Keine Geldentschädigung für Prominenten wegen einer Bildveröffentlichung auf der Titelseite

Gericht

LG Hamburg


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

09. 06. 2006


Aktenzeichen

324 O 868/05


Tenor

  1. Die Klage wird abgewiesen.

  2. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

  3. Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar;

Tatbestand


Tatbestand:

Der Kläger verlangt von der Beklagten Zahlung von Schadensersatz sowie einer fiktiven Lizenz wegen der Veröffentlichung eines ihn zeigenden Bildnisses auf einer Rätselzeitung.

Der Kläger ist Journalist und Fernsehmoderator; besondere Bekanntheit genießt hierbei die von ihm moderierte ... . Im Verlag der Beklagten erscheinen u.a. die in unregelmäßigen Abständen erscheinenden "... Sonderhefte" zu bestimmten Themen. Am 9.6.2005 erschien in dieser Reihe eine Rätselzeitschrift mit dem Titel "...". Im Innenteil dieses Magazins sind verschiedene Arten von Rätseln und Fragespielen veröffentlicht. Auf der Titelseite dieser Zeitschrift veröffentlichte die Beklagte ein ca. 9 cm breites und ca. 21 cm hohes Bildnis des Klägers mit folgender Bildunterschrift:

"... zeigt mit ... wie spannend Quiz sein kann. ".

Die Veröffentlichung des Bildnisses erfolgte ohne Einwilligung des Klägers.

Nach Aufforderung durch den Kläger gab die Beklagte am 15.7.2005 eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung ab, mit der sich die Beklagte verpflichtete, eine Veröffentlichung dieses Bildnisses zu unterlassen, wenn dies wie auf der Titelseite der genannten Veröffentlichung geschehe (Anl K 5). Zur Zahlung einer Lizenz fand sich die Beklagte nicht bereit.

Der Kläger verlangt wegen dieser Veröffentlichung von der Beklagten die Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr in Höhe von mindestens € 100.000,- und die Erstattung von Anwaltskosten für die Erwirkung der Unterlassungsverpflichtungserklärung sowie den nicht anzurechnenden Anteil für die Aufforderung zur Zahlung einer Lizenz in Höhe von zusammen € 2.111,78. Zur Begründung trägt er vor, dass die die Bildveröffentlichung nicht gemäß § 23 Abs.1 , Ziffer 1 KUG unzulässig gewesen sei, da die gesamte Veröffentlichung keinen redaktionellen Gehalt aufweise und daher die Verwendung seines Bildnisses ausschließlich kommerziellen Werbeinteressen diene. Dies mache zum einen die Auswahl des Bildes und zum anderen dessen Botschaft deutlich. Durch seine - des Klägers - das Produkt präsentierende und empfehlende Geste auf dem Bildnis, entstehe beim Leser der Eindruck, dass er, als "Spezialist" für ..., auch für ein anderes ...produkt, nämlich die Zeitschrift der Beklagten werbe. Ein die Veröffentlichung rechtfertigendes allgemeines Informationsinteresse bestehe auch deshalb nicht, weil das Bildnis keinen eigenen Informationswert habe. Durch die Bildunterschrift werde nicht einmal im Ansatz die Erwartung an eine redaktionelle Berichterstattung erfüllt. Mit seinen sorgfältig ausgewählten Werbeverträgen erziele er mindestens siebenstellige Eurobeträge.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn - den Kläger - € 102.111,78 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, wobei die Höhe des Schadensersatzes in das Ermessen des Gerichts gestellt werde, jedoch mindestens € 100.000,- betragen müsse.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, dass es sich bei dem Foto auf der Titelseite um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handele, dessen Veröffentlichung aufgrund eines allgemeinen Informationsinteresses rechtmäßig gewesen sei. Der Kläger sei eine absolute Person der Zeitgeschichte, bei der streitgegenständlichen Veröffentlichung handele es sich um ein Presseerzeugnis. Die Bildveröffentlichung werde von einem redaktionellen Inhalt getragen, wobei es für die Frage der Rechtsmäßigkeit nicht darauf ankommen könne, wo dieser Inhalt platziert sei. Der Durchschnittsleser nehme nicht an, dass der Kläger für ihr Produkt werbe, da die Abbildung von Prominenten auf Rätselheften branchenüblich sei und sich der Leser daher keine weitergehenden Gedanken mache.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe


Entscheidungsgründe:

I.

