Optische Beeinträchtigung durch Parabolantenne
Gericht
OLG München
Art der Entscheidung
Beschluss über sofortige Beschwerde
Datum
12. 12. 2005
Aktenzeichen
34 Wx 83/05
Das Aufstellen einer Parabolantenne auf einem teilweise in die Fassade zurückgesetzten Balkon, die von außen nur durch einen Schlitz zwischen der fest gemauerten Balkonumfassung und dem ebenfalls fest eingefügten Betonblumenkasten wahrnehmbar ist, führt im Allgemeinen nicht zu einer nachteiligen Beeinträchtigung der übrigen Wohnungseigentümer.
Zur Auslegung eines Eigentümerbeschlusses, der zur Beseitigung von Parabolantennen verpflichtet, die von außen wahrgenommen werden können, und der zugleich den Verwalter ermächtigt, den Beseitigungsanspruch gerichtlich durchzusetzen.
Infolge der Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft durch den BGH (BGHZ 163, 154 = NJW 2005, 2061 = NZM 2005, 543) spricht im Einzelfall nichts dagegen, diese durch Eigentümerbeschluss als ermächtigt anzusehen, in Verfahrensstandschaft individuelle Beseitigungsansprüche von Wohnungseigentümern gegen einen Störer gerichtlich durchzusetzen.
Auszüge aus dem Sachverhalt:
Die Ast. ist eine größere Wohnungseigentümergemeinschaft, der die Ag. angehören. Die Wohnung der Ag. ist vermietet. In der Wohnung ist ein Kabelanschluss vorhanden. Nach § 4 Nr. 4 der Gemeinschaftsordnung (GO) dürfen Schilder, Reklameeinrichtungen oder Antennen nur in der vom Verwalter zu bestimmenden Art und Form angebracht werden. In der Eigentümerversammlung vom 17. 3. 2003 wurde unter dem Tagesordnungspunkt (TOP) „Durchsetzung des Anspruchs der Gemeinschaft auf Beseitigung der Parabolantennen“ bestandskräftig beschlossen, die Eigentümer, bei deren Wohnungen Parabolantennen so aufgestellt sind, dass sie von außen wahrgenommen werden können, zu verpflichten, diese Antennen abzubauen. Sollte nach gehöriger Fristsetzung die Parabolantenne nicht abgebaut werden, wurde die Verwalterin beauftragt und bevollmächtigt, den Anspruch „der Gemeinschaft“ auf Beseitigung gerichtlich geltend zu machen und hierzu Prozessvollmacht zu erteilen. Gemäß der Hausordnung in der am 25. 3. 2004 beschlossenen Fassung dürfen auf Balkonen und Terrassen keine Gegenstände wie Parabolantennen, Schränke, Regale aufgestellt werden, die über die Balkonbrüstung hinausragen. Auf dem Balkon der Ag. im zweiten Obergeschoss war eine Parabolantenne aufgestellt. Durch einen Spalt zwischen Balkoneinfassung und Geländer mit Blumenkasten war sie als solche zu erkennen. Die Ast., vertreten durch die Verwalterin, hat beantragt, die Ag. zu verpflichten, die im Bereich ihres Sondereigentums angebrachte Parabolantenne zu entfernen und den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen.
Das AG hat den Antrag abgewiesen. Hiergegen hat die Ast. sofortige Beschwerde eingelegt. Im Hinblick auf eine weitere Beschlussfassung der Wohnungseigentümer vom 12. 5. 2005 haben die Bet. die Hauptsache für erledigt erklärt. Das LG ist davon ausgegangen, dass die Wohnungseigentümer mit Ausnahme der Ag. die Antragstellerseite bilden. Es hat diesen als Gesamtschuldnern die Gerichtskosten beider Rechtszüge auferlegt und sie dazu verpflichtet, den Ag. die im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Hiergegen richtete sich die sofortige weitere Beschwerde der Ast. mit dem Ziel, den Ag. als Gesamtschuldnern die gerichtlichen und die außergerichtlichen Kosten der beiden Rechtszüge aufzuerlegen.
Das Rechtsmittel gegen die erstmalige isolierte Kostenentscheidung des LG hatte überwiegend keinen Erfolg.
