Kennzeichnung einer Werbung als „Sonderveröffentlichung”
Gericht
LG München
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
29. 06. 2005
Aktenzeichen
1 HK O 2531/05
Auszüge aus dem Sachverhalt:
Der Kläger (Wettbewerbszentrale) ist ein Verband zur Förderung gewerblicher Interessen.
Die Beklagte zu 1) verlegt das jährlich erscheinende "Festival Magazin" mit Festivalkalender. Der Beklagte zu 2) ist Geschäftsführer der Beklagten zu 1).
Im Mai 2003 wurde der Kläger darauf aufmerksam gemacht, dass die Beklagte im redaktionellen Teil ihres Festival-Magazins "Festival Magazin 2003" Berichte über und Vorankündigungen von Festivals abdruckt, die in Kooperation mit den Veranstaltern und unter Beteiligung der Veranstalter an den Druck- und Herstellungskosten entstanden sind. Die Beklagte zu 1) hatte hierauf lediglich mit einem klein gedruckten Hinweis im Impressum des Magazins hingewiesen.
Auf die Abmahnung des Klägers gab die Beklagte zu 1) durch ihre damaligen Rechtsanwälte am 25.6.2003 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, in der sie sich verpflichtete,
"es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in dem von ihr herausgegebenen Festivalmagazin redaktionelle Beiträge zu veröffentlichen, die gegen Entgelt erfolgen, ohne selbige hinreichend und deutlich sichtbar durch einen entsprechenden Hinweis, wie Anzeigepromotion oder Sonderveröffentlichung, kenntlich zu machen"
und für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe von EUR 4.000,- versprach.
Im September 2004 wurde dem Kläger beschwerdehalber das "Festival Magazin 2004" der Beklagten zu 1) vorgelegt. Dieses gleicht nach Aufmachung und Konzeption dem Magazin 2003. Auf Seiten 4 bis 52 sind die Beiträge der Festival-Veranstalter veröffentlicht und unten jeweils neben der Seitenzahl steht auf jeder Seite "Festival Magazin 2004/Sonderveröffentlichung", wobei der Begriff "Sonderveröffentlichung" in einer kleineren Schrifttype gehalten ist, als die danebenstehenden Angaben und als der sonstige redaktionelle Text auf der Seite.
Mit Schreiben vom 26.11.2004 mahnte der Kläger die Beklagte deshalb erneut ab und forderte die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung bis 7.12.2004, den Ersatz von Abmahnkosten in Höhe von 189,- EUR bis eine Woche nach diesem Zeitpunkt sowie die Zahlung der verwirkten Vertragsstrafe aus der Unterlassungserklärung vom 25.6.2003 bis 15.12.2004. ...
Auszüge aus den Gründen:
Die Klage ist zulässig und begründet.
1. Dem Kläger steht der unter Ziff. III geltend gemachte Zahlungsanspruch gegen den Beklagten zu 1) zu.
Die Beklagte zu 1) hat mit dem "Festival Magazin 2004" schuldhaft gegen die Unterlassungserklärung vom 25.6.2003 verstoßen, so dass die Vertragsstrafe von EUR 4.000, - angefallen ist.
