Beschädigung der 30 Jahre alten Rhododendronsträucher des Mieters
Gericht
OLG Düsseldorf
Art der Entscheidung
Berufungsurteil
Datum
03. 04. 1998
Aktenzeichen
22 U 161/97
Wenn ein Mieter im Garten des Mietobjekts Gehölze einpflanzt, die dort auf unbestimmte Zeit stehen sollen, erfolgt die Verbindung mit dem Grundstück nicht nur zu einem vorübergehenden Zweck, so daß er das Eigentum mit dem Einpflanzen verliert.
Die Annahme einer Verbindung durch den Mieter zu vorübergehendem Zweck ist ausgeschlossen, wenn im Mietvertrag bestimmt ist, daß Einrichtungen beim Auszug kostenlos zurückzulassen sind; das gilt trotz der Unwirksamkeit einersolchen Vereinbarung gem. § 547a III BGB.
Die Beeinträchtigung des Genusses des Gartens durch Beschädigung zweier Rhododendronsträucher stellt keinen ersatzfähigen Nutzungsausfall dar.
Auszüge aus dem Sachverhalt:
Die Kl. zu 1 mietete zusammen mit ihrem verstorbenen Ehemann, dem Erblasser der Kl. zu 2, im Jahre 1964 auf unbestimmte Zeit eine Parterrewohnung im Hause G-Straße 32 in D. Sie hatten nach dem Mietvertrag das Recht, den Garten im Rahmen der Hausordnung zu benutzen. Dort pflanzten sie im Jahre 1964 zweiRhododendronsträucher ein. Der Bekl., der Eigentümer einer Souterrainwohnung im selben Haus ist, beschnitt die Sträucher im September 1996, da er der Meinung war, sie nähmen seiner Wohnung zuviel Licht. Mit der Behauptung, die Sträucher seien völlig zerstört und müßten durch entsprechend große Ersatzsträucher ausgetauscht werden, verlangt die Kl. Zahlung von 25500 DM.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Kl. hatte keinen Erfolg.
Auszüge aus den Gründen:
Den Kl. steht weder wegen Eigentums-noch wegen Besitzverletzung ein Schadensersatzanspruch gem. § 823 I oder § 823 I I i.V. mit § 858 BGB zu.
Ein Anspruch der Kl. wegen Verletzung des Eigentums an den Rhododendronsträuchern scheitert bereits daran, daß dieKl. zu 1 und der Erblasser nicht Eigentümer dieser Gehölze waren. Sie hatten das Eigentum daran mit dem Einpflanzen gem. §§ 946 , 94 BGB verloren. Die Sträucher sind wesentlicheBestandteile des Grundstücks und nicht bloß Scheinbestandteile gem. § 95 BGB, da sie nicht nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden worden sind.
Die an sich bei Verbindung von Sachen mit einem Grundstück durch einen Mieter oder Pächter geltende Vermutung, daß die Verbindung regelmäßig nur zu einem vorübergehenden Zweck erfolgt (vgl. BGHZ 131, 368 = NJW 1996, 916),kann für Bäume und Sträucher nicht uneingeschränkt angewandt werden, da diese nach einigen Jahren nicht mehr ohne Schwierigkeiten und Risiken für ihren Bestand zu entfernen sind. Das Umpflanzen von Gehölzen ist dann nur mit großemAufwand und von einem Fachmann durchführbar und birgt auch dann noch das Risiko, daß sie am neuen Standort nicht wieder anwachsen. Dem steht nicht entgegen, daß auch große,mehrere Jahre alte Gehölze von Baumschulen verkauft werden. Diese haben dann eine besondere Pflege erhalten, u.a. durch mehrmaliges Umpflanzen, was in den hohen Preisen seinen Niederschlag findet. Für Gehölze, die wie hier unbestimmte Zeit an einem Ort stehen sollen, gilt deshalb, daß ihre Verbindung mit dem Grundstück nicht zu vorübergehendem Zweck erfolgt.