Die zulässige Klage ist unbegründet. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Zahlung einer Lizenz und auf Erstattung von Anwaltskosten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Schadensersatz aus § 823 BGB i.V.m. §§ 22, 23 KUG noch einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 BGB, denn die streitgegenständliche Veröffentlichung seines Bildnisses war zulässig.

Zwar erfolgte die Veröffentlichung auf der Titelseite des ... ohne Einwilligung des Klägers, die Veröffentlichung war aber gleichwohl gemäß § 23 Abs.1, Ziffer 1 KUG zulässig, da es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt.

Ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte im Sinne dieser Vorschrift kann auch ausschließlich eine Abbildung oder Darstellung einer einzelnen Person sein. In diesem Zusammenhang ist die Unterscheidung zwischen den sog. "relativen" und "absoluten Personen der Zeitgeschichte" entwickelt worden. Muss es die "relative Person der Zeitgeschichte" nur hinnehmen, dass ihr Bildnis im Zusammenhang mit einem zeitgeschichtlichen Ereignis abgebildet wird, soll bei der "absoluten Person der Zeitgeschichte" ein legitimes Informationsinteresse der Allgemeinheit um ihrer selbst willen bestehen, mit der Folge, dass eine derartige Person die Veröffentlichung ihres Bildnisses grundsätzlich hinzunehmen haben soll. "Absolute Person der Zeitgeschichte" in diesem Sinne soll dabei sein, wer sich durch Geburt, Stellung, Leistungen, Taten oder Untaten außergewöhnlich aus dem Kreis seiner Mitmenschen heraushebt (vgl. Gerstenberg / Götting in: Schricker, Urheberrecht, 2. Aufl., RZ.10ff zu § 23 KUG/§ 60 UrhG). Im Anbetracht seines ganz erheblichen Bekanntheitsgrades könnte der Kläger als eine solche "absolute Person der Zeitgeschichte" anzusehen sein. Hier kann indes dahinstehen, ob eine solche Kategorie - insbesondere im Lichte der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte - überhaupt generell und vor allem mit derart weitreichenden Konsequenzen für den Betroffenen verbunden werden kann sowie ob gegebenenfalls dem Kläger tatsächlich ein solcher Status zukommt, denn der Kläger hätte die streitgegenständliche Veröffentlichung selbst dann hinzunehmen, wenn er nicht als sog. "absolute Person der Zeitgeschichte" einzuordnen sein sollte:

