Abtretungsverbot in Allgemeinen Geschäftsbedingungen in der Regel zulässig

Gericht

BGH


Art der Entscheidung

Revisionsurteil


Datum

13. 07. 2006


Aktenzeichen

VII ZR 51/05


Leitsatz des Gerichts

  1. In Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist sowohl die Vereinbarung eines abgeschwächten als auch eines uneingeschränkten Abtretungsausschlusses grundsätzlich unbedenklich. Eine derartige Klausel ist nur dann nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, wenn ein schützenswertes Interesse des Verwenders an dem Abtretungsverbot nicht besteht oder die berechtigten Belange des Vertragspartners an der freien Abtretbarkeit vertraglicher Ansprüche das entgegenstehende Interesse des Verwenders überwiegen (st. Rspr., zuletzt Senat, Urteil vom 25. November 1999 - VII ZR 22/99, BauR 2000, 569, 570 = ZfBR 2000, 175 = NZBau 2000, 245). Diese Voraussetzungen sind nicht allein deshalb erfüllt, weil das Abtretungsverbot die Sicherung eines Lieferanten im Rahmen eines verlängerten Eigentumsvorbehalts vereitelt.

  2. Daran ist auch nach Inkrafttreten des § 354a HGB festzuhalten. Dessen entsprechende Anwendung auf Rechtsgeschäfte, die nicht für beide Vertragspartner ein Handelsgeschäft darstellen, kommt nicht in Betracht.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Offenburg vom 15. Februar 2005 aufgehoben. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Wolfach vom 26. Juli 2004 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand


Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von dem beklagten Insolvenzverwalter Auskunft über eine Werklohnforderung des Insolvenzschuldners gegen die A. GbR, an der sie ein Absonderungsrecht aus verlängertem Eigentumsvorbehalt geltend macht.

Die Klägerin belieferte den Insolvenzschuldner mit Baumaterialien zu ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die einen einfachen, erweiterten und verlängerten Eigentumsvorbehalt vorsehen. Aus den Lieferungen steht der Klägerin noch eine Gesamtforderung in Höhe von 9.364,93 € zu. Der Insolvenzschuldner verwendete einen Teil der gelieferten Baumaterialien für einen Bau in S. Diesem Bauvorhaben liegt ein Bauvertrag vom 18./23. September 2002 zwischen dem Insolvenzschuldner und der A. GbR zugrunde. Der Bauvertrag enthält u. a. die von der A. GbR gestellte Klausel: "Forderungsabtretungen sind unzulässig".

Das Amtsgericht hat die auf Auskunft über die Werklohnforderung des Insolvenzschuldners gegen die A. GbR gerichtete Klage mit der Begründung abgewiesen, der Klägerin stehe kein Auskunftsrecht zu, weil sie bezüglich der Forderungen aus den Lieferungen für das Bauprojekt der A. GbR nicht absonderungsberechtigt i. S. von § 51 InsO sei. Die im Rahmen des verlängerten Eigentumsvorbehalts vereinbarte Vorausabtretung der Werklohnforderungen sei aufgrund des Abtretungsverbots in den Vertragsbedingungen der A. GbR unwirksam. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht das Urteil des Amtsgerichts abgeändert und den Beklagten antragsgemäß zur Erteilung der begehrten Auskunft verurteilt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision will der Beklagte die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils erreichen.

Entscheidungsgründe


Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg.


I.

