Schutz beschreibender Begriffe mit Hilfe einer bildlichen Ausgestaltung
Gericht
Harmonisierungsamt
Art der Entscheidung
Entscheidung
Datum
13. 09. 2006
Aktenzeichen
B 744 344
Die Marken „Wellfit“ und „wellfit health“ sind nicht verwechslungsfähig im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchstabe b) GMV.
Die Zeichen „Wellfit“ und „wellfit health“ sind nicht ähnlich. Die Gemeinsamkeiten dieser Zeichen in begrifflicher Hinsicht können die Unterschiede in schriftbildlicher und klanglicher Hinsicht nicht neutralisieren.
Am 26/02/2003 wurde die Anmeldung mit der Nr. 3 070 604 eingereicht, die die Wortmarke "wellfit health" für Waren und Dienstleistungen der Klassen 3, 5, 9, 16, 25, 28, 29, 30, 38 und 41 zum Gegenstand hat.
Der Widerspruch beruht auf der deutschen Registrierung mit dem Az.: 303 05 682.7/03 der o. g. Bildmarke. Diese wurde für Waren der Klassen 3, 5, 29, 30, 42 und 44 am 04/02/2003 angemeldet und am 13/05/2003 eingetragen.
Die Widersprechende stützt den Widerspruch auf einen Teil der Waren und Dienstleistungen, für die die Marke eingetragen ist und richtet den Widerspruch gegen einen Teil der Waren und Dienstleistungen der Anmeldung, nämlich gegen die der Klassen 3, 5, 29, 30 und 44.
Der Widerspruch beruht auf Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b) der Gemeinschaftsmarkenverordnung (Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rats, im folgenden GMV).
Nach Auffassung der Widersprechenden bestehe aufgrund der Markenähnlichkeit und der Identität der sich gegenüberstehenden Waren Verwechslungsgefahr.
Die Anmelderin hält die Vergleichszeichen bereits deshalb für unähnlich, weil der Bestandteil "health" der angefochtenen Anmeldung nicht unberücksichtigt bleiben kann, so dass keine Verwechslungsgefahr vorliege.
A. BEGRÜNDETHEIT DES WIDERSPRUCHS
Gemäß Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b) GMV ist auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke die angemeldete Marke von der Eintragung ausgeschlossen,
wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt; dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.
Die ältere Marke ist eine deutsche Registrierung. Daher ist Deutschland das maßgebliche Gebiet.
1. Vergleich der Zeichen
Der Vergleich der Zeichen hat anhand einer Gesamtbetrachtung der bildlichen und klanglichen Ähnlichkeiten und der Ähnlichkeit dem Sinn nach zu erfolgen. Hierbei ist auf den Gesamteindruck abzustellen, den dieser bei dein Durchschnittsverbraucher der jeweils in Frage stehenden Waren hervorrufen, wobei insbesondere die unterscheidungskräftigen und die prägenden Bestandteile zu berücksichtigen sind, da der betreffende Durchschnittsverbraucher eine Marke normalerweise als Ganzes wahrnimmt und hierbei nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (siehe Urteil des Gerichtshofs vom 11. November 1997 in der Rechtssache G-251/95, SABEL BV gegen Puma AG Rudolf Dassler Sport, ABl. HABM Nr. 1/1998, S. 78ff., Absatz 23; Urteil des Gerichtshofs vom 22. Juni 1999 in der Rechtssache C-342/97, Lloyd Schuhfabrik Meyer & Co. GmbH gegen Klijsen Handel BV, ABl. HABM Nr. 12/1999, S. 1568ff., Absatz 25),
Im vorliegenden Fall sind die folgenden Zeichen miteinander zu vergleichen:
Ältere Marke
wellfit health
Angefochtene Anmeldung
In schriftbildlicher Hinsicht ist zunächst einmal festzustellen, dass sich als ältere Marke ein sog. Kombinationszeichen mit Wort- und Bildbestandteilen und als angefochtene Anmeldung eine Wortmarke gegenüberstehen. In Kombinationszeichen nimmt der Verkehr insbesondere die Wortbestandteile wahr, um sich bei künftigen Kaufentscheidungen an ihnen zu orientieren. Gleichwohl sind die bildlichen Elemente im Rahmen des Zeichenvergleichs zu berücksichtigen. Die ältere Marke besteht insofern aus einer besonderen Schreibweise in Fettschrift. Die einzelnen Buchstaben sind dabei in einer speziellen Art und Weise gestaltet. Somit verfügt die ältere Marke über Gestaltungselemente, die die angefochtene Anmeldung als Wortmarke nicht haben kann. Darüber hinaus beinhaltet die angefochtene Anmeldung den Bestandteil "health", den die ältere Marke nicht hat. Jedes Zeichen verfügt daher über Bestandteile, die das jeweils andere Zeichen nicht aufweist. Es besteht daher keine schriftbildliche Zeichenähnlichkeit.