Auszüge aus den Gründen:
… 2. Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung mit Ausnahme der Erstattungsanordnung zu Gunsten der Ag. im Wesentlichen stand. Ast. ist jedoch die Wohnungseigentümergemeinschaft.
a) Das LG hat als Beteiligte auf der Antragstellerseite die Wohnungseigentümer mit Ausnahme der Ag. angesehen. Dies deckt sich mit der bis vor kurzem h.M. (BGHZ 142, 290 [292] = NJW 1999, 3713 = NZM 1999, 1101; BayObLG, NZM 2001, 956 = FGPrax 2001, 189). Der BGH hat nunmehr in Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung die Wohnungseigentümergemeinschaft als teilrechtsfähig anerkannt (BGH, NJW 2005, 2061 = NZM 2005, 543). Damit kommt außer den Wohnungseigentümern auch die Eigentümergemeinschaft als beteiligtenfähiger Rechtsträger in Frage. Der Umfang der Rechtsfähigkeit ist nach dieser Rechtsprechung beschränkt auf die Teile des Rechtslebens, bei denen die Wohnungseigentümer im Rahmen der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums als Gemeinschaft am Rechtsverkehr teilnehmen (BGHZ 163, 154 = NJW 2005, 2061 [2068] = NZM 2005, 543). Das ist insbesondere bei Rechtsgeschäften oder Rechtshandlungen im Außenverhältnis der Fall, kann aber auch, wie z.B. bei der Verfolgung von gemeinschaftlichen Beitrags- oder Schadensersatzansprüchen gegen einzelne Wohnungseigentümer, im Innenverhältnis vorliegen (BGH, NJW 2005, 2061 = NZM 2005, 543).
Der 32. Zivilsenat des OLG München hat darüber hinausgehend die Ansicht vertreten, die Eigentümergemeinschaft sei für Abwehransprüche, die das gemeinschaftliche Eigentum betreffen, beteiligungsfähig (NZM 2006, 106), so dass die Eigentümergemeinschaft selbst den Beseitigungsanspruch geltend machen und durch ihr dazu ermächtigtes Organ, den Verwalter, auch gerichtlich durchsetzen kann. Der hiesige 34. Senat hat hingegen daran festgehalten, dass die Abwehr von Störungen innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht den Rechtsverkehr des teilrechtsfähigen Verbands betrifft und deshalb Sache der Wohnungseigentümer als Einzelpersonen bleibt, was zur Folge hat, dass Beteiligte eines solchen gerichtlichen Verfahrens die einzelnen Wohnungseigentümer sind (OLG München, NJW 2005, 3006 = NZM 2005, 672). Der entscheidende Senat braucht sich an dieser Stelle mit der Auffassung des 32. Senats nicht abschließend auseinander zu setzen.
Ausgehend von der Rechtsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft ist der maßgebliche Eigentümerbeschluss vom 17. 3. 2003 nämlich nach seinem objektiven Inhalt sowie nach Wortlaut und Sinn, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter ergibt (BGHZ 139, 288 [292] = NJW 1998, 3713 = NZM 1988, 955), dahin auszulegen, dass die Gemeinschaft selbst beauftragt und bevollmächtigt werden sollte, die Individualansprüche der Eigentümer aus § 15 III WEG, § 1004 BGB in Verfahrensstandschaft zu verfolgen (vgl. BGH, NJW 2005, 3146 = NZM 2005, 747; NJW 2005, 2622 = NZM 2005, 626). Wenn die Eigentümergemeinschaft selbstständiger Rechtsträger sein kann, spricht nichts dagegen, sie auch mit der Durchsetzung von Ansprüchen einer großen Mehrheit der Wohnungseigentümer in Verfahrensstandschaft zu betrauen. Das kommt etwa bei Abwehransprüchen gegen Störungen infrage, die eine Wohnanlage in ihrer Gesamtheit und sämtliche Eigentümer objektiv gleichermaßen betreffen.
Für die Auslegung des Beschlusses im Sinne einer Ermächtigung spricht hier die verwendete Wortwahl und das Interesse der Wohnungseigentümer, nicht selbst in Erscheinung treten zu wollen, vielmehr die Durchsetzung ihrer Rechte, soweit dies zulässig ist, dem Verband zu überlassen. Die Möglichkeit, in engen Grenzen - jedenfalls in Übergangsfällen und nach Gewährung rechtlichen Gehörs - noch in der Rechtsbeschwerdeinstanz die Parteibezeichnung richtig zu stellen, hat der Senat bereits in seinem Beschluss vom 13. 7. 2005 (NJW-RR 2005, 1326 = NZM 2005, 673) bejaht. Daran wird festgehalten.
