Zeugnis gegen sich selbst
Gericht
BGH
Art der Entscheidung
Revisionsurteil
Datum
01. 12. 2005
Aktenzeichen
I ZR 284/02
Die Zahlung eines Teilbetrages auf eine geltend gemachte Schadensersatzforderung kann ein sog. Zeugnis des Schuldners wider sich selbst darstellen und somit zu einer Umkehr der Beweislast führen. Ein solches "Zeugnis gegen sich selbst" ist anzunehmen, wenn die Leistung den Zweck hat, dem Gläubiger Erfüllungsbereitschaft anzuzeigen, um diesen dadurch von Maßnahmen abzuhalten oder ihm den Beweis zu erleichtern.
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 22. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 15. Oktober 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin ist Transportversicherer der m. AG in N. (im Folgenden: Versicherungsnehmerin). Sie nimmt die Beklagte, die ei- nen Paketbeförderungsdienst betreibt, aus abgetretenem und übergegangenem Recht ihrer Versicherungsnehmerin wegen Verlustes von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch.
Die Beklagte befördert für die Versicherungsnehmerin seit 1991 Elektronikartikel (Computerprozessoren, Notebooks etc.). Den hier in Rede stehenden Verträgen lagen die Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten (Stand: Februar 1998) zugrunde, die unter anderem folgende Bestimmungen enthielten:
"…
2. Transportierte Güter und Servicebeschränkungen
Sofern nicht schriftlich abweichend mit U. vereinbart, bietet U. den Transport von Gütern unter folgenden Einschränkungen an:
…
b) Die Wert- oder Haftungshöchstgrenze ist pro Paket einer Sendung auf den Gegenwert von 50.000 $ in der jeweiligen Landeswährung begrenzt, es sei denn, dies ist in der jeweils gültigen U. -Tariftabelle anders festgelegt. …
…
10. Haftung
… U. haftet bei Verschulden für nachgewiesene direkte Schäden bis zu einer Höhe von … DM 1.000 pro Sendung in der Bundesrepublik Deutschland oder bis zu dem nach § 54 ADSp … ermittelten Erstattungsbetrag, je nach dem, welcher Betrag höher ist, es sei denn, der Versender hat, wie im Folgenden beschrieben, einen höheren Wert angegeben.
Die Wert- und Haftungsgrenze wird angehoben durch die korrekte Deklaration des Wertes der Sendung … . Diese Wertangabe gilt als Haftungsgrenze. Der Versender erklärt durch die Unterlassung der Wertangabe, dass sein Interesse an den Gütern die oben genannte Grundhaftung nicht übersteigt.
…
Vorstehende Haftungsbegrenzungen gelten nicht bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit von U. , seiner gesetzlichen Vertreter oder Erfüllungsgehilfen.
Sofern vom Versender nicht anders vorgeschrieben, kann U. die Wertzuschläge als Prämie für die Versicherung der Interessen des Versenders in seinem Namen an ein oder mehrere Versicherungsunternehmen weitergeben.
…"
Die Klägerin begehrt Schadensersatz für insgesamt 24 Verlustfälle. Nach ihrer Darstellung sollen die von ihrer Versicherungsnehmerin zwischen Oktober 1998 und Juli 1999 aufgegebenen Pakete im Gewahrsamsbereich der Beklagten abhanden gekommen sein. Die Versicherungsnehmerin hatte den Wert der jeweiligen Sendung nicht deklariert, weshalb die Beklagte ihre Ersatzleistung unter Berufung auf die Haftungsbeschränkungen in ihren Beförderungsbedingungen auf 1.000 DM je Verlustfall beschränkt hat.