1. Ob eine Bildnis-Veröffentlichung zulässig oder unzulässig ist, ist auch im Lichte der Regelung der §§ 22, 23 KUG und auch für Personen von überragendem öffentlichen Interesse anhand einer Abwägung der widerstreitenden Interessen des veröffentlichenden Mediums und des Betroffenen im Einzelfall zu ermitteln. So führt die Einordnung eines Betroffenen als "relative Person der Zeitgeschichte" nicht "automatisch" dazu, dass eine jegliche Veröffentlichung eines Bildnisses dieser Person zulässig wäre, soweit und solange diese nur mit einem zeitgeschichtlichen Ereignis (vgl. zu diesem Begriff: Schricker, Kommentar zum Urheberrecht, 2. Aufl., § 60 UrhG, § 23 KUG, Rz.8; OLG Frankfurt a.M., GRUR 1991, 49, 50) im Zusammenhang steht. Vielmehr ist auch in derartigen Fällen stets gegeneinander abzuwägen, wie groß das öffentliche Interesse an dem jeweils in Rede stehenden Ereignis ist und mit welchem Ausmaß an Beeinträchtigung eine Bildnis-Veröffentlichung für den Betroffenen konkret verbunden ist, so dass sich etwa die Bedeutung des Ereignisses für den Prozess der öffentlichen Meinungsbildung oder auch der Zeitablauf (vgl. zB HansOLG, AfP 1987, 518, 519f) auf das Gewichtn des aktuellen Informationsinteresses der Öffentlichkeit auswirken können, ebenso wie andererseits das eigene Verhalten des Betroffenen unmittelbaren Einfluss auf das Gewicht seines Interesses hat; wer sich üblicherweise aus eigenem Antrieb in die Öffentlichkeit begibt, dessen Interesse wiegt deutlich geringer, als das einer konsistent um Zurückgezogenheit bemühten Person. Umgekehrt hätte der Kläger auch dann keineswegs jede Veröffentlichung seines Bildnisses hinzunehmen, wenn er tatsächlich als eine sog. "absolute Person der Zeitgeschichte" anzusehen sein sollte. So müssen es etwa auch sog. "absolute Personen der Zeitgeschichte" nicht dulden, wenn ihr Bildnis ohne ihre Einwilligung zur Werbung für Waren oder gewerbliche Leistungen ausgenutzt wird (vgl. BGH GRUR 1979, 425, 427 - Fußballkalender; AfP 1995, 495 - Kundenzeitschrift mwN). Wiederum dahinstehen kann hierbei, ob diese Abwägungen rechtssystematisch eine Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Abgebildeten gemäß § 23 Abs.2 KUG darstellen oder aber sich schon im Rahmen der Voraussetzungen des § 23 Abs.1 Nr.1 KUG auswirken, denn in jedem Fall ist das Ergebnis einer Güter- und Interessenabwägung zwischen dem Informationsinteresse der Allgemeinheit und den persönlichkeitsrechtlichen Belangen des Abgebildeten maßgeblich (vgl. BGH GRUR 1979, 425, 427).

2. Die demnach erforderliche Abwägung führt hier zu einem Überwiegen der Interessen der Beklagten, das ... in der geschehenen Weise auf dem Titelblatt mit einem Bildnis des Klägers versehen zu dürfen:

Im Rahmen dieser Abwägung ist zu berücksichtigen, dass das streitgegenständliche ... als ein Presseerzeugnis anzusehen ist, für das die in Art.5 Abs.1 Satz 2 GG festgelegte Pressefreiheit gilt. Der Begriff der "Presse" im Sinne dieser Vorschrift umfasst nämlich alle zur Verbreitung geeigneten und bestimmten Druckwerke und Informationsträger, die nicht unter den Film- und den Rundfunkbegriff fallen (vgl. BVerfG NJW 1987, 386, 387 - Werkszeitung; Starck in v. Mangoldt / Klein / Starck, Bonner Grundgesetz, 4. Aufl., Art.5 Rz.59; Wendt in v. Münch / Kunig, Grundgesetz-Kommentar, 5. Aufl., Art.5 Rz.30; vgl. auch die Definition des Begriffs "Druckwerke" in § 7 HPG). Demnach kann es keinen Zweifel geben, dass das ... als ein Presseorgan anzusehen ist. Dem steht insbesondere nicht der Umstand entgegen, dass ein Rätselheft vorwiegend dem Unterhaltungsinteresse des Publikums dient, denn für die Einordnung als ein Presseorgan sind inhaltliche Kriterien nicht maßgeblich. Insbesondere ist bei der Frage der Anwendbarkeit des Art.5 Abs.1 Satz 2 GG kein Raum für eine Abwägung nach dem – an welchem Maßstab auch immer ausgerichtetem - Kriterium des "Wertes" eines Druckwerkes etwa im Sinne von dessen "Qualität" oder dessen Bedeutung für den Prozess der öffentlichen Meinungsbildung; vielmehr ist der gesamte Inhalt eines Presseerzeugnisses durch die Pressefreiheit geschützt (vgl. BVerfG GRUR 1974, 44, 48 - Soraya; Wendt in v. Münch / Kunig, Grundgesetz-Kommentar, 5. Aufl., Art.5 Rz.31; mit weiteren Nachweisen).

