Weite Unterlassungsanträge

Gericht

BGH


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

29. 06. 2006


Aktenzeichen

I ZR 235/03


Leitsatz des Gerichts

Bei einem wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsantrag ändert eine Abwand-lung der Verletzungsform, auf die sich der Verbotsausspruch nach dem Willen des Klägers beziehen soll, den Streitgegenstand und setzt deshalb einen ent-sprechenden Antrag des Klägers voraus. Dies gilt ebenso, wenn eine im Unter-lassungsantrag umschriebene Verletzungsform durch Einfügung zusätzlicher Merkmale in ihrem Umfang auf Verhaltensweisen eingeschränkt wird, deren Beurteilung die Prüfung weiterer Sachverhaltselemente erfordert, auf die es nach dem bisherigen Antrag nicht angekommen wäre. Ein in dieser Weise ein-geschränkter Antrag ist zwar gedanklich, nicht aber prozessual (im Sinne des § 264 Nr. 2 ZPO) ein Minus, weil seine Begründung nunmehr von tatsächlichen Voraussetzungen abhängt, die zuvor nicht zum Inhalt des Antrags erhoben wor-den waren.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 10. Oktober 2003 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als darin zu ihrem Nachteil erkannt worden ist.

Das Berufungsurteil wird wie folgt neu gefasst:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Halle vom 20. Dezember 2002 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden den Klägern auferlegt.

Von Rechts wegen

Tatbestand


Tatbestand:

Kläger und Beklagte betreuen jeweils als Rechtsanwälte Kapitalanleger, die Fondsanteile verschiedener T. und Partner Immobilienfonds Kom- manditgesellschaften (im Folgenden: Immobilienfonds) erworben haben. Diese Immobilienfonds sind spätestens im Jahr 2001 notleidend geworden. Trotz aus-bleibender Einnahmen hatten Anleger, die ihre Fondsanteile durch Kreditauf-nahme finanziert hatten, Zinsen an das kreditgewährende Unternehmen zu zahlen.

Durch Urteil vom 13. Dezember 2001 entschied der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zu der Frage, ob bei Darlehensverträgen dieser Art eine Widerrufsmöglichkeit gegeben ist (NJW 2002, 281). Dies nahmen die Be-klagten zum Anlass, an etwa 1.000 Gesellschafter der Immobilienfonds ein auf den 20. Dezember 2001 datiertes Informationsschreiben zu richten. Darin führ-ten sie aus, es bestehe nunmehr Aussicht, Darlehensverbindlichkeiten aus Kre-ditverträgen, die außerhalb der Geschäftsräume von Banken oder Sparkassen zustande gekommen seien, erheblich zu vermindern. Zugleich luden sie zu ei-ner Informationsveranstaltung ein. Nach der Behauptung der Kläger benutzten die Beklagten für die Versendung des Schreibens eine Anschriftenliste, die auf-grund der Angaben der Fondsgesellschafter bei der Anbahnung der Kapitalan-lageverträge erstellt worden war.

Im Januar und Februar 2002 führten die Beklagten die angekündigte Informationsveranstaltung und gleichartige Veranstaltungen durch. Im Februar 2002 versandten sie zwei weitere Schreiben, in denen sie u.a. den Inhalt der auf den Informationsveranstaltungen erteilten Informationen zusammenfassten und anwaltliche Ansprechpartner in ihrer Kanzlei benannten. Nach der Behauptung der Kläger wurden diese Schreiben wieder an alle den Beklagten bekann-ten Gesellschafter der Immobilienfonds versandt.

Unter dem 8. Mai 2002 erstatteten die Beklagten einen "Zwischenbericht" über die weiteren Entwicklungen in der Rechtsprechung und in konkreten lau-fenden Verfahren und forderten dazu auf, mit einem Rechtsanwalt aus ihrer Sozietät Kontakt aufzunehmen. Die Kläger haben die Informationsschreiben und -veranstaltungen als be-rufswidrige Werbemaßnahmen (§ 43b BRAO i.V. mit § 6 BORA) angesehen. Sie haben beantragt,

die Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurtei-len, es zu unterlassen,

a) im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Personen, welche Gesellschaftsanteile an T. und Partner Immobi- lienfonds erworben haben und nicht Mandanten der Rechtsan-waltskanzlei B. , W. , N. sind, unaufge- fordert Anschreiben, welche Auskünfte über Rechtsprechung oder sonstige rechtliche Entwicklungen, die im Zusammenhang mit dem T. und Partner Investmentfonds stehen oder hierfür von Bedeutung sein können, gezielt zukommen zu las-sen,

b) im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Personen, welche Gesellschaftsanteile an T. und Partner Immobi- lienfonds erworben haben und nicht Mandanten der Kanzlei B. , W. , N. sind, gezielt zu Informati- onsveranstaltungen über die T. und Partner Immobilien- fonds bzw. die damit im Zusammenhang stehenden rechtlichen Entwicklungen einzuladen und solche Veranstaltungen durch-zuführen.

