Rückabwicklung ehebezogener Zuwendungen Schwieger(groß-)eltern
Gericht
BGH
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
07. 09. 2005
Aktenzeichen
XII ZR 316/02
Zur dinglichen Rückgewähr eines Grundstücksanteils, wenn der Zuwendungsempfänger diesen von der Großmutter seines - inzwischen geschiedenen - Ehegatten gegen die Einräumung eines Wohnrechts und Pflegeleistungen an die Zuwendende sowie Zahlung einer Abfindung an einen anderen Erbberechtigten erhalten hat.
Zur Bemessung der Ausgleichszahlung in solchen Fällen (im Anschluss an die Senatsurteile vom 4. Februar 1998 - XII ZR 160/96 - FamRZ 1998, 669 und vom 28. Oktober 1998 - XII ZR 255/96 - FamRZ 1999, 365).
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die teilweise Rückabwicklung eines Grundstücksüberlassungsvertrags.
Der Beklagte war seit 1974 mit der Enkelin der ursprünglichen Klägerin,
Frau Anna S. (im Folgenden: Großmutter), verheiratet. Die Eheleute bewohnten
ein Zimmer im Haus der Großeltern in der ehemaligen DDR. Der Großvater
starb 1976. Mit notariellem Vertrag vom Dezember 1980 übertrug die damals
71jährige Großmutter das Eigentum an dem Hausgrundstück, dessen Einheitswert
9.000 Mark betrug, auf ihre Enkelin und den Beklagten. Die Eheleute verpflichteten
sich in dem Vertrag, der Großmutter auf Lebenszeit die mietfreie
Mitbewohnung des Hauses zu gestatten, ihre Räume instand zu halten und sie
bei Krankheit oder Gebrechlichkeit unentgeltlich zu pflegen. Der Wert dieser
Leistungen wurde in dem Vertrag mit 240 Mark jährlich angegeben. Außerdem
zahlten die Eheleute aufgrund einer in dem Vertrag übernommenen Verpflichtung
an die zweite Enkelin der Großmutter 4.500 Mark. In der Folgezeit nahmen
sie an dem Hausgrundstück verschiedene Investitionen vor, die sich allerdings
nur noch teilweise wertsteigernd auswirken. Im Mai 1996 zog der Beklagte aus
dem Anwesen aus; seine Ehe ist seit April 1998 geschieden.
Das Landgericht hat die auf Rückauflassung eines hälftigen Miteigentumsanteils
gerichtete Klage abgewiesen. Mit der Berufung hat die Großmutter
ihr Klagbegehren nur noch Zug um Zug gegen eine der Höhe nach in das Ermessen
des Gerichts gestellte angemessene Ausgleichszahlung weiterverfolgt.
Das Oberlandesgericht hat der Klage weitgehend entsprochen und den Beklagten
zur Übertragung seines hälftigen Miteigentums Zug um Zug gegen eine
Zahlung von 6.676,19 € (= 13.057,50 DM) verurteilt. Mit der - vom Senat angenommenen
- Revision begehrt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen
Urteils.
3
Die Großmutter ist im Jahre 2003 verstorben und von ihrer Tochter - der
jetzigen Klägerin - allein beerbt worden; die Tochter hat den Rechtsstreit aufgenommen.
Entscheidungsgründe:
Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur
Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Das Oberlandesgericht geht zu Recht davon aus, dass der "Grundstücksüberlassungsvertrag"
nicht aufgespalten und hinsichtlich der geschiedenen
Ehefrau des Beklagten als Vereinbarung einer vorweggenommenen Erbfolge
angesehen, im Verhältnis zum Beklagten jedoch als ein Kaufvertrag qualifiziert
werden kann, bei dem sich die Großmutter zur Übertragung hälftigen Eigentums
und der Beklagte zur Zahlung der Abfindung an deren andere Enkelin
verpflichtet hat. Einer solchen Aufspaltung widerspräche schon der Wortlaut
des Vertrags, nach dem die Pflichten aus dem Vertrag vom Beklagten und seiner
geschiedenen Ehefrau gemeinsam geschuldet waren. Auch für den an die
andere Enkelin zu erbringenden Betrag sollte der Beklagte nicht allein aufkommen;
vielmehr sollten nach § 1 letzter Absatz des Vertrages die Eheleute gemeinsam
"die Auszahlung aus Arbeitseinkünften während des Bestehens ihrer
Ehe" finanzieren.
2. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts stellt der "Überlassungsvertrag"
ein familienbezogenes Rechtsverhältnis eigener Art dar (Art. 45 Abs. 3
ZGB, anwendbar gemäß Art. 232 § 1 EGBGB). Die Grundstücksüberlassung
habe als Beitrag der Großmutter zur Ausgestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft
ihrer Enkelin dienen sollen; deshalb seien auf diesen Vertrag die für
ehebezogene Zuwendungen unter Ehegatten entwickelten Grundsätze analog
anzuwenden. Die Vorstellung der Großmutter, die Ehe der Enkelin werde Bestand
haben, sei als Geschäftsgrundlage der Zuwendung anzusehen. Mit der
Scheidung der Ehe sei diese Geschäftsgrundlage entfallen. Die Großmutter
könne die Rückübertragung des Grundstücks verlangen, weil die Vermögenszuordnung
ohne Korrektur für sie unzumutbar sei. Die Großmutter habe mit der
Zuwendung auch in die Zukunft gerichtete eigene Interessen verfolgt, da sie die
Erwartung gehabt habe, auch im Falle der Pflegebedürftigkeit im Hause wohnen
bleiben und darüber hinaus ihre Versorgung durch Gewährleistung freien
Wohnens sicherstellen zu können. In einem solchen Falle sei ein dinglicher
Rückgewähranspruch gegeben.
Auch diese Ausführungen lassen revisionsrechtlich bedeutsame Fehler
nicht erkennen.
a) Nicht zu beanstanden ist die Annahme des Oberlandesgerichts, der
hier vorliegende "Überlassungsvertrag" stelle sich als eine ehebezogene Zuwendung
dar. Wie der Senat bereits entschieden hat, ist bei Zuwendungen von
Schwiegereltern an den Ehepartner des leiblichen Kindes zum Zwecke der Begünstigung
des ehelichen Lebens regelmäßig ein Rechtsverhältnis eigener Art
anzunehmen, das mit den ehebezogenen Zuwendungen unter Ehegatten vergleichbar
ist (Urteil vom 4. Februar 1998 - XII ZR 160/96 - FamRZ 1998, 669 f.).
Für Zuwendungen, die - wie hier - der Großelternteil des einen Ehegatten dem
anderen Ehegatten erbringt, kann nichts anderes gelten. Der Einordnung eines
solchen Rechtsgeschäfts als ehebezogene Zuwendung steht nicht entgegen,
dass die Zuwendung unter der Geltung des DDR-Rechts erfolgt ist (Senatsurteil
aaO 670). Denn auch im Schuldrecht der DDR bestand kein Typenzwang; § 45
Abs. 3 ZGB/DDR gestattete es vielmehr, Verträge eigener Art abzuschließen,
soweit nicht gegen zwingende Normen oder den Zweck der Gesetze verstoßen
wurde. Ein solcher Vertrag liegt hier vor.
