Keine humoristisch-ironische Darstellung einer bekannten Marke
Gericht
OLG Hamburg
Art der Entscheidung
Beschluss über Beschwerde
Datum
05. 01. 2006
Aktenzeichen
5 W 2/06
Die Verwendung bekannter Marken auf sog. Abi-T-Shirts in humorvoll-ironischer Weise kann je nach Art der konkreten Verwendung von der Kunstfreiheit gem. Art. 5 Abs. 3 GG gedeckt sein (in Anknüpfung an BGH GRUR 2005, 583 – Lila Postkarte).
Gründe:
Die Beschwerde ist zulässig und teilweise begründet. Die Antragsteller besitzen im erkannten Umfang einen Verfügungsanspruch gegen die Antragsgegnerin. Auch der Verfügungsgrund ist gegeben.
Der Antragsteller zu 1) ist Inhaber der deutschen Wort/Bildmarken „Trabant” Nr. 623115 (geschützt für Kraftfahrzeuge) und 39921284 (geschützt u.a. für Bekleidung). Die Aktivlegitimation der Antragstellerin zu 2) ergibt sich aus § 30 Abs. 3 MarkenG i.V.m. § 10 Abs. 2 des Lizenzvertrages. Entgegen der Auffassung des LG ist ein Unterlassungsanspruch im erkannten Umfang sowohl nach § 14 Abs. 2 Nr. 2, 5 MarkenG aufgrund der Marke Nr. 39921284 als auch nach § 14 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5 MarkenG aufgrund der Marke Nr. 6231115 zu bejahen.
1. Zu § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 MarkenG:
a) Dieser Anspruch scheitert entgegen dem LG nicht bereits daran, dass der Verkehr den streitgegenständlichen Aufdruck nicht herkunftshinweisend, sondern nur als ironische Anspielung auf das Abi 2003 und die lange Lieferzeit des Trabant versteht. Überwiegend wahrscheinlich wird sich nicht nur einem rechtlich erheblichen, sondern wohl sogar dem überwiegenden Teil des Verkehrs bei der angegriffenen Gestaltung nicht erschließen, dass sie sich auf das Abitur 2003 beziehen soll. Dabei ist nicht nur auf das Verständnis des Verkehrs am sog. point of sale abzustellen, nämlich auf das Verständnis von potentiellen Käufern, die dem T-Shirt bei dem Besuch der Internet-Seite der Antragsgegnerin begegnen und wegen des übrigen Angebots auf der Seite www.abi-t-shirt.de davon ausgehen, dass auch dieses Modell ein Abi-T-Shirt sein soll. Die Marke als Herkunftshinweis ist auch außerhalb des point of sale gegen Verwechslungen geschützt und dies muss entsprechend für die Frage der herkunftshinweisenden Verwendung und des Verkehrsverständnisses gelten (EuGH v. 12.11.2002 – Rs. C-206/01, WRP 2002, 1415, Ziff. 57 – Arsenal Football Club; OLG Hamburg, Urt. v. 26.5.2005 – 5 U 147/04, S. 7 – JP Seid bereit).
Der Schriftzug „Trabi” erscheint hier ohne optische Hervorhebung des Bestandteils „abi” (– etwa „TrAbi” –) und wird vom Verkehr als die ihm bekannte Abkürzung für das DDR-Auto Trabant erkannt werden, jedenfalls von rechtlich erheblichen Teilen auch die markenrechtlich geschützte Schreibweise. Denn ein solches Verständnis wird durch die darunter befindliche Abbildung eines Trabant ohne weiteres nahegelegt. Auch die Zahlen 03 weisen nicht auf einen Abitursjahrgang 2003 hin. Die Antragsteller machen zu Recht geltend, dass die Zahlen als eine Typenangabe gedeutet werden könnten. Zudem ist dem durchschnittlich aufgeklärten und aufmerksamen Verbraucher bekannt, dass weiterhin Trabant-Autos gefahren werden und es hierfür auch aktuell eine spezielle Liebhaberszene gibt. Selbst wenn „03” also als Jahreszahl gedeutet werden sollte, führt dies noch nicht zu einem Abitursjahrgang 2003, sondern kann sich auf irgendein Ereignis rund um das „Kultauto” Trabant im Jahre 2003 beziehen, wie etwa den Wettbewerb „Super Trabi”.
