Gegendarstellung: kein berechtigtes Interesse
Gericht
LG Berlin
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
27. 04. 2006
Aktenzeichen
27 O 414/06
Die einstweilige Verfügung vom 13. April 2006 wird aufgehoben und der Antrag auf ihren Erlass zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Antragsteller kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des festgesetzten Kostenbetrages zuzüglich 10 % abwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages zuzüglich 10 % leistet.
Tatbestand:
Der Antragsteller ist ... . Die Antragsgegnerin verlegt die Zeitschrift ... in deren Ausgabe Nr. 14 vom 30. März 2006 der nachfolgend in Fotokopie wiedergegebene Beitrag erschien, der sich mit äußerungsrechtlichen Streitigkeiten zwischen den Parteien befasst:
Der Antragsteller ließ die Antragsgegnerin mit Anwaltsschreiben vom 3. April 2006 vergeblich zur Veröffentlichung einer Gegendarstellung auffordern, wegen deren Inhalts auf die Antragsschrift vom 10 April 2006 (Bl 2 d. A.) verwiesen wird. Nachdem die Kammer am 11. April 2006 auf Bedenken gegen diese Fassung der Gegendarstellung hingewiesen hatte, verlangte der Antragsteller mit Anwaltsschreiben vom 11. April 2006 - wiederum vergeblich - die Veröffentlichung der streitgegenständlichen Gegendarstellung. Er hat die einstweilige Verfügung vom 13. April 2006 erwirkt, durch die der Antragsgegnerin aufgegeben worden ist, in dem gleichen Teil der Zeitung ..., in der der Artikel "Die Geschichte einer Gegendarstellung" erschienen ist, mit gleicher Schrift und unter Hervorhebung des Wortes "Gegendarstellung" als Überschrift durch entsprechende drucktechnische Anordnung und Schriftgröße wie "Die Geschichte einer Gegendarstellung" und die Größe der Fundstelle durch einfachen Fettdruck in der nächsten für den Druck noch nicht abgeschlossenen Nummer ohne Einschaltungen und Weglassungen die folgende Gegendarstellung zu veröffentlichen:
Gegendarstellung
In ... berichten Sie unter der Überschrift "Die Geschichte einer Gegendarstellung" über mich:
"Seit ... vor Gericht das Recht zugesprochen wurde, über das uneheliche Baby von ... zu berichten, wendet er sich gegen ... . PR-Berichte über eine CD oder Tournee-Termine wären willkommen, doch darüber hinaus möchte er gerne selbst bestimmen, was in der Presse kommt. Da ihm ... diesen Gefallen nicht tun kann, überzieht er Veröffentlichungen mit Anträgen eines Anwaltsbüros (...)"
Hierzu stelle ich fest
Ich habe bereits vor dem genannten Gerichtsverfahren über meine Anwälte im Falle unwahrer Berichterstattung durch ... rechtliche Schritte einleiten lassen. Der insofern erweckte Eindruck, ich gehe mit rechtlichen Schritten gegen ... erst vor, nachdem die genannte nicht rechtskräftige Entscheidung getroffen wurde, ist falsch. Ich habe auch seit dem genannten Urteil keine "PR-Berichte über eine CD oder Tournee-Termine" von ... erbeten.
Berlin, ...
Rechtsanwalt ...
für ...
Gegen die ihr im Parteiwege zwecks Vollziehung zugestellte einstweilige Verfügung richtet sich der Widerspruch der Antragsgegnerin. Sie macht geltend:
In der Ausgangsmitteilung werde nicht behauptet, dass der Antragsteller "erst" gegen sie, die Antragsgegnerin, vorgehe, nachdem die gerichtliche Entscheidung zu ihren Gunsten ergangen sei. Vielmehr schließe die Erstmitteilung nicht aus, dass es schon vorher presserechtliche Auseinandersetzungen gegeben habe.