Der besondere ehebezogene Charakter der Zuwendung an den Beklagten
wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Beklagte und seine (damalige)
Ehefrau in dem Überlassungsvertrag der Großmutter ein Wohnrecht einräumten
und sich verpflichteten, sie im Falle der Pflegebedürftigkeit zu betreuen sowie
an deren andere Enkelin einen Ausgleichsbetrag zu zahlen. Die Verpflichtung
zu derartigen Gegenleistungen könnte die Absicht der Großmutter, das eheliche
Leben des Beklagten zu begünstigen, nur dann ausschließen, wenn die von
den Eheleuten übernommenen Verpflichtungen sich nach dem Willen der Vertragsparteien
als vollwertige Gegenleistung für den Erwerb des zugewandten
Vermögensgegenstandes darstellten. Das ist jedoch nicht dargetan. Die Großmutter
wollte ihre beiden Enkelinnen im wesentlichen wirtschaftlich gleichmäßig
bedenken; sie hat ihrer einen Enkelin und dem mit dieser verheirateten Beklagten
ihr Grundstück, der andern Enkelin aber einen Ausgleichsbetrag zugewandt,
der dem hälftigen Einheitswert dieses Grundstücks entsprach. Dass die
dabei auf die eine Enkelin und den Beklagten entfallende Vermögenshälfte
durch weitergehende, mit jährlich 240 Mark bewertete Leistungspflichten geschmälert
wurde, schließt einen verbleibenden Ehebezug der Zuwendung an
den Beklagten nicht aus. Zwar mögen die auf Lebenszeit der Großmutter geschuldeten
Leistungen - auf der Grundlage der im Überlassungsvertrag vorgenommenen
Bewertung und angesichts des von der Großmutter tatsächlich erreichten
hohen Lebensalters - den Wert des zugewandten Grundstücks, soweit
er nicht bereits durch die Ausgleichszahlung an die andere Enkelin abgegolten
ist, im Zeitpunkt der Scheidung des Beklagten bereits zu einem nicht unerheblichen
Teil erschöpft haben. Der im Überlassungsvertrag angesetzte Wert dieser
Leistungen gibt jedoch nicht notwendig deren tatsächlichen Wert wieder; außerdem
war die geschuldete Leistungsdauer im Zeitpunkt des Vertragsschlusses
nicht vorhersehbar.
b) Revisionsrechtlich bedenkenfrei ist auch die Annahme des Oberlandesgerichts,
mit der Scheidung der Ehe des Beklagten mit der Enkelin sei die
Geschäftsgrundlage der Zuwendung der Großmutter, soweit sie dem Beklagten
zugute gekommen sei, entfallen. Ausweislich des Überlassungsvertrags haben
der Beklagte und seine damalige Ehefrau das Grundstück der Großmutter zu
gemeinschaftlichem Eigentum und Vermögen erworben. Mangels gegenteiliger
Feststellungen ist davon auszugehen, dass die Eheleute nach dem Beitritt nicht
(gemäß Art. 234 § 4 Abs. 2 Satz 1 EGBGB) für den Fortbestand ihres bisherigen Güterstandes optiert haben und deshalb (gemäß Art. 234 § 4 a EGBGB) an
dem Grundstück Eigentum der Eheleute zu gleichen Bruchteilen entstanden ist.
