Umgestaltung der Gartenfläche durch Sondernutzungsberechtigten als bauliche Veränderung
Gericht
LG München I
Art der Entscheidung
Beschluss über sofortige Beschwerde
Datum
03. 08. 2005
Aktenzeichen
1 T 10251/05
Die grundlegende Umgestaltung eines Gartens stellt eine zustimmungsbedürftige bauliche Veränderung dar.
Erfolgt die Umgestaltung ohne Zustimmung , so ergibt sich ein nicht hinzunehmender Nachteil der übrigen Wohnungseigentümer nicht allein aus einem Widerspruch zu den Vorgaben des mit dem Kaufvertrag beurkundeten Freiflächengestaltungsplans; dieser entfaltet - wenn er nicht Bestandteil der Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung ist - keine drittschützende Bindungswirkung.
Der an einer Gartenfläche sondernutzungsberechtigte Wohnungseigentümer einer Wohnanlage kann auch - bei ansonsten parkähnlicher Begrünung der Wohnanlage - die ihm zustehende Gartenfläche als Steingarten gestalten. Ob sich diese Gestaltung in die vorhandene Gartenfläche einfügt, richtet sich nach objektiver Betrachtungsweise und nicht danach, ob sich ein Wohnungseigentümer durch die Gestaltung beeinträchtigt fühlt.
Auszüge aus dem Sachverhalt:
Der Ast. ist Eigentümer einer Wohnung im Vorderhaus Nr. 18; die Ag. sind Eigentümer der im Gartenhaus Nr. 20 gelegenen Wohnung Nr. 6. Den Ag. sind gem. § 3 GemO Sondernutzungsrechte an gekennzeichneten Terrassen- und Gartenflächen eingeräumt. Die Ag. haben auf der Sondernutzungsfläche im nördlichen bzw. nordöstlichen Teil der Gartenfläche ohne vorherige Zustimmung der übrigen Miteigentümer einen (so die Bezeichnung des Ast.) „japanischen Steingarten“ angelegt. Mit zwischenzeitlich angefochtenem Mehrheitsbeschluss vom 31. 1. 2005 wurde die Errichtung des Steingartens nachträglich genehmigt. Eine Entscheidung im Beschlussanfechtungsverfahren ist bislang nicht ergangen, da der Ausgang des hiesigen Verfahrens abgewartet wird.
Das AG hat den Antrag auf Beseitigung des Steingartens und Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands zurückgewiesen.Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde hatte keinen Erfolg.
Auszüge aus den Gründen:
II.1. Das aus dem Sondernutzungsrecht fließende alleinige Gebrauchsrecht an der die Wohnung umgebende Gartenfläche schließt die Befugnis ein, diese Fläche grundsätzlich nach Belieben und eigenem Gutdünken zu bepflanzen und entsprechend gärtnerisch zu gestalten (BayObLG, NJWE-MietR 1997, 253 [254]; OLG Hamburg, ZMR, 2003, 522 [523]; OLG Köln, WuM 1996, 640 [641]). Dem sind jedoch durch das Gesetz und die Rechte Dritter (vgl. § 13 I WEG) Grenzen gesetzt. Gem. § 14 Nr. 1 WEG darf von dem zur Sondernutzung zugewiesenen Teil des gemeinschaftlichen Eigentums nur in solcher Weise Gebrauch gemacht werden, dass dadurch keinem anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst. Ferner stellt die grundlegende Umgestaltung des Gartens nach Charakter, Erscheinungsbild und Funktion eine bauliche Veränderung dar, die grundsätzlich der allseitigen Zustimmungspflicht unterliegt und nur dann zustimmungsfrei möglich ist, wenn die übrigen Wohnungseigentümer nicht über das in § 14 WEG bestimmte Maß hinaus in ihren Rechten beeinträchtigt werden (BayObLG, NZM 2004, 791; OLG Hamm, WE 1997, 387 = FGPrax 1997, 98; OLG Düsseldorf, WE 1994, 374). Nachdem der (die Errichtung des Steingartens nachträglich genehmigende) Mehrheitsbeschluss vom 31. 1. 2005 nicht bestandskräftig geworden ist, sondern im Parallelverfahren 482 URII 149/05 angefochten wurde, ist und bleibt damit jedenfalls § 14 Nr. 1 WEG Prüfungsmaßstab (vgl. dazu Niedenführ/Schulze, WEG, 7. Aufl., § 22, Rdnrn. 26ff.).