Die Beklagten haben ihre Werbemaßnahmen als rechtmäßig verteidigt.

Das Landgericht hat der Klage antragsgemäß stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht (OLG Naumburg NJW 2003, 3566) das landgerichtliche Urteil unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Üb-rigen teilweise abgeändert und hinsichtlich des Unterlassungsausspruchs wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagten werden verurteilt, es bei Meidung eines für den Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 100.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, zu unter-lassen,

a) im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Perso-nen, welche Geschäftsanteile an einem oder mehreren der T. und Partner Immobilienfonds KG erworben ha- ben und die weder Mandanten der Beklagten sind noch in eine Verwendung ihrer bei der Vermittlung bzw. beim Er-werb der o.g. Fondsanteile angegebenen Adressen zur Übersendung von Anwaltswerbung eingewilligt haben, unter Verwendung dieser Adressenangaben unaufgefordert An-schreiben zu übersenden, welche Auskünfte über Recht-sprechung oder sonstige rechtliche Entwicklungen enthal-ten, die im Zusammenhang mit einem T. und Partner Immobilienfonds stehen oder hierfür von Bedeutung sein können,

b) im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Perso-nen, welche Geschäftsanteile an einem oder mehreren der T. und Partner Immobilienfonds KG erworben ha- ben und die weder Mandanten der Beklagten sind noch in eine Verwendung ihrer bei der Vermittlung bzw. beim Er-werb der o.g. Fondsanteile angegebenen Adressen zur Übersendung von Anwaltswerbung eingewilligt haben, unter Verwendung dieser Adressenangaben unaufgefordert Ein-ladungen zu Informationsveranstaltungen zu übersenden, in denen Auskünfte über Rechtsprechung oder sonstige recht-liche Entwicklungen erteilt werden, die im Zusammenhang mit einem T. und Partner Immobilienfonds stehen oder hierfür von Bedeutung sein können.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen haben die Be-klagten zu 60 % und die Kläger zu 40 % zu tragen.

Mit ihrer (vom Berufungsgericht zugelassenen) Revision verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter. Die Kläger be-antragen, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe


Entscheidungsgründe:

I. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten als teilweise be-gründet angesehen. Dazu hat es ausgeführt:

Das Urteil des Landgerichts sei nur mit einer Einschränkung aufrechtzu-erhalten. Den Beklagten seien nicht jegliche unaufgeforderte Werberundschrei-ben an Nichtmandanten und jegliche Informationsveranstaltungen zu untersa-gen. Ihre Werbemaßnahmen verstießen nicht gegen das für Rechtsanwälte gel-tende Verbot des § 43b BRAO, für die Erteilung eines Auftrags im Einzelfall zu werben. Die angesprochenen Personen hätten zwar einen konkreten rechtli-chen Beratungsbedarf gehabt. Das Verbot der Werbung um Einzelfallmandate werde aber nicht immer schon verletzt, wenn der Rechtsanwalt wie hier um ein-zelne Mandanten werbe und sein Ziel, in einer konkreten Angelegenheit man-datiert zu werden, zu erkennen gebe. Die Werbemaßnahmen der Beklagten hätten jedenfalls die Grenzen nicht überschritten, die gezogen seien, um die freie und unbedrängte Entscheidung eines rechtsuchenden Bürgers über die Beauftragung eines Rechtsanwalts zu schützen.

Die Beklagten hätten aber wettbewerbswidrig gehandelt, weil sie bei ihren Werbemaßnahmen gegen das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) versto-ßen hätten. Ihre gezielte Übersendung von Werbepost an die Fondsgesell-schafter habe ein Anschriftenverzeichnis vorausgesetzt, das nur die mit dem Vertrieb, der Verwaltung und/oder dem Verkauf befassten Unternehmen hätten erstellen können. Es sei davon auszugehen, dass den Beklagten ein solches Anschriftenverzeichnis entgegen den Vorschriften des Bundesdatenschutzge-setzes übermittelt worden sei. Die Beklagten hätten nicht - wie erforderlich - dargelegt, dass die etwa 1.000 Adressaten des Schreibens vom 20. Dezember 2001 in eine Übermittlung ihrer personenbezogenen Daten eingewilligt hätten. Die Verwendung des unzulässig erlangten Anschriftenverzeichnisses habe ins-besondere gegen § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BDSG verstoßen.