Das hat zur Folge, dass der Beklagte fortan über seinen Eigentumsanteil allein
verfügen und auch grundsätzlich die Teilungsversteigerung betreiben kann. Es
ist nicht rechtsfehlerhaft, wenn das Oberlandesgericht diesen Umstand, der das
Wohnrecht der Großmutter und den von ihr verfolgten Versorgungszweck gefährdete,
sowie die Scheidung der Ehe des Beklagten, von deren Fortbestand
die Parteien bei der Grundstücksüberlassung ausgegangen sind, als Wegfall
der Geschäftsgrundlage wertet. Der ursprüngliche Vortrag der Großmutter, das
Scheitern der Ehe des Beklagten mit ihrer Enkelin "habe überhaupt nichts mit
der Rückabwicklung dieses Grundstücksvertrages zu tun", hindert eine solche
Wertung nicht. Dabei kann dahinstehen, ob - wie die Revision meint - in diesem
Vortrag überhaupt eine Tatsachenbehauptung zu finden ist, der Beklagte sich
eine solche Behauptung zu eigen gemacht hat und die Großmutter diese Behauptung
- weil zugestanden - später nicht mehr widerrufen konnte (zur möglichen
Bindungswirkung eines vorweggenommenen Geständnisses etwa BGH
Urteil vom 13. November 2003 - III ZR 70/03 - NJW 2004, 513, 515 f.; Zöller/
Greger ZPO 25. Aufl. § 288 Rdn. 3 a). Jedenfalls reicht schon das bloße Risiko
der Großmutter, im Zuge der güterrechtlichen Auseinandersetzung zwischen
den Eheleuten die mit dem Vertrag bezweckte Möglichkeit zu verlieren,
ihren Lebensabend in ihrem bisherigen Haus zu verbringen, aus, um die Geschäftsgrundlage
der Grundstücksüberlassung, soweit sie dem Beklagten zugute
gekommen ist, als entfallen anzusehen. Einer ernstlichen Drohung des Beklagten
mit einer Teilungsversteigerung bedurfte es für einen solchen Wegfall
der Geschäftsgrundlage nicht.
c) Die aufgrund des Wegfalls der Geschäftsgrundlage grundsätzlich vorzunehmende
Vertragsanpassung führt im Bereich der ehebezogenen Zuwendungen
unter Ehegatten nur in seltenen Ausnahmefällen zu einer Rückgewähr
des zugewandten Gegenstandes. Ähnliches gilt bei Zuwendungen von Eltern
oder Großeltern eines Ehegatten an den mit ihnen nicht verwandten anderen
Ehegatten (vgl. Senatsurteil vom 4. Februar 1998 aaO 670). Soweit die Ehe
Bestand gehabt hat, ist der Zweck der Zuwendung jedenfalls teilweise erreicht,
so dass das Zugewendete in der Regel nicht voll wird zurückgegeben werden
müssen. Ausnahmen sind denkbar, wenn nur die Rückgewähr geeignet erscheint,
einen untragbaren, mit Treu und Glauben unvereinbaren Zustand zu
vermeiden. Ob die Voraussetzungen eines solchen Ausnahmefalles vorliegen,
unterliegt im Wesentlichen tatrichterlicher Beurteilung (BGHZ 68, 299, 305).
Das Oberlandesgericht hat diese Voraussetzungen bejaht und darin gesehen,
dass die Großmutter den von ihr maßgeblich verfolgten Versorgungszweck ohne
die Rückgewähr des für den Beklagten begründeten Miteigentums nicht
verwirklichen konnte. Dagegen ist - jedenfalls für den Fall einer ehebezogenen
Zuwendung durch Schwiegereltern oder Schwiegergroßeltern - revisionsrechtlich
nichts zu erinnern. Insbesondere steht der Umstand, dass der Vertrag im
Zeitpunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage bereits rund 18 Jahre bestanden
hatte, der Beurteilung des Oberlandesgerichts nicht entgegen. Denn die
vom Beklagten und seiner früheren Ehefrau übernommene Leistungspflicht bestand,
weil auf Lebenszeit der Großmutter eingegangen, zu diesem Zeitpunkt
fort. Außerdem kann der nicht unerhebliche Umfang der vom Beklagten bis dahin
bereits erbrachten Leistungen bei der Bemessung der Ausgleichungspflicht
Berücksichtigung finden.
