Zulässigkeit von Ranglisten in einem Handbuch über Anwaltskanzleien

Gericht

BGH


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

09. 02. 2006


Aktenzeichen

I ZR 124/03


Leitsatz des Gerichts

Veröffentlicht ein Verlag in einer Publikation Ranglisten - nach Region und Fachbereich -, in denen Rechtsanwälte nach Recherchen des Verlags in einer Reihenfolge aufgrund einer subjektiven Einschätzung ihrer Reputation aufge-führt werden, kann eine Absicht des Verlags nicht angenommen werden, den Wettbewerb der in den Ranglisten angeführten Rechtsanwälte zu fördern.

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 29. Zivilsenats des Oberlandes-gerichts München vom 27. März 2003 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand


Tatbestand:

Die Beklagte zu 1, deren Geschäftsführer die Beklagten zu 2 und 3 sind, ist ein Verlag für juristische Informationen mit Sitz in K. . Sie gibt seit 1998 ein Handbuch heraus, das nach Regionen und Rechtsgebieten untergliedert im Bereich des Wirtschaftsrechts tätige Rechtsanwaltskanzleien in Ranglisten ein-gruppiert. Das Handbuch ist in einen redaktionellen Teil und einen Anzeigenteil gegliedert. Der redaktionelle Teil enthält nach den Benutzerhinweisen in einem nationalen Überblick eine Analyse des Marktes bundesweit und international tätiger Kanzleien, eine regionale Übersicht wichtiger Kanzleien in den verschie-denen Regionen und nach Rechtsgebieten geordnete Kapitel, in denen bundesweit tätige Kanzleien und Rechtsanwälte vorgestellt werden, die sich be-sonders auf das jeweilige Sachgebiet konzentrieren.

Die Handbücher der jeweiligen Jahrgänge enthalten einführende Infor-mationen. In der Ausgabe 1998/99 des Handbuchs heißt es auszugsweise wie folgt:

"Das vorliegende Handbuch ist vor allem für Mandanten und Rechtsanwälte bestimmt und soll dazu beitragen, den zunehmend reicheren, aber auch unübersichtlicheren Markt anwaltlicher Dienstleistungen für Wirtschaftsunternehmen transparenter zu machen. … Im Rahmen einer Recherchearbeit, die in diesem Umfang bisher in Deutschland noch nicht unternommen worden ist, hat JuVe hunderte von Interviews mit Akteuren am Markt - Anwälten, Mandanten und juris-tischen Akademikern - geführt, um deren Wahrnehmung und Einschät-zung des Marktes und bestimmter Kanzleien zu ermitteln. Dabei wur-den Kanzleien unterschiedlichster Ausrichtung und Größe berücksich-tigt, denen nur eines gemeinsam ist: Sie haben sich mit ihrer Arbeit ei-nen Namen gemacht. Die Größe einer Kanzlei allein ist also kein Aus-wahlkriterium.

Im Einführungsteil am Anfang jedes Kapitels werden die Markttrends innerhalb einer ausgewählten Region oder eines bestimmten Rechtsbe-reichs analysiert (z.B. der Südwesten des Landes oder das Steuer-recht). Die Kanzleien, die laut unserer Recherche besondere Reputati-on genießen (eine zwar subjektive Einschätzung, die den Markt jedoch bedeutend prägt - vergleiche die Erläuterungen im Einführungskapitel), werden jeweils im Anschluss in einer Rangfolge aufgelistet. Selbstver-ständlich praktizieren bundesweit bedeutend mehr Kanzleien, als in diesem Handbuch für die einzelnen Rechtsbereiche und Regionen auf-geführt werden.

Danach werden die Aktivitäten dieser Kanzleien in den ausgewählten Regionen oder Rechtsbereichen erläutert und analysiert. Gegebenen-falls werden auch Beispiele aus der Mandantenschaft gegeben.