Im vorliegenden Fall ist die Annahme der Verbindung nur zueinem vorübergehenden Zweck darüber hinaus auch deshalb ausgeschlossen, weil § 11 II des Mietvertrags vom 1. 9. 1964 bestimmt, daß Einrichtungen und Anlagen beim Auszug kostenlos zurückzulassen seien. Einrichtungen sind alle Sachen,die mit einer anderen verbunden sind, um deren wirtschaftlichem Zweck zu dienen (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 57. Aufl., § 258 Rdnr. 1), also auch Pflanzen in einem Garten. Selbst wenn die Pflanzen noch getrennt werden könnten, wäredurch diese Vereinbarung die Annahme der Verbindung zu vorübergehendem Zweck ausgeschlossen (vgl. BGHZ 104, 298 m.w. Nachw. = NJW 1988, 2789). Dabei ist es unerheblich, ob diese Vereinbarung, wegen Verstoßes gegen § 547a BGB unwirksam war. Entscheidend für den Eigentumsübergang aufgrund der Verbindung der Sträucher mit dem Grundstück ist nicht die Wirksamkeit der Vereinbarung, sondern der darin zum Ausdruck kommende innere Wille der Mieter (BGHZ 104, 298 m.w. Nachw. = NJW 1988, 2789).
Den Kl. steht auch kein Anspruch wegen Verletzung des Besitzes an den Pflanzen zu. Die Pflanzen im Garten befandensich im Mitbesitz der Hausbewohner. Die Kl. haben nicht dargetan, daß der Kl. zu 1 und dem Erblasser ein das Besitzrecht der anderen Mieter bzw. Wohnungseigentümer ausschließendes Besitzrecht zustand. Aus dem Mietvertrag ergibt sich, daß ihnen nicht die alleinige Nutzung des Gartens überlassen war,sondern nur die Nutzung im Rahmen der Hausordnung. Dem Vortrag des Bekl., daß der Garten, in dem die Sträucher standen oder stehen, allgemein zugänglich sei, sind sie nicht entgegengetreten.
Es ist also von Mitbesitz auszugehen, für den gem. § 866 BGB nur eingeschränkter Besitzschutz gilt. Dieser schließt allerdings Schadensersatzansprüche zwischen Mitbesitzern wegen Beschädigung der im Mitbesitz stehenden Sache nicht aus(vgl. BGHZ 62, 243 = NJW 1974). Ein die Schadensersatzpflicht auslösender Schaden ist jedoch nicht feststellbar. In Betracht käme allenfalls eine Entschädigung für die Nutzungsbeeinträchtigung in der Zeit von September 1996 bis zum Auszug der Kl. zu 1 im Oktober 1997. Entgangene Nutzungen stellen nur dann einen zu Schadensersatzansprüchen berechtigenden Vermögensschaden dar, wenn Sachen betroffen sind, auf deren ständige Verfügbarkeit die eigenwirtschaftliche Lebensführung typischerweise angewiesen und bei diesen ein objektiv bewertbarer Funktionsverlust eingetreten ist (BGHZ 98, 212 = NJW 1987, 50 [52]). Davon kann hier nicht die Rede sein. Weder Wohnung noch Garten waren in ihren Nutzungsmöglichkeiten eingeschränkt. Die Beeinträchtigung desGenusses des Gartens durch Beschädigung zweier Sträucher stellt keinen bei Anwendung dieser Grundsätze entschädigungsfähigen Nutzungsausfall dar. Damit scheidet auch ein Schadensersatzanspruch aus §§ 823 II , 858 BGB aus.
Soweit die Kl. sich auf § 951 BGB berufen, fehlt für eine Ersatzpflicht des Bekl. schlüssiger Vortrag. Ob der Bekl. im Zeitpunkt desRechtsverlustes überhaupt schon Miteigentümer des Grundstücks war, ist nicht dargetan. Auch würde er als solcher allenfalls entsprechend dem damaligen Wert der Sträucher und in Höhe seines Miteigentumsanteils haften. Auch dazu ist nichts vorgetragen.
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