3. Das Oberlandesgericht geht - im Ansatzpunkt zutreffend - davon aus,
dass auch in Fällen, in denen der Wegfall der Geschäftsgrundlage ausnahmsweise
einen Anspruch auf Rückgewähr in Natur begründet, diese Rückgewährpflicht
von vornherein nur unter Berücksichtigung eines nach den Umständen
des Einzelfalles gerechtfertigten Ausgleichs in Betracht kommt. Insoweit muss
das wirtschaftliche Ergebnis einer dinglichen Rückgewähr identisch mit dem
eines bloß schuldrechtlichen Rückausgleichs sein (Senatsurteile vom
4. Februar 1998 aaO und vom 28. Oktober 1998 - XII ZR 255/96 - FamRZ
1999, 365, 367). Die danach Zug um Zug gegen Rückauflassung des hälftigen
Grundeigentums zu erbringende Ausgleichszahlung will das Oberlandesgericht
gemäß § 287 ZPO unter Berücksichtigung des hälftigen Wertes der von den
Ehegatten vorgenommenen und noch vorhandenen Verwendungen auf das
Grundstück mit (14.115 DM für die Errichtung einer Garage + 4.500 DM für Außenanlagen
+ 7.500 DM für Wertverbesserungen an Dach und Hauswasseranlage
= 26.115 DM, abzüglich des auf die geschiedene Ehefrau des Beklagten
entfallenden hälftigen Anteils dieser Verwendungen =) 13.057,50 DM bemessen.
Diese Bemessung hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
Der Ausgleich soll bewirken, dass sich der in Natur rückgewährpflichtige
Ehegatte im wirtschaftlichen Ergebnis nicht anders steht als er stünde, wenn
ihm der zugewandte Gegenstand verbliebe und der Zuwendende von ihm für
die Zuwendung, soweit deren Geschäftsgrundlage entfallen ist, seinerseits eine
Ausgleichszahlung verlangen könnte (vgl. Wagenitz in Schwab/Hahne, Familienrecht
im Brennpunkt, 2004, 160, 172). In diesem Falle erschöpft sich die vom
Zuwendungsempfänger nach Billigkeit geschuldete Ausgleichszahlung jedenfalls
in dem Wert der Zuwendung, soweit dieser nicht bereits durch Leistungen
aufgewogen wird, die der Zuwendungsempfänger im Hinblick auf die Zuwendung
an den Zuwendenden erbracht hat; Wertsteigerungen, die der zugewandte
Gegenstand nach der Zuwendung erfahren hat, verbleiben ebenso wie der
zugewandte Gegenstand selbst grundsätzlich dem Zuwendungsempfänger (vgl.
bereits Senatsurteil vom 28. Oktober 1998 aaO 365). Hat - wie hier - der Zuwendungsempfänger
den Zuwendungsgegenstand in Natur zurückzugewähren,
gelten diese Grundsätze entsprechend: Der Zuwendende hat dem Zuwendungsempfänger - Zug um Zug gegen Rückgewähr - grundsätzlich diejenigen
Leistungen auszugleichen, die dieser mit Rücksicht auf die Zuwendung erbracht
hat und für deren Erbringung ebenfalls die Geschäftsgrundlage entfallen ist. Bei
der Bemessung des Wertes dieser Leistungen ist nicht von den im Zeitpunkt
der Leistungserbringung maßgebenden Nominalwerten auszugehen; vielmehr
ist der Zeitwert dieser Leistungen in dem Verhältnis anzuheben, um den auch
der Wert des in Natur zurückzugewährenden Zuwendungsgegenstandes in der
Zeit zwischen der Leistungserbringung und dem Wegfall der Geschäftsgrundlage
der Zuwendung gestiegen ist; denn in diesem Verhältnis gebührt die Wertsteigerung
des Zuwendungsgegenstandes dem zur Rückgewähr in Natur verpflichteten
Zuwendungsempfänger. Das hat das Oberlandesgericht nicht beachtet.
Im Einzelnen:
a) Das Oberlandesgericht hat bei der Ermittlung des Ausgleichs nicht berücksichtigt,
dass die Großmutter den Eheleuten das Grundstück nur gegen
eine Abfindungszahlung an ihre andere Enkelin überlassen hat. In dem Verhältnis,
in dem diese Abfindung zum damaligen Verkehrswert des Grundstücks
stand, stellt sich die Überlassung als eine teilweise entgeltliche Verfügung dar.
