zugemutet werden, erforderliche vermehrte Reinigungsarbeiten auf sich zu nehmen, ohne daß die Bekl. zur Zahlung eines Ausgleichs in Geld zu verurteilen waren.

Rechtsgebiete

Nachbarrecht; Garten- und Nachbarrecht