II. Die Revision der Beklagten führt zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit das Berufungsgericht zu ihrem Nachteil entschieden hat.

Die ausgesprochenen Verbote können keinen Bestand haben, weil das Berufungsgericht den Klägern dadurch etwas zuerkannt hat, was sie nicht be-antragt haben (§ 308 Abs. 1 ZPO). Dieser Verfahrensverstoß ist von Amts we-gen zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urt. v. 23.6.2005 - I ZR 227/02, GRUR 2005, 854, 855 = WRP 2005, 1173 - Karten-Grundsubstanz, m.w.N.).

1. Die Kläger haben mit ihren Klageanträgen begehrt, den Beklagten zu untersagen, Anlegern der Immobilienfonds, die nicht Mandanten der Beklagten sind, unaufgefordert Informationsschreiben und Einladungen zu Informations-veranstaltungen zuzusenden. Das Berufungsgericht hat diese Klageanträge als unbegründet abgewiesen, den Beklagten aber verboten, bei solchen Werbe-maßnahmen ohne Einwilligung der Anleger deren Anschriften zu verwenden, die diese beim Erwerb der Fondsanteile mitgeteilt haben. Derartige Verbote haben die Kläger nicht beantragt.

a) Der Streitgegenstand (der prozessuale Anspruch) wird durch den Kla-geantrag bestimmt, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Klagegrund), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (vgl. BGHZ 154, 342, 347 f. - Reinigungsarbeiten, m.w.N.). Bei einem wettbewerbsrechtlichen Unterlas-sungsantrag besteht die begehrte Rechtsfolge in dem Verbot gerade der be-stimmten - als rechtswidrig angegriffenen - Verhaltensweise (Verletzungsform), die der Kläger in seinem Antrag sowie seiner zur Antragsauslegung heranzu-ziehenden Klagebegründung festgelegt hat (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 2.7.1998 - I ZR 77/96, GRUR 1999, 272, 274 = WRP 1999, 183 - Die Luxus-klasse zum Nulltarif). Die so umschriebene Verletzungsform bestimmt und be-grenzt damit den Inhalt des Klagebegehrens.

Eine Abwandlung der Verletzungsform, auf die sich der Verbotsaus-spruch nach dem Willen des Klägers beziehen soll, ändert dementsprechend den Streitgegenstand und setzt deshalb einen entsprechenden Antrag des Klä-gers voraus. Dies gilt ebenso, wenn eine im Antrag umschriebene Verletzungs-form durch Einfügung zusätzlicher Merkmale in ihrem Umfang auf Verhaltens-weisen eingeschränkt wird, deren Beurteilung die Prüfung weiterer Sachver-haltselemente erfordert, auf die es nach dem bisherigen Antrag nicht ange-kommen wäre. Ein in dieser Weise eingeschränkter Antrag ist zwar gedanklich, nicht aber prozessual (im Sinne des § 264 Nr. 2 ZPO) ein Minus, weil seine Be-gründung nunmehr von tatsächlichen Voraussetzungen abhängt, die zuvor nicht zum Inhalt des Antrags erhoben worden waren (vgl. BGHZ 154, 342, 350 - Reinigungsarbeiten, m.w.N.).

Das Gericht ist zwar verpflichtet, den vorgetra-genen Lebenssachverhalt umfassend rechtlich daraufhin zu überprüfen, ob danach der Klageantrag begründet ist. Es muss dabei aber die Grenzen des vom Kläger bestimmten Streitgegenstands beachten (vgl. BGH, Urt. v. 7.6.2001 - I ZR 157/98, GRUR 2002, 287, 288 = WRP 2002, 94 - Widerruf der Erledi-gungserklärung, m.w.N.). Das Gericht verstößt deshalb gegen § 308 Abs. 1 ZPO, wenn es dahingehend erkennt, dass der geltend gemachte Anspruch nur unter bestimmten, nicht zum Inhalt des Antrags erhobenen Voraussetzungen bestehe und im Übrigen nicht bestehe. Eine solche Entscheidung spricht nicht lediglich weniger zu als beantragt, sondern anstelle des Beantragten etwas An-deres (BAG DB 1992, 434 m.w.N.). So liegt der Fall hier.

