Vermieters Betriebskostentragungspflicht bei Leerstand

Gericht

BGH


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

31. 05. 2006


Aktenzeichen

VIII ZR 159/05


Leitsatz des Gerichts

Wenn die ("kalten") Betriebskosten vereinbarungsgemäß nach dem Verhältnis der Flä-che der Mietwohnung zur Gesamtwohnfläche umzulegen sind, hat der Vermieter die auf leerstehende Wohnungen entfallenden Betriebskosten grundsätzlich selbst zu tragen; dies gilt auch für verbrauchsabhängige Betriebskosten, die wegen fehlender Erfassung des Verbrauchs der einzelnen Mieter nach der Wohnfläche abgerechnet werden.

Ein Anspruch des Vermieters auf eine Abänderung des vertraglich vereinbarten Flä-chenschlüssels wegen des Leerstands von Wohnungen kann unter den Voraussetzun-gen einer Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) bestehen.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil der Zivilkammer 65 des Landgerichts Berlin vom 21. Juni 2005 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand


Tatbestand:

Die Beklagte mietete vom Kläger mit Vertrag vom 11. September 1984 eine in einem Mehrfamilienhaus in B. gelegene Wohnung. Nach dem Miet-vertrag hatte die Beklagte Nebenkostenvorauszahlungen zu leisten und der Kläger über die von der Beklagten zu tragenden Betriebskosten jährlich abzu-rechnen. Ein Umlageschlüssel für diese Abrechnung war im Vertrag nicht an-gegeben. In der Vergangenheit rechnete der Kläger die Betriebskosten nach dem Anteil der Fläche der Mietwohnung an der Gesamtwohnfläche ab. Das Haus verfügt über 35 Wohnungen mit einer Gesamtwohnfläche von 1.749,20 m2.

Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Zustimmung der Beklagten zu einer Vertragsänderung dahingehend, dass ab 1. Januar 2005 leerstehende Wohnungen bei der Umlage der Betriebskosten, die auf Wasser und Entwässe-rung (mit Ausnahme des Niederschlagswassers), die Müllabfuhr sowie den Strom für Hausbeleuchtung und Fahrstuhl entfallen, außer Betracht bleiben. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. Das Landgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner vom Be-rufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Zustimmungsbe-gehren weiter.

Entscheidungsgründe


Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:

Durch die jahrelang praktizierte Art und Weise der Abrechnung sei zwi-schen den Parteien der Umlageschlüssel "Wohnfläche" vereinbart worden. Der Umstand, dass der Kläger zunehmend Leerstand habe, rechtfertige keine Än-derung des Verteilungsschlüssels. Der Vermieter habe die Kosten des Leer-stands zu tragen, wenn nach dem jetzt auch vom Gesetzgeber als Regelfall vorgegebenen Maßstab der Wohnfläche (§ 556 a Abs. 1 BGB) abgerechnet werde. Eine Abänderung des Umlageschlüssels bei einem Leerstand von Woh-nungen widerspräche dieser gesetzlichen Regelung. Bei preisfreiem Wohnraum gehe der Gesetzgeber davon aus, dass die einheitliche Abrechnung nach dem Verhältnis der Wohnfläche einen zulässigen Maßstab für alle Betriebskosten - mit Ausnahme der Heiz- und Warmwasserkosten - darstelle. Genauso wie sich der Mieter nicht darauf berufen könne, bestimmte Leistungen (Wasser, Hausbeleuchtung, Fahrstuhl und Müllabfuhr) nicht oder nur geringfügig in An-spruch genommen zu haben, bleibe es dem Vermieter verwehrt, Leerstand bei der Verteilung dieser Kosten unberücksichtigt zu lassen. Denn der Umlage-schlüssel "Wohnfläche" sei gerade kein Maßstab, der den einzelnen Verursachungsbeitrag ermittele. Solle dies geändert werden, könne dies nicht durch eine Herausnahme von Flächen geschehen, sondern nur durch eine Verände-rung der Abrechnung hin zu einer verbrauchsabhängigen Abrechnung.