Das von den Eheleuten gezahlte Entgelt hindert, wie ausgeführt, zwar nicht, die
Verfügung zugunsten des Beklagten als auf dessen Ehe bezogen anzusehen;
in die Bemessung des gegen Rückgewähr der ehebezogenen Verfügung zu
leistenden Ausgleichs muss dieses Entgelt jedoch nach Billigkeit einbezogen
werden. Das hat das Oberlandesgericht unterlassen. Bei der gebotenen Einbeziehung
kann der in (DDR-)Mark entrichtete Abfindungsbetrag nicht mit dem
nominal entsprechenden DM-Betrag in Ansatz gebracht werden. Da die Eheleute
das Eigentum am Grundstück der Großmutter in Ansehung der Abfindung
teilweise entgeltlich erworben haben, gebührt vielmehr auch der Wertzuwachs,
den dieses Grundstück inzwischen aufgrund der deutschen Einheit erfahren
hat, in dem Umfang den Erwerbern, in dem sie dieses Grundstück entgeltlich
erworben haben (vgl. bereits Senatsurteil vom 28. Oktober 1998 aaO); denn
insoweit ergeben sich zwischen einem vor der Wiedervereinigung vereinbarten
und durchgeführten Grundstückskauf und der hier vorliegenden familienrechtlich
geprägten Grundstücksüberlassung keine Unterschiede: In beiden Fällen ist
für den erworbenen Gegenstand ein Preis entrichtet worden. Mit der Übereignung
des Gegenstandes trägt der Erwerber dessen rechtliches und wirtschaftliches
Schicksal allein; insoweit fällt ihm auch ein wiedervereinigungsbedingter
Wertzuwachs allein an. Im Ergebnis wird deshalb der Verkehrswert des Grundstücks
im Zeitpunkt des "Überlassungsvertrags" zu dem Verkehrswert im Zeitpunkt
des Wegfalls der Geschäftsgrundlage ins Verhältnis zu setzen sein. Mit
diesem Verhältniswert ist die von beiden Ehegatten in (DDR-)Mark erbrachte
Abfindung zu multiplizieren; die Hälfte des sich daraus ergebenden Betrages
gebührt dem Beklagten als Ausgleich.
b) Diese Überlegungen gelten sinngemäß auch für die vom Beklagten
und seiner geschiedenen Ehefrau an die Großmutter erbrachten sonstigen Leistungen.
Das Oberlandesgericht hat die langjährige Mitbenutzung des Hauses
durch die Großmutter sowie etwaige von den Eheleuten an die Großmutter vertragsgemäß
erbrachte Betreuungs- oder Pflegeleistungen bei der Bemessung
des Ausgleichs nach Billigkeit unberücksichtigt gelassen. Das ist nicht richtig.
Das der Großmutter in dem "Überlassungsvertrag" eingeräumte Wohnrecht
stellt sich ebenso wie die von den Eheleuten übernommene Betreuungs- und
Pflegeverpflichtung als eine Gegenleistung für die Übereignung des Grundstücks
dar, das dieser insoweit den Charakter einer unentgeltlichen Zuwendung
nimmt und deshalb bei der Bemessung des gegen Rückgewähr des Grundstücks
zu leistenden Ausgleichs nach Billigkeit einbezogen werden muss. Dabei
ist der Wert von Wohnrecht und Pflegeverpflichtung unter Zugrundelegung der
im Zeitpunkt des Überlassungsvertrags bestehenden Lebenserwartung zu kapitalisieren.