Die Klägerin hat behauptet, die Beklagte habe Gewahrsam an den verloren gegangenen Paketen erlangt. Sie hat die Ansicht vertreten, die Beklagte hafte mangels ausreichender Schnittstellenkontrollen aufgrund qualifizierten Verschuldens unbeschränkt. Ein Mitverschulden wegen der von der Versicherungsnehmerin unterlassenen Wertdeklarationen komme nicht in Betracht, da die Beklagte für Wertpakete keine Beförderungsart mit höherem Schutz für die ihr anvertrauten Güter anbiete. Die Beklagte befördere alle Sendungen einheitlich und ohne zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen bei einer Wertdeklaration.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 76.856,42 DM (= 39.296,06 €) nebst Zinsen zu zahlen.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat bestritten, an den in Verlust geratenen Paketen Gewahrsam erlangt zu haben. Ihre Zahlung von 1.000 DM je Schadensfall sei lediglich aus Kulanz erfolgt. Ein qualifiziertes Verschulden könne ihr nicht angelastet werden, da sie über eine ausreichende Betriebsorganisation verfüge. Sie ist ferner der Ansicht, das Unterlassen einer Wertangabe und die spätere Geltendmachung des vollen Warenwertes sei rechtsmissbräuchlich. Da ihr die Möglichkeit genommen werde, eine der realen Wertdeklaration entsprechende intensivere Kontrollmöglichkeit des Sendungsverlaufs auszuüben, handele die Versicherungsnehmerin treuwidrig, wenn sie die Wertangabe unterlasse.
Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 15.244,86 € nebst Zinsen stattgegeben und sie im Übrigen wegen eines der Klägerin zuzurechnenden Mitverschuldens an der Schadensentstehung von 60 % abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht die Beklagte unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels zur Zahlung von 37.600,58 € nebst Zinsen verurteilt. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte weiterhin die vollständige Abweisung der Klage. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat der Klägerin aus abgetretenem (§ 398 BGB) und übergegangenem (§ 67 Abs. 1 VVG) Recht ihrer Versicherungsnehmerin einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 461 Abs. 1, § 435 HGB i.V. mit Ziff. 27.1 ADSp n.F., § 51b Satz 2 ADSp a.F. und Nr. 10 Abs. 5 der Beförderungsbedingungen der Beklagten in Höhe von 37.600,58 € zuerkannt. Dazu hat es ausgeführt:
Die einzelnen zwischen der Beklagten und der Versicherungsnehmerin geschlossenen Verträge seien als Speditionsverträge zu qualifizieren. Es sei davon auszugehen, dass die Beklagte in allen von der Klägerin geltend gemachten Schadensfällen Gewahrsam am Transportgut erlangt habe mit der Folge, dass der Verlust der streitgegenständlichen Paketstücke während des Obhutszeitraums der Beklagten eingetreten sei.
Der Beklagten falle ein qualifiziertes Verschulden i.S. von § 435 HGB zur Last, da sie an ihren Umschlagstellen keine ausreichenden Eingangs- und Ausgangskontrollen durchführe. Die Versicherungsnehmerin habe hierauf auch nicht verzichtet.
Der von der Beklagten erhobene Einwand des Mitverschuldens sei unberechtigt. Ein Mitverschulden ergebe sich nicht aus der von der Versicherungsnehmerin unterlassenen Wertdeklaration. Denn die Beklagte habe nicht substantiiert dargelegt, dass sie im Falle einer Wertdeklaration sorgfältiger mit dem Transportgut umgehe. Im Übrigen könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Versicherungsnehmerin von besonderen Sicherheitsvorkehrungen Kenntnis gehabt habe.
II. Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Denn das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft ein Mitverschulden wegen unterlassener Wertdeklaration verneint.
1. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht die Voraussetzungen für eine vertragliche Haftung der Beklagten bejaht.
a) Die Haftung der Beklagten ergibt sich allerdings nicht aus § 461 Abs. 1 HGB. Die Beklagte ist von der Versicherungsnehmerin als Fixkostenspediteurin i.S. von § 459 HGB beauftragt worden, so dass sich ihre Haftung nach den §§ 425 ff. HGB und aufgrund vertraglicher Einbeziehung nach ihren Allgemeinen Beförderungsbedingungen beurteilt. Inhaltliche Unterschiede ergeben sich daraus indes nicht.
b) Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Beklagte Gewahrsam an den verloren gegangenen Paketen erlangt hat. Es ist dabei zu Recht davon ausgegangen, dass die Zahlung eines Teilbetrages ein sog. Zeugnis des Schuldners wider sich selbst darstellen und somit zu einer Umkehr der Beweislast führen kann. Ein solches "Zeugnis gegen sich selbst" ist dann anzunehmen, wenn die Leistung den Zweck hat, dem Gläubiger Erfüllungsbereitschaft anzuzeigen, um diesen dadurch von Maßnahmen abzuhalten oder ihm den Beweis zu erleichtern (vgl. BGHZ 66, 250, 254 f.; Palandt/Sprau, BGB, 65. Aufl., § 781 Rdn. 6). Die Auslegung des Verhaltens der Beklagten ist Tatfrage. Die Beurteilung des Berufungsgerichts lässt keine Rechtsfehler erkennen. Insbesondere ist es nicht widersprüchlich, ein "Zeugnis gegen sich selbst" anzunehmen, auch wenn unterstellt wird, dass die Zahlung der Beklagten nur aus Kulanz erfolgt ist. Das Berufungsgericht hat insoweit zugrunde gelegt, dass gemäß Nr. 10 der Beförderungsbedingungen der Beklagten eine Ersatzleistung im Falle unterlassener Wertdeklaration nur bei "Verschulden für nachgewiesene direkte Schäden" vorgesehen ist. Darauf hat das Berufungsgericht seine revisionsrechtlich nicht zu beanstandende Annahme gestützt, durch die Zahlung der Haftungshöchstsumme habe die Beklagte gleichzeitig zum Ausdruck gebracht, dass sie den Nachweis der einzelnen Schäden für erbracht halte und damit ein einseitiges Anerkenntnis abgegeben habe, das zumindest zu einer Beweislastumkehr führe. Eine andere Beurteilung widerspreche auch der Lebenserfahrung.
c) Da die Beklagte eine Ablieferung der in Empfang genommenen Pakete nicht darlegen kann, ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass diese im Gewahrsamsbereich der Beklagten in Verlust geraten sind.
d) Mit Recht hat das Berufungsgericht auch angenommen, die Beklagte hafte für die eingetretenen Schäden gemäß § 435 HGB unbeschränkt. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts führt die Beklagte keine ausreichenden Schnittstellenkontrollen durch. Das begründet den Vorwurf des leichtfertigen Verhaltens (BGHZ 158, 322, 327 ff.; BGH, Urt. v. 17.6.2004 - I ZR 263/01, TranspR 2004, 399, 401; Urt. v. 3.2.2005 - I ZR 276/02, TranspR 2005, 208, 209).
2. Die Revision wendet sich aber mit Erfolg gegen die weitere Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin brauche sich das Unterlassen von Wertdeklarationen nicht als mitwirkenden Schadensbeitrag ihrer Versicherungsnehmerin zurechnen zu lassen.
a) Gemäß § 425 Abs. 2 HGB hängen die Verpflichtung zum Schadensersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes davon ab, inwieweit bei der Entstehung des Schadens ein Verhalten des Absenders mitgewirkt hat. Die Vorschrift des § 425 Abs. 2 HGB greift den Rechtsgedanken des § 254 BGB auf und fasst alle Fälle mitwirkenden Verhaltens des Ersatzberechtigten in einer Vorschrift zusammen (Begründung zum Regierungsentwurf des Transportrechtsreformgesetzes, BT-Drucks. 13/8445, S. 60). Ein mitwirkender Schadensbeitrag des Versenders kann sich daraus ergeben, dass er eine Wertdeklaration unterlassen oder von einem Hinweis auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens abgesehen hat. Die vom Senat zur Rechtslage vor dem Inkrafttreten des Transportrechtsreformgesetzes am 1. Juli 1998 zu § 254 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 BGB ergangenen Entscheidungen sind ohne inhaltliche Änderungen auf § 425 Abs. 2 HGB übertragbar (BGH, Urt. v. 5.6.2003 - I ZR 234/00, TranspR 2003, 467, 471).
b) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Annahme, die Versicherungsnehmerin habe durch Unterlassen der Wertdeklarationen zu den geltend gemachten Schäden beigetragen, die Feststellung voraussetzt, dass die Beklagte bei richtiger Wertangabe ihre Sorgfaltspflichten besser erfüllt hätte und es hierdurch zumindest zu einer Verringerung des Verlustrisikos gekommen wäre (BGH, Urt. v. 9.10.2003 - I ZR 275/00, TranspR 2004, 175, 177; Urt. v. 23.10.2003 - I ZR 55/01, TranspR 2004, 177, 179). Darlegungs- und beweispflichtig für die für wertdeklarierte Sendungen zusätzlich vorgesehenen Sicherheitsvorkehrungen ist der Frachtführer. Dem Berufungsgericht ist darin beizutreten, dass die Beklagte hierzu bislang nicht genügend vorgetragen hat.