In Rechtsbereichen, in denen der Ruf einzelner Anwälte von Bedeutung für den Markt ist, haben wir auch Tabellen bedeutender Persönlichkei-ten angefertigt. Sie umfassen die Anwälte, die von Kollegen und Klien-tel besonders häufig empfohlen werden. Zu diesem Teil ein wichtiger Hinweis der Redaktion: Die von der Redak-tion getroffene Auswahl der Anwälte und Kanzleien ist eine subjektive und reflektiert lediglich die Recherche der Redaktion. Der Verlag impli-ziert mit seiner Auswahl keine Geringerschätzung anderer, in diesem Handbuch nicht genannter Anwälte und Kanzleien. Die Darstellung zu den ausgewählten Kanzleien stellt keine Werbung dar und ist nicht käuflich.

Die Redaktion hat größte Sorgfalt auf die genaue Wiedergabe der uns zur Verfügung gestellten Informationen gelegt, kann jedoch keine Ver-antwortung für die Qualität von Empfehlungen, für die fehlende Erwäh-nungen oder für sonstige inhaltliche Fehler oder Irrtümer bei der Erstel-lung dieses Handbuchs übernehmen."

In dem redaktionellen Teil sind im Rahmen der Darstellung der Regionen und der Rechtsgebiete Tabellen angeführt, in denen ausgesuchte Rechtsanwaltskanzleien einzeln oder alphabetisch geordnet in einer Rangfolge aufgrund eines sogenannten "Kanzleiranking" aufgelistet sind. Im Anschluss an diese Tabellen heißt es jeweils:

"Die hier getroffene Auswahl der Kanzleien ist eine subjektive und re-flektiert lediglich die auf zahlreichen Interviews basierende Recherche der Redaktion. Der Verlag impliziert damit keine Geringschätzung der anderen in diesem Gebiet tätigen, hier jedoch nicht genannten Kanzleien. Innerhalb der einzelnen Gruppen sind die Kanzleien alphabetisch geordnet."

Die Handbücher der Beklagten zu 1 werden durch bezahlte Anzeigen von Kanzleien finanziert und im Wesentlichen kostenlos verteilt.

Die Kläger sind Rechtsanwälte und Mitglieder einer überörtlichen Kanz-lei. Sie halten die Rangeinstufungen, bei denen eine Vielzahl von im Wirt-schaftsrecht tätigen Rechtsanwaltskanzleien keine Erwähnung findet, für wettbewerbswidrig. Sie haben geltend gemacht, objektive Merkmale für die Reputa-tion der Anwälte, auf denen die Einstufungen beruhten, gebe es nicht. Ein Qua-litätsvergleich von Rechtsanwälten sei unzulässig, weil nachprüfbare Kriterien fehlten und die in die Rangordnung nicht aufgenommenen Anwälte herabge-setzt würden. Die Ranglisten stellten unzulässige vergleichende Werbung dar, weil es an objektiven und nachprüfbaren Fakten fehle. Auch werde der Verbraucher darüber irregeführt, dass es sich um objektive Informationen han-dele. Die Beschränkung der Darstellungen im Handbuch auf wenige Kanzleien mit Schwerpunkt auf Großkanzleien gefährde den Leistungswettbewerb.

Die Kläger haben beantragt,

die Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr Druckschriften über Rechtsanwälte oder Wirtschaftskanz-leien, insbesondere das Handbuch "Wirtschaftskanzleien - Rechtsanwälte für Unternehmen" zu verbreiten oder an der Ausstellung solcher Druckschriften mitzuwirken oder für diese zu werben, so-fern diese drucktechnisch und/oder farblich hervorgehobene Auf-stellungen enthalten, in denen Rechtsanwälte oder Anwaltssozie-täten für geographische Regionen und/oder für Rechtsbereiche in einer Rangfolge aufgelistet werden, bei der auf die Reputation der einzelnen Anwälte oder Kanzleien Bezug genommen wird.

Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten. Sie haben vorgetragen, ihre Informationen beruhten nicht nur auf Angaben der Rechtsanwälte, die in dem Handbuch Erwähnung fänden, sondern auf einer Vielzahl von Interviews mit juristisch vorgebildeten Akademikern, Mandanten und ausländischen Kanz-leien. Es bestehe kein Zusammenhang zwischen der Erteilung von Anzeigen-aufträgen einerseits und der Erwähnung im redaktionellen Teil sowie der Ein-gruppierung in die Ranglisten andererseits. Ein Verbot der Berichterstattung verstoße gegen die in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleistete Pressefreiheit.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen (LG München ZIP 2000, 1593). Auf die Berufung der Kläger hat das Berufungsgericht die Beklagten an-tragsgemäß verurteilt (OLG München NJW 2001, 1950). Der Senat hat die hiergegen gerichtete Revision durch Beschluss vom 21. Februar 2002 nicht an-genommen. Auf die Verfassungsbeschwerde der Beklagten hat das Bundesver-fassungsgericht das Berufungsurteil und die Entscheidung des Senats durch Beschluss vom 7. November 2002 aufgehoben und die Sache an das Beru-fungsgericht zurückverwiesen (WRP 2003, 69 = NJW 2003, 277). Das Beru-fungsgericht hat die Berufung daraufhin zurückgewiesen (OLG München GRUR 2003, 719 = NJW 2003, 1534).

Dagegen richtet sich die (vom Berufungsgericht zugelassene) Revision der Kläger. Die Beklagten beantragen, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe


Entscheidungsgründe:

I. Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch verneint. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Ein Verstoß gegen § 2 UWG (a.F.) sei nicht gegeben. Die Ranglisten sei-en keine vergleichende Werbung i.S. von § 2 Abs. 1 UWG (a.F.). Von dieser Vorschrift werde nur eine Werbung erfasst, die einen Mitbewerber oder die von diesem angebotenen Waren oder Dienstleistungen erkennbar mache. Die Be-klagten seien nicht Mitbewerber der in den Tabellen herausgehobenen Anwaltskanzleien.

Der Unterlassungsanspruch folge auch nicht aus § 1 UWG (a.F.) oder § 3 UWG (a.F.). Das begehrte generelle Verbot von Ranglisten könnten die Kläger nicht verlangen. Es gehe über die konkrete Verletzungsform durch Ver-öffentlichung in den Handbüchern hinaus und sei nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht erforderlich, wenn klarstellende Zusätze aus-reichten, um Irreführungen auszuschließen. Danach seien Fallgestaltungen denkbar, bei denen Ranglisten mit hinreichend klarstellenden Zusätzen zulässig seien.

Das in dem umfassenden Unterlassungsbegehren als Minus enthaltene Verbot der konkreten Verletzungsform sei nicht gerechtfertigt. Eine auf § 1 UWG (a.F.) gestützte Einschränkung der Meinungsfreiheit setze nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auf den konkreten Fall bezogene Feststellungen zur Gefährdung des Leistungswettbewerbs durch sittenwidriges Verhalten voraus. Diese Feststellungen könnten auf der Grundlage des Sach- und Streitstands nicht getroffen werden. Die in den Ranglisten enthaltenen wer-tenden Äußerungen unterfielen dem Schutz der Meinungsfreiheit und dürften nur unter besonderen Umständen beschränkt werden. Nicht ausreichend sei, dass für die Einordnung in die Ranglisten die Reputation der Anwaltskanzleien mitbestimmend sei.

Eine wettbewerbsrechtliche Unlauterkeit lasse sich nicht aus der Vor-spiegelung einer in Wirklichkeit nicht stattfindenden redaktionellen Recherche herleiten. Aus der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme ergebe sich, dass bei der Herstellung des Handbuchs nicht lediglich Informationen Dritter ohne kritische Distanz in das Gewand eines redaktionellen Beitrags gekleidet würden. Eine Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise ergebe sich nicht aus einer fehlenden Offenlegung der Bewertungsgrundlagen der Einstufungen. Angesprochen werde durch das Handbuch ein Fachpublikum. Dieses sei auf-grund der beigefügten Erläuterungen zu einer kritischen Einschätzung der Ranglisten in der Lage. Dem Publikum werde nahe gebracht, dass die Ranglis-ten auf einer subjektiven Einschätzung einer Vielzahl von Mandanten, Anwälten und Akademikern aus dem In- und Ausland und der wiederum subjektiven Ü-bersetzung dieser Einschätzungen durch die Beklagte zu 1 beruhten. Es sei deshalb kein Raum für die Annahme, der Verkehr nehme an, die Ranglisten basierten auf objektiven Vergleichskriterien oder auch nur einer repräsentativen Erhebung aller relevanten Berufsgruppen. Auf die Behauptung der Kläger, die begünstigten Kanzleien würden Kopien der betreffenden Tabellen ohne die er-läuternden Hinweise verschicken, komme es nicht an. Es sei nicht dargetan, dass dieses Verhalten der Kanzleien von den Beklagten veranlasst oder gedul-det werde.

