Kooperation Verlag mit Fernsehsender

Gericht

LG München I


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

21. 03. 2006


Aktenzeichen

33 O 24781/04


Leitsatz des Gerichts

  1. Es kann nicht verlangt werden, Vollzugshandlungen eines Kooperationsvertrages zu unterlassen, wenn dieser aufgrund Freistellung nach der Verordnung (EG) Nr. 2790/1999 nicht kartellrechtswidrig ist.

    Hat das Bundeskartellamt eine Übertragung im Rahmen eines Fusionskontrollverfahrens gebilligt, ist das Gericht – auch wenn es sich hierbei nicht um eine förmliche Entscheidung handelt und § 33 IV GWB unmittelbar nicht einschlägig ist – an diese Rechtsauffassung gebunden.

    Eine Prüfung von vertraglichen Vereinbarungen anhand des § 1 GWB bzw. des Art. 81 EGV entfällt nicht deshalb, weil es sich bei dem Vertriebsvertrag um einen Handelsvertretervertrag handelt.

    Eine Freistellung durch Art. 2 I Vertikal-GVO ist nicht nach Art. 3 I Vertikal-GVO ausgeschlossen, weil der Anteil des Lieferanten an dem relevanten Markt (=sämtliche Fernseh-Programmzeitschriften) nicht 30 % überschreitet.

    Was nach § 1 GWB als vertikales Kartell verboten ist, verstößt nach der Angleichung des § 1 GWB an Art. 81 EGV nun auch „automatisch“ gegen § 1 GWB.

    Die Vereinbarung einer exklusiven Vertriebstätigkeit verstößt nicht gegen § 1 GWB bzw. Art. 81 EGV.

  2. Das Angebot eines Komplettpaketes eines Abo-TV-Senders, bei dem die Programmzeitschrift im Gesamtpreis enthalten ist, ist nicht unter dem Gesichtspunkt der kartellrechtswidrigen Absatzkoppelung unzulässig. Ein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung i.S.d. §§ 19 I, IV Nr. 1 GWB bzw. eine unbillige Behinderung gem. 20 I GWB liegen nicht vor.

    Wird eine Veranstalterin eines Abo-TV-Senders beim Vertrieb einer Zeitschrift lediglich als Handelsvertreterin tätig, ist die wirtschaftliche Verknüpfung zwischen dem Abo-TV-Sender und dem Zeitschriftenverlag nicht ausreichend eng, um die Besorgnis zu begründen, durch ein Koppelungsangebot ihre Marktmacht auf dem Markt der Abo-TV-Zeitschriften auszudehnen.

Tatbestand


Tatbestand:

Die Kl. macht gegen die Bekl. Ansprüche auf Unterlassung (sowie Folgeansprüche) bezüglich verschiedener Maßnahmen der Bekl. geltend, die diese in Vollzug einer nach Auffassung der Kl. kartellrechtswidrigen (Exklusiv-) Kooperationsvereinbarung bezüglich der 14-tägig erscheinenden Programmzeitschrift „TV DIGITAL“ mit der Axel Springer AG durchführt.

A.

Die Kl. ist ein Unternehmen der Bauer Verlagsgruppe, bei der mehrere Fernseh-Programmzeitschriften („TV World, „TV 14“, „TV Movie“, „Auf einen Blick“, „TV Hören und sehen“, „TV PUR“, „TV Klar“) erscheinen. Sie ist (Stand 4. Quartal 2004) mit 47,8 % Marktanteil Marktführerin auf dem Markt für Fernsehprogrammzeitschriften vor dem Axel Springer Verlag (23, 3 % Marktanteil). Die von der Kl. herausgegebenen Programmzeitschriften konzentrieren sich überwiegend auf die Darstellung des sog. Free-TV. Seit Juni 2004 erscheint im Verlag der Kl. die Zeitschrift „tv world“, die neben dem Free-TV auch das in Deutschland empfangbare sog. Abo-TV in Gestalt der Programme des Senders Premiere vollständig abhandelt.

Die Bekl. ist die Veranstalterin des Abo-TV-Senders, Premiere. Wer Premiere sehen will, benötigt hierzu einen Decoder. Zudem ist es erforderlich, Abonnent des Senders zu werden, wobei man zwischen verschiedenen Programmpaketen wählen kann (entweder das gesamte Programm („Premiere Komplett“) oder Einzel-Pakete („Premiere Start“, „Premiere Film“, „Premiere Kinder“ etc.). Zum Zeitpunkt der Klageeinreichung (23.12.2004) hatte die Bekl. gut 3 Millionen Abonnenten.

Die Bekl. hatte bis Juni 2004 ihren Kunden eine kostenlose Kundenzeitschrift namens „Premiere“ zur Verfügung gestellt, in der sie ihr eigenes Programmangebot ausführlich darstellte. Daneben wurde den Kunden ab Oktober 2003 durch eine 100 %ige Tochter der Bekl. eine Kauf-Programmzeitschrift angeboten, die zunächst den Titel „tv komplett“, nach gerichtlicher Untersagung dieses Titels den Namen „tv kofler“ trug. Diese Zeitschrift enthielt neben dem Premiere- auch das Free-TV-Programm.

Daneben existierten zu diesem Zeitpunkt keine anderen Programmzeitschriften mit einer vollwertigen Darstellung sowohl des Abo-TV als auch des Free-TV-Programms.

Die Bekl. nahm etwa Anfang 2004 Kontakt zu mehreren im Bereich der Programmzeitschriften erfahrenen Verlagshäusern, u.a. auch zur Kl., auf und bot diesen eine Exklusiv-Kooperation an. „tv kofler“ sowie „Premiere“ sollten eingestellt werden und die jeweils angesprochenen Verlage eine Fernsehprogrammzeitschrift mit dem Free-TV und dem vollständigen Premiere-Programm herstellen, die die Bekl. sodann ihren TV-Abonnenten anbieten könnte. Eine Kooperation zwischen der Kl. und der Bekl. kam nicht zustande (vgl. Schreiben in Anlage B 38).

Am 27.02.2004 kam es zwischen der Bekl. und der Axel Springer AG zu entsprechenden Vereinbarungen (vgl. Anlagen B 39 – B 41), die insbesondere zwei Bereiche betrafen:

Zum einen veräußerte die Bekl. an die Axel Springer AG ihren Bestand an ca. 600.000 Abonnenten der Zeitschrift „tv kofler“. Die entsprechende Vereinbarung wurde auf Grund der Anmeldung des Zusammenschlussvorhabens vom 05.03.2004 (Anlage B 43) durch das Bundeskartellamt überprüft und mit Schreiben vom 02.04.2004 für zulässig erklärt (Anlage B 42).

Zum anderen schlossen die Bekl. und die Axel Springer AG einen Kooperationsvertrag, der insbesondere eine fünfjährige exklusive Vertriebstätigkeit der Bekl. für den Axel Springer Verlag beim Vertrieb der neu durch diesen herauszubringenden Programmzeitschrift „TV DIGITAL“ beinhaltete (Anlage B 39). Die Bekl. sollte „TV DIGITAL“ gegenüber ihren Abonnenten bewerben und Neuabonnenten für die Zeitschrift gewinnen, wofür sie eine Provision erhalten sollte. Ob und in welcher „Tiefe“ auch diese Vereinbarung Gegenstand der Überprüfung des Bundeskartellamts war, ist zwischen den Parteien streitig.

Bzgl. des Überprüfungsverfahrens beim Bundeskartellamt hatte die Kl. ihre Beiladung beantragt, die jedoch durch das Bundeskartellamt zurückgewiesen wurde. Ein zum OLG Düsseldorf eingelegtes Rechtsmittel der Kl., gerichtet gegen diese Zurückweisung, kombiniert mit dem Antrag, die Freigabeverfügung des Bundeskartellamts aufzuheben, blieb erfolglos. Das OLG Düsseldorf wies mit Beschluss vom 30.06.2004 die Beschwerde der Kl. gegen die Zurückweisung ihres Beiladungsantrags kostenpflichtig zurück. Daraufhin nahm die Kl. ihre Beschwerde gegen den Freigabebeschluss zurück (Anlage B 6).

Im April 2004 brachte der Axel Springer Verlag die geplante eigene Programmzeitschrift für das Free- und das Abo-TV-Programm mit dem Namen „TV DIGITAL“ heraus. „tv kofler“ wurde im März 2004, die Zeitschrift „Premiere“ im Juni 2004 eingestellt. Die Bekl. bewarb in der Folge in Form eines Schreibens (vom 12.03.2004, Anlage K 8), sowie in der letzten Ausgabe von „tv kofler“ (Anlage K 9) die neue Zeitschrift „TV DIGITAL“.

Die Vertriebsvereinbarung zwischen der Bekl. und dem Axel Springer-Verlag wird insbesondere wie folgt umgesetzt:

Jeder neue Premiere-Abonnent erhält zwei Ausgaben von „TV DIGITAL“ gratis. Auf dem Bestellformular für die verschiedenen Premiere-Abonnements findet sich eine Möglichkeit, gleichzeitig „TV DIGITAL“ zu bestellen, eine Bewerbung anderer Programmzeitschriften erfolgt nicht (Bestellformular in Anlage K 12 a).

Eine ähnliche Bewerbung findet auch im Internetauftritt der Bekl. statt (Anlage K 2). Dort (Stand 23.12.2004) erfolgt ein Hinweis darauf, dass der Vertrag bzgl. der „TV DIGITAL“ nicht mit der Bekl., sondern mit dem Axel-Springer-Verlag zustande kommt, erstmals, nachdem man den Button „Magazin bestellen“ angeklickt hat (Anlage K 14).