b) Das Klagebegehren war nicht darauf gerichtet, dass den Beklagten untersagt wird, Anschriften von Anlegern der Immobilienfonds für die Übersen-dung von Informationsschreiben und die Durchführung von Informationsveran-staltungen zu benutzen.

aa) Die Kläger haben mit ihrer Klageschrift nach der Fassung der Klage-anträge und deren Begründung allein geltend gemacht, die Beklagten hätten mit ihren Informationsschreiben und -veranstaltungen entgegen § 43b BRAO um die Erteilung von Aufträgen im Einzelfall geworben und dadurch nicht nur gegen anwaltliches Berufsrecht verstoßen, sondern auch wettbewerbswidrig gehandelt. Die Art und Weise, wie sich die Beklagten die Anschriften der ange-schriebenen Anleger der Immobilienfonds verschafft und für ihre Werbung ver-wendet haben, ist in der Klageschrift nicht angesprochen worden.

bb) Die Kläger haben ein entsprechendes Klagebegehren auch im weite-ren Verlauf des Verfahrens nicht in den Prozess eingeführt.

(1) Die Bestimmung des Streitgegenstands ist Sache des Klägers. Will er einen weiteren Streitgegenstand in den Prozess einführen, muss er zweifelsfrei deutlich machen, dass er einen neuen prozessualen Anspruch verfolgt; ein neuer Sachvortrag genügt als solcher nicht (vgl. BGH, Urt. v. 2.4.1992 - I ZR 146/90, GRUR 1992, 552, 554 = WRP 1992, 557 - Stundung ohne Auf-preis; Urt. v. 26.9.2000 - VI ZR 279/99, WRP 2001, 44, 46; Urt. v. 27.6.2002 - I ZR 103/00, GRUR 2003, 436, 439 = WRP 2003, 384 - Feldenkrais). Dies erfordert insbesondere der Schutz des Beklagten, für den erkennbar sein muss, welche prozessualen Ansprüche gegen ihn erhoben werden, um seine Rechts-verteidigung danach ausrichten zu können (vgl. BGHZ 154, 342, 349 - Reinigungsarbeiten).

(2) Die Kläger haben nach der Klageerhebung die Art und Weise der Anschriftenbeschaffung und -verwendung nicht - auch nicht ohne Änderung des Wortlauts ihrer Anträge - zum Gegenstand weiterer selbständiger Klagebegeh-ren machen wollen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Kläger - wie aus dem Tatbestand des Berufungsurteils hervorgeht - behauptet haben, die Beklagten hätten für die Versendung ihres Informationsschreibens vom 20. Dezember 2001 eine Anschriftenliste benutzt, die aufgrund der Angaben der Fondsgesellschafter bei der Anbahnung der Kapitalanlageverträge erstellt wor-den sei.

In ihrem an das Landgericht gerichteten Schriftsatz vom 27. November 2002 haben die Kläger zwar Ausführungen darüber gemacht, von wem die Be-klagten die Adressen der Anleger erhalten haben könnten. Zweck dieser Aus-führungen, mit denen die Kläger weitgehend nur Vermutungen über die Her-kunft der Anschriften geäußert haben, war es aber nicht, die Art und Weise der Beschaffung und Verwendung der Adressen zum Gegenstand des Rechts-streits zu machen. Dies wird schon daraus ersichtlich, dass die Kläger die An-schriftenbeschaffung als solche in keiner Weise beanstandet und die Anschrif-tenverwendung gar nicht angesprochen haben. Bei ihren Ausführungen ging es den Klägern vielmehr lediglich darum darzutun, dass die Beklagten bei einer Vielzahl von angeschriebenen Anlegern einen konkreten Beratungsbedarf ver-mutet hätten. Dementsprechend hat das Landgericht die Klageanträge nur mit der Begründung zugesprochen, die Beklagten hätten standes- und wettbe-werbswidrig für die Erteilung von Aufträgen im Einzelfall geworben.