Letztgenannte Kriterien sind allerdings im Rahmen der Abwägung zwischen der Pressefreiheit und anderen verfassungsrechtlich geschützten Rechtsgütern sehr wohl, nämlich in dem Sinne zu berücksichtigen, dass die Interessen der Medien deutlich gewichtiger sind, wenn die Presse im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtert, damit den Informationsanspruch des Publikums erfüllt und zur Bildung der öffentlichen Meinung beiträgt, als wenn lediglich das Bedürfnis einer mehr oder minder breiten Leserschicht nach oberflächlicher Unterhaltung befriedigt wird (vgl. BVerfG GRUR 1974, 44, 48 - Soraya). Bei einem Rätselheft wie dem vorliegenden steht nun zwar der Unterhaltungswert im Vordergrund, dem Leser wird aber auch Tatsachenstoff vermittelt und so in gewisser Weise zur Bildung und Wissensvermehrung der Leser beigetragen. Dies erfolgt bei Rätseln zwar in erster Linie auf mittelbare Weise, indem der Leser angeregt wird, sich mit den aufgeworfenen Fragen zu beschäftigen. In dem hier in Rede stehenden Heft wird Wissen aber darüber hinaus auch direkt vermittelt: Zum einen sind bei einer Vielzahl von Rätseln vier Antworten zur Auswahl vorgegeben, so dass dem Leser unmittelbar die Information gegeben wird, dass eine dieser vier Antworten die Frage beantwortet. Zum anderen werden die Lösungen zahlreicher Rätsel am Ende des Heftes mitgeteilt und somit unmittelbar Wissen vermittelt. Mag dieses Wissen auch eher im Bereich des Trivialen angesiedelt sein, so ist im Rahmen der Interessenabwägung doch festzuhalten, dass das ... zwar nicht im Sinne eines Beitrags zum öffentlichen Meinungsbildungsprozess zu gewichtigen Themen im vorbezeichneten Sinne "wertvoll" sein mag, dass aber wenigstens als "Nebeneffekt" auch eine gewisse Wissensvermittlung erfolgt; dies ist im Rahmen der Abwägung zu Gunsten der Beklagten zu berücksichtigen, kann aber vor allem wegen des Trivalcharakters des vermittelten Wissens für sich genommen nicht den Ausschlag geben.

Ausschlaggebend im Rahmen der Abwägung sind hingegen die folgenden Erwägungen: Der Kläger steht unstreitig und gerichtsbekannt in ganz erheblichem Maße im Blickpunkt der Öffentlichkeit, ist aus eigenem Antrieb in den Medien weithin präsent und stellt auch sein Bildnis für verschiedene Werbekampagnen zur Verfügung. Dies rückt den Kläger zumindest sehr in die Nähe einer sog. "absoluten Person der Zeitgeschichte", so dass er es weit eher als weniger bekannte Persönlichkeiten hinnehmen muss, dass ein Presseerzeugnis mit seinem Bildnis versehen wird. Das veröffentlichte Bildnis verletzt zudem nicht aus sich heraus berechtigte Interessen des Klägers im Sinne des § 23 Abs.2 KUG; vielmehr erscheint der Kläger auf dem Foto vorteilhaft, freundlich und zugewandt. Für den Kläger streitet auch nicht die Tatsache, dass sich im Innenteil des streitgegenständlichen Sonderheftes keinerlei redaktionelle Berichterstattung zu seiner Person befindet. Zwar muss auch eine überragend prominente Persönlichkeit eine Verwendung ihres Bildnisses zu Werbezwecken nicht hinnehmen (vgl. BGH GRUR 1979, 425, 427 - Fußballkalender; AfP 1995, 495 - Kundenzeitschrift), entgegen der Ansicht des Klägers handelt es sich aber bei der hier erfolgten Veröffentlichung seines Bildnisses auf der Titelseite des Sonderheftes gerade nicht um eine ungenehmigte werbliche Vereinnahmung. Zunächst einmal wird der Kläger entgegen seiner Ansicht durch die erfolgte Veröffentlichung keineswegs als "Empfehler" oder "Testimonial" für das ... vereinnahmt. Zwar kann es grundsätzlich einen Anspruch auf Zahlung einer Lizenz auslösen, wenn der Eindruck erweckt wird, der Abgebildete identifiziere sich mit dem beworbenen Produkt, er empfehle es und preise es an (vgl. BGH NJW 2002, 2317, 2319 - Marlene Dietrich). Ein derartiger Eindruck entsteht hier aber bereits nicht, so dass dahinstehen kann, ob diese Grundsätze auch bei der Veröffentlichung auf einer Titelseite, mithin auf dem zu bewerbenden "Produkt" selbst und nicht in einer von diesem getrennten Anzeige gelten, denn zwar erscheint der Kläger in der streitgegenständlichen Veröffentlichung dem Leser zugewandt, eine irgendwie geartete ausdrückliche affirmative Aussage findet sich dort aber nicht. Die Abbildung enthält auch nicht die verdeckte Aussage, dass der Kläger dem Leser das ... empfehle, denn ein solcher inzidenter Aussagegehalt ist mit einer Veröffentlichung auf einer Titelseite in der Regel gerade nicht verbunden. Vielmehr wird der Leser - anders als bei einer Werbeanzeige - bei einer Abbildung auf einer Titelseite grundsätzlich annehmen, dass dies auf einer Entscheidung des Verlages beruht und nicht eine Befürwortung des betreffenden Heftes durch den Abgebildeten bedeutet. Auch die vom Kläger angeführte Gestik in der Fotografie stellt keine eindeutige Anpreisung des Sonderheftes dar, vielmehr stehen die grafischen Elemente unabhängig neben dem Bildnis des Klägers.