In dem Angebot „Premiere Komplett“ der Bekl. ist – so, wie dies vorher auch bzgl. der Zeitschriften „tv komplett“ bzw. „tv kofler“ gehandhabt wurde – die Zeitschrift „TV DIGITAL“ bereits enthalten. Der Preis für das Gesamtpaket beträgt € 43,-- und ist damit günstiger als die Summe der Preise für die einzelnen Bestandteile. Bestellt man „Premiere Komplett“, findet sich ein Hinweis auf den dabei inzident erfolgenden zweiten Vertragsschluss mit der Axel Springer AG am Ende des Abschnitts „TV DIGITAL“ der AGB (Anlage K 15).

Die Adressen der Abonnenten der Bekl. sind für andere Herausgeber von Fernseh-Programmzeitschriften, u.a. die Kl., nicht zugänglich.

Verschiedene Verlage „herkömmlicher“ Programmzeitschriften haben diese nunmehr entweder um eine Darstellung des Premiere-Programms ergänzt oder ihren Abonnement-Auflagen eine kostenlose Premiere-Beilage hinzugefügt, so zum Beispiel auch die Bauer Verlagsgruppe mit dem Supplement „tv top“, das seit Mai 2004 herausgebracht wird (Anlage K 17).

Die Kl. begann am 18.06.2004 mit der Herausgabe einer eigenen Digital-TV-Programmzeitschrift mit dem Namen „tv world“.

Im Zusammenhang mit den jeweiligen Starts der Herausgabe der Zeitschriften „TV DIGITAL“ und „tv top“ bzw. „tv world“ kam es zu verschiedenen gerichtlichen (Eil-) Verfahren zwischen den Parteien.

B.

Die Kl. trägt vor, dem Schreiben des Bundeskartellamts vom 02.04.2004 komme keine präjudizierende Wirkung für den vorliegenden Rechtsstreit zu. Gegenstand sei allein die fusionskontrollrechtliche Bewertung des Zusammenschlusstatbestands durch den Erwerb des Abonnentenstamms von „tv kofler“ durch die Axel Springer AG. Auch wenn die Bekl. dem Bundeskartellamt im Rahmen dieses Fusionskontrollverfahrens auch Details der Vertriebskooperation mitgeteilt habe, sei diese trotzdem nicht Gegenstand der strukturbezogenen Fusionskontrolle. Im übrigen handele es sich nicht um eine förmliche Entscheidung des Bundeskartellamts, sondern um ein formloses Schreiben, das gerade keine Verfügung des Bundeskartellamts darstelle.

Die Kl. ist der Auffassung, die streitgegenständliche Kooperationsvereinbarung bewirke nicht nur eine exklusive Bindung der Bekl. an die Axel Springer AG, sondern insbesondere auch einen kartellrechtswidrigen faktisch exklusiven Zugang der Axel Springer AG zum Nachfragemarkt der deutschen Abo-TV-Kunden. Axel Springer könne über die Bekl. direkt und zielgenau diesen Kundenkreis ansprechen und dort eine Deckung des Bedarfs an Abo-TV-Programminformationen bewirken, die potentielle Mitbewerber in diesem Bereich von effektivem Wettbewerb ausschließe. In dem Zusammenhang sei auch zu berücksichtigen, dass Abo-TV-Kunden auch Free-TV-Angebote konsumierten und daher zusätzlich Informationen über das Free-TV-Angebot benötigten. Da mit dem Bezug von „TV DIGITAL“ zugleich auch der Bedarf an Free-TV-Informationen vollständig abgedeckt werde, gehe der Kreis der Premiere-Kunden durch die exklusive Ansprache durch „TV DIGITAL“ nicht nur auf dem Markt der Abo-TV-Programmzeitschriften verloren, sondern werde gleichzeitig zum großen Teil auch dem Markt klassischer Programmzeitschriftenangebote entzogen.

Folge sei ein (teilweise erheblicher) Rückgang der Abo-Auflagen der klassischen Titel seit Markteinführung von „TV DIGITAL“, während sich letzterer mit einer „nie gekannten Dynamik“ nach oben entwickele (zum Anstieg der Verkaufszahlen von „tv kofler“ und „TV DIGITAL“ vgl. die Tabelle auf S. 11 der Klageschrift vom 23.12.2004, Bl. 11 d. A.)

Ursache für diese Entwicklung sei nicht zuletzt auch die Verknüpfung der Premiere-Neuakquisition mit dem Absatz von „TV DIGITAL“. Die Aufnahme von „TV DIGITAL“ in das „Premiere-Komplett-Paket“ bewirke eine unzulässige Absatzkopplung. Wer die anteiligen 3,-- € für „TV DIGITAL“ sparen wolle, müsse für den Rest des Premiere-Komplett-Pakets mindestens 46,- € ausgeben. Hinzu komme die Präsentation von „TV DIGITAL“ als integraler Bestandteil des Premiere-Angebots und die exklusive Bewerbung von „TV DIGITAL“ durch die Bekl. gegenüber Abo-TV-Interessenten. Dies wirke sich umso stärker aus, als der Premiere-Kundenstamm nicht nur insgesamt dynamisch wachse, sondern dabei zugleich einer erheblichen Fluktuation unterliege (zur Ergänzung der diesbezüglichen Argumentation der Kl. wird verwiesen auf S. 11/12 ihres Schriftsatzes vom 23.12.2004 (Bl. 11/12 d.A.).

Die Kl. sieht in diesen Umständen die Gründe dafür, dass sie mit ihrer eigenen Programmzeitschrift „tv world“ trotz einer Vergleichbarkeit mit „TV DIGITAL“ nach Art und Aufmachung in Kombination mit einem niedrigeren Preis („TV DIGITAL“: 1, 40 €, tv world: 1,00 €) und umfangreicher Werbemaßnahmen keine zufriedenstellende, wettbewerbsfähige Marktpräsenz erreichen konnte. In diesem Zusammenhang weist die Kl. darauf hin, dass sie selbst außer „tv world“ keine weitere Programmzeitschrift verlege. Andere Programmzeitschriften würden von anderen Gesellschaften der Bauer Verlagsgruppe herausgegeben. Der Axel Springer Verlag dagegen sei mit „TV DIGITAL“ unangefochtener Marktführer auf dem deutschen Markt für Abo-TV-Programmzeitschriften. Diesem Markt seien nur solche Programmzeitschriften zuzurechnen, die schwerpunktmäßig und entsprechend ausführlich (zumindest auch) das Programm des wesentlichen Abo-TV-Anbieters Premiere darstellten.

In rechtlicher Hinsicht trägt die Kl. vor, die Exklusiv-Kooperation der Bekl. mit der Axel Springer AG basiere auf einem kartellrechtswidrigen Abkauf von Wettbewerb, verstoße gegen § 1 GWB, der seit dem 01.07.2005 auch wettbewerbsbeschränkende Absprachen im Vertikalverhältnis erfasse, und sei daher unwirksam. Die in Rede stehende Exklusiv-Vereinbarung blockiere gezielt alle Verleger von Programmzeitschriften außer der Axel Springer AG bzgl. des Markts bzw. Marktsegments der Abo-TV-Zeitschriften. Da die Bekl. zwar ihre Programmzeitschrift „tv kofler“ eingestellt habe, weiterhin im Rahmen des Vertriebs der „TV DIGITAL“ weiter im Bereich der Programmzeitschriften tätig sei, indem sie für jeden geworbenen Abonnenten eine Provision erhalte, liege eine verbotene Absprache zwischen Konkurrenten zum Nachteil des Wettbewerbs vor. Insofern handele es sich nicht um eine „normale“ Unternehmensveräußerung, da die Bekl. weiterhin vom Erfolg des Vermögensgegenstandes, den sie verkauft habe, profitiere.

Es liege auch ein Verstoß gegen Art. 81 I EGV vor. Eine Freistellung über die Gruppenfreistellung für vertikale Vereinbarungen (VO 2790/1999, im folgenden: Vertikal-GVO) komme nicht in Betracht, da die Axel Springer AG bei zutreffender Zugrundelegung eines Markts für Abo-TV-Programmzeitschriften den für eine Freistellung maximal möglichen Marktanteil von nicht mehr als 30 % (Art. 3 I Vertikal-GVO) überschreite. Auch eine Freistellung gem. § 2 I GWB sei nicht möglich, da auf Grund der Exklusivitätsvereinbarung der Wettbewerb auf dem Markt für Abo-TV-Programmzeitschriften ausgeschaltet werde. Tatsächlich führe die streitgegenständliche Vertriebskooperation dazu, dass der Zugang zur Kundengruppe der Premiere-Abonnenten für alle anderen Marktteilnehmer auf dem Markt für Abo-TV-Programmzeitschriften faktisch abgeschottet werde.

Die Kl. sei Betroffene i.S.d. § 33 I 3 GWB n.F. Sie sei als Herausgeberin einer Abo-TV-Programmzeitschrift sowohl Mitbewerberin der Axel Springer AG als auch – wegen der marktabschottenden Wirkung – von der Kartellabsprache der Bekl. beeinträchtigt.

Die Weigerung der Bekl., der Kl. unmittelbaren, individuellen Zugang zu ihren Abo-TV-Kunden zwecks Vermarktung ihrer Zeitschrift „tv world“ zu eröffnen, stelle sich als Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung gem. § 19 IV Nr. 4 GWB dar.

Der relevante Markt i.S. dieser Bestimmung sei das deutsche Abo-TV („Bezahl-Fernsehen“).