Es lasse sich auch nicht feststellen, dass die Beklagten durch die Veröf-fentlichung der Ranglisten in sittenwidriger Weise auf die Aufgabe von Insera-ten hingewirkt hätten. Hierzu reiche das Interesse der Beklagten an der Akquisi-tion von Anzeigenaufträgen nicht aus. Nach dem unwiderlegten Vorbringen der Beklagten werde den Rechtsanwaltskanzleien die Möglichkeit der Anzeigen-schaltung im zweiten Teil erst angeboten, wenn über die Berücksichtigung im redaktionellen Teil entschieden sei. Unerheblich sei, ob den Rechtsanwälten, die durch Interviews und Schal-tung von Anzeigen an dem Erscheinen des Handbuchs mitwirkten, nach dem einschlägigen Werberecht die Erstellung der Tabellen verboten sei. Daraus fol-ge nicht, dass den Beklagten, die die Pressefreiheit für sich in Anspruch neh-men könnten, ein derartiges Verhalten zu untersagen sei.

Der mit der Platzierung in den Tabellen verbundene Wettbewerbsvor-sprung für die hierdurch herausgehobenen Kanzleien, darunter viele Großkanz-leien, sei nicht so gravierend, dass dies eine Beschränkung des Grundrechts der Meinungsfreiheit rechtfertigen könne.

Ein Verstoß gegen § 3 UWG (a.F.) sei nicht gegeben. Es handele sich bei den Ranglisten nicht um Angaben im Sinne dieser Vorschrift, weil es sich nach den Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts bei den in Rede ste-henden Einstufungen um Werturteile handele.

II. Die Revision hat keinen Erfolg. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass den Klägern der begehrte Unterlassungsanspruch nicht zusteht, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.

1. Das Berufungsgericht hat angenommen, bei den beanstandeten Rang-folgetabellen handele es sich nicht um vergleichende Werbung i.S. von § 2 Abs. 1 UWG a.F. Dagegen wendet sich die Revision im Ergebnis ohne Erfolg.

a) Der Vertrieb und die Bewerbung der von der Beklagten zu 1 heraus-gegebenen Handbücher mit den beanstandeten Ranglisten stellt keine nach § 1 i.V. mit § 2 UWG a.F. unlautere vergleichende Werbung dar.

Vergleichende Werbung ist nach § 2 Abs. 1 UWG a.F. jede Werbung, die unmittelbar oder mittelbar einen Mitbewerber oder von einem Mitbewerber an-gebotene Waren oder Dienstleistungen erkennbar macht. Durch die Vorschrift ist Art. 2 Nr. 2a der Richtlinie 84/450/EWG des Rates vom 10. September 1984 über irreführende und vergleichende Werbung (ABl. EG Nr. L 250, S. 17) in der durch die Richtlinie 97/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Oktober 1997 (ABl. EG Nr. L 290, S. 18) geänderten Fassung (im Fol-genden: Richtlinie 84/450/EWG) umgesetzt worden. Der Begriff der verglei-chenden Werbung nach § 2 Abs. 1 UWG a.F. ist daher richtlinienkonform aus-zulegen. Werbung ist nach Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 84/450/EWG jede Äuße-rung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Be-rufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleis-tungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen zu fördern.