c) Die Revision beanstandet aber mit Recht, dass das Berufungsgericht es unterlassen hat, die Beklagte hierauf gemäß § 139 Abs. 1 ZPO hinzuweisen. Die Hinweispflicht nach § 139 Abs. 1 ZPO erstreckt sich grundsätzlich auch auf die fehlende Substantiierung des Vortrags (vgl. BGH, Urt. v. 22.4.1999 - I ZR 37/97, TranspR 1999, 353, 354 = VersR 2000, 78; Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 139 Rdn. 17). Eine Hinweispflicht des Berufungsgerichts bestand im vorliegenden Fall vor allem deshalb, weil die Beklagte in der ersten Instanz mit ihrem Vortrag hinsichtlich des Mitverschuldenseinwands erfolgreich war. Es kommt hinzu, dass zum Zeitpunkt der Verkündung des Berufungsurteils die Rechtsprechung zum Mitverschulden noch im Fluss war und somit auch eine anwaltlich vertretene Partei im Unklaren sein konnte, welcher Vortrag notwendig ist.
Die Revision hat dargelegt, was die Beklagte nach Erhalt eines Hinweises auf die (noch) fehlende Substantiierung ihres Vortrags zusätzlich vorgebracht hätte. Der Beklagten ist daher im wiedereröffneten Berufungsverfahren Gelegenheit zu geben, ihren Sachvortrag entsprechend zu ergänzen.
d) Dem Berufungsgericht kann auch nicht in seiner Annahme beigetreten werden, der Mitverschuldenseinwand scheitere jedenfalls daran, dass die Versicherungsnehmerin keine Kenntnis von Erfolg versprechenden weitergehenden Sicherheitsmaßnahmen der Beklagten bei korrekter Wertdeklaration gehabt habe.
aa) Das Berufungsgericht ist zwar davon ausgegangen, dass ein Versender in einen gemäß § 425 Abs. 2 HGB beachtlichen Selbstwiderspruch geraten kann, wenn er trotz Kenntnis, dass der Spediteur die Sendung bei zutreffender Wertangabe mit größerer Sorgfalt behandelt, von einer Wertdeklaration absieht und bei Verlust gleichwohl vollen Schadensersatz verlangt (vgl. BGHZ 149, 337, 353; BGH, Urt. v. 15.11.2001 - I ZR 163/99, TranspR 2002, 452, 457; Urt. v. 8.5.2003 - I ZR 234/02, TranspR 2003, 317, 318; BGH TranspR 2004, 399, 401). Es hat aber unbeachtet gelassen, dass es für ein gemäß § 425 Abs. 2 HGB zu berücksichtigendes Mitverschulden ausreichen kann, wenn der Versender die sorgfältigere Behandlung von Wertpaketen durch den Spediteur hätte kennen müssen. Denn gemäß § 425 Abs. 2 HGB ist ein Mitverschulden bereits dann anzunehmen, wenn diejenige Sorgfalt außer Acht gelassen wird, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Vermeidung eigenen Schadens anzuwenden pflegt (BGHZ 74, 25, 28; BGH, Urt. v. 17.11.2000 - VI ZR 313/99, NJW 2001, 149, 150, jeweils zu § 254 BGB; Koller, Transportrecht, 5. Aufl., § 425 HGB Rdn. 74; Soergel/Mertens, BGB, 12. Aufl., § 254 Rdn. 23). Von einem Kennenmüssen der Anwendung höherer Sorgfalt bei korrekter Wertangabe kann im Allgemeinen ausgegangen werden, wenn sich aus den Beförderungsbedingungen des Transporteurs ergibt, dass er für diesen Fall bei Verlust oder Beschädigung des Gutes höher haften will. Denn zur Vermeidung der versprochenen höheren Haftung werden erfahrungsgemäß höhere Sicherheitsstandards gewählt.