Die Bekl. beherrsche mit derzeit gut 3 Mio. Abonnenten den Markt des deutschen Abo-TV, sie habe einen Marktanteil von 94, 3 %. Auch wenn sie behaupte, vielfältigem Wettbewerb ausgesetzt zu sein, greife jedenfalls die Marktbeherrschungsvermutung des § 19 III 1 GWB ein, da die Bekl. offenkundig jedenfalls ein Drittel Marktanteil habe. Dieser Markt des Abo-TV sei zu dem des Free-TV abzugrenzen. Das ergebe sich auf Grund der unterschiedlichen Vertriebswege und der Tatsache, dass Free-TV (abgesehen von den GEZ-Gebühren, die nicht an den Veranstalter gezahlt würden) kostenlos sei. Daraus folge logisch zwingend, dass auch auf der nachgelagerten Ebene der TV-Zeitschriften eine entsprechende Differenzierung zu erfolgen habe. Von einer Unterscheidung zwischen Free-TV und Abo-TV gingen im übrigen auch die Europäische Kommission und das Bundeskartellamt aus. Dies entspreche der gebotenen Abgrenzung nach dem Bedarfsmarktkonzept.

Auch wenn man aber von einem einheitlichen Markt der Programmzeitschriften ausgehe, wäre dieser aber ein dem Markt für Abo-TV abgeleiteter Markt, soweit das Segment der Programminformationen für Abo-TV betroffen sei.

Die Abonnenten-Adressen stellten eine „wesentliche Einrichtung“ für die Erschließung des Markts für Abo-TV-Programmzeitschriften dar, da sie nicht duplizierbar und für die Erschließung dieses Markts nicht substituierbar seien. „Wesentliche Einrichtungen“ müssten nicht notwendiger Weise physische Infrastrukturen sein.

Die gezielte Ansprache der TV-Abonnenten sei nur über die Bekl. vermittelbar. Zwar sei es richtig, dass die Premiere-Kunden prinzipiell auch auf andere Weise erreichbar seien. Für die Frage der Substituierbarkeit komme es jedoch nicht auf jede theoretisch denkbare Möglichkeit an. Dass die mediale Werbung nicht geeignet sei, einen adäquaten Zugang zu den Kunden der Bekl. zu bewirken, sei durch die eigenen Erfahrungen der Kl. im Zusammenhang mit der Markteinführung von „tv world“ belegt. Bei der Verteilung von Probeheften gebe es zu hohe Streuverluste, wenn die einzelnen Abonnentendaten nicht bekannt seien, wohingegen der Axel Springer Verlag die Möglichkeit habe, jeden neuen Premiere-Abonnenten zielgerichtet mit zwei Probeheften zu versorgen.

Die Verweigerung des Zugangs zu den Adressen der Abonnenten der Bekl. wirke sich als Marktzutrittssperre auf dem nachgelagerten Markt der Fernseh-Programmzeitschriften aus. Diese marktabschottende Wirkung ergebe sich sowohl, wenn man zutreffend vom Markt für Abo-TV-Programmzeitschriften ausgehe, als auch, wenn man einen allgemeinen Markt für TV-Programmzeitschriften zugrunde lege. Denn auch in letzterem Fall blockiere die Exklusivität zumindest den Zugang zur wichtigen Gruppe der Premiere-Kunden.

Die Axel Springer AG habe faktisch – auch wenn sie die konkreten Daten der Abonnentenkunden der Bekl. nicht erhalte – exklusiven und direkten Zugang zu diesen. Damit könne sie zumindest für die Dauer der Vertriebskooperation mit der Bekl. deren Abonnentenstamm nutzen.

Darin liege auch ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot des § 20 I 1 GWB. Es seien keine sachlichen Gründe dafür ersichtlich, dass die Bekl. der Axel Springer AG Zugang zu ihren Abonnenten gewähre, der Kl. hingegen nicht. Eine Behinderung liege auch darin, dass die Bekl. „TV DIGITAL“ als Bestandteil ihres Angebots anpreise, ohne dabei eindeutig darauf hinzuweisen, dass es kein Premiere Produkt sei. Dadurch werde gleichzeitig gegen §§ 3, 5 UWG verstoßen.

Im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung sei unter anderem zu berücksichtigen, dass angesichts des „immensen Zukunftspotentials“ des digitalen Fernsehens und damit des Abo-TV die Entwicklung gesunder Wettbewerbsprozesse auf diesem Markt und auf den abgeleiteten Märkten besonders wichtig und daher besonders schutzwürdig sei. Die Bekl. könnten sich auch nicht auf ihre vertraglichen Vereinbarungen mit der Axel Springer AG berufen. Diese Vereinbarung diene der gezielten Marktabschottung und der Verhinderung von Wettbewerb.

Auch in der Kopplung des Angebots „Premiere Komplett“ mit dem Absatz von „TV DIGITAL“ liege eine missbräuchliche Behinderung von Wettbewerbsmöglichkeiten anderer Unternehmer nach §§ 19 I, 20 I GWB. Es gebe weder eine Branchenübung noch eine sachliche oder technische Notwendigkeit, das Abonnement-Paket und die Programmzeitschrift gekoppelt anzubieten. Zwar seien den Premiere-Kunden ihre Programminformationen bis zu deren Einstellung durch eigene Kundenzeitschriften der Bekl. angeboten worden. Diese Übung sei jedoch von der Bekl. ganz bewusst und offiziell beendet worden. Seither werde der Markt der Abo-TV-Programmzeitschriften jedenfalls im konstruktiven Ansatz vom Markt des Abo-TV getrennt und von Drittunternehmen bedient. In dem Angebot des „Premiere Komplett“-Pakets liege eine Zwangskopplung oder gehe jedenfalls wirtschaftlich eine Koppelung mit erheblicher Sogwirkung aus, die für Programmzeitschriften sowohl im Abo- als auch im Free-TV-Bereich erhebliche Marktzutrittsschranken bewirke. Indem jeder Kunde, der sich für das Komplette Premiere-Programm entscheide, gleichzeitig „TV DIGITAL“ mit allen Programminformationen für das Abo- und das Free-TV erhalte, werde seine Nachfrage insofern vollständig gedeckt. Es widerspreche jeder Lebenserfahrung, dass der so „versorgte“ Kunde zusätzlich eine weitere Programmzeitschrift erwerbe. Ein Großteil der Premiere-Kunden sehe auch von einem späteren Wechsel der benutzten TV-Programmzeitschrift ab. Dies werde noch dadurch verstärkt, dass der Premiere-Kundenstamm nicht nur insgesamt dynamisch wachse, sondern zugleich erheblicher Fluktuation unterliege. Diese Sogwirkung wolle das Missbrauchsverbot gerade verhindern.

Die Kl. beantragt zuletzt:

  1. Die Bekl. wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes (für den Fall, dass diese nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft) oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000,00, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre)

    sämtliche Vollzugshandlungen betreffend ihre Kooperation mit der Axel Springer AG über die Programmzeitschrift „TV DIGITAL“ zu unterlassen, insbesondere die Einstellung und den Verzicht auf eigene Pay TV Programmzeitschriften sowie die exklusive Vertriebstätigkeit für „TV DIGITAL“, insbesondere in Form der exklusiven Bewerbung von „TV DIGITAL“ in Premiere Print- und Internet-Bestellformularen.

    hilfsweise

    Die Bekl. wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes (für den Fall, dass diese nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft) oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000,00, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre)

    in der Weise mit der Axel Springer AG zusammen zu arbeiten, dass unter Ausschluss der Gleichbehandlung von Dritten die derzeit unter dem Titel „TV DIGITAL“ herausgegebene Programmzeitschrift der Axel Springer AG den bestehenden und künftigen Premiere-Kunden kostenlos zur Erprobung überlassen wird,

    und/oder

    ihre eigene Programmzeitschrift, zuletzt vertrieben unter dem Titel „tv kofler“, einzustellen und die bestehenden tv kofler-Abonnenten auf die derzeit unter dem Titel „TV DIGITAL“ herausgegebene Programmzeitschrift der Axel Springer AG umzustellen, insbesondere durch Übertragung der insoweit bestehenden Abonnements-Vertragsbeziehungen auf die Axel Springer AG,

    und/oder

    die derzeit unter dem Titel „TV DIGITAL“ herausgegebene Programmzeitschrift der Axel Springer AG ihren Kunden gegenüber als „Nachfolge-Objekt“ von „tv kofler“ vorzustellen und entsprechend zu bewerben, insbesondere durch Probelieferungen an die eigenen Kunden und Ankündigungen im Premiere-Pay-TV Programm,

    und/oder

    mit der Axel Springer AG eine exklusive Vertriebstätigkeit für die derzeit unter dem Titel „TV DIGITAL“ herausgegebene Programmzeitschrift der Axel Springer AG zu vereinbaren oder umzusetzen.

  2. Die Bekl. wird verurteilt, der Kl. die Adresse der Abonnenten ihres Pay-TV Senders „Premiere zum Zwecke der Zusendung und Bewerbung der Programmzeitschrift „tv world“ der Kl. zur Verfügung zu stellen,

    hilfsweise:

    die Bekl. wird verurteilt, die Programmzeitschrift „tv world“ der Kl. gegenüber ihren Kunden ebenso anzukündigen und/oder zu bewerben wie dies bei der Programmzeitschrift „TV DIGITAL“ der Axel Springer AG geschehen ist und geschieht, wenn und soweit die Bekl. sich dafür der direkten Ansprache ihrer Kunden (namentlich durch Zusendung von Probehaften und/oder auf Bestellformularen) bedient.