Vorliegend komme hinzu, dass es sich bei dem vom Kläger behaupteten Leerstand nach seinem eigenen Vorbringen nicht um einen dauerhaften Zu-stand handele. Im April 2005 habe nur eine Wohnung leergestanden. Selbst wenn im Mai und Juli 2005 - entsprechend der Behauptung des Klägers - noch jeweils eine weitere Wohnung hinzukommen sollte, bestünde nur ein Leerstand von 8 % der Wohnfläche. Eine Vertragsanpassung würde aber - unabhängig vom Umfang des zukünftigen Leerstands - eine dauernde Wirkung haben. Woll-te man dagegen monatlich wechselnden Leerstand berücksichtigen, so würde dies nicht nur zu erheblichem Mehraufwand bei der Abrechnung auf der Ver-mieterseite, sondern auch dazu führen, dass die Betriebskostenabrechnung unübersichtlich würde.

II.

Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten der rechtlichen Nachprü-fung stand, so dass die Revision - trotz der Säumnis des Beklagten durch strei-tiges Urteil (unechtes Versäumnisurteil) - zurückzuweisen ist. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zustimmung der Beklagten zur Änderung des bisherigen Verteilungsschlüssels für die von ihr zu tragenden Betriebskosten dahin, dass ab 1. Januar 2005 die Flächen leerstehender Wohnungen bei der Umlegung der Betriebskosten für Wasser und Entwässerung, Müllabfuhr, Hausbeleuch-tung und Fahrstuhlstrom ausgeklammert werden.

1. Rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Parteien durch die jahrelang einvernehmlich praktizierte Art und Weise der Abrechnung stillschweigend vereinbart haben, dass die Betriebskosten (mit Ausnahme der Kosten für Heizung und Warmwasser) nach dem Anteil der Flä-che der Mietwohnung an der Gesamtwohnfläche umzulegen sind (vgl. Senats-urteil vom 7. April 2004 - VIII ZR 146/03, NJW-RR 2004, 877 unter II 2 b; Se-natsbeschluss vom 2. November 2005 - VIII ZR 52/05, NJW-RR 2006, 134 m.w.Nachw.); davon geht auch die Revision aus. Gegen eine derartige Verein-barung bestehen keine Bedenken; sie entspricht dem gesetzlichen Abrech-nungsmaßstab in § 556 a Abs. 1 Satz 1 BGB.

2. Eine einseitige Abänderung der bestehenden Vereinbarung hin zu ei-ner verbrauchsabhängigen Abrechnung der Betriebskosten nach § 556 a Abs. 2 BGB begehrt der Kläger nicht. Sie kommt auch nicht in Betracht, weil die Par-teien keine von § 556 a Abs. 1 Satz 1 BGB abweichende Vereinbarung getrof-fen haben und es sich darüber hinaus bei den Betriebskosten, für die der Kläger eine Änderung des Verteilungsschlüssels anstrebt, unstreitig um solche han-delt, bei denen der Verbrauch oder die Verursachung durch die Mieter derzeit nicht erfasst werden.

3. Will der Vermieter den vereinbarten Verteilungsschlüssel für die Umle-gung der Betriebskosten ändern, so ist dies - abgesehen von der Ausnahmere-gelung des § 556 a Abs. 2 BGB - nur im Wege einer Vertragsänderung zuläs-sig, für die es der Zustimmung des Mieters bedarf. Die Beklagte hat ihre Zu-stimmung zu der vom Kläger begehrten Vertragsänderung verweigert. Die feh-lende Zustimmung der Beklagten könnte nur durch eine Verurteilung der Be-klagten zur Abgabe einer solchen Willenserklärung ersetzt werden (§ 894 ZPO). Dies setzt einen entsprechenden Anspruch des Klägers voraus; daran fehlt es.