Vergleichende Werbung i.S. von § 2 Abs. 1 UWG a.F. setzt danach neben der objektiven Eignung, den Absatz von Waren oder Dienstleistungen einer Person zum Nachteil einer anderen zu begünstigen, in subjektiver Hin-sicht zusätzlich die Absicht voraus, den eigenen oder fremden Wettbewerb zum Nachteil eines anderen zu fördern, sofern diese Absicht nicht völlig hinter ande-ren Beweggründen zurücktritt (vgl. BGHZ 136, 111, 117 - Kaffeebohne; BGH, Urt. v. 17.1.2002 - I ZR 161/99, GRUR 2002, 633, 635 = WRP 2002, 828 - Hor-monersatztherapie).

b) Von einer Absicht der Beklagten, den Wettbewerb der in den Ranglis-ten genannten Rechtsanwaltskanzleien zu Lasten derjenigen Rechtsanwälte zu fördern, die in den Listen nicht oder an weniger herausgehobener Stelle ange-führt sind, ist - worauf die Revisionserwiderung zutreffend hinweist - im Streitfall nicht auszugehen. Die objektive Eignung des Verhaltens der Beklagten, den Absatz der Dienstleistungen von Rechtsanwaltskanzleien zu fördern, die in den Ranglisten erwähnt werden, begründet wegen des den Beklagten zukommen-den allgemeinen Presseprivilegs nach Art. 5 Abs. 1 GG keine Vermutung für eine Wettbewerbsabsicht (vgl. BGH, Urt. v. 10.11.1994 - I ZR 216/92, GRUR 1995, 270, 272 = WRP 1995, 186 - Dubioses Geschäftsgebaren; Urt. v. 13.4.2000 - I ZR 282/97, GRUR 2000, 703, 706 = WRP 2000, 1243 - Mattscheibe). Vielmehr bedarf es in Fällen, in denen keine Vermutung für das Vorliegen einer Wettbewerbsförderungsabsicht besteht, der Feststellung kon-kreter Umstände, wonach neben der Wahrnehmung der publizistischen Aufga-be die Absicht des Presseorgans, eigenen oder fremden Wettbewerb zu för-dern, eine größere als nur eine notwendigerweise begleitende Rolle gespielt hat (BGH, Urt. v. 30.4.1997 - I ZR 196/94, GRUR 1997, 912, 913 = WRP 1997, 1048 - Die Besten I; Urt. v. 30.4.1997 - I ZR 154/95, GRUR 1997, 914, 915 = WRP 1997, 1051 - Die Besten II).

aa) Eine Absicht der Beklagten, den Wettbewerb der Beklagten zu 1 im Verlagsgeschäft zu fördern, hat vorliegend allerdings außer Betracht zu bleiben. Die Kläger werden durch eine Förderung des Verlagsgeschäfts der Beklagten zu 1 in ihrer Rechtsstellung nicht betroffen (BGH, Urt. v. 12.6.1997 - I ZR 36/95, GRUR 1998, 167, 168 = WRP 1998, 48 - Restaurantführer).

bb) Es kommt entscheidend darauf an, ob die Beklagten in der Absicht handelten, den Wettbewerb der in den Ranglisten angeführten Rechtsanwaltskanzleien über das mit der Wahrnehmung ihrer publizistischen Aufgabe not-wendigerweise verbundene Maß hinaus zu fördern. Davon ist das Berufungsge-richt unter Bezugnahme auf seine erste Entscheidung ausgegangen. Es hat angenommen, die von den Beklagten vorgenommene Ranggruppeneinteilung stelle eine Anpreisung dieser Rechtsanwaltskanzleien mit einem hohen Werbe-effekt dar, die den Rahmen einer sachlichen Information über die Spezialisie-rung und die Qualifikation der Anwaltskanzleien verlasse. Es handele sich um eine wettbewerbsrechtlich ins Gewicht fallende Begleiterscheinung der journa-listischen Berichterstattung. Die Absicht, den fremden Wettbewerb zu fördern, werde besonders deutlich durch die Kombination von redaktionellem Teil und den als "Kanzleiprofile" und "Partnerprofile" bezeichneten bezahlten Anzeigen im zweiten Teil. Auch wenn kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen einem Anzeigenauftrag und der Rangeinstufung bestehe, könne nicht außer Betracht bleiben, dass die Handbücher überwiegend unentgeltlich vertrieben würden und die Beklagten deshalb ein ureigenstes wirtschaftliches Interesse daran hätten, größere zahlungskräftige Anwaltskanzleien in die Rankinglisten aufzunehmen. Die Förderung des Wettbewerbs der in den Listen angeführten Kanzleien wirke sich dadurch auf den wirtschaftlichen Erfolg des Handbuchs aus, was keine notwendige Begleiterscheinung der journalistischen Berichterstattung sei. Diesen Ausführungen des Berufungsgerichts kann nicht zugestimmt werden.