  3. Die Bekl. wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes (für den Fall, dass diese nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft) oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000,00, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre) zu unterlassen,

    den Absatz von Abonnements für ihr Programmangebot „Premiere Komplett“ dergestalt mit dem Absatz von Abonnements für die Programmzeitschrift „TV DIGITAL“ der Axel Springer AG oder einer vergleichbaren Programmzeitschrift der Axel Springer AG unter neuem Titel zu verknüpfen, dass bei jedem Abonnementsvertrag betreffend „Premiere Komplett“ notwendig auch ein Abonnementsvertrag betreffend „TV DIGITAL“ oder einer vergleichbaren Programmzeitschrift der Axel Springer AG unter neuem Titel erfolgt oder aber die Bestandteile des „Premiere Komplett“-Pakets einzeln zu einem höheren Gesamtpreis erworben werden müssen,

    und/oder

    ihr Programmangebot „Premiere Komplett“ oder andere Premiere Pay-TV-Produkte in der Weise gemeinsam mit der derzeit unter dem Titel „TV DIGITAL“ herausgegebenen Programmzeitschrift der Axel Springer AG zu vertreiben, dass Abonnenten von „Premiere Komplett“ oder eines anderen Premiere Pay-TV-Produkts zugleich ein Abonnement von „TV DIGITAL“ erhalten oder erhalten können, ohne hierfür zuzahlen zu müssen, insbesondere dadurch, dass der Bezugspreis für das Abonnement von „TV DIGITAL“ in der Abogebühr für „Premiere Komplett“ oder für ein anderes Premiere-Pay-TV-Produkt enthalten ist (Absatzkoppelung).

  4. Die Bekl. wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes (für den Fall, dass diese nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft) oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000,00, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre) zu unterlassen,

    die Programmzeitschrift „TV DIGITAL“ der Axel Springer AG als Teil ihres eigenen redaktionellen Angebots anzubieten und/oder bewerben bzw. anbieten und/oder bewerben zu lassen, insbesondere wie aus Anlagen A und B ersichtlich.

  5. Die Bekl. wird verurteilt, Auskunft zu erteilen über Art und Umfang der durch sie für die Programmzeitschrift „TV DIGITAL“ seit dem 15. 3. 2004 durchgeführten Werbemaßnahmen, soweit diese unter Verwendung der Abonnementadressen der Bekl. konkret und zielgerichtet gegenüber Kunden der Bekl. erfolgte, insbesondere durch Zusendung von Probeheften und/oder anderen Werbeinformationen.
  6. Es wird festgestellt, dass die Bekl. der Kl. denjenigen Schaden zu ersetzen hat, der dieser durch die Vertriebsmaßnahmen gem. vorstehender Ziffer 1.). durch die Nichtgewährung des Zugangs zu ihren Abonnenten entgegen vorstehender Ziff. 2.) sowie durch die in 3.) bezeichneten Handlungen entstanden ist und noch entsteht.

Die Bekl. beantragt

Die Klage wird abgewiesen.

C.

Die Bekl. trägt vor, zu dem beim Bundeskartellamt zur Überprüfung eingereichten Gesamtvertragswerk habe auch die Exklusiv-Vertriebsvereinbarung zwischen ihr und der Axel Springer AG gehört. Das Zusammenschlussvorhaben sei mit Beschluss des Bundeskartellamts vom 02.04.2004 freigegeben worden. Vorher sei auch der Handelsvertretervertrag ausführlich mit der zuständigen Beschlussabteilung diskutiert worden. Die Bekl. habe die Rechtsauffassung vertreten, dass die Vertriebskooperation nicht anmeldepflichtig sei; dem habe sich das Bundeskartellamt angeschlossen und auch sonst keine kartellrechtlichen Bedenken erhoben.

Die Bekl. behauptet, sie sei vielfältigem Wettbewerb ausgesetzt. Neben ihr gebe es noch diverse weitere Pay-TV-Sender. Zum einen biete die Kabel Deutschland GmbH (KDG) seit April 2004 Abo-TV an. Deren Angebot enthalte seit September 2004 maßgeblich das Programmpaket „Kabel DIGITAL home“ mit 30 Abo-TV- und 47 Radioprogrammen. KDG habe nach eigenen Angaben bereits 300.000 Abonnenten und plane eine Steigerung um 50.000 Abonnenten pro Quartal. Das Programm werde in einer eigenen Programmzeitschrift dargestellt. Hinzu kämen MTV mit sechs DIGITALen Abo-TV-Programmen in Deutschland und easy-TV mit sechs Kanälen in Österreich. ProSieben Sat1 verhandele über drei Abo-TV-Kanäle und werde ebenfalls kurzfristig in den Markt eintreten.

In Nordrhein-Westfalen biete ISH insgesamt vierzig spartenorientierte Abo-TV-Programme an, dazu kämen Pay-per-View-Angebote. Gleiches oder vergleichbares gelte für KBW in Baden Württemberg, IESY in Hessen und eine Reihe von Kabelnetzbetreibern sowie den Satellitenbetreiber EutelSat. Dazu kämen diverse Video-on-demand-Angebote. Eine Vielzahl weitere Unternehmen wie ProSiebenSAT1, der Spiegelverlag und RTL planten den Einstieg in das Abo-TV.

Die von der Kl. vorgetragenen wirtschaftlichen Auswirkungen der Kooperation zwischen der Bekl. und der Axel Springer AG seien realitätsfern. Es stimme nicht, dass ein faktisch exklusiver Zugang der Axel Springer AG zu den TV-Abonnenten der Bekl. bewirkt werde. Vielmehr habe die Kl. wie auch andere Herausgeber von Programmzeitschriften das Potential einer kombinierten Programmzeitschrift unter Einbeziehung der Digitalprogramme im Vorfeld schlicht verkannt. Die Daten der TV-Abonnenten der Bekl. seien deren Geschäftsgeheimnis und keinem Dritten, auch nicht der Axel Springer AG, zugänglich. Die Axel Springer AG habe diesen Zugang nur über Werbung gegenüber den TV-Abonnenten der Bekl. in deren Programm. Diese Möglichkeit habe aber auch die Kl. und habe diese auch bereits genutzt. Das einzige, was der Kl. nicht zugänglich sei, sei die Einbindung in ein Paketangebot wie „Premiere Komplett“.

Diese Einbindung des Axel Springer Verlags bzw. dessen Zeitschrift „TV DIGITAL“ sei aber nicht ursächlich für dessen Erfolg beim Vertrieb an Abonnenten. Maßgebliche Teile (ca. 40 %) der Abonnenten von „TV DIGITAL“ seien – insoweit unstreitig - nicht zugleich Abonnenten des TV-Abonnements „Premiere Komplett“.

Der fehlende Erfolg der klägerischen Zeitschrift „tv world“ sei auf Unterschiede in Aufmachung, Inhalt und Umfang gegenüber „TV DIGITAL“, auf „redaktionelle Defizite“ sowie auf eine unzureichende bzw. falsche Werbestrategie zurückzuführen. Jedenfalls habe die Kl. die Möglichkeit gehabt und auch genutzt, im Abo-TV-Programm der Bekl. umfangreich Werbespots zu schalten.

Andere Zeitschriften, die im Abonnement als Supplement ein kostenloses Premiere-Programmheft lieferten, hätten ihren Bestand an Abonnenten im wesentlichen halten oder sogar ausbauen können, was ein Vergleich des jeweils vierten Quartals 2003 und 2004 zeige (Anlage B 15).

Darauf, dass der Vertrag über „TV DIGITAL“ mit der Axel Springer AG zustande kommt, werde ausreichend hingewiesen (Anlagen K 12 a bis K 15). Dass das Paket „Premiere Komplett“ günstiger sei als die Summe der Einzelpreise, sei marktüblich und entspreche gerade dem Sinn eines Gesamtangebots.

In rechtlicher Hinsicht ist die Bekl. der Auffassung, dass der Kl. die Aktivlegitimation fehle. Die Betroffenheit i.S.d. § 33 I 1 GWB setze auch in seiner neuen Fassung eine Schutzgesetzverletzung voraus. Die Kl. sei jedoch zum Zeitpunkt des Abschlusses der streitgegenständlichen Kooperationsvereinbarung (Ende Februar 2004) noch nicht mit einer eigenen Fernsehprogrammzeitschrift mit dem vollständigen Programm der Bekl. auf dem Markt gewesen. Auch das spätere Herausbringen von „tv world“ könne eine „Betroffenheit“ i.S.d. § 33 I 1 GWB nicht begründen.

Die Kl. ist der Meinung, die Entscheidung des Bundeskartellamts sei für das erkennende Gericht insoweit bindend, als diese sich auf den geprüften Zusammenschluss und dessen Vollzugshandlungen beziehe. Zudem sei sie bindend, soweit Feststellungen zum relevanten Markt und zu den wettbewerblichen Auswirkungen getroffen seien.

Zur Frage des relevanten Markts führt die Bekl. aus, dass in der Vergangenheit anerkannt gewesen sei, dass zwischen den beiden Märkten des Abo-Fernsehens und des Free-TV eine enge Wechselbeziehung bestehe, da der Erfolg, die Verbreitung und die Durchsetzung von Abo-TV von der Vielfalt und Qualität des Free-TV abhänge. Inzwischen sei diese Wechselbeziehung derart stark ausgeprägt, dass nunmehr von unterschiedlichen Märkten nicht mehr gesprochen werden könne. Es handele sich also um einen einheitlichen Markt für Fernsehprogrammzeitschriften (hier beruft sich die Bekl. auch auf eine Stellungnahme des Bundeskartellamts vom 14.06.2004 im Beschwerdeverfahren bzgl. des Freigabebeschlusses, Anlage B 44). Dafür spreche auch, dass, wie sich aus der Auswertung in Anlage B 46 ergebe, sämtliche auf dem Markt im Freiverkauf befindliche Fernsehprogrammzeitschriften nur eine bestimmte Auswahl der Fernsehprogramme abdruckten und es dem Zuschauer überließen, sich die für ihn geeignete Fernsehzeitschrift herauszusuchen. Das Programm von „Premiere Start“ sei in etlichen Zeitschriften teilweise auszugsweise, überwiegend aber vollständig abgedruckt.

