Hangbegradigung als bauliche Veränderung

Gericht

BayObLG


Art der Entscheidung

Beschluss über sofortige Beschwerde


Datum

26. 09. 2002


Aktenzeichen

2Z BR 86/02


Leitsatz des Gerichts

  1. Eine bauliche Veränderung kann auch die Umgestaltung der Grundstücksoberfläche durch Begradigung eines abschüssigen Hanges sein.

  2. Wird durch eine solche Maßnahme die Nutzbarkeit erhöht, so kann schon in der Möglichkeit einer intensiveren Nutzung ein Nachteil liegen.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Bet. sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Zur Wohnung der Ag. gehört als Sondernutzungsfläche ein Teil des Gartens, dieser weist zum Haus hin ein - nicht sehr ausgeprägtes - Gefälle auf. Auf einem an der Grundstücksgrenze gelegenen Teil der Sondernutzungsfläche standen ursprünglich mehrere Fichten, die die Ag. mit Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer entfernte. Im Anschluss an die Beseitigung der Bäume begradigte die Ag. die Teilfläche, auf der diese gestanden hatten. Die durch die Umgestaltung entstandene Böschung bepflanzte die Ag. und baute zwei Holzstufen ein, über die man vom übrigen Garten zur begradigten Fläche gelangt.

Der Ast. hat beantragt, die Ag. zu verpflichten, die natürliche Neigung des Geländes wiederherzustellen und die Terrassierung sowie die Stufen zu beseitigen. Das AG hat den Antrag abgewiesen. Das LG hat auf die sofortige Beschwerde des Ast. den Beschluss des AG aufgehoben und die Ag. antragsgemäß verpflichtet. Hiergegen richtete sich die sofortige weitere Beschwerde der Ag. ohne Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

II. 2. Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Die Ag. ist nach § 1004 BGB verpflichtet, die vorgenommene nachteilige bauliche Veränderung i.S. des § 22 I WEG zu beseitigen und den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen.

Bauliche Veränderungen sind auch die Umgestaltung der Grundstücksoberfläche, z.B. wie hier durch Begradigung eines abschüssigen Hangs und den Einbau von zwei Stufen in die gebildete Böschung (vgl. Palandt/Bassenge, BGB, 61. Aufl., § 22 WEG Rdnr. 2). Die Umgestaltung geht über eine ordnungsmäßige Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinaus.

Unstreitig ist das Gefälle des Geländes nicht sehr ausgeprägt. Der Vortrag der Ag., die Begradigung der Teilfläche sei zur Vermeidung eines Erdrutsches nach Entfernung der Fichten erforderlich gewesen, kann nicht überzeugen. Die Beurteilung, ob die Ast. durch die Umgestaltung des Gartens über das in § 14 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt wird, obliegt in erster Linie dem Tatrichter. Nach den vom LG rechtsfehlerfrei und damit für das Rechtsbeschwerdegericht bindenden Feststellungen (§ 27 I 2 FGG, § 559 ZPO) ist dies nicht der Fall. Erhöht nämlich eine bauliche Veränderung die Nutzbarkeit gegenüber dem unveränderten Zustand, so kann schon in der Möglichkeit einer intensiveren Nutzung - ohne Berücksichtigung der Nutzungsabsicht - ein Nachteil i.S. von § 14 Nr. 1 WEG liegen (Staudinger/Bub, BGB, 12. Aufl., § 22 WEG Rdnr. 78 m.w. Nachw.).

Davon ist hier das LG zutreffend ausgegangen. Es hat nämlich festgestellt, dass die Ag. auf Grund der vorgenommenen Umgestaltung in der Lage sei, Tische, Stühle, Bänke oder einen Grill auf der begradigten Gartenfläche aufzustellen und dass dies bislang uneingeschränkt nicht möglich gewesen sei. Soweit die Ag. mit der Rechtsbeschwerde vorträgt, in dem Gartenbereich, der an die begradigte Teilfläche angrenze, sei es schon bisher möglich gewesen, Tische, Stühle oder einen Grill aufzustellen, kann dies als neuer Sachvortrag im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht berücksichtigt werden.

Ein Sondernutzungsrecht gewährt als solches nicht das Recht zur Vornahme baulicher Veränderungen (BayObLG, WE 1986, 26). Entgegen der Auffassung der Ag. enthält die Erlaubnis der Wohnungseigentümer zur Beseitigung der Fichten nicht zugleich die Genehmigung zur Umgestaltung des Gartens, wie sie die Ag. im Anschluss an das Fällen der Bäume vorgenommen hat. Wie ausgeführt war nach dem Fällen der Bäume zur Instandsetzung des Gartens weder eine solche Maßnahme erforderlich, wie sie die Ag. vorgenommen hat, noch kann die Genehmigung zum Entfernen der Bäume so ausgelegt werden, dass die Wohnungseigentümer damit der Ag. eine erweiterte Nutzungsmöglichkeit des Gartens durch Aufstellen von Tischen, Bänken und Ähnlichem ermöglichen wollten.

Rechtsgebiete

Grundstücks- und Wohnungseigentumsrecht; Garten- und Nachbarrecht

Normen

WEG § 22