Wortmarke "Die Woche" setzt sich gegen die Wort-/Bildmarken "DIE WOCHE" durch

Gericht

Deutsches Patent- und Markenamt


Art der Entscheidung

Beschluss


Datum

27. 10. 2006


Aktenzeichen

302 52 430.4 / 16


Leitsatz des Gerichts

  1. Zwischen der jüngeren Wortmarke “Die Woche“ einerseits und den Widerspruchsmarken

    und

    andererseits besteht keine markenrechtliche Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.

  2. Soweit die zu vergleichenden Zeichen lediglich in einem nicht schutzfähigen Bestandteil übereinstimmen, fehlt es an einer Verwechslungsgefahr.

  3. Insoweit ist auch dann nicht von einer Verwechslungsgefahr auszugehen, wenn der Verkehr als einfachste Möglichkeit der Wiedergabe einer bildlich gestalteten Marke diese nur mit dem Wortbestandteil benennen sollte, für den das jüngere Zeichen Schutz beansprucht.

  4. Zwischen der Ware „Software“ einerseits und der Ware „Zeitschrift“ bzw. der Dienstleistung „Herausgabe von Zeitschriften“ andererseits besteht keine enge Ähnlichkeit.

  5. Unter „Software“ versteht man Programme, die die Funktion des Computers ermöglichen (System- und Anwendungssoftware), wobei hiervon nicht inhaltliche Wiedergaben von Zeitschriften oder aus anderen Werken erfasst sind.

  6. Die Ähnlichkeit zwischen „Software“ einerseits und dem Oberbegriff „Druckereierzeugnisse“ folgt aus der Tatsache, dass diesen weiten Begriff auch gedruckte Computerprogramme oder spezielle Anleitung für Software unterfallen.

Tenor

Die Widersprüche aus den Marken 20 38 890 und 20 39158 werden zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe


Gründe

I.

Gegen die Eintragung der für die Waren und Dienstleistungen

"Computer und Datenverarbeitungsgeräte; Speicher für Datenverarbeitungsanlagen; Computer-Software, insbesondere für die Abfrage, Darstellung, Bearbeitung und Ausgabe multimedialer Daten in Computernetzwerken einschließlich des Internets; Buchbinderartikel, Papier, Pappe, soweit in Klasse 16 enthalten; Schreibwaren und Büroartikel (ausgenommen Möbel); Geschäftsführung für andere, Unternehmensverwaltung; Erstellen und Design von Programmen für die Datenverarbeitung (Computer-Software); Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der Datenverarbeitung; Entwurf, Entwicklung und Beratung im Bereich von Computersystemen, Computerberatungsdienste; Konfiguration von Computer-Netzwerken durch Software"

registrierten Wortmarke 302 52430.4 / 16

Die Woche

ist aus der für die Waren und Dienstleistungen

"Zeitungen, Zeitschriften und Bücher; Veröffentlichung und Herausgabe von Zeitungen, Zeitschriften und Büchern"

registrierten prioritätsälteren Wort-/Bildmarke 2 038 890

und aus der für die Waren und Dienstleistungen

"Zeitungen, Zeitschriften und Bücher; Veröffentlichung und Herausgabe von Zeitungen, Zeitschriften und Büchern"

registrierten prioritätsälteren Wort-/Bildmarke 2 039 158

Widerspruch erhoben worden.


II.

Die Widersprüche sind zulässig. Die Hinweise der Markeninhaberin auf etwaige vertraglich festgeschriebene Abgrenzungsregelungen zwischen den Beteiligten sind unbeachtliche Einwendungen außerhalb des formellen Markenrechts und berühren nicht die markenrechtlich vorgesehenen Zulässigkeitsvoraussetzungen für die Widersprüche (Ströbele/Hacker MarkenG 8. Aufl. § 42 Rdnr. 44, 47). Die Widersprüche sind jedoch unbegründet. Es besteht zwischen den Vergleichsmarken keine Verwechslungsgefahr im markenrechtlichen Sinne (§ 9 Abs.1 Nr.2 MarkenG)

Für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist die Wechselwirkung zwischen der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zu berücksichtigen. Ein geringer Grad der Ähnlichkeit der Waren kann durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden oder umgekehrt. Darüber hinaus können weitere die Verwechslungsgefahr fördernde oder vermindernde Umstände einfließen (EuGH in GRUR 1998, 387 Sabel/Puma).

Den Widerspruchsmarken kommt eine normale Kennzeichnungskraft allenfalls in ihrer eingetragenen Form zu. Der Wortbestandteil "Die Woche" ist für sich gesehen schutzunfähig für die Widerspruchswaren/-dienstleistungen. Er weist lediglich auf eine wöchentlich erscheinende Ausgabe des Produktes hin. Selbst wenn der Verkehr als einfachste Möglichkeit der Wiedergabe einer bildlich gestalteten Marke diese nur mit dem Wortbestandteil benennen sollte, können aus dem schutzunfähigen Bestandteil keine Rechte hergeleitet werden (vgl. Ströbele/Hacker MarkenG 8. Aufl. § 9 Rdnr. 221). Entsprechend wurde auch der jüngeren Marke die Eintragung für die mit den Widerspruchswaren/-dienstleistungen identischen Waren und Dienstleistungen versagt.