2. Ein entsprechender Nachteil kann allerdings nicht alleine aus einem etwaigen Widerspruch zu den Vorgaben des Freiflächengestaltungsplans hergeleitet werden. Dieser enthält keine drittschützenden Normen, auf die sich ein Wohnungseigentümer im Verhältnis zu den übrigen berufen könne (vgl. BayObLGZ 1995, 392 = NJWE-MietR 1996, 109 L = NJW-RR 1996, 463). Auch ist der Freiflächengestaltungsplan nicht Bestandteil der Teilungserklärung (TE) bzw. der Gemeinschaftsordnung geworden. Das BeschwGer. hat hierzu die Grundakten beigezogen; aus diesen ergibt sich, dass die Zusatzbaubeschreibung, die in Nr. 14 auf den Freiflächengestaltungsplan Bezug nimmt, nicht als Anlage zur TE, sondern vielmehr als Anlage zu den Kaufverträgen mitbeurkundet wurde. Der Freiflächengestaltungsplan ist damit nicht, worauf sich der Ast. berufen hat, Bestandteil einer Vereinbarung - mit entsprechender Bindungswirkung - geworden.
3. Das BeschwGer. sieht hier auch unter Berücksichtigung der nicht unerheblichen Ausmaße des Steingartens keine relevante optische Beeinträchtigung i.S. einer nicht nur unerheblichen Veränderung des architektonischen Gesamteindrucks der Anlage (Niedenführ/Schulze, § 22 Rdnrn. 18ff.; Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 22 Rdnrn. 143f.). Maßstab zur Beurteilung, ob eine Umgestaltung beeinträchtigend wirkt, ist, ob sich nach der Verkehrsanschauung ein Wohnungseigentümer in der betreffenden Situation verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann. Es ist eine objektivierte Betrachtungsweise notwendig; das subjektive Empfinden eines Eigentümers spielt bei der Beurteilung keine Rolle (Bärmann/Pick/Merle, § 22 Rdnr. 132). Die von Antragsteller- und Antragsgegnerseite vorgelegten Lichtbilder vermitteln insoweit einen hinreichend anschaulichen und aussagekräftigen Eindruck vom Erscheinungsbild der Wohnanlage nebst Umgebung und der Optik des Steingartens, so dass die Einnahme eines Augenscheins entbehrlich war (OLG Hamm, NZM 2000, 910 [911]).
Danach ist das BeschwGer. in Übereinstimmung mit dem AG der Auffassung, dass die Anlage des Steingartens, der sich an den gepflasterten Weg anschließt und die bereits vorhandene Terrasse umgibt, in einer ästhetisch durchaus ansprechenden Weise erfolgt ist (vgl. dazu auch BayObLG, NZM 2001, 200 [201]). Mag auch die übrige Umgebung, wie die Lichtbilder zeigen, in der Tat von einer intensiven Begrünung geprägt sein, so wirkt der den Weg und Terrasse einrahmende Steingarten an dieser Stelle nach Ansicht des BeschwGer. nicht als Fremdkörper, sondern fügt sich in seiner konkreten Gestaltung harmonisch in seine unmittelbare Umgebung ein. Soweit der Ast. einen optischen Nachteil u.a. auf die aus einigen Lichtbildern ersichtlichen Ahornschösslinge stützt, teilt die Kammer diese Auffassung nicht. Dies ist eine Frage der Gartenpflege, begründet aber nicht die Unzulässigkeit der Maßnahme an sich.
Bei der Wertung war ferner zu berücksichtigen, dass einem Sondernutzungsberechtigten an einem Gartenbereich, für den er die Kosten zu tragen hat, auch ein gewisser Gestaltungsspielraum ohne Mitspracherecht der anderen Wohnungseigentümer zuzubilligen ist, um einen sinnvollen Interessenausgleich zu gewährleisten. Einerseits sollte eine unnötige Einengung in Fragen des persönlichen Geschmacks vermieden werden, andererseits die übrigen Eigentümer vor unansehnlichen und objektiv störenden Umgestaltungsmaßnahmen geschützt werden. Schließlich spielt auch der Gesichtspunkt eine Rolle, dass der Steingarten hinter dem Anwesen der Ag. liegt und damit für den Ast. und die übrigen Wohnungseigentümer nur dann einsehbar ist, wenn sich diese auf dem Zugangsweg befinden.
Der geltend gemachte Beseitigungsanspruch bezüglich des Steingartens besteht damit mangels nachteiliger Veränderung des optischen Gesamteindrucks nicht; die Beschwerde war zurückzuweisen.
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