Wie sich aus den IVW-Jahresdurchschnittsauflagen (Quartale I – III, Anlage B 47), deren Richtigkeit nicht bestritten wurde, ergebe, sei die Kl. auf dem Markt der Programmzeitschriften weiterhin deutlicher Marktführer, die Axel Springer AG halte einen Marktanteil von weit unter 30 %. Auch wenn die Kl. möglicherweise selbst nur die Zeitschrift „tv world“ herausgebe und andere Programmzeitschriften durch andere Gesellschaften der Bauer Verlagsgruppe herausgegeben würden, mache dies für die fusions- und kartellrechtliche Betrachtung keinen Unterschied, da es nicht darauf ankommen könne, ob die Kl. die Zeitschriften selbst oder durch eine 100 %ige Tochter herausgebe.

Auch wenn der relevante Markt auf den Markt des Abo-TV eingegrenzt werde, sei die Bekl. aber auch nicht mehr marktbeherrschend. Sie sei vielmehr vielfältigem Wettbewerb ausgesetzt, da nahezu sämtliche bedeutenden privaten Sender entweder mit eigenen Abo-TV-Programmen auf dem Markt tätig seien oder dies jedenfalls kurzfristig der Fall sein werde. Selbst bei unzutreffender Zugrundelegung eines Marktes für Pay-TV-Programmzeitschriften liege der Marktanteil von „TV DIGITAL“ auf diesem Markt bei 20 %.

Ansprüche aus §§ 1, 33 GWB seien nicht gegeben. Vielmehr liege hier ein nach den von der Kommission herausgegebenen Leitlinien über vertikale Beschränkungen privilegiertes Handelsvertreterverhältnis vor, das nicht unter Art. 81 I EGV und damit auch nicht unter § 1 GWB falle. Vertragsgestaltungen wie die vorliegende seien zudem jedenfalls gem. § 2 I, II GWB i.V. mit der Vertikal-GVO freigestellt. Kernbeschränkungen, die gem. Art. 4 GVO einer Freistellung entgegenstünden, seien offensichtlich nicht vereinbart worden.

Für einen Anspruch aus Art. 81 I EGV fehle es der Kl. an der Aktivlegitimation. Zudem habe die Kooperationsvereinbarung mit dem Axel Springer Verlag keine marktabschottende Wirkung, die Kl. sei auf dem Markt der Fernseh-Programmzeitschriften umfangreich tätig.

Bei den Abonnenten-Adressen der Bekl. handele es sich nicht um Infrastruktur-Einrichtungen i.S.d. § 19 IV Nr. 4 GWB. Darunter seien Anlagen zu verstehen, die für die betroffene Allgemeinheit eine erhebliche Bedeutung für die Lebensmöglichkeiten und die Lebensqualität hätten und damit ein Instrumente zur Befriedigung der der infrastrukturellen Grundversorgung darstellten. Adressen erfüllten diese Voraussetzungen nicht.

An einer Zugangsbeschränkung bzw. Diskriminierung oder Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung gegenüber der Kl. fehle es. Die Bekl. sei auf Grund des erheblichen Wettbewerbsdrucks nicht (mehr) marktbeherrschend. Zudem habe die Kl. jederzeit Werbung im Programm der Bekl. schalten können und dies auch getan. Jedenfalls sei die Weitergabe der Abonnenten-Adressen für die Bekl. nicht zumutbar. Diese seien alleiniges Geschäftsgeheimnis der Bekl. und würden an keinen, auch nicht an den Axel Springer Verlag, weiter gegeben.

Die von der Kl. im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung als zu berücksichtigen geschilderte Gefahr, dass bei Fortsetzung der streitgegenständlichen Kooperation Wettbewerb auf dem Markt der Abo-TV-Programme nachhaltig verhindert werde, bestehe nicht. Vielmehr vertrieben viele Verlage derartige Fernsehprogrammzeitschriften im Abonnement oder in Form von Supplements.

Das Angebot „Premiere Komplett“ stelle keine missbräuchliche Behinderungen der Wettbewerbsmöglichkeiten anderer Unternehmen nach §§ 19 I, 20 I GWB dar. Zum einen könne die Kl. keine Ansprüche aus § 20 GWB geltend machen, weil sie auf dem durch die Bekl. beherrschten Markt (des Abo-TV) nicht tätig sei. Jedenfalls aber liege keine Zwangskoppelung vor, da jeder Abonnent die Wahl zwischen verschiedenen Programmpaketen – auch ohne „TV DIGITAL“ habe. Da maßgebliche Teile der Abonnenten von „TV DIGITAL“ nicht zugleich auch Abonnenten von „Premiere Komplett“ seien, folge, dass sich der Markterfolg von „TV DIGITAL“ nicht aus der Einbindung in „Premiere Komplett“ ergebe und dass der überwiegende Teil der TV-Abonnenten der Bekl. noch nicht habe für „TV DIGITAL“ interessiert werden können. Der Anteil der Neuabonnenten, die das Programmpaket „Premiere Komplett“ gewählt haben, habe im Jahr 2005 bis zum Juni nur bei 25 % gelegen.

Im übrigen sei zu berücksichtigen, dass die Kl. auf dem Markt für Fernsehprogrammzeitschriften selbst eine marktbeherrschende Stellung habe.

Die Kl. hat die Bekl. mit Schriftsatz vom 30.04.2004 (Anlage K 20) abgemahnt, worauf diese mit Schreiben vom 07.05.2005 ablehnend reagiert hat (Anlage K 21).

Zum weiteren Vorbringen der Parteien wird verwiesen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze samt Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlungen vom 06.09.2005 (Bl. 137/140) sowie vom 24.01.2006 (Bl.221/224).

Entscheidungsgründe


Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Für die Beurteilung des streitgegenständlichen Sachverhalts ist das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) in seiner seit 1. 7. 2005 geltenden Fassung anzuwenden (s. unter A.).

Die Kl. kann von der Bekl. weder pauschal (Hauptantrag Ziff. 1) noch bzgl. einzelner Maßnahmen (Hilfsantrag Ziff. 1) verlangen, die Vollzugshandlungen des Kooperationsvertrags mit der Axel Springer AG zu unterlassen. Die Kooperationsvereinbarung zwischen der Bekl. und der Axel Springer AG ist auf Grund Freistellung nach der Verordnung (EG) Nr. 2790/1999 nicht kartellrechtswidrig (s. unter B).

Die Kl. kann von der Bekl. weder die Überlassung der Adressen ihrer Abonnenten (Hauptantrag Ziff. 2) noch die Gleichbehandlung mit der Axel Springer AG bzgl. Ankündigung und Bewerbung verlangen. Die Bekl. kann sich zu Recht darauf berufen, dass es sich hier um ihre Geschäftsgeheimnisse handelt (s. unter C).

Ansprüche auf Grund der Einbindung der Zeitschrift „TV DIGITAL“ in das Angebot „Premiere Komplett“ der Bekl. stehen der Kl. nicht zu, da hiervon nicht im relevanten Umfang wettbewerbsschädliche Wirkungen ausgehen (s. unter D).

Die Kl. hat keinen Anspruch gegen die Bekl. auf Unterlassung der Bewerbung der Zeitschrift „TV DIGITAL“ „als Teil [des] eigenen redaktionellen Angebots“. Die diesbezüglich streitgegenständliche Bewerbung ist nicht irreführend i.s.d. §§ 3, 5 UWG (s. unter E.).

Die geltend gemachten Folgeansprüche auf Auskunft und Feststellung der Schadensersatzverpflichtung sind mangels Vorliegen der zugrunde liegenden Unterlassungsansprüche ebenfalls nicht gegeben (s. unter F.).

A

Für die Beurteilung der streitgegenständlichen Fragestellungen auf Grund des zwischen der Bekl. und der Axel Springer AG am 27.02.2004 vereinbarten Kooperations-Vertrags-Pakets ist das GWB in der seit 01.07.2005 geltenden Fassung anzuwenden. Der relevante Zeitpunkt ist der der letzten mündlichen Verhandlung (24.01.2006). Keine der in § 131 GWB n. F. getroffenen Übergangsbestimmungen, die die Fälle der fortdauernden Anwendbarkeit des GWB a.F. regeln, ist hier einschlägig.

B

Der in Ziff. 1 der Klage geltend gemachte Unterlassungsanspruch bzgl. des Vollzugs der zwischen der Bekl. und der Axel Springer AG am 27.02.2004 getroffenen Kooperationsvereinbarung bzgl. des exklusiven Vertriebs der Zeitschrift „TV DIGITAL“ ist weder im Haupt- noch im Hilfsantrag begründet. Die zwischen der Bekl. und der Axel Springer AG geschlossene Vereinbarung ist nicht gem. § 1 GWB bzw. gem. Art. 81 EGV nichtig.

I.

Der unter Ziff. 1) geltend gemachte Hauptantrag ist unbegründet. Der Kl. steht der Unterlassungsanspruch bzgl. der „Vollzugshandlungen betreffend die Kooperation der Bekl. mit der Axel Springer AG, insbesondere die Einstellung und den Verzicht auf eigene Pay TV-Programmzeitschriften sowie die exklusive Vertriebstätigkeit für „TV DIGITAL“, insbesondere in Form der exklusiven Bewerbung von „TV DIGITAL“ in Premiere Print- und Internet-Bestellformularen“ nicht zu.