Ob und unter welchen konkreten Voraussetzungen der Vermieter bei ei-nem Leerstand von Wohnungen die Zustimmung des Mieters zu einer Ände-rung des vereinbarten Flächenschlüssels dahingehend verlangen kann, dass die Flächen leerstehender Wohnungen in die Umlegung bestimmter - insbesondere verbrauchsabhängiger - Betriebskosten nicht einbezogen wer-den, ist umstritten (dazu Rips in Betriebskostenkommentar, § 556 BGB Rdnr. 214 ff. m.w.Nachw.; Langenberg, Betriebskostenrecht der Wohn- und Gewerberaummiete, 4. Aufl., F Rdnr. 7 ff., 41 ff.; Pfeifer, Betriebskosten bei Wohn- und Geschäftsraummiete, S. 130 ff. m.w.Nachw.; Blank/Börstinghaus, Miete, 2. Aufl., BGB § 556 a Rdnr. 9 f.; Sternel, WuM 2003, 243, 245 ff.; Schach, GE 2002, 375 ff.; Blank, DWW 1992, 65, 68 f.). Als mögliche Rechts-grundlage für einen derartigen Anspruch kommen die Bestimmung über eine Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) und der allgemeine Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) in Betracht. Die insoweit bestehenden Vor-aussetzungen für einen Anspruch auf Zustimmung zur Vertragsänderung sind jedoch im vorliegenden Fall nicht erfüllt. a) Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch ist nicht aus § 313 Abs. 1 BGB wegen einer Störung der Geschäftsgrundlage herzuleiten. Unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt wäre ein Anspruch des Klägers auf Zustimmung zu der begehrten Vertragsänderung nur dann begründet, wenn dem Kläger unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere der vertragli-chen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Ver-trag nicht zugemutet werden könnte (§ 313 Abs. 1 BGB). Das ist nicht der Fall.

Es kann dahingestellt bleiben, ob ein Anspruch des Klägers auf eine Ver-tragsanpassung nach § 313 BGB hinsichtlich der Umlegung der Betriebskosten schon daran scheitert, dass ein zeitweiliger Leerstand von Wohnungen die Ge-schäftsgrundlage des einzelnen Mietvertrages deshalb nicht berührt, weil eine Vollvermietung des Gebäudes nicht als gemeinsame Geschäftsgrundlage des Vertrages anzusehen ist (so Pfeifer, aaO, S. 130 f.). Ungeachtet dessen besteht im vorliegenden Fall kein Anspruch auf Abänderung des Vertrags wegen einer Störung der Geschäftsgrundlage.

Maßgebend für diese Beurteilung ist, dass der Vermieter - hier: der Klä-ger - das Vermietungsrisiko und damit das Leerstandsrisiko selbst zu tragen hat. Aufgrund dieser Risikoverteilung, die aus der gesetzgeberischen Wertung in § 556 a Abs. 1 BGB abzuleiten ist, aber auch schon vor dieser Neuregelung allgemein anerkannt war (vgl. Rips, aaO m.w.Nachw. aus der Rspr.), kann der Vermieter die auf leerstehende Wohnungen entfallenden Betriebskosten grund-sätzlich nicht auf die Mieter abwälzen, wenn die Betriebskosten nach dem Ver-hältnis der Fläche der Mietwohnung zur Gesamtwohnfläche umzulegen sind. Dies gilt nicht nur für verbrauchsunabhängige Betriebskosten (dazu bereits Se-natsurteil vom 16. Juli 2003 - VIII ZR 30/03, NJW 2003, 2902 unter II 2 b a.E. m.w.Nachw.; Senatsurteil vom 21. Januar 2004 - VIII ZR 137/03, NJW-RR 2004, 659 unter II 2), sondern auch für verbrauchsabhängige, die - wie hier - wegen fehlender Erfassung des Verbrauchs der einzelnen Mieter nach der Wohnfläche abgerechnet werden (ebenso Rips, aaO, Rdnr. 220; Langenberg, aaO, F Rdnr. 41).