Die Sichtweise des Senats steht nicht im Widerspruch zur Rechtsansicht des BGH (V. Zivilsenat, NJW 2005, 2061 = NZM 2005, 543). Sie weicht auch nicht entscheidungserheblich vom Urteil des BGH vom 9. 2. 2004 (II. Zivilsenat, NJW-RR 2004, 874 = NZM 2004, 466 - Olympiadorf) ab, weil in dieser Entscheidung die Frage der (Teil-)Rechtsfähigkeit weder erörtert noch beantwortet ist (vgl. auch Rapp, ZfIR 2004, 596 [597]). In diesem Fall besteht keine Vorlagepflicht nach § 28 II FGG (Meyer-Holz, in: Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Aufl., § 28 Rdnr. 18).
b) Die Bet. haben das Verfahren durch übereinstimmende Erledigterklärung im Beschwerderechtszug beendigt. Das LG ist an die übereinstimmenden Erledigterklärungen gebunden (Weitnauer/Mansel, WEG, 9. Aufl., nach § 43 Rdnr. 35 m.w. Nachw.) und hatte demgemäß nur noch eine isolierte Kostenentscheidung nach § 47 WEG zu treffen. Diese richtet sich nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des voraussichtlichen Verfahrensausgangs, wie er sich bei Erledigterklärung darstellt. Beweise werden nicht mehr erhoben. Das Gericht darf sich mit einer weniger eingehenden Prüfung der Sach- und Rechtslage begnügen (z.B. BayObLG, NJOZ 2004, 2097). Zudem ist zu beachten, dass die landgerichtliche Entscheidung im Rahmen der Rechtsbeschwerde nur beschränkt, nämlich auf Rechtsfehler, überprüft werden kann, weil es sich um eine Ermessensentscheidung handelt (§ 27 I 2 FGG i.V. mit § 559 ZPO; s. BayObLG, NJOZ 2004, 2097). Dies gilt sowohl für die Entscheidung, wer von den Bet. die Gerichtskosten zu tragen hat, als auch für die Frage, ob, zu wessen Gunsten und in welchem Umfang eine Kostenerstattung in Betracht kommt.
c) Das LG ist davon ausgegangen, dass die Ast. voraussichtlich unterlegen gewesen wäre. Dies unterliegt im Rahmen der gebotenen summarischen Prüfung keinen Bedenken.
(1) Die vom LG insoweit getroffene Würdigung des Eigentümerbeschlusses vom 17. 3. 2003 teilt der Senat. Bei der gebotenen objektiven Auslegung nach Wortlaut und Sinn, wie er sich aus unbefangener Sicht als nächstliegende Bedeutung ergibt (BGHZ 139, 288 [292] = NJW 1998, 3713 = NZM 1998, 955), hat der Beschluss die Regelung bestimmter Einzelfälle zum Inhalt und legt nicht ein generelles, in die Zukunft wirkendes Verbot fest, Parabolantennen aufzustellen. Das LG hat unter Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse, insbesondere unter Auswertung der vorgelegten Lichtbilder, den Schluss gezogen, dass die Antenne an ihrem Standort auf dem Boden des Balkons als von außen nicht sichtbar anzusehen ist. Zwar ist im Beschluss nicht von Sichtbarkeit, sondern von Wahrnehmbarkeit die Rede. In Bezug auf die im Mittelpunkt einer möglichen Beeinträchtigung stehende Fassadenoptik ist mit dieser Formulierung jedoch keine weitergehende Anforderung verbunden. Wird die Aufstellung der Antenne von dem Beschluss aber tatbestandlich nicht erfasst, kann dessen unterbliebene Anfechtung auch keinen Verzicht auf irgendwelche Rechte beinhalten (vgl. OLG Köln, NZM 2005, 108).