Von dem so ermittelten Betrag ist der kapitalisierte Wert in Abzug zu
bringen, der dem Wohnrecht und der Pflegeverpflichtung im Zeitpunkt des Wegfalls
der Geschäftsgrundlage - wiederum unter Zugrundelegung der Lebenserwartung
- noch zukommt; denn insoweit hat der Beklagte mit dem Wegfall der
Geschäftsgrundlage die ursprünglich geschuldeten Leistungen nicht mehr zu
erbringen. Die sich aus den beiden Werten ergebende Differenz bildet den Wert
der von den Eheleuten erbrachten Wohn- und Pflegeleistungen. Er ist mit dem
Verhältniswert zu multiplizieren, der sich aus den Verkehrwerten des Grundstücks
im Zeitpunkt des Überlassungsvertrags und im Zeitpunkt des Wegfalls
der Geschäftsgrundlage ergibt. Das Produkt gebührt - als DM-Betrag, im Hinblick
auf die von beiden Ehegatten gemeinsam erbrachten Leistungen jedoch
nur hälftig - dem Beklagten.
c) Rechtlichen Bedenken begegnet schließlich die Auffassung des Oberlandesgerichts,
die von dem Beklagten und seiner Ehefrau getätigten Verwendungen
seien bei der Ermittlung des Ausgleichs nur insoweit zu berücksichtigen,
als die durch sie bewirkten Wertsteigerungen noch vorhanden seien. Wie
der Senat bereits klargestellt hat, geht es bei der Bemessung des dem rückgewährpflichtigen
Zuwendungsempfänger geschuldeten Ausgleichs in Fällen der
vorliegenden Art nicht um eine Rückabwicklung nach Bereicherungsgrundsätzen;
Maßstab sind vielmehr die Grundsätze der Billigkeit , die einen Aufwendungsersatz
rechtfertigen (Senatsurteil vom 28. Oktober 1998 aaO). Daher sind
auch solche Aufwendungen berücksichtigungsfähig, die im Vertrauen auf den
Fortbestand der Eigentümerstellung zur Erhaltung oder Verschönerung gemacht
worden sind, ohne dass sie sich in einem bleibenden Wertanstieg des
Grundstücks niedergeschlagen haben. Freilich werden vom Zuwendungsempfänger
getätigte Verwendungen nicht generell und mit dem jeweils für sie aufgewandten
Geldbetrag in Ansatz gebracht werden können. Rückgewähr und
Ausgleich sollen das Vertragsgefüge im Hinblick auf den Wegfall seiner Geschäftsgrundlage
anpassen. Soweit die Eheleute und die Großmutter im selben
Haus zusammengelebt haben, ist der Zweck der Zuwendung jedenfalls teilweise
erreicht. Verwendungen, die der rückgewährpflichtige Ehegatte bis zur
Scheidung getätigt hat, stellen sich aber grundsätzlich nur als ein Korrelat des
mietfreien Wohnens dar; in diesem Umfang sind sie - nicht anders als der dem
rückgewährpflichtigen Ehegatten entschädigungslos verbleibende Gebrauchsvorteil
- als von der Geschäftsgrundlage gedeckt anzusehen und deshalb bei
der Bemessung des Ausgleichs nach Billigkeit außer Betracht zu lassen.
4. Das angefochtene Urteil kann danach keinen Bestand haben. Der Senat
vermag in der Sache nicht abschließend zu entscheiden. Die Bestimmung
des vom rückgewährpflichtigen Ehegatten zu beanspruchenden Ausgleichs
nach Billigkeit unterliegt weitgehend tatrichterlicher Beurteilung, für die hier zudem
notwendige Feststellungen - etwa über den Grundstückswert im Scheidungszeitpunkt,
über Art und Umfang der vom Beklagten und seiner früheren
Ehefrau bis zu Scheidung getätigten Verwendungen sowie ihrer sonstigen an
die Großmutter vereinbarungsgemäß erbrachten Leistungen - fehlen. Die Sache
war deshalb an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die für
einen umfassenden Ausgleich nach Billigkeit erforderlichen Feststellungen trifft
und auf dieser Grundlage - gegebenenfalls unter Heranziehung des § 287
ZPO - den Ausgleichsbetrag bestimmt.
Hahne
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dingt verhindert zu unterschreiben. Hahne
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