Keine Teilzeitarbeit für Ressortleiterin zu Hause

Gericht

ArbG Freiburg - Kammern Offenburg


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

21. 06. 2006


Aktenzeichen

6 Ca 34/06


Tenor

  1. Die Klage wird abgewiesen.

  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

  3. Der Wert des Streitgegenstands dieser Entscheidung wird festgesetzt auf € 11.333,60.

Tatbestand


Tatbestand:

Die Klägerin begehrt im vorliegenden Verfahren die Zustimmung zu einem Teilzeitverlangen während der Elternzeit und wehrt sich gegen eine vermeintliche Teil-Kündigung der Beklagten.

Die am 24.05.1971 geborene verheiratete Klägerin, die einem Kind gegenüber zum Unterhalt verpflichtet ist, ist seit dem 01.07.2000 im Betrieb der Beklagten als Redakteurin auf der Basis des Arbeitsvertrags vom 08.06.2000 tätig. Dabei übt sie die Tätigkeit einer Ressortleiterin für die Zeitschrift ... aus, sie leitet den Bereich ... . Ihr sind insoweit zwei Mitarbeiterinnen unterstellt. Ab dem 01.04.2005 wurde der Klägerin für die redaktionelle Mitarbeit bei der Zusammenstellung der Kosmetik-Seiten des ... eine monatliche Tätigkeitszulage in Höhe von € 500,-- brutto gewährt (vergl. Bl. 13 der Akte).

Die Klägerin befand sich aufgrund der Geburt ihrer Tochter am 01.12.2005 in Mutterschutz. Mit E-Mail vom 14.12.2005 teilte die Klägerin mit, dass sie Elternzeit bis 30.11.2007 - vorbehaltlich einer Verlängerung - in Anspruch nehmen wolle und stellte zugleich einen Antrag auf Teilzeit. Insoweit begehrte sie ab dem 02.02.2005 für drei Monate eine Teilzeittätigkeit mit 15 Stunden pro Woche und ab dem 01.05.2005 eine solche in Höhe von 28 Stunden für die Tätigkeit für die Zeitschrift ... sowie zwei Stunden für das ..., wobei sie an zwei Arbeitstagen im Betrieb der Beklagten sowie zwei Arbeitstage zu Hause tätig sein wollte.

Am 09.01.2006 wurde der Teilzeitwunsch der Klägerin durch die Beklagte abgelehnt (vergl. Bl. 66, 67 der Akte) .

Eine weitere Begründung erfolgte mit Schreiben vom 20.01.2006 (vergl. Bl. 68 der Akte).

Zwischen den Parteien erfolgte sodann Verhandlungen über die Frage einer möglichen Teilzeittätigkeit der Klägerin während der Elternzeit, wobei seitens der Beklagten eine solche als Ressortleiterin abgelehnt und der Klägerin vielmehr eine Teilzeittätigkeit als Redakteurin angeboten wurde. Aufgrund des hierdurch ausgelösten Gehaltsverlustes erklärte sich die Klägerin hierzu nicht bereit. Insoweit wird auf den zwischen den Parteien gewechselten Schriftverkehr verwiesen.

Mit Schreiben vom 27. Januar 2006 (vergl. Bl. 70, 71 der Akte) wurde seitens der Beklagten darauf hingewiesen, dass die Voraussetzungen für die monatliche Tätigkeitszulage in Höhe von € 500,-- mit sofortiger Wirkung entfielen.

Dieses Schreiben versteht die Klagerin als Teil-Kündigung, sie hält diese aufgrund des bestehenden besonderen Kündigungsschutzes für unwirksam.

Im Übrigen begehrt sie die Zustimmung der Beklagten zum Teilzeitverlangen der Klägerin in der Elternzeit ab dem 02.02.2006 mit 15 Wochenstunden vom Home-Office und ab dem 01.05.2006 mit 28 Wochenstunden an zwei Arbeitstagen an ihrem Arbeitsplatz bei der Beklagten und an zwei Arbeitstagen im Home-Office.

Der Rechtsanspruch der Klägerin ergebe sich aus § 15 Abs. 7 BErzGG.

Dringende betriebliche Gründe, die der Beklagten die Ablehnung des Teilzeitwunsches ermöglichten, seien nicht gegeben.

Auch die Ausübung der Funktion als Ressortleiterin in Teilzeit sei in der begehrten Art und Weise, mithin auch vom häuslichen Arbeitsplatz aus, möglich.

Auch insoweit wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Die Klägerin beantragt zuletzt:

  1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Teil-Kündigung der Beklagten vom 27.01.2006, zugestellt am 27.01.2006, nicht aufgelöst worden ist, sondern unverändert zu den bis dahin geltenden Bedingungen über den 27.01.2006 hinaus fortbesteht.

  2. Die Beklagte wird verurteilt, ihre Zustimmung zum Teilzeitverlangen der Klägerin in der Elternzeit ab dem 02.02.2006 in 15 Wochenstunden vom Home-Office und ab dem 01.05.2006 mit 28 Wochenstunden an zwei Tagen an ihrem Arbeitsplatz bei der Beklagten und an zwei Arbeitstagen im Home-Office zu erledigen.