Schließlich wird auch der Satz „… nach uns die Wende” diejenigen, nach Meinung des Senats sogar überwiegenden Teile des Verkehrs, die eine Bezugnahme auf einen Abitursjahrgang 2003 nicht erkennen, nicht zu einem Verständnis dahin führen, dass es sich nur um eine humoristisch-satirische Anspielung auf den Trabant handeln könnte. Dass es ein lustiger Spruch sein soll, der auf die bekannte Redensart „… nach uns die Sintflut” anspielt, mag zwar deutlich werden, die Worte stehen aber ebenfalls in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Trabant als dem Inbegriff des DDR-Autos, denn mit der „Wende” wird das Ende der DDR und die Wiedervereinigung Deutschlands schlagwortartig bezeichnet. Eine Distanzierung oder Verfremdung des Kennzeichens Trabant, die auf eine nicht herkunftshinweisende, sondern satirische Verwendung im Zusammenhang mit dem Abitur 2003 hindeuten könnte, wird der überwiegende Teil des Verkehrs daher nicht erkennen, zumal er den Aufdruck situationsadäquat nur mit flüchtiger Aufmerksamkeit zur Kenntnis nehmen wird und die Aufmachung maßgeblich durch den markanten Schriftzug und die Abbildung eines Trabant geprägt wird.
b) Der Anspruch aus § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG bestimmt sich in ständiger Rechtsprechung anhand der Faktoren Kennzeichnungskraft des älteren Zeichens, der Waren- und der Zeichenähnlichkeit, die zueinander in Wechselwirkung stehen.
Für Bekleidung besitzt die Marke Trabant jedenfalls durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Die Marke schützt identische Waren wie diejenigen, die die Antragsgegnerin vertreibt, so dass wegen der Wechselwirkung ein erheblicher Abstand der Zeichen zu fordern ist.
Dieser ist hier nicht in ausreichendem Maße gegeben. Der Aufdruck wird von dem Zeichen „Trabi” geprägt, das weiten Teilen des Verkehrs als bloße Abkürzung des Zeichens Trabant bekannt ist. Darüber hinaus verwendet die Antragsgegnerin dieselbe Schriftart und wird der Verkehr durch die Abbildung eines Trabant-Autos zusätzlich zu diesem Verständnis geführt. Die Zahlen 03 und den Satz „… nach uns die Wende” wird der Verkehr überwiegend wahrscheinlich als schmückendes Beiwerk ansehen und das Element „Trabi” als eigentliche Produktkennzeichnung des T-Shirts auffassen. Denn der Begriff Trabant ist dem Verkehr als Kennzeichen bekannt und ferner ist es im Bereich der Oberbekleidung üblich, Markennamen im Brust- oder Rückenbereich auffällig zu präsentieren. Das ist hier der Fall. Somit wird der Verkehr das T-Shirt dem Inhaber des Zeichens Trabant zuordnen, so dass eine Verwechslungsgefahr i.S.d. § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zu bejahen ist.
2. Zu § 14 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5 MarkenG
Bei der Wort/Bildmarke Nr. 623115 handelt es sich mit überwiegender Wahrscheinlichkeit um eine bekannte Marke für Kraftfahrzeuge. Die Antragsgegnerin macht sich mit der angegriffenen Gestaltung jedenfalls die Unterscheidungskraft dieser Marke im Sinne einer Aufmerksamkeitsbeutung zunutze, ohne dass hinreichend erkennbar wird, dass es sich nur um eine humorvolle Anspielung im Zusammenhang mit dem Abitursjahrgang 2003 handeln soll. Daher kann sich die Antragsgegnerin bei dieser Gestaltung nicht auf die Kunstfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 GG berufen, sondern den durch die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG geschützten Kennzeichen des Antragstellers zu 1) gebührt in der erforderlich Güterabwägung der Vorrang (BGH GRUR 2005, 583 [585] – Lila Postkarte).
3. Den Antragstellern steht allerdings ein Unterlassungsanspruch nur bezüglich der konkreten Verletzungsform einschließlich des von ihr mit abgedeckten sog. Kernbereichs gleichartiger Verletzungshandlungen zu. Denn für eine isolierte Verwendung des Zeichens Trabant besteht bei der Antragsgegnerin weder eine Wiederholungs- noch eine Erstbegehungsgefahr. Daher sind die Antragsteller im erkannten Umfang an den Kosten dieses Verfahrens zu beteiligen (§ 92 Abs. 1 ZPO).
Kanzlei Prof. Schweizer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH © 2020
Impressum | Datenschutz | Cookie-Einstellungen