Das Berufungsgericht hält den Beklagten gemäß § 167 Abs. 2 Satz 1 InsO für verpflichtet, Auskunft über die Werklohnforderung des Insolvenzschuldners gegen die A. GbR zu erteilen. Der Insolvenzschuldner habe diese Forderung im Rahmen des verlängerten Eigentumsvorbehalts teilweise an die Klägerin abgetreten, weshalb diese nach § 51 Nr. 1 InsO absonderungsberechtigt sei. Die Abtretung sei trotz des Abtretungsverbots in den Vertragsbedingungen der A. GbR wirksam. Die von der A. GbR vorformulierte Klausel sei gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, weil sie den Insolvenzschuldner unangemessen benachteilige. Ein Bauunternehmer habe typischerweise ein Interesse daran, die benötigten Baustoffe auf Kredit zu erwerben und seine Werklohnforderungen in der branchenüblichen Form des verlängerten Eigentumsvorbehalts zur Sicherung dieses Kredits zu verwenden. Diese berechtigten Belange würden das Interesse des Bestellers an einer möglichst bequemen Zahlungsabwicklung überwiegen, weil der Unternehmer vorleistungspflichtig und darum regelmäßig auf Lieferantenkredite angewiesen sei, um den Vertrag überhaupt erfüllen zu können. Zudem zeige die Einführung des § 354a HGB, dass der Gesetzgeber dem Interesse des Gläubigers, seine Forderungen zum Zweck der Kreditschöpfung abtreten zu können, insgesamt einen gesteigerten Wert beimesse. Diese gesetzgeberische Wertung, die in dem zwingenden Charakter des § 354a HGB zum Ausdruck komme, sei im Rahmen der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB zu berücksichtigen.


II.

Das hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Der Klägerin steht gegen den Beklagten kein Auskunftsrecht hinsichtlich der Werklohnforderung des Insolvenzschuldners gegen die A. GbR zu. Aufgrund des in den Allgemeinen Vertragsbedingungen der A. GbR enthaltenen wirksamen Abtretungsverbots ist diese Forderung nicht (teilweise) an die Klägerin abgetreten worden.

1. Wie auch das Berufungsgericht zutreffend erkennt, steht der Wirksamkeit des Abtretungsverbots nicht § 354a HGB entgegen.

a) Eine unmittelbare Anwendung von § 354a HGB kommt nicht in Betracht. Jedenfalls für die A. GbR stellte der Werkvertrag mit dem Insolvenzschuldner kein Handelsgeschäft dar.

Nach den Feststellungen des Amtsgerichts, auf die das Berufungsgericht Bezug genommen hat, besteht die Geschäftstätigkeit der A. GbR allein darin, ein Firmengrundstück an die S. GmbH zu vermieten. Eine solche Tätigkeit begründet keine Kaufmannseigenschaft nach § 1 Abs. 1 HGB. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs betreibt eine Personengesellschaft, die sich auf die Verpachtung eines Betriebs oder einzelner Betriebsgegenstände beschränkt, kein Handelsgewerbe (BGH, Urteil vom 19. Februar 1990 - II ZR 42/89, NJW- RR 1990, 798, 799). An dieser Beurteilung ist auch nach dem Inkrafttreten des Handelsrechtsreformgesetzes (HRefG) vom 22. Juni 1998 festzuhalten.

b) § 354a HGB kann auch nicht entsprechend angewandt werden.

Ein Teil der Literatur befürwortet in unterschiedlichem Umfang eine analoge Anwendung von § 354a HGB auf Nichtkaufleute (vgl. z.B. Canaris, Großkommentar HGB, 4. Aufl., § 354a Rdn. 21; Baumbach/Hopt, HGB, 32. Aufl., § 354a Rdn. 1; MünchKommHGB/K. Schmidt, § 354a Rdn. 8). Eine analoge Anwendung von § 354a HGB auf Rechtsgeschäfte, die nicht für beide Vertragspartner ein Handelsgeschäft darstellen, ist jedoch mangels einer planwidrigen Regelungslücke nicht möglich.

Nach Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages zum Gesetzentwurf zu § 354a HGB (BT-Drucks. 12/7912, S. 25) soll die Aufnahme der Vorschrift im HGB sicherstellen, dass hierdurch nur der kaufmännische Geschäftsverkehr und der Verkehr mit der öffentlichen Hand erfasst werden. Belange der Verbraucher und der Arbeitnehmer sollen nicht berührt werden. Mit dieser Begründung hat der Gesetzgeber eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass eine erweiternde Auslegung des personalen Geltungsbereichs des § 354a HGB über seinen Wortlaut hinaus nicht in Betracht kommt.