Die Aufnahme von zuvor im redaktionellen Teil besprochener Rechtsan-waltskanzleien in Ranglisten ist bei der konkreten Art der Darstellung und unter Berücksichtigung der erläuternden Hinweise keine übermäßig anpreisende Darstellung, mit der die Beklagten den Boden sachlicher Information verlassen. Die Zusammenfassung des Inhalts eines jeweiligen Abschnitts einer Publikation durch graphische Hervorhebung - sei es vorangestellt oder im Anschluss an den Text - ist eine bei Presseerzeugnissen nicht unübliche Darstellung. Den hiermit verbundenen Werbeeffekt relativieren die Beklagten mit dem jeder Rangliste folgenden ausdrücklichen Hinweis auf die Subjektivität der Einschät-zung. Verstärkt wird dies noch durch die Erläuterungen in der Einleitung der Handbücher, in denen die Beklagten die nur wertende Einschätzung der Rei-henfolge nochmals hervorheben. Daraus wird deutlich, dass die Aufnahme und Einordnung der Rechtsanwälte und Kanzleien in die Ranglisten auf einer zwei-fach subjektiven Einschätzung beruhen. In einem ersten Schritt geben die auf dem Markt Handelnden ihre eigene Einschätzung ab. In einem zweiten Schritt erfolgt eine ebenfalls subjektive Umsetzung dieser wertenden Einschätzungen durch die Beklagte zu 1. Das Berufungsgericht hat in anderem Zusammenhang zudem rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die angesprochenen Verkehrskreise, bei denen es sich um ein Fachpublikum handelt, zu einer kritischen Würdigung der Ranglisten aufgrund der von den Beklagten gegebenen Erläuterungen in der Lage sind. Dem kann die Revision nicht mit Erfolg entgegenhalten, die Grundlagen für die Einstufung der Ranglisten seien nur sehr allgemein gehal-ten. Es fehlten nähere Angaben zu der Anzahl der geführten Gespräche und der ausgesprochenen Empfehlungen und dazu, dass die Empfehlungen nicht nur auf Erklärungen befreundeter Rechtsanwälte beruhten. Dahingehende Informationen können die angesprochenen Verkehrskreise aber, wie das Beru-fungsgericht zutreffend angenommen hat, den erläuternden Hinweisen zum Zustandekommen der Ranglisten entnehmen.

Eine Absicht, fremden Wettbewerb zu fördern, folgt auch nicht aus einem besonderen Interesse der Beklagten, zahlungskräftige Anwaltskanzleien in die Ranglisten aufzunehmen, um deren Bereitschaft zu erhöhen, Anzeigen zu schalten. Anzeigenfinanzierte Medien sind regelmäßig darauf angewiesen, die werbenden Verkehrskreise zur Schaltung von Anzeigen zu veranlassen (vgl. BVerfG WRP 2003, 69, 71). Diesem weit verbreiteten allgemeinen Interesse bei der Herausgabe von Publikationen ist für sich genommen nichts dafür zu ent-nehmen, dass beim Erstellen der Rangliste ein Handeln zur Förderung fremden Wettbewerbs vorliegt. Dass die Beklagten die Aufnahme in die Ranglisten in irgendeiner Weise mit dem Anzeigengeschäft verknüpfen, hat das Berufungs-gericht nicht festgestellt. Gegenteiliges wird auch von der Revision nicht geltend gemacht.