  3. Es wird festgestellt, dass die Klägerin (gemeint ist wohl die Beklagte) mit der Abgabe der mit Ziffer 2 geforderten Erklärung sich seit dem 24.02.2006 in Verzug befindet.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass eine Teil-Kündigung zu keinem Zeitpunkt ausgesprochen worden sei. Ein Rechtsanspruch der Klägerin auf die begehrte Teilzeittätigkeit sei nicht gegeben, da dringende betriebliche Gründe diesem entgegenstünden. Die Funktion einer Ressortleiterin im Betrieb der Beklagten verlange, dass eine tägliche Präsenz im Betrieb der Beklagten gegeben sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätzen nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe


Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet.


I.

Die Klage ist zulässig.

Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist eröffnet, da die Parteien über die Frage einer Teilzeittätigkeit der Klägerin während der Elternzeit und mithin über eine Streitigkeit aus dem Arbeitsverhältnis streiten.

Nachdem sich der Sitz der Beklagten im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Arbeitsgerichts Freiburg - Kammern Offenburg - befindet, ist das erkennende Gericht auch in örtlicher Hinsicht zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits berufen.


II.

Die Klage ist nicht begründet.

Mangels Vorliegens einer Teil-Kündigung geht die von der Klägerin insoweit erhobene Kündigungsschutzklage ins Leere.

Ein Anspruch der Klägerin auf Ausübung ihrer Tätigkeit als Ressortleiterin im verringerten zeitlichen Umfang, teilweise am häuslichen Arbeitsplatz, wahrend der Elternzeit besteht nicht.

Dies ist im Einzelnen wie folgt zu begründen:

1. Teil-Kündigung

Zur Überzeugung der Kammer ist in dem Schreiben der Beklagten vom 27. Januar 2006 nicht der Ausspruch einer "Teil-Kündigung" zu sehen.

Seitens der Beklagten erfolgte insoweit der Hinweis darauf, dass eine Tätigkeitszulage zukünftig nicht weiter gezahlt werden soll. Hieraus folgt, dass seitens der Beklagten das Arbeitsverhältnis nicht insgesamt oder auch zu einem wesentlichen Teil gekündigt werden sollte, die Beklagte vielmehr der Auffassung ist, einseitig den Widerruf der Tatigkeitszulage anordnen zu können.

Dieser Inhalt spricht insbesondere aufgrund des besonderen Kündigungsschutzes der Klägerin und der aufgrund der Elternzeit fehlenden Aktualisierung des Arbeitsverhältnisses dafür, dass hierdurch keine "Teil-Kündigung" des Arbeitsverhältnisses ausgesprochen werden sollte.

Mangels Vorliegen einer Teil-Kündigung geht die seitens der Klägerin erhobene Kündigungsschutzklage insoweit ins Leere.

Sollte die Klägerin der Auffassung sein, einen entsprechenden Zahlungsanspruch zu besitzen, so steht ihr der Weg der Erhebung einer entsprechenden Zahlungsklage zur Seite.

2. Teilzeitanspruch der Klägerin

Zur Überzeugung der Kammer steht der Klägerin kein Anspruch zu, eine eventuelle Teilzeittätigkeit an zwei Arbeitstagen am häuslichen Arbeitsplatz zu verrichten.

Der von der Klägerin geltend gemachte Teilzeitanspruch setzt sich aus einer zeitlichen und einer örtlichen Komponente zusammen. Beide Komponente sind miteinander verbunden und sind ohne einander nicht vorstellbar. Nach ihre Antragstellung begehrt die Klägerin eine zeitliche Reduzierung der Tätigkeit verbunden mit der Möglichkeit, nur an zwei Arbeitstagen an ihrem Arbeitsplatz im Betrieb der Beklagten tätig zu sein. Eine Aufspaltung des Begehrens in einen zeitlichen und örtlichen Teil ist aufgrund dieser Verknüpfung nicht möglich.

Die Klägerin stützt ihren Anspruch auf § 15 Abs. 4, 5 BErzGG.

Danach ist während der Elternzeit eine Erwerbstätigkeit beim bisherigen Arbeitgeber bis zu einer Höchstgrenze von 30 Stunden wöchentlich möglich.

Gemäß § 15 Abs. 7 Ziffer 4 besteht während der Elternzeit ein Teilzeitanspruch, sofern diesem keine dringenden betrieblichen Gründe entgegenstehen.

Nach § 15 BErzGG ergibt sich aber kein Anspruch der Klägerin, ihre Tätigkeit nicht im Betrieb der Beklagten, sondern am häuslichen Arbeitsplatz zu verrichten.

Die Regelung des § 15 BErzGG regelt ausschließlich die zeitliche Komponente.

Ein Anspruch der Klägerin auf Ausübung einer Tätigkeit am häuslichen Arbeitsplatz könnte sich mithin ausschließlich aufgrund einer anderen Anspruchsgrundlage ergeben. Als solche könnte eine entsprechende betriebliche Übung im Betrieb der Beklagten oder ein Anspruch auf Gleichbehandlung nach dem allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes in Betracht kommen.