Die Auslegung des Beschlusses durch das LG schließt es nicht aus, die Verwalterin gem. § 27 II Nr. 5 WEG als durch den in Verfahrensstandschaft auftretenden Verband wirksam ermächtigt anzusehen, den vermeintlichen Anspruch der Mehrheit der Wohnungseigentümer gerichtlich geltend zu machen (BayObLG, NJWE-MietR 1997, 182 = WE 1997, 396; s. Niedenführ/Schulze, WEG, 7. Aufl., § 27 Rdnrn. 44 f.). Denn insoweit muss die äußerliche Wahrnehmbarkeit der Antennen überhaupt genügen. Der erst durch einen richterlichen Wertungsvorgang zu ziehende Schluss, dass eine relevante Beeinträchtigung des optischen Gesamteindrucks für einen normalen Betrachter nicht vorliege, kann für die Beurteilung, ob eine Ermächtigung zur Prozessführung besteht, nicht erheblich sein (vgl. BayObLG, NJWE-MietR 1997, 182 = WuM 1994, 571; WuM 2004, 736). Das Vorgehen der Verwalterin wäre von der Ermächtigung nur dann nicht gedeckt gewesen, wenn der Anspruch von vornherein offensichtlich unbegründet gewesen wäre. Davon kann nicht die Rede sein.
(2) Zutreffend hat es das LG dahinstehen lassen, ob mit dem Aufbau der Antenne zugleich eine bauliche Veränderung i.S. von § 22 I WEG verbunden ist. Ausschlaggebend ist vielmehr der Maßstab des § 14 Nr. 1 WEG (BGHZ 157, 322 = NJW 2004, 937 = NZM 2004, 227; Senat, Beschl. v. 19. 10. 2005 - 34 Wx 98/05). Diesen hat das LG in tatrichterlicher Würdigung rechtsfehlerfrei als nicht überschritten angesehen und dabei wiederum darauf abgehoben, dass eine aus dem Eigentumsrecht der Wohnungseigentümer herzuleitende Beeinträchtigung im gegebenen Fall nur unbedeutsam ist und eine Beschränkung der Rechte der Ag. aus Art. 5 I 1 GG nicht rechtfertigen kann. Dabei ist von Bedeutung, dass die Antenne allenfalls von einem kundigen und gezielt auf den Balkon der Ag. schauenden Betrachter im Schlitz zwischen der Brüstungsmauer und dem fest aufmontierten, aber optisch abgesetzten Blumenkasten als solche erkennbar ist, diese aber, zumal der Balkon teilweise in das Gebäude integriert ist, optisch die Fassade als solche nicht beeinträchtigt. Unter diesen Umständen spielt auch die Überlegung, dass die Mieter der Ag. ohne allzu erhebliche Mehrbelastungen über das Breitbandkabelnetz ihre Informationsbedürfnisse ohne den Aufbau der Antenne hätten befriedigen können, keine ausschlaggebende Rolle mehr.
(3) Das LG gelangt schließlich zu dem Ergebnis, dass die entsprechende Klausel in der Hausordnung vom 25. 3. 2004 ebenfalls nicht geeignet war, den Beseitigungsanspruch zu stützen. Ob die Hausordnung in diesem Punkt § 13 I WEG nicht nur einschränkt, sondern abändert und deshalb verletzt mit der Folge, dass sie nichtig ist (vgl. OLG Düsseldorf, NZM 2004, 107), kann an dieser Stelle dahinstehen. Denn die Antennenschüssel ragte nicht, wie der Senat aus dem unstreitigen Akteninhalt und den vorgelegten Lichtbildern selbst entnehmen kann, über die aus einem Sockel und einem fest montierten durchgängigen Blumenkasten bestehende Brüstung hinaus.
(4) Schließlich hätte auch die Regelung in der Gemeinschaftsordnung, wonach Antennen nur in der vom Verwalter zu bestimmenden Art und Form angebracht werden dürfen, die Ag. nicht zur Beseitigung verpflichtet. Offen bleiben kann dabei, ob die Bestimmung nicht ohnehin nur Antennen erfasst, die fest am Gebäude, also in der Regel an Teilen des Gemeinschaftseigentums, montiert werden sollen, eine derart feste Verbindung jedoch bei der Antenne der Mieter der Ag. nicht festgestellt ist. Denn zum einen reicht die nachträgliche Zustimmung entsprechend § 185 II BGB aus und zum anderen ist das Fehlen der Zustimmung unbeachtlich, wenn ein durchsetzbarer Anspruch auf Zustimmung besteht (BGHZ 157, 322 = NJW 2004, 937 [940] = NZM 2004, 227; vgl. auch OLG Schleswig, NJOZ 2005, 3954 = ZMR 2005, 816 [817]).
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