Der letzte Satz der Entgegnung wende sich gegen eine Wertung des Ausgangsartikels, dem gerade nicht zu entnehmen sei, dass der Antragsteller entsprechende Promotion tatsächlich erbeten oder eingefordert habe. Es handele sich um einen Schluss, den sie daraus ziehe, dass der Antragsteller in der Vergangenheit eine Vielzahl von PR- und Tourneeberichten mit ihr verabredet habe, die ihm darüber hinaus fürstlich honoriert worden seien. Der Antragsteller sei auch jetzt noch an einer positiven PR-Berichterstattung interessiert, wie sich aus der im Termin zur mündlichen Verhandlung eingereichten Presse-Information über sein neues Album "Egal was passiert" ergebe, die auch an sie, die Antragsgegnerin, gerichtet worden sei.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die einstweilige Verfügung aufzuheben und den Antrag auf ihren Erlass zurückzuweisen.
Der Antragsteller beantragt,
die einstweilige Verfügung zu bestätigen.
Er meint, der Leser könne die Ausgangsmitteilung nur so verstehen, dass er mit dem entsprechenden Ansinnen an die Antragsgegnerin herangetreten sei, zumal seine früheren Kooperationen mit der Antragsgegnerin sich nie mit "Promotion einer CD oder einer Tournee" befasst hätten. Im Übrigen handele es sich bei der Ausgangsmitteilung um eine gegendarstellungsfähige innere Tatsache.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt ihrer Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die einstweilige Verfügung vom 13. April 2006 war aufzuheben und der Antrag auf ihren Erlass zurückzuweisen, weil sie zu Unrecht ergangen ist (§§ 936, 925 ZPO). Denn dem Antragsteller steht als Betroffenem der Berichterstattung in ... gegen die Antragsgegnerin als deren Verlegerin ein Anspruch auf Veröffentlichung seiner Gegendarstellung aus § 10 ADS. 1 des Berliner Pressegesetzes (LPG) nicht zu.
Zwar wendet sich die Gegendarstellung in ihrem ersten Teil zu Recht gegen den im Ausgangsartikel erweckten Eindruck, der Antragsteller habe erstmals den verlorenen Prozess hinsichtlich der Berichterstattung über sein uneheliches Baby zum Anlass genommen, gegen ... rechtlich vorzugehen Anders kann der unbefangene Durchschnittsleser den Ausgangsartikel gar nicht verstehen, so dass der Antragsteller zu seiner Entgegnung berechtigt ist.
Hinsichtlich des zweiten Teils der Gegendarstellung fehlt dem Antragsteller aber das nach § 10 Abs. 2 Satz 1 LPG erforderliche berechtigte Interesse an der Gegendarstellung. Zwar kann jedenfalls ein Teil der Leser durchaus den Eindruck gewinnen, dass der Antragsteller hinsichtlich der geschilderten PR-Aktionen die Zusammenarbeit mit der Antragsgegnerin sucht, also Berichte über eine CD oder Tournee-Termine erbittet. Das trifft aber im Kern zu. Denn mit der im Termin zur mündlichen Verhandlung eingereichte Presse-Information, die auch an die Antragsgegnerin gerichtet worden ist. wird offensichtlich der Zweck verfolgt, die angesprochenen Medien zu einer positiven Berichterstattung über das Erscheinen des neuen Albums des Antragstellers zu bewegen Auch wenn der Antragsteller von der konkreten Verbreitung der Presse-Information nichts gewusst haben mag, muss er sich jedenfalls das Verhalten seines Musikverlages zurechnen lassen, da weder ersichtlich noch dargetan ist, dass er z. B. die Anweisung gegeben hätte. die Antragsgegnerin als Adressat derartiger Informationen auszunehmen.
Nach dem Alles-oder-Nichts-Prinzip kann der Antragsteller die Veröffentlichung seiner Gegendarstellung daher insgesamt nicht verlangen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 6, 711 ZPO.
Kanzlei Prof. Schweizer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH © 2020
Impressum | Datenschutz | Cookie-Einstellungen