Unwirksame Klausel in einem Mitgliedschaftsvertrag eines Fitnessstudios

Gericht

AG München


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

03. 08. 2005


Aktenzeichen

122 C 6235/05


Leitsatz des Gerichts

  1. Ein befristetes Vertragsverhältnis endet grundsätzlich mit Zeitablauf. Etwas anderes gilt nur dann, wenn durch Gesetz oder Vertrag wirksam etwas anderes bestimmt ist.

  2. Die Klausel in einem Vertrag mit einem Fitnessstudio: "Ich wähle hiermit eine 6-monatige Benutzungsberechtigung. Die Nutzungsberechtigung verlängert sich jeweils automatisch um zwölf Monate, wenn sie nicht mit einer Frist von acht Wochen schriftlich gekündigt wird." ist unwirksam.

  3. Einen Verlängerungszeitraum von doppelter Länge vorzusehen, benachteiligt den Gegner des Verwenders der Klausel unangemessen. Darüber hinaus besteht ein Missverhältnis zwischen der Länge des Ursprungszeitraums von sechs Monaten und der Dauer der Kündigungsfrist von acht Wochen.

Tenor

  1. Die Klage wird abgewiesen.

  2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klagepartei.

  3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

  4. Der Streitwert wird auf Euro 444,00 festgesetzt.

  5. Die Berufung wird zugelassen.

...

Tatbestand


Tatbestand:

Die beklagte Partei betreibt ein Fitnessstudio. Am 7.9.2002 schlossen die Parteien einen Mitgliedschaftsvertrag, der u.a. folgenden Wortlaut hatte:

"Ich wähle hiermit eine 6-monatige Benutzungsberechtigung. Die Nutzungsberechtigung verlängert sich jeweils automatisch um zwölf Monate, wenn sie nicht mit einer Frist von acht Wochen schriftlich gekündigt wird."

Die Klagepartei trägt vor, dass sich der Vertrag nach Ende der Mindestvertragslaufzeit zum 31.3.2003 aufgrund dieser Regelung verlängert habe. Sie ist der Ansicht, dass ihr Mitgliedschaftsbeiträge für die Monate April bis September in Höhe von jeweils 74,- €, insgesamt 444,- € zustünden.

Die Klagepartei beantragt zuletzt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 444,- € zuzüglich 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus ab dem 16.4.2005 sowie bereits ausgerechnete Zinsen für den Zeitraum vom 4.4.2003 bis 15.4.2005 in Höhe von 50,28 € nebst 10,50 € an vorgerichtlichen Mahnkosten, 10,27 € an Auskunftskosten sowie 81,- € an angefallenen Inkassokosten zu zahlen.

Die beklagte Partei beantragt

Klageabweisung.

Die beklagte Partei ist der Ansicht, der Vertrag habe mit Ablauf der Mindestlaufzeit zum 31.3.2003 geendet. Eine Vertragsverlängerung sei nicht erfolgt, da die entsprechende Klausel im Mitgliedschaftsvertrag unwirksam sei.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Beweis wurde nicht erhoben.

Entscheidungsgründe


Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Klagepartei steht kein Anspruch auf Zahlung von Mitgliedschaftsentgelt über dem 31.3.2003 hinaus zu, da sich der Mitgliedschaftsvertrag nicht automatisch verlängert hat, weil die entsprechende Klausel in den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klagepartei unwirksam ist.

1. Der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag sieht eine sechsmonatige Grundlaufzeit vor. Ausweislich des Vertrages (Anlage K 1) begann die Mitgliedschaft am 1.10.2002, endete somit mit Ablauf des 31.3.2003. Bis zu diesem Zeitpunkt sind die Mitgliedschaftsbeiträge unstreitig bezahlt.

Ein befristetes Vertragsverhältnis endet grundsätzlich mit Zeitablauf. Etwas anderes gilt nur dann, wenn durch Gesetz oder Vertrag wirksam etwas anderes bestimmt ist.

Hier ist im Vertrag vom 7.9.2002 geregelt, dass sich die Nutzungsberechtigung "jeweils automatisch um 12 Monate" verlängert, "wenn sie nicht mit einer Frist von acht Wochen schriftlich gekündigt wird".

Bei dieser Regelung handelt es sich ersichtlich um allgemeine Geschäftsbedingungen. Der gegenteilige Vortrag der Klagepartei ist abwegig.

Diese Regelung ist unwirksam, da sie den Kunden des Verwenders unangemessen benachteiligt (§ 9 Abs. 1 AGB-Gesetz, § 307 Abs. 1 BGB).

Die unangemessene Benachteiligung im vorliegenden Fall ergibt sich aus zwei Gründen:

a) Die Parteien haben lediglich eine 6-monatige Grundlaufzeit gewählt. Bei dieser Ausgangslage einen Verlängerungszeitraum von doppelter Länge vorzusehen, benachteiligt den Gegner des Verwenders der Klausel unangemessen.

Grundsätzlich begegnen einer Verlängerung um 12 Monate als solcher keine durchgreifende AGB-rechtlichen Bedenken (vgl. BGH NJW 1997, 739), jedoch gilt dies insbesondere dann, wenn die Primärlaufzeit jedenfalls so lang war, wie der Verlängerungszeitraum.

Hier betrug die ursprüngliche Laufzeit nach dem Vertrag lediglich sechs Monate und brachte damit den Willen der Parteien, sich im vergleich zu dem Verlängerungszeitraum lediglich kurzfristig zu binden, zum Ausdruck. Ein Verlängerungszeitraum in doppelter Länge des Ursprungs Zeitraums benachteiligt den Kunden unangemessen und macht die Klausel unwirksam.

b) Die Klausel benachteiligt den Gegner des Verwenders darüber hinaus aufgrund des bestehenden Missverhältnisses zwischen der Länge des Ursprungszeitraums von sechs Monaten und der Dauer der Kündigungsfrist von acht Wochen.

Diese Regelung ergibt, dass bereits nach Ablauf von lediglich 2/3 der Primärlaufzeit seitens des Kunden entschieden werden müsste, ob er das Vertragsverhältnis kündigt oder fortlaufen lassen möchte. Im Hinblick darauf, dass er Ursprungszeitraum auch der Willensbildung und Überprüfung, ob der Vertrag fortgesetzt werden soll, dient, ist die Verkürzung dieses Zeitraums, bis zu der eine Kündigung ausgesprochen werden müsste um 1/3, eine unangemessene Benachteiligung des Kunden. Da eine geltungserhaltende Reduktion der Klausel nicht in Betracht kommt, ist die Verlängerungsklausel vollständig unwirksam.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 11, 713 ZPO, die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 3 ZPO, 25 Abs. 2 GKG.

Die Zulassung der Berufung folgt aus § 511 Abs. 4 ZPO.

Rechtsgebiete

Verbraucherschutzrecht