Beschwer bei erfolgloser Klage auf Beseitigung einer Parabolantenne

Gericht

BGH


Art der Entscheidung

Beschluss


Datum

17. 05. 2006


Aktenzeichen

VIII ZB 31/05


Leitsatz des Gerichts

Wird die Klage eines Vermieters auf Beseitigung einer durch den Mieter errichteten Satellitenempfangsantenne abgewiesen, richtet sich die Beschwer des Vermieters nach dem Wertverlust, den er durch eine von der Satellitenempfangsantenne verursachte Beeinträchtigung der Substanz und/oder des optischen Gesamteindrucks seines Hauses erleidet.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluss der 13. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 15. April 2005 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

Beschwerdewert: 300 €

Entscheidungsgründe


Gründe:

I.

Die Beklagten sind Mieter einer Wohnung im Hause der Klägerin. Die Klägerin verlangt von den Beklagten die Beseitigung einer Satellitenempfangs-antenne, die diese auf dem Balkon der Mietwohnung aufgestellt haben. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen.

Die Berufung der Klägerin hat das Landgericht als unzulässig verworfen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Rechtsbeschwerde.

II.

Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg

1. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Die Berufung sei unzulässig, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 € nicht übersteige. Der gemäß § 3 ZPO nach freiem Ermessen zu schät-zende Beschwerdewert richte sich nach den Kosten für die erstrebte Beseiti-gung der Parabolantenne. Diese seien mit höchstens 300 € zu veranschlagen, weil die Antenne nicht fest mit dem Haus verbunden sei, sondern in einem mit Beton ausgegossenen Eimer stehe. Ein höherer Beschwerdewert ergebe sich auch nicht, wenn entsprechend der Auffassung der Klägerin daneben ihr Inte-resse an der Beseitigung einer optischen Beeinträchtigung des Mietobjektes bei der Bemessung des Wertes berücksichtigt würde. Die Parabolantenne stelle nach dem von der Klägerin vorgelegten Foto keine nennenswerte Beeinträchti-gung des äußeren Erscheinungsbildes des Mietobjektes dar, weil sie zurück-versetzt hinter der Balkonbrüstung stehe und damit nicht aus der Fassade des Mietobjektes hervorrage; sie stelle sich wie jeder andere etwas größere auf dem Balkon abgestellte Gegenstand dar. 2. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Da die maßgeblichen Kriterien für die Bemessung des Beschwerdewerts bei Klagen auf Beseitigung einer von dem Mieter errichteten Satellitenempfangsantenne von der Recht-sprechung der Instanzgerichte unterschiedlich beurteilt werden, ist eine Ent-scheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

3. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch nicht begründet. Die Entscheidung des Landgerichts hält einer rechtlichen Überprüfung stand.

Bei der Prüfung, ob der Wert des Beschwerdegegenstandes den für die Zulässigkeit der Berufung nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erforderlichen Betrag von 600 € übersteigt, ist das Berufungsgericht nicht an eine Streitwertfestset-zung durch das erstinstanzliche Gericht gebunden (BGH, Beschluss vom 9. Februar 2006 - IX ZB 310/04, FamRZ 2006, 620 unter II 2 a; Beschluss vom 9. Juli 2004 - V ZB 6/04, NJW-RR 2005, 219 unter II 2 a m.w.Nachw.). Zutref-fend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Beschwerdewert bei einer Beseitigungsklage vom Gericht gemäß § 3 ZPO nach freiem Ermes-sen festzusetzen ist. Die Festsetzung kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht die Grenzen seines Ermes-sens überschritten oder von seinem Ermessen in einer dem Zweck der Ermäch-tigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (BGH, Beschluss vom 9. Februar 2006, aaO, unter II 2 a aa; Senatsbeschluss vom 9. Juni 2004 - VIII ZB 124/03, NJW 2004, 2904 unter II 2 b). Das ist hier im Ergebnis nicht der Fall.

a) Rechtsprechung und Schrifttum stellen bei der Bemessung des Streit-wertes einer Klage des Vermieters gegen den Mieter auf Beseitigung einer Pa-rabolantenne und entsprechend bei der Festsetzung des Beschwerdewertes für den in erster Instanz unterlegenen Vermieter teilweise - wie dies auch der Auf-fassung des Berufungsgerichts entspricht - ausschließlich auf die Kosten der Beseitigung ab (LG München I, WuM 1993, 745; LG Kiel, WuM 1996, 632; Schmidt-Futterer/Eisenschmid, MietR, 8. Aufl., § 535 Rdnr. 404; Schmidt-Futterer/Blank, aaO, § 541 Rdnr. 29; Blank/Börstinghaus, Miete, 2. Aufl., § 535 Rdnr. 327). Andere berücksichtigen sowohl die Kosten der Beseitigung als auch das Interesse des Vermieters an der Erhaltung des optischen Gesamteindrucks des Hauses (LG Frankfurt, WuM 2002, 378 = JurBüro 2002, 531 = ZMR 2002, 758; Schmittmann, JurBüro 1995, 509, 510). Eine dritte Auffassung hält dage-gen nur den Wert der Beeinträchtigung des Vermieters durch eine optische und/oder eine Substanzbeeinträchtigung des Hauses für maßgeblich (LG Bonn, WuM 1993, 468; LG Berlin, GE 1993, 805; Bub/Treier/Fischer, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., VIII Rdnr. 239a; Schneider, JurBüro 2002, 532).