Auch diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Rechtsstreit nicht gegeben.

Die Klägerin übte ihre Tätigkeit als Ressortleiterin vor Beginn des Mutterschutzes ausschließlich im Betrieb der Beklagten aus. Ein Home-Office wurde insoweit von ihr nicht betrieben.

Im Rahmen des Kammertermins wurde geklärt, dass auch die anderen Ressortleiter im Betrieb der Beklagten ihre Tätigkeit ausschließlich am Firmensitz im Betrieb der Beklagten ausüben. Mithin kann sich ein Anspruch der Klägerin aufgrund ihrer Funktion als Ressortleiterin weder aus einer entsprechenden betrieblichen Übung noch aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz ergeben.

Maßgeblich ist insoweit nicht, ob andere Redakteure am häuslichen Arbeitsplatz tätig sind, entscheidend ist vielmehr die von der Klägerin ausgeübte Funktion als Ressortleiterin.

Nach alledem ist für die Kammer eine Anspruchsgrundlage der Klägerin für den geltend gemachten Anspruch auf Ausübung ihrer Tätigkeit am häuslichen Arbeitsplatz nicht gegeben.

Aufgrund der oben festgestellten Verknüpfung von zeitlicher und räumlicher Komponente des Teilzeitbegehrens bedarf nach alledem die Frage, ob eine zeitliche Reduzierung ihrer Tätigkeit seitens der Klägerin begehrt werden kann, keiner Entscheidung. Jedenfalls steht ihr kein Anspruch zu, ihre Tätigkeit ausschließlich an zwei Tagen im Betrieb der Beklagten und an den übrigen zwei Tagen am häuslichen Arbeitsplatz zu verrichten.

Bereits dieser Umstand muss zur Zurückweisung des geltend gemachten Teilzeitanspruchs führen

3. Feststellung des Verzugs

Nachdem ein Teilzeitanspruch der Klägerin nicht besteht, konnte auch der entsprechende Feststellungsantrag keinen Erfolg haben.

Nach alledem war die Klage vollumfänglich abzuweisen.


III.

1. Die Klägerin trägt als unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits.

2. Der Wert des Streitgegenstands dieser Entscheidung, der gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festzusetzen ist, wurde in Höhe des wirtschaftlichen Werts der Auseinandersetzung in Ansatz gebracht.

Bezüglich der Problematik Teil-Kündigung ging das Gericht insoweit von einem Unterschiedsbetrag in Höhe von € 500,-- monatlich aus, insoweit erscheint es geboten, den 3-monatigen Unterschiedsbetrag in Höhe von € 1.500,-- zugrunde zu legen.

Im Hinblick auf den Teilzeitantrag geht das Gericht vom zugrunde gelegten Vergütungsanspruch in Höhe von € 3.111,20 aus, auch insoweit ist ein Quartalsbetrag in Höhe von € 9.933,60 anzunehmen.

Der als Ziffer 3 geltend gemachte Feststellungsantrag ist mit € 500,-- zu berücksichtigen.

Die nachfolgenden Hinweise belehren über statthafte Rechtsmittel.


RECHTSMITTELBELEHRUNG

1. Gegen dieses Urteil kann d. Kläg. Berufung einlegen.

Wird das Urteil nicht in dem Umfang angefochten, in dem d. Kläg. unterlegen ist, hängt die Zulässigkeit der Berufung davon ab, dass der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder der Beschwerdegegenstand das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses betrifft.

Die Einlegung der Berufung hat binnen eines Monats nach Zustellung dieses Urteils schriftlich beim Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - Kammern Freiburg -, Habsburgerstraße 103, 79104 Freiburg i. Br. zu erfolgen. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landesarbeitsgericht zu begründen.

Der Berufungskläger muss sich vor dem Landesarbeitsgericht durch einen bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen Berufungs- und eine eventuelle Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
An seine Stelle kann auch ein Vertreter eines Verbandes (Gewerkschaften, Arbeitgebervereinigungen) oder eines Spitzenverbandes (Zusammenschlüsse solcher Verbände) treten, sofern er kraft Satzung oder Vollmacht zur Vertretung befugt und die Partei Mitglied des Verbandes oder Spitzenverbandes ist. An die Stelle der vorgenannten Vertreter können auch Angestellte einer juristischen Person, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer dieser Organisationen stehen, treten, sofern die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung der Verbandsmitglieder entsprechend deren Satzung durchführt und der Verband für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet. Ist die Partei Mitglied eines Verbandes oder Spitzenverbandes, kann sie sich auch durch einen Vertreter eines anderen Verbandes oder Angestellten einer der oben genannten juristischen Personen mit vergleichbarer Ausrichtung vertreten lassen.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden. Die Geschäftsstelle des Landesarbeitsgerichts bittet, Schriftsätze in fünffacher Fertigung einzureichen.

2. Für d. Bekl. ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.

Rechtsgebiete

Arbeitsrecht