Unzureichende Bedienungsanleitung als Sachmangel

Gericht

OLG München


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

09. 03. 2006


Aktenzeichen

6 U 4082/05


Leitsatz des Gerichts

  1. Eine Kaufsache ist mangelhaft im Sinne des § 434 BGB, wenn die Bedienungsanleitung in wesentlichen Punkten unvollständig oder fehlerhaft ist, sodass bei entsprechendem Gebrauch der - ansonsten einwandfreien - Kaufsache Fehlfunktionen auftreten.

  2. Für ein ordnungsgemäßes Nacherfüllungsverlangen im Sinne des § 439 BGB reicht es in diesem Falle aus, wenn der Käufer die aufgetretene Fehlfunktion beschreibt. Es ist Sache des Verkäufers, zu erkennen, dass die Ursache dieser Fehlfunktion in einer Unzulänglichkeit der Bedienungsanleitung besteht, und dem Käufer die nötigen ergänzenden Bedienungshinweise zu geben. Solange das nicht geschieht, besteht der Mangel fort.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

I. Die Kläger verlangen von der Beklagten die Rückabwicklung eines Kaufvertrages über einen Whirlpool, den sie bei der Beklagten gekauft haben, und der in ihrer Wohnung eingebaut wurde. Dieser sei trotz mehrerer Nachbesserungsversuche weiterhin mangelhaft, weil nach wie vor aus dem Leitungssystem schwarze Partikel in das Badewasser eingeschwemmt würden. ...

II. Die Berufungen der Beklagten und der Streithelferin erweisen sich als unbegründet.

1. Die Kläger sind vom Kaufvertrag zurückgetreten und verlangen dessen Rückabwicklung gem. §§ 434, 437 Nr. 2, 440, 323 BGB. Das Landgericht ist insoweit zurecht zu dem Ergebnis gekommen, dass ein Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 BGB vorgelegen hat.

a) Das Landgericht hat sich hierbei am Ergebnis der Begutachtung durch den gerichtlich beauftragten Sachverständigen Dipl.-Ing. G. orientiert. Das ist nicht zu beanstanden, weil die Berufungsführer gegen diese Feststellungen keine substantiierten Einwendungen vorgebracht haben. Sie vertreten lediglich die Auffassung, dass gerade auf der Basis der Feststellungen des Sachverständigen kein Sachmangel vorliege. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden.

Der Sachverständige hat einerseits ausgeführt, dass sich beim Betrieb eines Whirlpools mehr oder weniger zwangsläufig ein sogenannter "Biofilm" bildet, und dass dieser die Ursache für die hier aufgetretenen Verunreinigungen des Badewassers darstellt. Er hat weiter dargelegt, dass die in der den Klägern übergebenen Bedienungsanleitung vorgeschriebene Beigabe von Aktivsauerstoffiabletten selbst dann, wenn sie so wie empfohlen regelmäßig erfolgt, nicht ausreicht, um diese Biofilm-Bildung zu verhindern. Andererseits hat er bestimmte andere, weitergehende Reinigungsmaßnahmen aufgezeigt, die insoweit erfolgversprechend wären.

b) Dies bedeutet, dass die den Klägern übergebene Bedienungsanleitung unzureichend gewesen ist. Es liegt auf der Hand, dass sich der Besitzer eines Geräts, das nicht zum Alltagsbedarf gehört, anhand der Bedienungsanleitung darüber informieren muß, welche Reinigungsmaßnahmen er wie oft treffen muß. Wenn er dort ungenügende Informationen erhält, sodass sich langfristig massive Verschmutzungen bilden, dann ist die Kaufsache nicht zu der gewöhnlichen bzw. nach dem Vertrag vorausgesetzten Verwendung geeignet.