Damit liegt hier eine schlichte Veröffentlichung eines Bildnisses auf einer Titelseite vor. Eine solche ist aber nicht per se eine werbliche Vereinnahmung des Betroffenen. Zwar soll jede Titelseite eine Kaufentscheidung zugunsten des jeweiligen Blattes befördern, sie stellt aber ihrerseits auch selbst einen besonders wichtigen Teil des "Produkts Presseerzeugnis" dar. Das Titelblatt einer jeden Zeitung und einer jeden Illustrierten ist nämlich das "Aushängeschild" des Blattes (vgl. BGH AfP 1995, 411, 413 - Caroline von Monaco I), es prägt die Identität eines Publikationsorgans, dient dem Leser als Erkennungsmerkmal und enthält diejenigen Mitteilungen, die den jeweiligen Verantwortlichen aus publizistischen und werbestrategischen Gründen besonders wichtig erscheinen (BVerfG AfP 1998, 184, 186 - Gegendarstellung auf der Titelseite). Es liegt also in der Natur der Sache, dass mit jeder Titelseite auch die Absicht verfolgt wird, beim Publikum für den Kauf des jeweiligen Blattes zu werben; am dargestellten Charakter des Titelblattes als wesentlicher Teil des Presseerzeugnisses selbst ändert dies indes nichts. Die Gestaltung eines Titelblattes nimmt daher insgesamt in besonderem Maße am Grundrecht der Pressefreiheit teil. Die mit einer jeden Gestaltung des Titelblattes einhergehende werbliche Wirkung läßt sich demnach nicht isoliert bestimmen und kann daher grundsätzlich nicht - in ihrem "Wirkbereich" - zu einer partiellen Aufhebung dieses Schutzes führen; die Garantie der Pressefreiheit läßt es nicht zu, das Eingreifen dieses Grundrechts von der Qualität des jeweiligen Presserzeugnisses abhängig zu machen (BGH AfP 1995, 495, 496 - Kundenzeitschrift). Alleine der Umstand, dass aus einer Bildnispublikation kommerzieller Nutzen gezogen wird, steht der Berufung auf § 23 Abs.1 Nr.1 KUG also nicht entgegen, sonst würde diese Ausnahmevorschrift weitgehend ihren Zweck verfehlen, weil es sich bei Verlagen und Zeitungen regelmäßig um Wirtschaftsunternehmen mit Gewinnerzielungsabsicht handelt. Maßgeblich ist vielmehr im Rahmen der erforderlichen Abwägung, ob die Bildnisveröffentlichung ungeachtet der dahinter stehenden wirtschaftlichen Motive auch einen (gewissen) Informationszweck erfüllt. Dies ist namentlich dann zu bejahen, wenn das Bildnis in ein thematisches Konzept mit informativem Gehalt einbezogen ist, wenn also zwischen dem Abgebildeten und dem Inhalt des Presse- und Verlagserzeugnisses ein zumindest gewisser sachlicher Zusammenhang besteht (vgl. Schricker / Gerstenberg / Götting, Urheberrecht, 2.Aufl., § 60/ § 23 KUG, Rz.7 [S.948]; Urteil der Kammer vom 12.4.2002 - Az. 324 O 647/01). So verhält es sich im vorliegenden Fall: Der Informationsgehalt des veröffentlichten Bildnisses besteht in der Gesamtaussage, die sich aus dem Foto, der Bildunterschrift und dem konkreten Charakter des streitgegenständlichen Rätselmagazins ergibt. Unterhalb der Veröffentlichung des Bildnisses des Klägers als Blickfang auf der