Auch im Berufungsverfahren haben die Kläger die Beschaffung und Ver-wendung der Anschriften der Anleger nicht zu einem weiteren Gegenstand ihrer Klage gemacht. Die Frage, ob sich die Beklagten die Anschriften der Anleger auf rechtswidrige Weise beschafft haben könnten, hat erst das Berufungsge-richt in seinem Aufklärungs- und Hinweisbeschluss vom 11. Juni 2003 aufge-worfen. Die Beklagten nahmen dies zum Anlass, die beteiligten Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Die Kläger haben sich im Ableh-nungsverfahren zwar bemüht, das Berufungsgericht gegen den Vorwurf in Schutz zu nehmen, es habe Sachverhaltserforschung von Amts wegen betrie-ben, und dazu auf ihren Schriftsatz vom 27. November 2002 verwiesen. Sie haben ihre Klage aber gleichwohl nicht durch die Einführung eines neuen, auf die Art und Weise der Anschriftenbeschaffung gestützten Klagebegehrens er-weitert. Sie haben lediglich - auch dies nur in einer Stellungnahme zur Richter-ablehnung - Erwägungen darüber angestellt, dass die Beklagten sich einen nicht gerechtfertigten Wettbewerbsvorteil "unter Verstoß gegen gesetzliche Re-gelungen" verschafft und wettbewerbswidrig gehandelt hätten, wenn sie sich die Adressen auf nicht legalem Weg beschafft haben sollten, "wovon jedenfalls nach dem derzeitigen Vortrag der Beklagten auszugehen" sei. In diesem Fall wäre auch das Anschreiben der Anleger der Immobilienfonds "wohl wettbewerbswidrig".

Weiter haben die Kläger die Ansicht geäußert, die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Adressen nicht illegal beschafft worden seien, liege wohl bei den Beklagten. Auf die Frage, worin ein Gesetzesverstoß der Beklagten zu sehen sein könnte, gingen die Kläger nicht ein. Diesen Ausführungen über die Möglichkeit, dass die Beklagten bei der Anschriftenbeschaffung und -verwendung wettbewerbswidrig gehandelt haben könnten, lässt sich nicht der bestimmte Wille entnehmen, ein entsprechendes Unterlassungsbegehren zu einem (weiteren) Gegenstand des Rechtsstreits zu machen.

2. Der Verstoß des Berufungsgerichts gegen § 308 Abs. 1 ZPO ist nicht dadurch geheilt worden, dass die Kläger die Zurückweisung der Revision bean-tragt und sich dadurch die Entscheidung des Berufungsgerichts zu Eigen ge-macht haben. Denn insoweit handelt es sich um eine Klageerweiterung, die im Revisionsverfahren grundsätzlich nicht zulässig ist (vgl. BGHZ 154, 342, 350 f. - Reinigungsarbeiten; BGH GRUR 2005, 854, 856 - Karten-Grundsubstanz, je-weils m.w.N.).

3. Den Klägern ist auch nicht durch Zurückverweisung an das Berufungs-gericht Gelegenheit zu geben, nunmehr Anträge zu stellen, die den vom Beru-fungsgericht ausgesprochenen Verboten entsprechen. Das schriftsätzliche Vor-bringen der Kläger in den Tatsacheninstanzen bot - wie dargelegt - keinen An-haltspunkt dafür, dass sie solche prozessualen Ansprüche geltend machen woll-ten. Es ist aber weder Aufgabe des Gerichts, einen Kläger durch Fragen oder Hinweise zu veranlassen, neue Streitgegenstände einzuführen, noch sein Ver-fahren so zu gestalten, dass einem Kläger die Möglichkeit geboten wird, in die-ser Weise - gegebenenfalls nach langem Verfahren - seine Klage zu erweitern (vgl. BGHZ 154, 342, 351 - Reinigungsarbeiten; BGH GRUR 2003, 436, 439 - Feldenkrais).

III. Auf die Revision der Beklagten war danach das Berufungsurteil im Kostenpunkt und insoweit aufzuheben, als darin zu ihrem Nachteil erkannt wor-den ist. Auf die Berufung der Beklagten war - insoweit entsprechend dem Ausspruch des Berufungsgerichts - die Klage in Abänderung des landgerichtlichen Urteils abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Ullmann
v. Ungern-Sternberg
Bornkamm
Pokrant
Schaffert

Vorinstanzen

LG Halle, Entscheidung vom 20.12.2002 - 7 O 383/02 -; OLG Naumburg, Entscheidung vom 10.10.2003 - 1 U 17/03 -

Rechtsgebiete

Verfahrens- und Zwangsvollstreckungsrecht

Normen

ZPO § 308 Abs. 1