Die in schriftbildlicher Hinsicht festgestellten Abweichungen setzen sich auch in phonetischer Hinsicht fort. In klanglicher Hinsicht bleiben visuelle Abweichungen bedeutungslos. Insoweit stehen sich als ältere Marke eine Einwortmarke und als angefochtene Anmeldung eine Zweiwortmarke gegenüber. Durch den weiteren Bestandteil der angefochtenen Anmeldung "health", der akustisch wahrgenommen wird, ergibt sich ein anderes Klangbild. Die Tatsache, dass der Bestandteil "Wellfit" identisch ist, führt zwar zu einer gewissen Gemeinsamkeit, kann jedoch die bestehenden Unterschiede im Klang, in der Betonung und im Sprachrhythmus nicht kompensieren. Daher bestehen ausreichende klangliche Unterschiede, um eine phonetische Zeichenähnlichkeit zu verneinen.
In begrifflicher Hinsicht weisen die Vergleichszeichen übereinstimmend nach dem identischen Beginn "Well", der insbesondere für "gut" steht, den weiteren Bestandteil "fit" auf, was "in guter körperlicher Verfassung, leistungsfähig, sportlich durchtrainiert" bedeutet (DUDEN, Deutsches Universalwörterbuch, 5. Auflage. 2003). Die angefochtene Anmeldung weist zudem auf "Gesundheit' hin. Daher besteht in begrifflicher Hinsicht eine gewisse Ähnlichkeit zwischen den Zeichen.
Bei Vergleich der Marken in schriftbildlicher und klanglicher (phonetischer) ist somit festzustellen, dass keine Zeichenähnlichkeit besteht. Auch die festgestellten gewissen Gemeinsamkeiten in begrifflicher Hinsicht können die aufgezeigten Unterschiede nicht neutralisieren.
2. Ergebnis
Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr hängt von einer Vielzahl von Umständen ab, insbesondere dem Bekanntheitsgrad der Marke im Markt, der gedanklichen Verbindung, die das benutzte oder eingetragene Zeichen zu ihr hervorrufen kann, sowie dem Grad der Ähnlichkeit zwischen der Marke und dem Zeichen und zwischen den damit gekennzeichneten Waren. Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr ist also unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (vgl. Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache C-251/95 vom 11. November 1997, Sabél BV gegen PUMA AG, Rudolf Dassler Sport, Rdnr. 22).