2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision auch dagegen, dass das Beru-fungsgericht eine wettbewerbsrechtliche Unlauterkeit der Ranglisten in den Handbüchern nach § 1 UWG a.F. mit der Begründung verneint hat, eine Ge-fährdung des Leistungswettbewerbs habe nicht konkret festgestellt werden können. Ein Unterlassungsanspruch nach § 1 UWG a.F. scheidet schon des-halb aus, weil die notwendige Wettbewerbsförderungsabsicht fehlt. Das Vorlie-gen dieser Absicht ist unerlässliches Erfordernis eines Unterlassungsanspruchs nach § 1 UWG a.F. (vgl. BGH, Urt. v. 22.5.1986 - I ZR 72/84, GRUR 1986, 898, 899 - Frank der Tat; BGHZ 136, 111, 117 - Kaffeebohne; BGH, Urt. v. 19.2.1998 - I ZR 120/95, GRUR 1998, 947, 948 = WRP 1998, 595 - AZUBI '94).

Aus denselben Gründen scheidet auch ein Unterlassungsanspruch we-gen irreführender Werbung nach § 3 UWG a.F. aus.

3. Den Klägern steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch auch nicht entsprechend § 1004 BGB i.V. mit § 1 UWG a.F., § 43b BRAO, § 6 BORA aufgrund einer Haftung der Beklagten als Störer zu. Für eine unzulässige Selbstdarstellung einzelner Rechtsanwälte können die Beklagten nicht zur Ver-antwortung gezogen werden.

a) Auch wer ohne Wettbewerbsförderungsabsicht und ohne Verschulden an dem Wettbewerbsverstoß eines Dritten beteiligt ist, kann als Störer zur Unterlassung verpflichtet sein, wenn er in zurechenbarer Weise an der Herbeifüh-rung der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitwirkt. Von Dritten, die eine rechts-widrige Beeinträchtigung lediglich objektiv durch ihr Handeln unterstützen, darf jedoch durch eine Störerhaftung nichts Unzumutbares verlangt werden. Die Haftung als Störer setzt daher die Verletzung von Prüfungspflichten voraus. Die Beurteilung, ob und inwieweit eine Prüfung zuzumuten war oder ist, richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls, wobei die Funktion und Aufga-benstellung des als Störer in Anspruch Genommenen sowie die Eigenverant-wortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat oder vornimmt, zu berücksichtigen sind (BGHZ 158, 236, 251 - Internet-Versteigerung; 158, 343, 350 - Schöner Wetten). Im Hinblick auf das den Beklagten zukommende Privileg des Art. 5 GG, zur Erfüllung eines all-gemeinen Informationsinteresses beizutragen, sind an die ihnen obliegenden Prüfungspflichten keine zu strengen Anforderungen zu stellen. Die Störerhaf-tung kann deshalb im Ergebnis zu keiner weiterreichenden Haftung der Beklag-ten führen als die Beurteilung ihres Handelns unter dem Gesichtspunkt der Wettbewerbsförderungsabsicht (s.o.). Eine Haftung der Beklagten nach den Grundsätzen zur Störerhaftung im Wettbewerbsrecht besteht nicht.

b) Eine Verletzung von Verhaltenspflichten durch die Beklagten scheidet im Streitfall aus. Das Sachlichkeitsgebot der § 43b BRAO, § 6 Abs. 1 BORA, das sich mit der Zulässigkeit anwaltlicher Werbung befasst, richtet sich aus-schließlich an Rechtsanwälte und nicht an Dritte. Die Einhaltung der Vorschrif-ten obliegt den Rechtsanwälten in eigener Verantwortung. Die Beklagten konn-ten sich darauf verlassen, dass die von ihnen angesprochenen Rechtsanwälte eigenständig prüfen, ob ihre Mitwirkung an der Erstellung der Ranglisten mit den berufsrechtlichen Werbevorschriften vereinbar ist, und ihre Mitarbeit an der Veröffentlichung der Ranglisten verweigern, wenn diese nicht ohne Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot möglich ist.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Ullmann
v. Ungern-Sternberg
Pokrant
Büscher
Bergmann

Vorinstanzen

LG München I, Entscheidung vom 20.06.2000 - 9 HKO 10278/99 -; OLG München, Entscheidung vom 27.03.2003 - 29 U 4292/00 -

Rechtsgebiete

Wettbewerbsrecht; Presserecht

Normen

UWG a.F. §§ 1, 2 Abs. 1