2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts verstößt die formularmäßige Vereinbarung des Abtretungsverbots nicht gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.

a) Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass sowohl die Vereinbarung eines abgeschwächten wie auch, wie hier, eines uneingeschränkten Abtretungsausschlusses in Allgemeinen Geschäftsbedingungen grundsätzlich unbedenklich ist (vgl. BGH, Urteile vom 15. Juni 1989 - VII ZR 205/88, BGHZ 108, 52, 54 f., vom 29. Juni 1989 - VII ZR 211/88, BGHZ 108, 172, 174 f., vom 30. Oktober 1990 – IX ZR 239/89, NJW-RR 1991, 763 und vom 25. November 1999 - VII ZR 22/99, BauR 2000, 569, 570 = ZfBR 2000, 175 = NZBau 2000, 245). Eine solche Klausel ist nur dann nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, wenn ein schützenswertes Interesse des Verwenders an dem Abtretungsverbot nicht besteht oder die berechtigten Belange des Vertragspartners an der freien Abtretbarkeit vertraglicher Ansprüche das entgegenstehende Interesse des Verwenders überwiegen (BGH, Urteile vom 15. Juni 1989 - VII ZR 205/88, BGHZ 108, 52, 54 f., vom 30. Oktober 1990 – IX ZR 239/89, NJW-RR 1991, 763 und vom 11. März 1997 – X ZR 146/94, NJW 1997, 3434, 3436).

b) Dass derartige Umstände vorliegen, ist den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht zu entnehmen. Sie ergeben sich insbesondere nicht bereits daraus, dass das Abtretungsverbot die Sicherung der Klägerin als Lieferantin im Rahmen eines verlängerten Eigentumsvorbehalts vereitelt.

aa) Ein das schützenswerte Interesse der A. GbR überwiegender Belang des Insolvenzschuldners kann nicht allein darin gesehen werden, dass dieser als Werkunternehmer vorleistungspflichtig und darum regelmäßig auf Lieferantenkredite angewiesen ist, um den Vertrag überhaupt erfüllen zu können. Dies ist die typische Interessen- und Sachlage beim Werkvertrag. Dass die formularmäßige Vereinbarung eines Abtretungsverbots grundsätzlich auch dann unbedenklich ist, wenn die Klausel in einem Werkvertrag enthalten ist, hat der Senat bereits entschieden (Senat, Urteile vom 28. November 1968 – VII ZR 157/66, BGHZ 51, 113, 116 f. (zur Rechtslage vor Inkrafttreten des AGBGesetzes), vom 29. Juni 1989 - VII ZR 211/88, BGHZ 108, 172, 174 f. und vom 25. November 1999 - VII ZR 22/99, BauR 2000, 569, 570 = ZfBR 2000, 175 = NZBau 2000, 245).

bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts besteht auch nicht deshalb Anlass, von dieser Beurteilung abzuweichen, weil mit Wirkung zum 30. Juli 1994 die Vorschrift des § 354a HGB in Kraft getreten ist. Dieser Vorschrift ist nichts dafür zu entnehmen, dass die Wirksamkeit von Abtretungsverboten, die nicht in dem persönlichen Anwendungsbereich des § 354a HGB unterfallen, nach Ansicht des Gesetzgebers einer Einschränkung unterliegen sollten, soweit sie in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbart sind.


III.

Das Berufungsurteil kann daher keinen Bestand haben. Da weitere tatsächliche Feststellungen nicht zu erwarten sind, kann der Senat die Überprüfung der das Abtretungsverbot enthaltenden Klausel selbst vornehmen und abschließend entscheiden.

Das Abtretungsverbot ist wirksam. Es ist weder ersichtlich, dass ein schützenswertes Interesse der A. GbR an dem Abtretungsverbot nicht besteht, noch dass die berechtigten Belange des Insolvenzschuldners an der freien Abtretbarkeit vertraglicher Ansprüche das entgegenstehende Interesse der A. GbR überwiegen. Da mithin der Insolvenzschuldner die Werklohnforderungen gegen die A. GbR nicht wirksam an die Klägerin abgetreten hat, steht dieser gegen den Beklagten kein Anspruch auf Auskunft über die Werklohnforderung zu.

Vorinstanzen

AG Wolfach, 1 C 147/03, 26.07.2004; LG Offenburg, 1 S 147/04, 15.02.2005

Rechtsgebiete

Allgemeines Zivilrecht

Normen

BGB §§ 307 Abs. 1 Satz 1 Ce, 399; HGB § 354a