aa) Durch das Mietrechtsreformgesetz vom 19. Juni 2001 (BGBl I S. 1149) ist die Wohnfläche als Regelmaßstab für die Verteilung der Betriebs-kosten in § 556 a Abs. 1 Satz 1 BGB gesetzlich verankert worden; nur für Be-triebskosten, die von einem erfassten Verbrauch oder einer erfassten Verursa-chung durch den Mieter abhängen, gilt dies nicht (§ 556 a Abs. 1 Satz 2 BGB). Dass der Flächenschlüssel nunmehr für den Fall einer fehlenden Vereinbarung und vorbehaltlich anderweitiger Vorschriften gesetzlich vorgeschrieben ist, be-ruht auf der Wertung des Gesetzgebers, dass dieser Verteilungsschlüssel für alle Betriebskosten, für die ein anderer Abrechnungsmaßstab nicht gilt, sachge-recht ist (vgl. Schmidt-Futterer/Langenberg, Mietrecht, 8. Aufl., § 556 a BGB, Rdnr. 21). Für eine einschränkende Auslegung oder teleologische Reduktion des § 556 a Abs. 1 Satz 1 BGB dahin, dass mit dem Begriff Wohnfläche nur die jeweils vermietete Wohnfläche gemeint ist und Leerstandsflächen daher bei der Umlegung auszuklammern sind, enthalten die Gesetzesmaterialien keine An-haltspunkte (vgl. BT-Drucks. 14/4553, S. 51). Im Anwendungsbereich des § 556 a Abs. 1 Satz 1 BGB hat deshalb der Vermieter alle Betriebskosten nach der Gesamtwohnfläche des Gebäudes abzurechnen. Er hat grundsätzlich kei-nen Anspruch darauf, dass leerstehende Wohnungen zu seinen Gunsten aus der Umlegung bestimmter Betriebskosten auszuklammern wären. Dies muss ebenso gelten, wenn die Verteilung der Betriebskosten nach der Wohnfläche - wie hier - auf einer mit der gesetzlichen Regelung in § 556 a Abs. 1 Satz 1 BGB übereinstimmenden vertraglichen Vereinbarung beruht; denn auch in die-sem Fall haben die Vertragsparteien, wie es § 556 a Abs. 1 Satz 1 BGB vor-aussetzt, nichts anderes vereinbart, als in der Vorschrift bestimmt ist. Für eine Ungleichbehandlung des gesetzlich angeordneten gegenüber dem vertraglich vereinbarten Flächenschlüssel wäre auch eine sachliche Rechtfertigung nicht ersichtlich.

Zwar ist auch der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass in Ausnahme-fällen ein Anspruch auf ein Abweichen von dem in § 556 a Abs. 1 Satz 1 BGB vorgesehenen Flächenschlüssel gegeben sein kann. So soll der Mieter "auch zukünftig einen Anspruch auf Umstellung des Umlagemaßstabes" haben, "so-weit es im Einzelfall zu einer krassen Unbilligkeit kommt" (BT-Drucks. 14/4553, S. 51). Die so umschriebene Voraussetzung für einen Änderungsanspruch mag zwar gleichermaßen für den Vermieter gelten, verweist aber lediglich auf das für eine Störung der Geschäftsgrundlage maßgebliche Kriterium der Unzumutbarkeit.