Titelseite des Rätselmagazins wird ausdrücklich auf die Tätigkeit des Klägers als ... hingewiesen ("..."). Diese gezogene Verbindung zwischen der unterhaltsamen und äußerst erfolgreichen Sendung des Klägers und den in der Zeitschrift abgedruckten Rätseln erscheint auch nicht gänzlich hergesucht, da sich im ... zahlreiche Rätsel in Quizform finden, bei denen dem Leser vier Antworten zur Auswahl angeboten werden; dieses Konzept mit jeweils vier vorgegebenen möglichen Antworten wird in der vom Kläger moderierten ... - die weitgehend mit seiner Person identifiziert wird - ebenfalls verwendet. Auch sind die im Rätselheft gestellten Fragen nach Themenauswahl, Formulierung und Schwierigkeitsgrad zumindest mit den einfacheren Fragen in der Sendung des Klägers durchaus vergleichbar. Damit erscheint der hergestellte Bezug zur Sendung des Klägers keineswegs als gänzlich willkürlich, sondern als Hinweis auf den Inhalt des Heftes und als unterstützendes Beispiel für die auf dem Titelblatt getroffene Aussage der Beklagten, dass Quizrätsel spannend seien, wodurch das Interesse des Lesers am Heft geweckt und verstärkt werden soll. Daneben enthält die streitgegenständliche Titelseite noch einen zwar äußerst geringfügigen, im konkreten Fall aber doch nicht gänzlich zu vernachlässigenden redaktionellen Inhalt, der auf den Kläger bezogen ist. Denn durch die Bildunterschrift ... wird nicht nur im Sinne eines allgemeinen Programmhinweises auf eben diese Quizsendung hingewiesen, sondern es wird auch - wenn auch ebenfalls nur rudimentär - deren Qualität und Wirkung bewertet. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb derartige redaktionelle Bezüge nicht auf der Titelseite selbst hergestellt werden können sollten; insbesondere aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofes zu einer Kundenzeitschrift ergibt sich nicht, dass eine Berichterstattung, die eine Bildnis-Veröffentlichung auf dem Titelblatt tragen soll, sich nicht auch auf eben diesem Titelblatt befinden darf (BGH NJW-RR 1995, 789 - Kundenzeitschrift).

Damit liegt hier keine rein werbliche Vereinnahmung des Klägers vor, da ein gewisser sachlicher Zusammenhang zwischen der Veröffentlichung und dem Kläger besteht. Vor allem angesichts des überragenden Bekanntheitsgrades des Klägers ist ein derartiger - zweifellos geringer – sachlicher Zusammenhang mit dem Inhalt des streitgegenständlichen Presseerzeugnisses ausreichend. Nach allem kann dahinstehen, ob der Kläger generell ohne seine Einwilligung abgebildet werden darf, denn jedenfalls hat er es hinzunehmen, dass sein Bildnis in der angegriffenen Weise veröffentlicht wird. Wie ein Fall zu beurteilen wäre, in dem es um eine weniger bekannte Persönlichkeit geht oder in dem es an jeglichem Bezug zwischen dem Titelfoto und dem Inhalt einer Publikation fehlt, ist damit hier nicht zu entscheiden und hat dahinzustehen.


II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

Rechtsgebiete

Presserecht