In ihrer Gesamtheit besteht aber zwischen den Vergleichsmarken keine Verwechslungsgefahr insbesondere wegen des nur geringen bis mittleren Ähnlichkeitsgrades der Waren / Dienstleistungen. Zwar ist es zu zahlreichen Zeitschriften bereits üblich, sie mit einer begleitenden CD-ROM zu versehen bzw. Printmedien zusätzlich "online" zu veröffentlichen. Bei den Waren der angegriffenen Marke handelt es sich jedoch nicht um mit bestimmten Inhalten bespielte Bild- und Tonträger sondern um "Computer - Software" und um "Speicher für Datenverarbeitungsanlagen". Unter "Software" versteht man Programme, die die Funktion des Computers ermöglichen (System- und Anwendungssoftware vgl. Anlage 1 a). Inhaltliche Wiedergaben von Zeitschriften oder aus Werken sind damit nicht gemeint. CD's mit Computerprogrammen werden in der Regel auch nur Computerzeitschriften oder Computerliteratur beigefügt. Selbst wenn es sich um Spezialsoftware handelt, die der Darstellung, Bearbeitung und Ausgabe bestimmter multimedialer Daten dient, so besteht keine enge Ähnlichkeit zu den Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarken, die inhaltlicher und verlegerischer Natur sind.

"Speicher" in Datenverarbeitungsanlagen sind Funktionseinheiten in Rechnern, die Daten und Befehle aufnehmen, aufbewahren und wieder abgeben (Anlage 1 b). Zwar werden auf ihnen auch Inhalte abgelegt. Der Verbraucher, der eine Speichereinheit erwerben möchte - und nur darum geht es - versteht unter dieser jedoch immer die leere, unbespielte Form. Auch insoweit ist eine Ähnlichkeit zu den Widerspruchswaren /-dienstleistungen nur entfernt gegeben.

Dass in der Rechtsprechung die Ähnlichkeit von Druckereierzeugnissen und Datenverarbeitungsprogrammen in einem höheren Maße bejaht wird (vgl. Richter / Stoppel "Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen" 13. Aufl. S. 65, links - BPatG 33W(pat)182/98), liegt daran, dass der Oberbegriff "Druckereierzeugnisse wesentlich weiter angelegt ist als "Zeitungen, Zeitschriften Bücher". Er umfasst auch gedruckte Computerprogramme oder spezielle Anleitungen für Software, beispielsweise zum Ausfüllen von Formularen und Anträgen (Steuererklärung) oder ähnliches, die unmittelbar im Zusammenhang mit der Software stehen und vom Publikum dem gleichen Unternehmen zugeordnet werden. Wie gesagt ist das Zusammenwirken von Datenverarbeitungsprogrammen mit Zeitschriften, Zeitungen und Büchern – ausgenommen Computerliteratur - eher selten, so dass insoweit ein mittlerer Ähnlichkeitsgrad nicht überschritten wird.

Es kann der Widersprechenden auch nicht dahingehend gefolgt werden, dass Zeitungen und Zeitschriften den Waren der angegriffenen Marke "Buchbinderartikel, Papier, Pappe, soweit in Klasse 16 enthalten" ähneln. Während es bei den Widerspruchswaren auf den Inhalt ankommt, handelt es sich bei den Waren der angegriffenen Marke um inhaltslose Produkte, die allenfalls Vorprodukte für die Widerspruchswaren darstellen können und in diesem Verhältnis zueinander nicht ähnlich sind (vgl. Richter / Stoppel a.a.O. S. 222/223). Der Verkehr ordnet sie nicht dem gleichen Unternehmen zu.

Für diesen Waren/Dienstleistungs-Abstand ist der Abstand zwischen den Widerspruchs-Wort-Bildmarken und der angegriffenen Wortmarke ausreichend groß, um unmittelbare Verwechslungen auszuschließen. Die einfache Wortmarke hebt sich von den mit besonderer Schriftform und Pegasussymbol versehenen Widerspruchsmarken deutlich ab. Eine Prägung der Widerspruchsmarken durch den Bestandteil "Die Woche" war wegen dessen Schutzunfähigkeit nicht zu berücksichtigen.

Entgegen der Ansicht der Widersprechenden ist auch nicht Verwechslungsgefahr durch gedankliche Verbindung zu befürchten. Dieser gesetzliche Tatbestand des § 9 Abs.1 Nr. 2 letzter Halbsatz MarkenG bezieht sich nicht auf jegliche wie auch immer geartete gedankliche Assoziation, sondern beruht hauptsächlich auf der Erkenntnis, dass Unternehmen unter Verwendung eines für sie spezifischen Stammbestandteiles Serienmarken für eine Vielzahl ihrer Produkte/Dienstleistungen bilden. Die Annahme der hierbei möglichen mittelbaren Verwechslungsgefahr setzt demnach voraus, dass die Verkehrskreise die Vergleichsmarken zwar unterscheiden, durch den verwendeten Stammbestandteil aber auf die Herkunft der Waren/Dienstleistungen aus dem Unternehmen des Serienbesitzers schließen (vgl. Ströbele/Hacker MarkenG 8. Aufl. § 9 Rdnr. 318). Ausnahmsweise, genügt bei sehr kennzeichnungskräftigen Widerspruchsmarken auch das Auftreten einer einzigen Marke, um bei der angegriffenen Marke den Gedanken an eine Serienmarke aufkommen zu lassen (vgl. Ströbele/Hacker a.a.O. Rn 329).