bb) Nach Maßgabe dieser gesetzlichen Vorgaben sind hier die Voraus-setzungen für eine dem Kläger unzumutbare Störung der Geschäftsgrundlage nach dessen eigenem Vorbringen schon deshalb nicht erfüllt, weil der uneinge-schränkte Klageantrag auf eine dauerhafte Änderung des vertraglich vereinbar-ten Verteilungsschlüssels gerichtet ist, die auch für solche Zeiträume gelten soll, in denen - wie es etwa im April 2005 der Fall war - nur eine einzige der ins-gesamt 35 Wohnungen vorübergehend leer steht. Das Begehren des Klägers ist nicht darauf beschränkt, dass nur ein Leerstand ab einer bestimmten Grö-ßenordnung und Dauer zur Änderung des Verteilungsschlüssels führen soll. Vielmehr will der Kläger eine Vertragsänderung dahin durchsetzen, dass nicht vermietete Wohnflächen zukünftig - unabhängig von der Größe der Leerstands-fläche und der Dauer des Leerstands - ohne Weiteres aus der Umlegung be-stimmter Betriebskosten ausgeklammert bleiben. Jedenfalls auf eine so weit gehende Vertragsänderung hat der Kläger unter dem Gesichtspunkt einer Stö-rung der Geschäftsgrundlage keinen Anspruch; denn aufgrund des beim Kläger liegenden Vermietungsrisikos ist die Belastung mit den Betriebskosten leerste-hender Wohnungen - zumindest bei einem Leerstand geringen Umfangs oder kurzer Dauer - für den Kläger nicht unzumutbar, so dass ein Eingriff in die be-stehende vertragliche Vereinbarung über den Verteilungsschlüssel für die Be-triebskosten nicht gerechtfertigt ist. Von einer krassen Unbilligkeit, die der Ge-setzgeber als Voraussetzung für einen Anspruch auf ein Abweichen von dem Flächenschlüssel im Blick hatte, kann jedenfalls bei geringfügigen oder kurzfris-tigen Leerständen nicht gesprochen werden.

cc) Hinzu kommt, dass nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Amtsgerichts, auf die das Berufungsgericht Bezug genommen hat, allein auf die Kosten des Wasserverbrauchs rund 62 % der Betriebskosten entfallen, für wel-che der Kläger eine Änderung des Verteilungsschlüssels begehrt. Hinsichtlich dieses überwiegenden Teils der vom Kläger als unbillig empfundenen Belastung ist ein Anspruch auf eine Änderung des vereinbarten Abrechnungsmaß-stabs auch deshalb zu verneinen, weil es der Kläger, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, selbst in der Hand hat, eine Kostenbeteiligung leer-stehender Wohnungen, in denen ein Wasserverbrauch nicht stattfindet, von sich abzuwenden. Durch den Einbau von Wasseruhren ließe sich der Wasser-verbrauch in den Wohnungen konkret erfassen und eine verbrauchsabhängige Umlegung dieser Betriebskosten ohne Zustimmung des Mieters erreichen (§ 556 a Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 BGB). Soweit die Revision, ohne dies näher auszuführen, geltend macht, dass der Einbau von Wasseruhren unter Umstän-den in keinem wirtschaftlichen Verhältnis zu den Ergebnissen stehen würde, handelt es sich um neuen Vortrag, der schon gemäß § 559 Abs. 1 ZPO nicht zu berücksichtigen ist. Dass etwa die verbleibenden - verhältnismäßig geringen - Betriebskosten, die auf Müll und Strom entfallen, schon für sich genommen ei-nen Anspruch auf eine Vertragsänderung rechtfertigen könnten, legt der Kläger ebenfalls nicht dar.

b) Der Kläger hat einen Anspruch auf die begehrte Vertragsänderung auch nicht unter dem allgemeinen Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB).