1. Der allgemein gestellte Unterlassungsantrag bzgl. „sämtlicher Vollzugshandlungen betreffend [der] Kooperation“ ist angesichts der Tatsache, dass die Bekl. mit der Axel Springer AG ein umfangreiches Vertragspaket vereinbart hat (Anlagen B 39 bis B 41), aus dem eine Vielzahl von vertraglichen Verpflichtungen sowie etliche „faktische“ Vollzugshandlungen folgen, nicht ausreichend konkret, nicht vollstreckbar und insofern einer rechtlichen Überprüfung nicht zugänglich. Hierauf hatte die Kammer im Hinweisbeschluss vom 06.09.2005 (Bl. 142/145 d.A.) hingewiesen.

2. Bei dem Anspruch auf Unterlassung der „Einstellung und des Verzichts auf eigene Pay TV Programmzeitschriften“ handelt es sich dem Inhalt nach um einen Leistungsantrag: Die Kl. verlangt, dass die Bekl. (wieder) selbst eine Abo-TV-Programmzeitschrift herausbringt. Hierfür ist keine Anspruchsgrundlage ersichtlich. Denn selbst wenn sämtliche zwischen der Bekl. und der Axel Springer AG getroffenen Vereinbarungen (und auch die Präambel des am 27.02.2004 geschlossenen Vertrags über Lieferung, Handelsvertretung und Medialeistungen, in der beschrieben wird, dass die Bekl. sowohl das Premiere Magazin als auch die Zeitschrift „tv kofler“ einstellt) kartellrechtswidrig und damit nichtig wären, unterläge es allein der unternehmerischen Entscheidung der Bekl., ob sie eine eigene Programmzeitschrift verlegt und herausbringt oder nicht.

3. Ein Unterlassungsanspruch der Kl. bzgl. der exklusiven Vertriebstätigkeit der Bekl. im Hinblick auf „TV DIGITAL“, insbesondere in Form der exklusiven Bewerbung in Premiere Print- und Internet-Bestellformularen aus §§ 1, 33 GWB bzw. Art. 81 EGV besteht ebenfalls nicht.

a) Die durch die Bekl. als kartellrechtswidrig beanstandete „exklusive Vertriebstätigkeit“ der Bekl. in Bezug auf „TV DIGITAL“ ist vereinbart in dem zwischen der Bekl. und der Axel Springer AG am 27.02.2004 geschlossenen Vertrag über Lieferung, Handelsvertretung und Medialeistungen (im folgenden: Kooperationsvertrag, Anlage B 39) in Verbindung mit § 1 Ziff. 1 und Ziff. 3 der Anlage 2 zu dem Kooperationsvertrag, dem „Handelsvertretervertrag über die Vermittlung von Abonnements für TV DIGITAL“ (im Folgenden: Handelsvertretervertrag, Anlage B 41) vom selben Tag.

b) Auf die zwischen der Bekl. und der Axel Springer AG geschlossene Vertriebsvereinbarung ist § 1 GWB grundsätzlich anwendbar. Es handelt sich hierbei um eine vertikale Vereinbarung. Die Bekl. und die Axel Springer AG sind bzgl. des Vertriebs der Zeitschrift „TV DIGITAL“ auf verschiedenen Vertriebsstufen tätig.

aa) Nach der neuen Fassung des § 1 GWB, die das Erfordernis der „miteinander im Wettbewerb stehenden“ Unternehmen entfallen lässt, sind von § 1 GWB nunmehr im Gegensatz zu vorher nicht mehr nur horizontale, sondern auch vertikale Wettbewerbsbeschränkungen erfasst (allgemeine Meinung, vgl. nur Hartog/Noack, Die 7. GWB-Novelle, WRP 2005, S. 1396,1397).

bb) Entgegen der Auffassung der Bekl. entfällt eine Prüfung der vertraglichen Vereinbarungen anhand des § 1 GWB bzw. des bzgl. der Regelungswirkung inhaltsgleichen Art. 81 EGV (vgl. Bechtold/Buntscheck, Die 7. GWB-Novelle und die Entwicklung des deutschen Kartellrechts 2003 bis 2005, NJW 2005, S. 2966ff (2967)) nicht deshalb, weil es sich bei dem Vertriebsvertrag zwischen der Bekl. und der Axel Springer AG um einen Handelsvertretervertrag handelt. Zwar gehen die „Leitlinien der Europäischen Kommission für vertikale Beschränkungen“ (Amtsblatt nr. C 291 vom 13/10/2000, S. 0001 ff) jedenfalls für bestimmte Arten von Handelsvertreterverträgen davon aus, dass diese grundsätzlich nicht unter Art. 81 I EGV (und damit unter § 1 GWB) fallen. Die Leitlinien beziehen sich aber auf die Frage, ob die in einem Handelsvertretervertrag vereinbarten „Verpflichtungen, die dem Vertreter bezüglich der für den Auftraggeber ausgehandelten und/oder geschlossenen Verträge auferlegt werden“ (Rz. 13 und 16 der Leitlinien) unter Art. 81 EGV fallen. Die Leitlinien sind also dann relevant, wenn es darum geht, ob ein Handelsvertreter durch eine vertragliche Regelung in der Festlegung seiner Marktstrategie etc. zu stark eingeschränkt wird oder nicht. Darum geht es vorliegend nicht. Relevant ist hier die Wirkung der Vertriebsvereinbarung zwischen der Bekl. und der Axel Springer AG gegenüber Dritten (wie z.B. der Kl.) in Bezug auf deren Wettbewerbschancen.

c) Unabhängig davon, ob durch die Vertriebskooperation zwischen der Bekl. und der Axel Springer AG eine Einschränkung des Wettbewerbs i.S.d. § 1 GWB bewirkt wird – wofür einiges spricht –, fällt die zu beurteilende Vereinbarung aber jedenfalls unter die Freistellung des § 2 II GWB i.V. mit der Verordnung (EG) Nr. 2790/1999 (Vertikal-GVO).

aa) Die Voraussetzungen des Art. 2 I Vertikal-GVO für eine Freistellung liegen vor. Die Bekl. und die Axel Springer AG sind auf verschiedenen Vertriebsstufen tätig. Die Axel Springer AG bringt die Programmzeitschrift „TV DIGITAL“ heraus, die Bekl. wird im Rahmen des Handelsvertretervertrags vom 27.02.2004 bei deren Vertrieb tätig. Streitgegenständlich sind auch die „Bedingungen, zu denen die Parteien bestimmte Waren oder Dienstleistungen beziehen, verkaufen oder weiterverkaufen können“. Die Kl. beanstandet hier die in § 1 Nr. 3 des Handelsvertretervertrags vom 27.02.2004 vereinbarte exklusive Tätigkeit der Bekl. in Bezug auf „TV DIGITAL“ und deren Bewerbung, wie sie in § 2 des Handelsvertretervertrags geregelt ist.

bb) Die Freistellung durch Art. 2 I Vertikal-GVO ist nicht gem. Art. 3 I Vertikal-GVO ausgeschlossen. Der Anteil des Lieferanten, hier der Axel Springer AG, an dem relevanten Markt überschreitet nicht 30 %. Die Axel Springer AG hatte im Jahr 2005 (unter Zugrundelegung der ersten drei Quartale) nach den IVW-Jahresdurchschnittsauflagen, die durch die Bekl. vorgelegt und durch die Kl. nicht beanstandet wurden (Anlage B 47), auf dem Markt der Fernseh-Programm-Zeitschriften einen Marktanteil von unter 30 %.

Dies ist der sachlich relevante Markt. Eine weitere Differenzierung und Abgrenzung des Markts für Abo-TV-Programmzeitschriften hat zu unterbleiben. Nach dem zugrunde zu legenden Bedarfsmarktkonzept stellt sich der Markt der Fernseh-Programmzeitschriften (inzwischen) als einheitlicher Markt dar. „Sämtliche Erzeugnisse, die sich nach ihren Eigenschaften, ihrem wirtschaftlichen Verwendungszweck und ihrer Preislage so nahe stehen, dass der verständige Verbraucher sie als für die Deckung eines bestimmten Bedarfs geeignet in berechtigter Weise abwägend miteinander vergleicht und als gegeneinander austauschbar ansieht, sind marktgleichwertig“ (Immenga/Mestmäcker, Kommentar zum Kartellgesetz, 3. Auflage 2001, § 19 Rn. 22).

In diesem Sinne sind sämtliche Fernseh-Programmzeitschriften, auch unter Einbeziehung derjenigen, die schwerpunktmäßig das Abo-TV-Programm darstellen, nach ihrer Verwendungsmöglichkeit für den Verbraucher untereinander vergleich- und austauschbar. Wie aus der von der Bekl. mit Schriftsatz vom 07.11.2005 vorgelegten „Sammlung“ der im November 2005 auf dem Markt befindlichen Fernseh-Programmzeitschriften (Anlage B 45) und deren Auswertung (Anlage B 46) ersichtlich ist, haben sämtliche verschiedene Programmzeitschriften unterschiedliche Schwerpunktsetzungen bzgl. der von ihnen dargestellten Fernsehprogramme. Eine Vielzahl derjenigen Programmzeitschriften, die schwerpunktmäßig Free-TV-Programme darstellen, verfügen zusätzlich über eine zumindest auszugsweise Darstellung der Premiere-Programme „Premiere Start“, „Premiere Film“ und „Premiere Sport“. Zudem werden durch einige Herausgeber Supplements mit der Darstellung des Abo-TV-Programms angeboten. Umgekehrt finden sich in den Programmzeitschriften, die in erster Linie die digitalen TV-Angebote beschreiben (z.B. „tv world“ der Kl.) eine umfangreiche Darstellung der Free-TV-Programme. Insofern ist zu konstatieren, dass im Gegensatz zu den „Anfängen“ des Abo-TV, als dieses ein Nischen-Dasein geführt und nur von besonders Interessierten genutzt wurde, inzwischen mit der zunehmenden Verbreitung und Erweiterung des Angebots eine „Vermischung“ von Abo- und Free-TV jedenfalls auf der Ebene der Programmzeitschriften stattgefunden hat.

d) Für die unmittelbare Anwendung des Art. 81 I EGV ist neben § 1 GWB kein Raum mehr, denn was nach den dortigen Maßstäben als vertikales Kartell verboten ist, verstößt nach der Angleichung des § 1 GWB an Art. 81 EGV nun auch „automatisch“ gegen § 1 GWB (vgl. Bechtold/Buntscheck, a.a.O. S. 2967).