Nach Ansicht des Senats entspricht allein die letztgenannte Auffassung dem Zweck des § 3 ZPO bei der Bemessung des Beschwerdewertes nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Beschwer richtet sich grundsätzlich nach dem Inte-resse des Rechtsmittelklägers an dem Erfolg seines Rechtsmittels (BGHZ 128, 85, 88). Dieses Interesse ist beim Kläger, dessen Klage in erster Instanz abge-wiesen worden ist und der sein Begehren in vollem Umfang weiterverfolgt, iden-tisch mit dem Wert seiner Klage. Der Wert einer Beseitigungsklage wird allge-mein durch das Interesse des Klägers an der Beseitigung bestimmt (Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 3 Rdnr. 47 "Abwehrklage"). Dieses bemisst sich bei der Störung von Grundeigentum grundsätzlich nach dem Wertverlust, den die Sache durch die Störung erleidet (BGH, Beschluss vom 23. Januar 1986 - V ZR 119/85, NJW-RR 1986, 737; Urteil vom 6. November 1998 - V ZR 48/98, ZfIR 1998, 749; MünchKommZPO/Schwerdtfeger, 2. Aufl., § 3 Rdnr. 45). Dafür ist ein zu erwartender Aufwand bei der Beseitigung der Antenne allenfalls mittelbar von Bedeutung, wenn man - bei einer mit der Anbringung der Antenne verbundenen Beeinträchtigung der Gebäudesubstanz - die auf die Wiederher-stellung des Gebäudes entfallenden Kosten als Anhaltspunkt für die Wertmin-derung betrachtet. Fehlt es wie hier an einer Substanzbeeinträchtigung, ist der Beseitigungsaufwand bei der Bemessung des Wertverlustes zu vernachlässi-gen. Unter dem Gesichtspunkt der Beseitigungskosten beeinträchtigt die Para-bolantenne in einem solchen Fall den Wert des Gebäudes nicht mehr als jeder andere Gegenstand, den ein Mieter am Ende der Mietzeit möglicherweise ver-tragswidrig in den Mieträumen zurücklässt.

Etwas anderes gilt dagegen für den Mieter, der zur Beseitigung der An-tenne verurteilt worden ist. Bei der Bewertung seiner Beschwer, die von derje-nigen des Vermieters abweichen kann (BGHZ 124, 313, 315 ff.; BGH, Be-schluss vom 15. Juni 2005 - XII ZR 104/02, WuM 2005, 525, unter II 2), kommt es auf die für die Beseitigung erforderlichen Aufwendungen an (LG Berlin, GE 2001, 1468; Schneider, aaO). Ob und mit welchem Wert darüber hinaus das Interesse des Mieters am Empfang von zusätzlichen Fernsehprogrammen des-sen Beschwer mit bestimmt (vgl. LG Erfurt, GE 2001, 1467; Schmidt-Futterer/Blank, aaO; Blank/Börstinghaus, aaO), bedarf im vorliegenden Fall kei-ner Entscheidung.

b) Das Berufungsgericht hat den Wertverlust, den die Klägerin durch die Anbringung und den weiteren Verbleib der Satellitenempfangsantenne auf dem Balkon der Wohnung der Beklagten erleidet, selbst unter zusätzlicher Berück-sichtigung von Beseitigungskosten mit nicht mehr als 300 € bewertet. Da die Antenne nicht durch Substanzeingriffe mit dem Balkon verbunden, sondern in einem mit Beton gefüllten Eimer aufgestellt ist, hat es dabei zu Recht allein auf die optische Beeinträchtigung des Hauses der Klägerin abgestellt. Diese hat es als gering bewertet, weil die Antenne sich nicht anders darstelle als jeder ande-re etwas größere Gegenstand, der auf dem Balkon abgestellt sei. Die genannte tatrichterliche Würdigung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, auch wenn es - wie die Rechtsbeschwerde geltend macht - so sein sollte, dass die Balkone am Haus der Klägerin nach den mietvertraglichen Vereinbarungen nur zum Abstellen von Balkon- oder Gartenmöbeln benutzt werden dürfen, soweit die abgestellten Gegenstände - wie die Satellitenempfangsantenne - nicht voll-ständig von der blickdichten Balkonbrüstung verdeckt werden. Die auf Seiten der Klägerin mit der von den Beklagten angebrachten Satellitenempfangsan-tenne verbundene Vermögensminderung hängt zwar nicht nur von der architek-tonischen Gestaltung des Hauses, sondern auch davon ab, ob und welche sonstigen Gegenstände sich im Übrigen regelmäßig und von außen sichtbar auf den Balkonen am Haus der Klägerin befinden. Die Rechtsbeschwerde zeigt jedoch keinen - vom Beschwerdegericht übergangenen - Sachvortrag der Klä-gerin auf, aus dem sich ergeben könnte, dass die Anbringung der Satelliten-empfangsanlage durch die Beklagten eine nachteilige Veränderung des vorhe-rigen optischen Gesamteindrucks des Hauses zur Folge hat, die eine Wertmin-derung von mehr als 600 € verursacht. Sie geht vielmehr selbst davon, dass der von einer Parabolantenne ausgehenden optischen Beeinträchtigung erfah-rungsgemäß ein Wert von lediglich "über 500 €" beizumessen ist.

Ball
Dr. Leimert
Wiechers
Dr. Wolst
Hermanns

Vorinstanzen

AG Oberhausen, Entscheidung vom 16.11.2004 - 32 C 2623/04 -; LG Duisburg, Entscheidung vom 15.04.2005 - 13 S 368/04 -

Rechtsgebiete

Verfahrens- und Zwangsvollstreckungsrecht

Normen

ZPO § 511 Abs. 2 Nr. 1, § 3