Es kann dahingestellt bleiben, ob für einen solchen Anspruch noch auf § 242 BGB zurückgegriffen werden kann (so weiterhin Blank/Börstinghaus, aaO; dagegen Sternel, aaO, 246), nachdem das Rechtsinstitut der Geschäfts-grundlage nicht mehr aus § 242 BGB abzuleiten, sondern nunmehr in § 313 BGB kodifiziert ist. Jedenfalls ändern sich die materiellen Voraussetzungen für einen Anspruch des Vermieters auf Änderung des vertraglich vereinbarten Ver-teilungsschlüssels wegen leerstehender Wohnungen nicht dadurch, dass der Anspruch - statt aus der Neuregelung des § 313 BGB - weiterhin aus § 242 BGB hergeleitet wird. Maßgebend für einen solchen Anspruch war und ist auch im Rahmen einer Beurteilung nach § 242 BGB, ob es dem Vermieter aus be-sonderen Gründen ausnahmsweise unzumutbar ist, am vertraglich vereinbarten Flächenschlüssel festgehalten zu werden. Dementsprechend wird auch von den Befürwortern einer Ableitung des Abänderungsanspruchs aus dem allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) darauf abgestellt, ob der bishe-rige Verteilungsschlüssel infolge einer Änderung der tatsächlichen Verhältnisse unter Berücksichtigung des beim Vermieter liegenden Leerstandsrisikos grob unbillig geworden ist (Blank/Börstinghaus, aaO; ähnlich auch Langenberg, aaO, F Rdnr. 7 ff.). Dies ist hier - wie vorstehend dargelegt (unter a) - schon deshalb nicht der Fall, weil der Kläger begehrt, zukünftig auch bei vorübergehendem Leerstand nur einer einzigen Wohnung von jeder Beteiligung an den Kosten für Wasser, Müll, Hausbeleuchtung und Fahrstuhlstrom freigestellt zu werden.

c) Schließlich spricht - unabhängig von der gesetzlichen Anknüpfung an § 313 oder § 242 BGB - gegen das Begehren des Klägers, dass die von ihm erstrebte Änderung des Abrechnungsmaßstabes nachteilige Folgen für den Mieter mit sich brächte, für die eine sachliche Rechtfertigung nicht gegeben ist. Das Berufungsgericht hat mit Recht darauf hingewiesen, dass die Abrechnung für den Mieter unübersichtlich würde und nur mit erheblichem Mehraufwand überprüft werden könnte, wenn sich der Abrechnungsmaßstab - entsprechend dem uneingeschränkten Klageantrag - in Abhängigkeit von Anzahl und Größe der jeweils leerstehenden Wohnungen ändern würde. Nach dem eigenen Vor-bringen des Klägers unterliegt der Leerstand des Gebäudes einer ständigen Veränderung. So war etwa im Monat April 2005 - anders als in den vorange-gangenen Jahren - nur eine der 35 Wohnungen nicht vermietet, im Mai 2005 sollte eine weitere Wohnung frei werden und ab dem Monat Juli 2005 sollte mit dem Leerstand einer dritten Wohnung zu rechnen sein. Ein in Abhängigkeit von der Anzahl und der unterschiedlichen Größe leerstehender Wohnungen - unter Umständen monatlich - wechselnder Abrechnungsmaßstab ist für den Mieter wegen der daraus entstehenden Unübersichtlichkeit der Abrechnung und des damit verbundenen Überprüfungsaufwands nicht zumutbar und würde auch dem Zweck der gesetzlichen Regelung des § 556 a Abs. 1 Satz 1 BGB zuwider-laufen. Mit dem Umlegungsmaßstab der Wohnfläche wollte der Gesetzgeber einen leichter handhabbaren Verteilungsschlüssel vorschreiben, um Streitigkei-ten über die Betriebskostenabrechnung zu vermeiden (vgl. BT-Drucks. aaO). Dieses Ziel würde verfehlt, wenn sich die Bezugsgrößen für den Flächen-schlüssel - entsprechend dem wechselnden Leerstand - während des Mietver-hältnisses laufend ändern würden.

Dr. Deppert
Dr. Deppert
Ball für den seit 31. Mai 2006 in Ruhestand befindlichen Richter am Bundesgerichtshof Dr. Beyer
Dr. Leimert
Dr. Frellesen

Vorinstanzen

AG Berlin-Charlottenburg, Entscheidung vom 23.02.2005 - 209 C 541/04 -; LG Berlin, Entscheidung vom 21.06.2005 - 65 S 64/05 -

Rechtsgebiete

Mietrecht

Normen

BGB § 556 a