Die Beklagte zu 1) hat nämlich nicht, wie dort versprochen, in dem "Festival Magazin 2004" die dort gegen Entgelt veröffentlichten "redaktionellen Beiträge" "hinreichend und deutlich sichtbar" durch den Hinweis "Sonderveröffentlichung" "kenntlich gemacht". Sie hat vielmehr die Bezeichnung Sonderveröffentlichung" an einer Stelle angebracht, wo sie sich nicht auf die einzelnen redaktionellen Beiträge bezieht, sondern auf die Zeitschriftenausgabe als solche. Wie vielfach bei Zeitschriften üblich, hat die Beklagte zu 1) in der Fußzeile neben der Seitenzahl nochmals ihren Zeitschriftentitel aufgeführt. Wenn sich dahinter - durch einen Schrägstrich verbunden - der Begriff "Sonderveröffentlichung" befindet, wird er von den Verkehrskreisen so verstanden, dass es sich bei der ganzen betreffenden Zeitschriftenausgabe um eine "Sonderveröffentlichung" handelt - gerade im Hinblick darauf, dass der Verkehr an solche Sonderveröffentlichungen von überregionalen Zeitungen gewöhnt ist - und der Begriff bekommt einen völlig anderen Sinn, als wenn er der einzelnen redaktionellen Werbung zugeordnet wird, wo er ein Synonym von "Anzeige" darstellen kann. Auch trifft es keinesfalls zu, dass der verständige Verbraucher von vorne herein weiß, dass es sich in einem solchen Fall um nichtredaktionelle Beiträge handelt, da die Artikel sich in Aufmachung und Diktion nicht von einem redaktionellen Beitrag in einem Kulturmagazin unterscheiden, so dass allenfalls eine eindeutige Zuordnung des Begriffs "Sonderveröffentlichung" zu dem betreffenden Artikel beim Publikum dazu geführt hätte, dass es diesen Begriff als gleichbedeutend mit "Anzeige" versteht. Es kommt hinzu, dass auf mehreren Seiten oder Doppelseiten sich außerdem auch Anzeigen befinden, die für die Verkehrskreise als solche erkennbar sind, so dass der Begriff dann allenfalls darauf bezogen wird und nicht auf den danebenstehenden, "redaktionell" erscheinenden Text.
Die Beklagte zu 1) hat auch schuldhaft gehandelt, da ihr bei dieser Anordnung bewusst sein musste, dass der Begriff nicht auf den einzelnen "redaktionell" wirkenden Beitrag bezogen würde.
2. Der Klägerin steht auch der unter Ziff. I geltend gemachte Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zu 1) und den für sie handelnden Beklagten zu 2) gem. §§ 3, 4 Nr. 3 UWG zu.
Die positive Berichterstattung über die einzelnen Festivals im "Festival Magazin 2004" ist jeweils mit einer Kostenbeteiligung der Veranstalter zu Stande gekommen, ohne Gags dies - wie unter Ziff. 1) dargelegt - für die angesprochenen Verkehrskreise erkennbar wäre, weil von der äußeren und inhaltlichen Gestaltung der Artikel jeweils der Eindruck eines echten redaktionellen Beitrages erweckt wird. Es handelt sich damit um redaktionelle Werbung, die einen Unterfall der getarnten Werbung gem. § 4 Nr. 3 UWG darstellt.
Der Anspruch besteht auch im geltend gemachten Umfang, da nur das Wort "Anzeige" in diesem Zusammenhang die Verkehrskreise eindeutig darauf hinweist, dass für die Veröffentlichung vom Veranstalter bezahlt wurde, während "Sonderveröffentlichung" - wie unter Ziff. 1) dargelegt - andere Deutungsmöglichkeiten offen lässt. Zudem entspricht die Kenntlichmachung mit "Anzeige" auch den Richtlinien des ZAW, denen zumindest eine erhebliche indizielle Wirkung dafür zukommt, was als das in der Werbung Übliche anzusehen ist und durch die auch die maßgebliche Verkehrsanschauung in beträchtlichem Umfang geprägt wird.
Gegen diesen Anspruch können die Beklagten auch nicht ein "pactum de non petendo" auf Grund der vom Kläger angenommenen Unterlassungserklärung vom 25.6.2003 einwenden. Keinesfalls hat sich der Kläger damit für alle Zukunft dahingehend gebunden, nie mehr gegen die Nichtkennzeichnung einer redaktionellen Werbung mit "Anzeige" vorzugehen, solange die Beklagten nur irgendwo das Wort "Sonderveröffentlichung" anbringen. Wie auch sonst bei einem Verstoß gegen eine strafbewehrte Unterlassungserklärung die Wiederholungsgefahr neu auflebt und dem Gläubiger ein neuer Unterlassungsanspruch zuwächst, so kann auch im vorliegenden Fall nach dem unter Ziff. 1) dargelegten Verstoß gegen die Unterlassungserklärung der Kläger die ihm aus §§ 3, 4 Nr. 3 UWG zustehenden Ansprüche völlig neu geltend machen, ohne dabei an Einschränkungen gebunden zu sein, auf die er sich bei der letzten Unterlassungserklärung eingelassen hat. ...
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