Die Widersprechende geht von dem Ausnahmefall aus, dass die angegriffene Marke vom Verkehr als weitere Marke zu ihren bei den Widerspruchsmarken aufgefasst werde. Die an einen solchen Fall zu stellenden strengen Anforderungen an den notwendigen betrieblichen Hinweischarakter des Stammbestandteils werden von der Widerspruchsmarke aber nicht erfüllt (Ströbele/Hacker a.a.O. Rdnr. 487). Wie bereits dargelegt ist eine ausreichende Kennzeichnungskraft des Wortbestandteils "Die Woche" in den Widerspruchsmarken von Hause aus nicht gegeben. Der Grundsatz, dass aus solchen Bestandteilen keine Rechte hergeleitet werden können, gilt erst recht unter dem Gesichtspunkt einer mittelbaren Verwechslungsgefahr (vgl. Ströbele/Hacker a.a.O. Rdnr. 327). Beschreibende Angaben kommen als Stammbestandteil von Serienmarken nicht in Betracht, weil der Verkehr in ihnen nur einen Hinweis auf die betreffenden Waren / Dienstleistungen, nicht aber auf ein bestimmtes Unternehmen sieht. Der Verkehr wird deshalb auch die angegriffene Marke nicht als weitere Marke der Widersprechenden auffassen. Ausnahmen gelten nur für solche Fälle, in denen der fragliche Bestandteil als Herkunftshinweis Verkehrsgeltung erlangt hat, wofür die Widersprechende jedoch keine Angaben gemacht hat.

Ebenso wenig besteht eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne. In diesen Fällen werden die Marken zwar als unterschiedlich erkannt und auch unterschiedlichen Unternehmen zugeordnet. Gleichwohl wird aufgrund dem Verkehr bekannter besonderer Umstände darauf geschlossen, dass zwischen diesen Unternehmen Beziehungen geschäftlicher, wirtschaftlicher oder organisatorischer Art bestehen. Abgesehen davon, dass solche besonderen Umstände nicht dargelegt sind, gilt auch hier, dass schutzunfähige Elemente nicht kollisionsbegründend sein können (vgl. (Ströbele/Hacker a.a.0. Rdnr. 338 - 340).

Nach allem waren die Widersprüche zurückzuweisen (§ 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG).

Für die Auferlegung von Kosten bestand kein Anlass (§ 63 Abs.1 MarkenG).


Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss findet gemäß § 66 des Markengesetzes die Beschwerde statt. Die Beschwerde steht den am Verfahren vor dem Patentamt- und Markenamt Beteiligten zu. Sie hat aufschiebende Wirkung. Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses schriftlich beim Deutschen Patent- und Markenamt einzulegen. Die Anschriften lauten:

- Deutsches Patent- und Markenamt, 80297 München
- Deutsches Patent- und Markenamt, Dienststelle Jena, 07738 Jena
- Deutsches Patent- und Markenamt, 81534 München
- Deutsches Patent- und Markenamt, Technisches Informationszentrum Berlin, 10958 Berlin

Innerhalb der Beschwerdefrist ist eine Beschwerdegebühr (Gebührennummer 401 300 PatkostG = 200,00 EUR) auf das Konto der Bundeskasse Weiden für das Deutsche Patent- und Markenamt zu entrichten. Wird sie nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig gezahlt, so gilt die Beschwerde als nicht eingelegt.

Bei der Zustellung durch die Post mit Zustellungsurkunde ist der Tag der Zustellung auf der übergebenen Abschrift der Zustellungsurkunde oder auf der übergebenen Sendung vermerkt.

Bei der Zustellung durch die Post mittels Einschreiben durch Übergabe gilt dieses am 3. Tag nach der Aufgabe zur Post als zugestellt, es sei denn, dass das zuzustellende Dokument nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Bei der Zustellung mittels Einschreiben mit Rückschein gilt diese an dem Tag als bewirkt, den der Rückschein angibt.

Hinweis: Es besteht die Möglichkeit, die Beschwerde in elektronischer Form einzulegen. Die näheren (technischen) Voraussetzungen entnehmen Sie bitte dem Merkblatt "Elektronische Beschwerde (W 7736)" oder der Homepage des DPMA unter: http://www.dpma.de/veroeffentlichunoen/mitteilungen/mittlo200307.html.

Der Beschwerde und allen Schriftsätzen sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.


Markenstelle für Klasse 16


Rechtsgebiete

Markenrecht