Eine unzureichende Bedienungsanleitung kann keineswegs nur im Falle des § 434 Abs. 2 Satz 2 BGB (Montageanleitung) einen Mangel der Kaufsache darstellen. Wenn die sinnvolle Verwendung eines Kaufgegenstandes eine verständliche Bedienungsanleitung voraussetzt, dann ist jedenfalls das völlige Fehlen einer solchen Bedienungsanleitung ein Mangel der Kaufsache (BGH NJW 1989, 3222; OLG München, CR 1999, 221; OLG Bremen, OLGR Bremen 2002, 338). Wenn eine Bedienungsanleitung zwar vorhanden ist, aber wegen erheblicher Lücken ihrem Zweck nicht genügt, dann kann nichts anderes gelten.

2. Die Kläger mussten der Beklagten vor der Rücktrittserklärung keine weitere Nachfrist zur Vertragserfüllung (§§ 437, 323 Abs. 1 BGB) mehr setzen, weil die Nachbesserung nach insgesamt drei erfolglosen Versuchen endgültig fehlgeschlagen war (§ 440 BGB).

Die Berufungsführer können den Klägern insoweit nicht vorhalten, dass der Mangel der Bedienungsanleitung niemals gerügt worden sei, weil sich die Kläger bei ihren Beanstandungen immer nur auf die Verunreinigungen des Badewassers bezogen haben. Die Kläger konnten die Ursache dieser Verunreinigungen nicht wissen und deshalb nicht erkennen, dass kein technischer Fehler des Whirlpools, sondern ein Fehler in der Bedienungsanleitung vorlag; es reichte daher aus, dass sie die "Symptome" des Mangels angegeben haben (BGH NJW 1999, 1330 mwN). Der Mangel war damit konkret genug bezeichnet. Es wäre Sache der Beklagten oder der Streithelferin gewesen, bei den verschiedenen Nachbesserungsversuchen die Unzulänglichkeit der Reinigungsanweisungen in der Bedienungsanleitung zu erkennen und den Klägern die nötigen ergänzenden Hinweise zu geben. Dies haben sie nicht getan, sondern sich auf eigene, zusätzliche Reinigungsmaßnahmen beschränkt, die - insoweit im Einklang mit den Ausführungen des Sachverständigen - das Problem immer nur vorübergehend lösen konnten. Der Mangel ist letztlich erst durch die Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen, die den Klägern die nötigen Kenntnisse verschafften, beseitigt worden; an der Wirksamkeit des zuvor bereits erklärten Rücktritts konnte das aber nichts mehr ändern.

Auf die Frage, ob die erforderlichen zusätzlichen Reinigungsmaßnahmen für die Kläger zumutbar gewesen wären, kommt es daher nicht an.

Ebensowenig kommt es darauf an, ob der Installateur S. den Klägern bei Einbau des Whirlpools mündlich entsprechende Hinweise gegeben hat. Selbst wenn solche Hinweise gefallen sein sollten, konnte das die Unzulänglichkeit der schriftlichen Bedienungsanleitung nicht beseitigen. Vom Käufer einer derartigen Anlage kann nicht erwartet werden, dass er sich mündliche Hinweise, die ihm anlässlich der Installierung erteilt werden, und die über die schriftliche Bedienungsanleitung hinausgehen, lückenlos merkt.

3. Beide Parteien schulden einander als Folge des wirksamen Rücktritts die Rückgewähr der empfangenen Leistungen, § 346 Abs. 1 BGB. Die Kläger können daher Rückzahlung des Kaufpreises verlangen, Zug um Zug gegen Rückgabe des Whirlpools, und gemindert um den Wert der von ihnen gezogenen Nutzungen. Das Ersturteil war daher aufrechtzuerhalten.

Nicht zu beanstanden ist auch die Höhe des Betrages, den das Erstgericht im Wege der Schätzung für die gezogenen Nutzungen vom Kaufpreisrückerstattungsanspruch abgezogen hat. Hiergegen haben die Berufungsführer keine stichhaltigen Einwendungen vorgebracht. Insbesondere ist es ohne weiteres nachvollziehbar, dass die Kläger nach dem Auftreten der Mängel - also nach sechs Monaten - den Whirlpool nicht mehr in nennenswertem Umfang genutzt haben.

III. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO ersichtlich nicht vorliegen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Rechtsgebiete

Allgemeines Zivilrecht

Normen

BGB §§ 434, 439