II.

Auch der durch die Kl. in Ziff. 1 der Klage geltend gemachte Hilfsantrag in den verschiedenen aufgezählten Einzelpunkten ist unbegründet.

1. Die Kl. hat keinen Anspruch darauf, dass es die Bekl. unterlässt, „in der Weise mit der Axel Springer AG zusammen zu arbeiten, dass unter Ausschluss der Gleichbehandlung von Dritten die derzeit unter dem Titel „TV DIGITAL“ herausgegebene Programmzeitschrift der Axel Springer AG den bestehenden und künftigen Premiere-Kunden kostenlos zur Erprobung überlassen wird.“ Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus §§ 1, 33 GWB. Die exklusive Vertriebsvereinbarung, zu der der Handelsvertretervertrag vom 27.02.2005 und die hierin getroffenen Marketingvereinbarungen gehören, ist gem. § 2 II GWV i.V. mit Art. 2 I Vertikal-GVO freigestellt (s.o. Ziff. I. 3.).

2. a) Die Kl. kann von der Bekl. auch nicht verlangen zu unterlassen, „ihre eigene Programmzeitschrift, zuletzt unter dem Titel „tv kofler“, einzustellen. Für die Verpflichtung der Bekl., „tv kofler“ fortzuführen, existiert keine Anspruchsgrundlage (s.o. Ziff. I. 2.).

b) Der geltend gemachte Anspruch auf Unterlassung, „die bestehenden tv-kofler-Abonnenten auf die derzeit unter dem Titel „TV DIGITAL“ herausgegebene Programmzeitschrift der Axel Springer AG umzustellen, insbesondere durch Übertragung der insoweit bestehenden Abonnements-Vertragsbeziehungen auf die Axel Springer AG“ ist ebenfalls unbegründet. Die Übertragung der 600.000 „tv kofler“ -Abonnenten auf den Axel Springer Verlag war auf Grund der Anmeldung vom 05.03.2004 (Anlage B 43) Gegenstand des Fusionskontrollverfahrens beim Bundeskartellamt. Dieses hat die Übertragung gebilligt (vgl. Schreiben vom 02.04.2004, Anlage B 42). Auch wenn es sich hierbei nicht um eine förmliche Entscheidung handelt und § 33 IV GWB unmittelbar nicht einschlägig ist, erachtet sich die Kammer an diese Rechtsauffassung des Bundeskartellamts gebunden. Dieses hat im Vorfeld des Schreibens geprüft, ob die Voraussetzungen für eine Untersagung nach § 36 I GWB vorliegen und hat dies verneint.

c) Die Kl. kann von der Bekl. nicht verlangen, zu unterlassen, „TV DIGITAL“ ihren Kunden gegenüber als „Nachfolge-Objekt“ von „tv kofler“ vorzustellen und insbesondere durch Probelieferungen an die eigenen Kunden und Ankündigungen im Premiere-Pay-TV-Programm zu bewerben. Diese Tätigkeiten der Bekl. fußen auf dem Kooperationsvertrag vom 27.02.2004 (Anlage B 39) und dem Handelsvertretervertrag vom gleichen Tag (Anlage B 41). Die entsprechenden Vereinbarungen sind aber, soweit sie nicht im Rahmen des Fusionskontrollverfahrens beim Bundeskartellamt für zulässig erklärt wurden (Schreiben in Anlage B 42) als mit § 1 GWB, Art. 81 EGV vereinbar zu beurteilen, s.o.

d) Der Hilfsantrag in Ziff. 1.) ist auch insofern unbegründet, als die Kl. von der Bekl. verlangt zu unterlassen, mit der Axel Springer AG eine exklusive Vertriebstätigkeit für „TV DIGITAL“ zu vereinbaren oder umzusetzen. Die Vereinbarung der exklusiven Vertriebstätigkeit der Bekl. für die Axel Springer AG verstößt nicht gegen § 1 GWB bzw. Art. 81 EGV, s. o.

C

Auch der Klageantrag unter Ziff. 2. der Klage ist sowohl im Haupt- als auch im Hilfsantrag unbegründet.

I.

Die Kl. hat keinen Anspruch darauf, dass ihr die Bekl. die Adressen der Abonnenten ihres Pay-TV Senders „Premiere“ zum Zwecke der Zusendung und Bewerbung der Programmzeitschrift „tv world“ zur Verfügung stellt. Ein solcher ergibt sich weder aus § 33 GWB i.V. mit § 1 GWB als Schadensersatzanspruch, noch aus § 19 IV Nr. 4 GWB bzw. aus § 20 I GWB.

1. Ein Schadensersatzanspruch gem. §§ 33, 1 GWB kommt unabhängig vom Vorliegen der Aktivlegitimation gem. § 33 GWB bereits deshalb nicht in Betracht, weil der Kooperationsvertrag der Bekl. mit der Axel Springer AG nicht kartellrechtswidrig ist, s.o.

2. Ein entsprechender Anspruch ergibt sich – unabhängig davon, dass die Kl. die Zahlung eines angemessenen Entgelts nicht angeboten hat – auch nicht aus § 19 IV Nr. 4 GWB. Auch wenn man unterstellt, dass die Bekl. auf dem – hier nun entscheidenden – Markt der Abo-TV-Anbieter jedenfalls noch eine marktbeherrschende Stellung i.S.d. § 19 II Nr. 2 GWB hat, ihre Abonnenten-Daten als Infrastruktureinrichtungen angesehen werden können (vgl. die Kommentierung bei Immenga/Mestmäcker a.a.O. § 19 Rn. 196) und es der Kl. nicht möglich ist, auf dem vor- oder nachgelagerten Markt als Wettbewerber tätig zu werden (wobei letzteres eher zweifelhaft ist), so ist der Bekl. aber die Mitbenutzung der Daten aus sonstigen Gründen nicht zumutbar.

Die Bekl. kann die Zugangsverweigerung zulässigerweise durch Berufung auf ihre eigene Leistung beim Aufbau der Abonnenten-Daten rechtfertigen. Die Berufung auf die unternehmerische Leistung bei der Errichtung oder dem Betrieb der Einrichtung ist jedenfalls dann möglich, wenn die Einrichtung auf eine unternehmerische Eigenleistung unter Inkaufnahme von unternehmerischem Risiko zurückzuführen ist. Ein wettbewerbsinitiierender Eingriff ist wettbewerbspolitisch nur bei nachhaltig vermachteten Marktstrukturen zu legitimieren (Immenga/Mestmäcker a.a.O. § 19 Rn. 207).

Danach liegen die Voraussetzungen für eine berechtigte Zugangsverweigerung vor. Die Bekl. hat sich den Abonnentenstamm selbst und unter Inkaufnahme des Risikos, dass die Idee des Abo-TVs „floppt“, selbst aufgebaut und kann daher die Abonnenten-Daten als Geschäftsgeheimnis betrachten, das sie an Dritte nicht weitergibt. Angesichts der vielfältigen Initiativen bzgl. des Angebots von Abo-TV durch die verschiedensten Anbieter und auch der Tatsache, dass die Bekl. im Kampf um die für die Marktmacht wichtigen Live-Übertragungsrechte für die Bundesligasaison 2006/2007, 2007/2008 und 2008/2009 unterlegen ist, kann auch von „vermachteten Marktstrukturen“ nicht ausgegangen werden, auch wenn die Bekl. derzeit auf dem Markt des Abo-TV marktbeherrschend ist.

3. Die Kl. kann den Zugang der Abonnentendaten der Bekl. auch nicht aus § 20 I GWB beanspruchen. Die auf den konkreten Fall bezogene Abwägung aller entscheidenden Umstände ergibt, dass eine etwaige Behinderung der Kl. durch die Bekl. jedenfalls nicht „unbillig“ i.S.d. § 20 I 1 GWB erfolgte.

Ob die unterschiedliche Behandlung oder Behinderung anderer Unternehmen im Wettbewerb als sachlich nicht gerechtfertigt bzw. unbillig zu beurteilen sind, ist nach ständiger Rechtsprechung nach Abwägung der Interessen der Beteiligten unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des GWB zu entscheiden (Immenga/Mestmäcker, a.a.O., § 20 Rn. 129). Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass auch einem marktbeherrschenden Unternehmen grundsätzlich ein gewisser unternehmerischer Entscheidungsspielraum zusteht. Dem steht allerdings das Interesse des behinderten Unternehmens an einer von machtbedingten Beeinträchtigungen möglichst freien wettbewerblichen Betätigung entgegen (vgl. Immenga/Mestmäcker a.a.O. § 20 Rnrn. 129 ff). Die Abwägung der entgegenstehenden Interessen ergibt im konkreten Fall den Vorrang derjenigen der Bekl., die Daten des von ihr aufgebauten Abonnentenstamms nicht an die Kl. herauszugeben.

