Kein Brandschadenausgleich am Nachbarhaus
Gericht
BGH
Art der Entscheidung
Revisionsurteil
Datum
27. 01. 2006
Aktenzeichen
V ZR 26/05
Der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch entsprechend § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB setzt - wie § 1004 Abs. 1 BGB - voraus, dass der Anspruchsgegner als Störer zu qualifizieren ist.
Als mittelbarer Handlungsstörer kann der Eigentümer für Störungshandlungen seines Mieters nur verantwortlich gemacht werden, wenn er dem Mieter den Gebrauch seiner Sache mit der Erlaubnis zu den störenden Handlungen überlassen hat oder wenn er es unterlässt, den Mieter von dem nach dem Mietvertrag unerlaubten, fremdes Eigentum beeinträchtigenden Gebrauch der Mietsache abzuhalten.
Auf die Revision der Beklagten zu 2 a wird das Urteil der Zivilkammer 28 des Landgerichts Berlin vom 29. Dezember 2004 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten zu 2 a erkannt worden ist.
Auf die Berufung der Beklagten zu 2 und ihrer Streithelferin wird das Urteil des Amtsgerichts Schöneberg vom 12. März 2004 abgeändert. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der der Streithelferin entstandenen Kosten trägt die Klägerin.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Beklagten zu 2 a gehört eine vermietete Eigentumswohnung, in der im Februar 2000 ein Brand ausbrach. Die Rußentwicklung führte dazu, dass die Fassade des bei der Klägerin gebäudeversicherten Nachbarhauses verunreinigt wurde. Ob das Feuer durch einen technischen Defekt oder durch unsachgemäßen Umgang des Mieters mit elektrischen Geräten herbeigeführt wurde, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Andere Ursachen - Naturereignisse oder Einwirkungen von außenstehenden Dritten - sind indes ausgeschlossen. Nach Ausgleich der für die Fassadensanierung aufgewandten Kosten hat die Klägerin aus übergegangenem Recht u.a. die Beklagten zu 2, die „Eigentümergemeinschaft des Hauses A. straße 36 als Gesellschaft bürgerlichen Rechts“, auf Zahlung des erstatteten Betrags in Anspruch genommen. Nur insoweit hat das Amtsgericht der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten zu 2 hat das Landgericht lediglich die gegen die Beklagte zu 2 a in deren Eigenschaft als Sondereigentümerin der Wohnung gerichtete Klage für begründet erachtet. Entsprechend hat es das angefochtene Urteil geändert. Dagegen wendet sich die Beklagte zu 2 a (im Folgenden nur noch Beklagte) mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision, mit der sie eine Abweisung der gegen sie gerichteten Klage erstrebt. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der Klägerin stehe entsprechend § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch gegen die Beklagte zu, weil diese als Sondereigentümerin die Nutzung der ausschließlich in ihrem Eigentum stehenden Wohnung habe bestimmen können. Die Verunreinigung sei eine nicht mehr entschädigungslos hinzunehmende Beeinträchtigung. Auszugleichen seien sämtliche für die Sanierung aufgewandten Beträge.
II.
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
1. Das Berufungsgericht hat der Klage gegen die Beklagte zu Unrecht stattgegeben. Der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch entsprechend § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB knüpft daran an, dass ein an sich gegebener Unterlassungsanspruch aus besonderen (meist faktischen) Gründen nicht geltend gemacht werden konnte (vgl. Senat, BGHZ 85, 375, 384 ff.; 90, 255, 262 f.; 111, 158, 162 f.; 113, 384, 390 f.; 155, 99, 103 ff. m.w.N.). Er setzt daher – wie § 1004 Abs. 1 BGB – voraus, dass der Anspruchsgegner als Störer zu qualifizieren ist.
Da vorliegend als Brandursache sowohl ein technischer Defekt als auch ein unsachgemäßer Umgang des Mieters der Beklagten mit einer Halogenlampe in Betracht kommt und nicht festgestellt ist, ob die eine oder die andere Ursache zu dem Brand geführt hat, kann das Berufungsurteil nur Bestand haben, wenn die Beklagte in beiden Konstellationen Störerin wäre. Das ist jedoch nicht der Fall. Für eine fahrlässige Brandstiftung ihres Mieters hätte die Beklagte nicht einzustehen. Die Voraussetzungen für die insoweit allein in Betracht kommende Inanspruchnahme der Beklagten als mittelbare Handlungsstörerin liegen nicht vor. Der Anspruch entsprechend § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB ist Ausdruck des nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnisses, das eine Zurechnung des Verschuldens von Hilfspersonen nach § 278 BGB nicht zulässt (vgl. Senat, BGHZ 42, 374, 380). Vor dem Hintergrund dieser Wertung kann der Eigentümer für Störungshandlungen seines Mieters nach § 1004 BGB nur verantwortlich gemacht werden, wenn er dem Mieter den Gebrauch seiner Sache mit der Erlaubnis zu den störenden Handlungen überlassen hat oder wenn er es unterlässt, den Mieter von dem nach dem Mietvertrag unerlaubten, fremdes Eigentum beeinträchtigenden Gebrauch der Mietsache abzuhalten (vgl. Senat, BGHZ 144, 200, 204). So liegt es hier jedoch nicht. Dass die Beklagte die Wohnung ihrem Mieter nicht mit der Erlaubnis zu feuergefährlichem Verhalten überlassen hat, bedarf keiner näheren Begründung. Veranlassung, ihren bislang nicht als Brandverursacher hervorgetretenen Mieter auf besondere Feuergefahren hinzuweisen, hatte sie nicht. Die von der Revision in der mündlichen Verhandlung ins Spiel gebrachte angebliche besondere Feuergefährlichkeit von Halogenlampen ist in den Tatsacheninstanzen nicht vorgetragen worden. Nach Ausbruch des Brandes hatte die Beklagte keine Möglichkeit mehr, den Brand zu verhindern oder einzudämmen.
2. Nach allem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil der Rechtsstreit zur Endentscheidung reif ist im Sinne von § 563 Abs. 3 ZPO. Weitere Feststellungen zu der genauen Brandursache scheiden aus. Vor dem Hintergrund der insoweit unergiebig gebliebenen Ermittlungen in dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren hat die Klägerin beide Schadensursachen alternativ ins Feld geführt.
III.
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits beruht auf § 91 ZPO. Dass die Klägerin die Kosten der – nach wie vor zulässigen – Nebenintervention zu tragen hat, folgt aus § 101 Abs. 1 ZPO. Entgegen der Auffassung der Revision ist der Beitritt der Streithelferin nicht durch Ausscheiden der von ihr unterstützten Partei (vgl. dazu Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Auflage, § 66 Rdn. 17 f.) beendet worden. Auch wenn der Beitritt seinem Wortlaut nach zur Unterstützung der Wohnungseigentümergemeinschaft erklärt worden ist, gilt es zu beachten, dass die Teilrechtsfähigkeit dieser Gemeinschaft damals noch nicht anerkannt war (vgl. Senatsbeschl. v. 2. Juni 2005, V ZB 32/05, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt, NJW 2005, 2061). Ziel der Nebenintervention war es, einer eigenen Inanspruchnahme vorzubeugen. Bei verständiger Würdigung ist die Erklärung daher dahin auszulegen, dass ein Beitritt zur Unterstützung aller Wohnungseigentümer erfolgen sollte.
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