bb) Dem Versender wird durch Nr. 10 der Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten die Kenntnis vermittelt, dass die Beklagte nur bei einer Wertdeklaration über die in Nr. 10 genannte Haftungshöchstgrenze hinaus (1.000 DM oder Erstattungsbetrag nach § 54 ADSp a.F.) haften will. Bereits aus der versprochenen Haftung bis zum deklarierten Wert ergibt sich, dass die Beklagte alles daran setzen wird, Haftungsrisiken möglichst auszuschließen. Diese Haftung ist von der Zahlung eines Wertzuschlags nach der Tariftabelle der Beklagten abhängig. Die erhöhte Transportvergütung legt zusätzlich nahe, dass die Beklagte ihren Geschäftsbetrieb darauf ausgerichtet hat, wertdeklarierte Sendungen sorgfältiger zu behandeln. Dem steht nicht entgegen, dass Nr. 10 ihrer Allgemeinen Beförderungsbedingungen die Möglichkeit eröffnet, die Wertzuschläge als Prämie für eine Versicherung weiterzugeben. Ein verständiger Versender, der die Möglichkeit der Versendung von Wertpaketen gegen höhere Vergütung ebenso kennt wie die erhöhte Haftung der Beklagten in diesem Fall, wird davon ausgehen, dass die Beklagte bei der Beförderung von Wertpaketen erhöhte Sorgfalt aufwendet. Er wird zur Vermeidung eigenen Schadens den Wert der Sendung deklarieren, wenn dieser den in den Beförderungsbedingungen des Spediteurs genannten Haftungshöchstbetrag überschreitet. cc) Danach kann ein zu berücksichtigendes Mitverschulden der Versicherungsnehmerin in Betracht kommen, wenn die Beklagte im wiedereröffneten Berufungsverfahren hinreichend zu den für wertdeklarierte Sendungen zusätzlich vorgesehenen Sicherheitsvorkehrungen vorträgt und dieses Vorbringen gegebenenfalls beweist.
3. Bei seiner erneuten Entscheidung wird das Berufungsgericht gegebenenfalls auch zu beachten haben, dass der Einwand des Mitverschuldens wegen unterlassener Wertdeklaration nicht bereits dann an der fehlenden Kausalität scheitert, wenn bei wertdeklarierten Sendungen ein Verlust nicht vollständig ausgeschlossen werden kann (vgl. BGH TranspR 2004, 399, 401). Ein bei der Entstehung des Schadens mitwirkendes Verschulden des Versenders kommt vielmehr auch in Betracht, wenn bei wertdeklarierten Sendungen Lücken in den Schnittstellenkontrollen verbleiben und nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Sendung gerade in diesem Bereich verloren gegangen ist und die Angabe des Werts der Ware daher deren Verlust nicht verhindert hätte (vgl. BGH TranspR 2003, 317, 318).
4. Die Haftungsabwägung nach § 425 Abs. 2 HGB obliegt grundsätzlich dem Tatrichter (vgl. BGHZ 149, 337, 355; BGH TranspR 2004, 399, 402, jeweils zu § 254 BGB).
Im Rahmen der Haftungsabwägung ist zu beachten, dass die Reichweite des bei wertdeklarierten Sendungen gesicherten Bereichs einen für die Bemessung der Haftungsquote relevanten Gesichtspunkt darstellt: Je größer der gesicherte Bereich ist, desto größer ist auch der Anteil des Mitverschuldens des Versenders, der durch das Unterlassen der Wertangabe den Transport der Ware außerhalb des gesicherten Bereichs veranlasst (BGH TranspR 2003, 317, 318; Urt. v. 19.5.2005 - I ZR 238/02, Umdruck S. 10).
Ferner ist der Wert der transportierten, nicht wertdeklarierten Ware von Bedeutung: Je höher der tatsächliche Wert der nicht wertdeklarierten Sendung ist, desto gewichtiger ist der in dem Unterlassen der Wertdeklaration liegende Schadensbeitrag. Denn je höher der Wert der zu transportierenden Sendung ist, desto offensichtlicher ist es, dass die Beförderung des Gutes eine besonders sorgfältige Behandlung durch den Spediteur erfordert, und desto größer ist das in dem Unterlassen der Wertdeklaration liegende Verschulden des Versenders gegen sich selbst.
III. Danach war das Berufungsurteil auf die Revision der Beklagten aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
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