Die Verwechslungsgefahr zweier Marken ist umso größer, je höher sich die Kennzeichnungskraft der älteren Marke darstellt. Marken, die von Haus aus oder wegen ihrer Bekanntheit auf dem Markt eine hohe Kennzeichnungskraft besitzen, genießen einen umfassenderen Schutz als Marken, deren Kennzeichnungskraft geringer ist (vgl. Canon S. 1419, Rdnr. 18). Die Widersprechende hat keine erhöhte Kennzeichnungskraft geltend gemacht. Aufgrund der dargelegten Bedeutung (vgl. Ausführungen in begrifflicher Hinsicht) deutet die ältere Marke auf wesentliche Eigenschaften der verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Ernährung hin, nämlich, dass sie über Inhalte verfügen, die zu Vitalität und Lebenskraft führen bzw. diese gewährleisten. Die ältere Marke wurde voraussichtlich vom Deutschen Patent- und Markenamt aufgrund ihrer bildlichen Ausgestaltungselemente eingetragen. Es erscheint gemeinschaftsmarkenrechtlich fragwürdig, zunächst einen prinzipiell beschreibenden Begriff durch eine bildliche Ausgestaltung registrieren zu lassen und im Anschluss daran zu versuchen, übrige Marktteilnehmer, die diesen Bestandteil ebenfalls in ihrer Wiedergabe der Marke enthalten, vom relevanten Markt zu verdrängen.
Wie zuvor dargelegt, sind die ältere Marke und die Gemeinschaftsmarkenanmeldung im Zeichenvergleich unähnlich.
Unter Abwägung aller Umstände besteht somit – selbst im Falle von (angenommener) Warenidentität - aufgrund der Bedeutung der älteren Marke und der damit zusammenhängenden Kennzeichnungsschwäche keine Verwechslungsgefahr in dem relevanten Gebiet, in dem die ältere Marke Schutz genießt, nämlich in Deutschland.
Der Widerspruch ist daher bezüglich Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b) GMV nicht begründet.
B. KOSTENVERTEILUNG
Gemäß Artikel 81 Absatz 1 GMV trägt der im Widerspruchsverfahren unterliegende Beteiligte die von dem anderen Beteiligten zu entrichtenden Gebühren sowie die Kosten.
Gemäß Regel 94 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission vom 13. Dezember 1995 zur Durchführung der GMV "DV" (ABl. HABM 2-3/95, p. 259) wird die Kostenverteilung in der Entscheidung über den Widerspruch angeordnet.
Da die Widersprechende die im Widerspruchsverfahren unterliegende Beteiligte ist, trägt sie alle dem anderen Beteiligten in diesem Verfahren entstandenen Kosten.
Das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle)
ENTSCHEIDET:
Der Widerspruch Nr. B 744 344 wird zurückgewiesen.
Die Kosten trägt die Widersprechende.
SETZT DIE KOSTEN WIE FOLGT FEST:
Der Betrag der von der Widersprechenden an die Anmelderin gemäß Artikel 81 (6) GMV in Verbindung mit Regel 94 (3) DV zu erstattenden Kosten wird wie folgt festgesetzt:
Vertretungskosten: 300 Euro
Gesamtbetrag: 300 Euro
Die Widerspruchsabteilung
Laura BEINORIENE
Peter QUAY
Alexander SCHIFKO
Rechtsmittelbelehrung:
Gemäß Artikel 58 der Verordnung über die Gemeinschaftsmarke kann jeder Beteiligte, der durch diese Entscheidung beschwert ist, gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen. Gemäß Artikel 59 der Verordnung über die Gemeinschaftsmarke ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser Entscheidung einzulegen: innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich zu begründen. Die Beschwerde gilt nur als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr von 800 Euro entrichtet wurde.
Belehrung über die Möglichkeit der Überprüfung der Kostenfestsetzung:
Die Festsetzung des Betrags der zu erstattenden Kosten kann nur auf Antrag auf Entscheidung der Widerspruchsabteilung überprüft werden. Gemäß Regel 94 (4) der Durchführungsverordnung ist ein solcher Antrag innerhalb eines Monats nach Zustellung der Kostenfestsetzung zu stellen; er gilt nur als gestellt, wenn die Gebühr für die Überprüfung der Kostenfestsetzung von 100 Euro (Artikel 2 Nr. 30 der Gebührenverordnung) entrichtet wurde.
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