Kein Anspruch gegen Bildersuchdienste
Gericht
LG Bielefeld
Art der Entscheidung
Berufungsurteil
Datum
08. 11. 2005
Aktenzeichen
20 S 49/05
Auszüge aus den Gründen:
1. ... Bei einer Suchanfrage eines Nutzers an die Bildsuchmaschine der Beklagten wird die Anfrage von dieser automatisch an ein schwedisches Unternehmen weiter geleitet, das das Internet mit Hilfe spezieller Programme, sogenannter "Crawler" durchsucht und mit dem gefundenen Bildmaterial einen Suchindex anlegt. Bei einer von der Beklagten weitergeleiteten Suchanfrage wird das Suchergebnis auf dem Bildschirm des Nutzers im Rahmen der Website der Beklagten in Form von "thumbnails", d.h. daumennagelgroßen Bildern wiedergegeben. Da der Suchindex zwar in regelmäßigen Abständen, jedoch nicht ständig aktualisiert wird, kann in diesem Suchindex auch Bildmaterial vorhanden sein, weiches von den eigentlichen Urheberseiten im Internet bereits wieder gelöscht wurde. ...
Das AG hat die Klage abgewiesen. Eine urheberrechtliche Haftung der Beklagten bestehe nicht, da die §§ 8 - 10 TDG als spezielle Vorschriften, die im Übrigen bestehende urheberrechtliche Verantwortlichkeit der Beklagten ausschließe. Bei der Beklagten handele es sich um eine Diensteanbieterin i. S. v. § 3 S. 1 Nr. 1 TDG, da eine Suchmaschine ein Angebot zur Information i. S. v. § 3 Abs. 2 Nr. 2 TDG darstelle. Durch § 8 Abs. 2 S. 1 TDG bestehe eine Haftungsprivilegierung, da hinsichtlich der Übermittlung von Bildern die Vorschrift des § 9 TDG und hinsichtlich der Speicherung § 10 TDG einschlägig sei. Angesichts dessen komme es auf die unzureichenden Ausführungen des Klägers zur Höhe seines geltend gemachten Anspruchs nicht an. ...
2. Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Es kann letztlich dahinstehen, ob die Beklagte als Suchmaschinenbetreiberin durch die §§ 8 ff. TDG privelegiert ist. Gegen eine direkte oder analoge Anwendbarkeit der Haftungsprivilegierungen der §§ 8 ff. TDG auf Suchmaschinen spricht allerdings, dass der Gesetzgeber bei der Novellierung des TDG trotz des vom Bundesrat gesehenen Regelungsbedarfes in ausdrücklicher Anlehnung an Art. 21 Abs. 2 ECRL die haftungsrechtliche Behandlung von Suchmaschinen explizit zurückgestellt hat (BT-Dr. 14/6098, S. 34, 37; ebenso Spindler, TDG vor § 8, Rn. 59; Müglich CR 2002, 583, 591; Hoffmann MMR 2005, 289; Nickels CR 2002, 308; Stadler, JurPC Web-Dok 2/2003 "Verantwortlichkeit für Hyperlinks nach der Neufassung des TDG").
Ebenso kann dahinstehen, ob der Beklagten überhaupt gem. § 97 Abs. 1 S.1 2. Halbs. ein schuldhafter, d.h. zumindest fahrlässiger Verstoß gegen das Urheberrecht des Klägers zur Last zu legen wäre, da dies voraussetzen würde, dass die Beklagte eine Prüfungspflicht bzgl. der Urheberrechte sämtlicher in ihrer Suchmaschine angezeigten Bilder treffen würde, was angesichts der Tatsache, dass es sich bei dem Betrieb einer Bildersuchmaschine im Internet um ein Massengeschäft handelt, zumindest fraglich erscheint.
Dem Kläger steht aber schon deshalb gegen die Beklagte kein Anspruch aus § 97 UrhG zu, weil er nicht schlüssig dargelegt hat, dass ihm durch das Verhalten der Beklagten ein Schaden entstanden ist bzw. die Beklagte durch eine etwaige Nutzung des Bildes bereichert worden ist. Der Kläger stützt seinen Anspruch auf die Grundsätze der sog. Lizenzanalogie und ist der Ansicht, insoweit auf die Honorarempfehlungen der Mittelstandsgemeinschaft Fotomarketing (MFM) zurückgreifen zu können. Eine Schadensberechnung auf der Grundlage einer angemessenen Lizenzgebühr ist aber nur dann möglich, wenn die Überlassung von Ausschließlichkeitsrechten zur Benutzung durch Dritte gegen Entgelt rechtlich möglich und verkehrsüblich ist. Bei der Schadensberechnung nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie ist rein objektiv darauf abzustellen, was bei vertraglicher Einräumung ein vernünftiger Lizenzgeber gefordert und ein vernünftiger Lizenznehmer gewährt hätte, wenn beide die im Zeitpunkt der Entscheidung gegebene Sachlage gekannt hätten (BGH NJW-RR 1990, 1377 m.w.N.). Trotz des Hinweises der Kammer vom 15.7.2005 hat der Kläger jedoch schon nicht dargelegt, dass die Betreiber von Bildersuchmaschinen für das Einstellen eines Bildes in ihre Suchmaschine überhaupt üblicherweise ein Entgelt zahlen oder aber sich hierauf redlicherweise einlassen müssten.
Aus dem gleichen Grund steht dem Kläger gegen die Beklagte auch kein Bereicherungsanspruch aus § 97 Abs. 3 UrhG i.V.m. § 812 BGB zu, da eine etwaige Bereicherung der Beklagten letztlich wiederum in ersparten Aufwendungen bestünde, d.h. in einer tatsächlich ersparten Lizenzgebühr (vgl. OLG Hamburg NJW-RR 1999, 1204 m.w.Nachw.).
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