Auf der Seite der Kl. ist ihr berechtigtes Interesse zu berücksichtigen, die Bewerbung ihres Produkts „tv world“ unter Nutzung der Abonnenten-Daten der Bekl. effektiver und zielgerichteter durchführen zu können. Dagegen überwiegt jedoch nach Auffassung der Kammer insbesondere auch unter Berücksichtigung des wachsenden Wettbewerbs auf dem Markt des Abo-TV das Interesse der Bekl., die Daten des von ihr selbst und unter Eingehung wirtschaftlicher Risiken aufgebauten und sehr werthaltigen Abonnentenstamms als Geschäftsgeheimnis zu behandeln und für sich zu behalten, zumal der Kl. eine Bewerbung ihrer Programmzeitschrift „tv world“ auch gezielt gegenüber den Abonnenten der Bekl. in deren Programm möglich bleibt.

II.

Auch der in Ziff. 2 gestellte Hilfsantrag ist nicht begründet. Die Kl. hat keinen Anspruch darauf, dass die Bekl. „tv world“ gegenüber ihren Kunden ebenso ankündigt/bewirbt wie „TV DIGITAL“. Der von der Kl. geltend gemachte Anspruch auf „Gleichbehandlung“ mit der Axel Springer AG kann sich, da ein Schadensersatzanspruch aus §§ 1, 33 GWB mangels Kartellrechtswidrigkeit des Kooperationsvertrag nicht in Betracht kommt, s.o., nur aus § 20 I GWB ergeben. Dessen Voraussetzungen liegen aber nicht vor. Eine etwaige Ungleichbehandlung i.S.d. § 20 I GWB erfolgt nicht ohne sachlich gerechtfertigten Grund. Die vorzunehmende Interessenabwägung ergibt ein Überwiegen der Interessen der Bekl..

Auf der einen Seite hat die Kl. ein Interesse daran, die Abonnenten der Bekl. ebenfalls gezielt mit Probe-Heften versorgen zu können und auf dem Bestellformular für die Programm-Pakete der Bekl. genannt zu werden. Ein dies überwiegendes Interesse hat aber die Bekl. daran, ihre wertvollen Abonnenten-Daten wirtschaftlich, d.h. im Rahmen des – kartellrechtlich zulässigen – Exklusivvertrags mit der Axel Springer AG zu nutzen. Auch an der Exklusivität einer Zusammenarbeit mit nur einem Programm-Zeitschriften-Herausgeber hat die Bekl. ein berechtigtes und überwiegendes Interesse. Sie muss berücksichtigen, dass sie ihre Abonnenten schwerlich mit einer Vielzahl unterschiedlicher und u.U. damit verwirrender Programmzeitschriften-Angebote konfrontieren kann.

D

Der Klageantrag Ziff. 3 ist unbegründet. Das Angebot des Premiere-“Pakets“ „Premiere Komplett“, bei dem die Programmzeitschrift „TV DIGITAL“ im Gesamtpreis enthalten ist, ist nicht unter dem Gesichtspunkt der kartellrechtswidrigen Absatzkoppelung unzulässig. Ein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung i.S.d. §§ 19 I, IV Nr. 1 GWB bzw. eine unbillige Behinderung gem. 20 I GWB liegen nicht vor.

I.

Hierbei ist zu berücksichtigen, dass es einem Kaufmann grundsätzlich freisteht, seine Waren oder Dienstleistungen nur gekoppelt mit anderen abzugeben. Das Kartellrecht schränkt diese Freiheit ein, wenn es sich um eine Zwangskopplung handelt und diese zu einer wesentlichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs führt. Die wettbewerbsschädlichen Auswirkungen können vor allem darin bestehen, dass das marktbeherrschende Unternehmen seine Macht mit Hilfe der Kopplung auf andere Märkte ausdehnt (BGH, Urteil v. 30.03.2004 „Oberhammer“, GRUR 2004, 706ff; Immenga/Mestmäcker a.a.O., § 16 Rn. 84).

II.

Nach diesen strengen Maßstäben liegt eine wesentliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs auf Grund der Kopplung nicht vor.

1. Zwar ist zu berücksichtigen, dass auf Grund einer unterstellten „Bequemlichkeit“, verbunden mit Kostenbewusstsein, davon auszugehen ist, dass ein „Premiere Komplett“-Abonnent der Bekl., der automatisch „TV DIGITAL“ zugesandt bekommt, eher nicht eine zusätzliche Programmzeitschrift käuflich erwerben wird. Es mag auch sein, dass auf Grund einer gewissen „Beharrungstendenz“ oder aus anderen Gründen eine Vielzahl „Premiere-Komplett“-Abonnenten auch nach der Beendigung des Abonnements bei „TV DIGITAL“ als Programmzeitung bleiben.

2. Der Bekl. steht es aber grundsätzlich frei, ihren Abonnenten im Rahmen von „Premiere Komplett“ ein preislich attraktives Gesamtangebot für verschiedene Premiere-Angebote und die von ihr als Handelsvertreterin vertriebene Programmzeitschrift „TV Digital“ zur Verfügung zu stellen (vgl. zu diesem Argument BGH, Urteil vom 04.11.2004 „Strom und Telefon I“, NJW-RR 2004, S. 1178 (1181)). Gerade bei einem „Paket“ sämtlicher Premiere-Angebote liegt es alles andere als fern, eine Zeitschrift beizufügen, die alle diese Premiere-Angebote auch abdruckt.

3. Eine auf der Kopplung beruhende wesentliche Einschränkung des Wettbewerbs ist nicht ersichtlich. Die Kl. hat zwar detailliert vorgetragen, dass sie ihrer Auffassung nach mit ihrem Produkt „tv world“ auf dem Markt der Fernseh-Programmzeitschriften nicht ausreichend Fuß fassen könne und dass dies auf den von der Bekl. geschaffenen Marktzutrittsschranken beruhe. Zu berücksichtigen ist aber, dass die Bekl. – insoweit nicht bestritten – vorträgt, immerhin 40 % der Abonnenten von „TV DIGITAL“ seien nicht zugleich Abonnenten von „Premiere Komplett“. Insofern ist es nicht möglich, den „Erfolg“ von „TV DIGITAL“, die hiermit u.U. einhergehende „Marktsättigung“ und damit etwaige Einschränkungen des Wettbewerbs für die Kl. in ausreichender Form der Kopplung im Rahmen des „Premiere Komplett“-Pakets zuzurechnen.

Die Mitberücksichtigung der auch von der Kl. als mit-kausal angeführten Maßnahmen („Präsentation von TV DIGITAL als integraler Teil des Premiere-Angebots“ und „Exklusive Bewerbung von TV DITAL durch die Bekl. gegenüber Pay-TV-Interessenten“, s. S. 11 der Klageschrift vom 23.12.2004, Bl. 11 d.A.) hatte zu unterbleiben, da diese jeweils kartellrechtlich nicht zu beanstanden sind, s.o.

4. Es besteht auch nicht die Besorgnis, die Bekl. wolle durch das Kopplungsangebot durch Nutzung ihrer Marktmacht auf dem Markt des Abo-TV diese auf den Markt der TV-Programmzeitschriften ausdehnen. Bei „TV DIGITAL“ handelt es sich nicht um ein Produkt der Bekl. oder eines mit ihr verbundenen Unternehmens (hierin liegt nach Auffassung der Kammer einer der wesentlichen Unterschiede zu der von der Kl. ins Feld geführten „Oberhammer“-Entscheidung des BGH vom 30.03.2004 a.a.O.). Die Bekl. wird beim Vertrieb von „TV DIGITAL“ lediglich als Handelsvertreterin tätig. Daher ist nach den der Kammer vorliegenden Verträgen die wirtschaftliche Verknüpfung zwischen der Bekl. und der Axel Springer AG nicht ausreichend eng, um die Besorgnis zu begründen, die Bekl. wolle oder werde durch das Kopplungsangebot ihre Marktmacht auf den Markt der Abo-TV-Zeitschriften ausdehnen.

E

Auch der Klageantrag in Ziff. 4 ist nicht begründet. Die Kl. kann von der Bekl. nicht verlangen zu unterlassen, dass diese „TV DIGITAL“ „als Teil ihres redaktionellen Angebots anbietet…., insbesondere wie aus Anlagen A und B ersichtlich.“ Entgegen der Auffassung der Bekl. ist die Bewerbung der Zeitschrift „TV Digital“ wie in Anlage A und B nicht irreführend i.S.d. §§ 3, 5 II Nr. 1 UWG. Eine Irreführung über die betriebliche Herkunft ist zu verneinen.

I.

Zwar ist auf der Eingangsseite im streitgegenständlichen Internetauftritt (Anlage A, Anlage K 2) der Vertragspartner für das TV Digital Abonnement nicht genannt. Dieser wird aber noch vor dem Bestellvorgang eindeutig bezeichnet (Anlage K 14). Eine etwaige Irreführung überschreitet daher jedenfalls nicht die Erheblichkeitsschwelle des § 3 UWG.

II.

In dem Bestellformular in Anlage B ist ganz klar ersichtlich, dass der Liefervertrag über „TV Digital“ nicht mit der Bekl., sondern mit der Axel Springer AG zustande kommt. In der farblich deutlich abgesetzten Kopfzeile finden sich die ausdrücklich und ausreichend gut lesbaren Sätze „Premiere Abonnementvertrag zwischen Premiere….und dem Abonnenten“ sowie „Zeitschriften Abonnementvertrag zwischen Axel Springer AG… und dem Abonnenten“.

F

Mangels Vorliegen der zugrunde liegenden Unterlassungsansprüche sind auch die mit den Klageanträgen Ziff. 5 und 6 geltend gemachten Folgeansprüche auf Auskunft und Feststellung der Schadensersatzverpflichtung nicht gegeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

Rechtsgebiete

Kartellrecht