Prozess Andreas Türk: Keine Geldentschädigung für Ex-Freund der angeblich Vergewaltigten
Gericht
AG Frankfurt a.M.
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
17. 03. 2006
Aktenzeichen
32 C 3304/05 - 84
Ein Anspruch auf Geldentschädigung wegen einer Bildnisveröffentlichung setzt voraus, dass sich diese als schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts darstellt und sich die behauptete Beeinträchtigung nicht auf andere Weise befriedigend ausgleichen lässt.
Die Veröffentlichung eines bei alltäglicher Begebenheit mit Zustimmung des Abgebildeten aufgenommenen Bildnisses in Zusammenhang mit einem Bericht über ein gegen Dritte geführtes Strafverfahren bedeutet als solche keine schwerwiegende Persönlichkeitsverletzung.
Dies gilt insbesondere dann, wenn der Abgebildete nicht in Zusammenhang mit dem Gegenstand der Berichterstattung gebracht wird.
Die pauschale Behauptung durch die Bildveröffentlichung angeblich eingetretener beruflicher und persönlicher Nachteile genügt nicht den Voraussetzungen der Darlegungs- und Beweislast.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger ist als Immobilienmakler bei einer großen, anerkannten Frankfurter Immobiliengesellschaft tätig. Die Beklagte veröffentlichte in der Ausgabe ... auf Seite 28 ein Foto, welches den Kläger zusammen mit "Kathi B.", seiner ehemaligen Lebensgefährtin, in einer Diskothek zeigt. Gegenstand der Berichterstattung sind Umstände und Hintergründe um den Vergewaltigungsprozess gegen den Fernsehmoderator ..., dem vorgeworfen worden war, besagte Kathi B. vergewaltigt zu haben und von diesem Vorwurf freigesprochen worden ist. Dem Artikel ist unter anderem zu entnehmen, dass Kathi B. Konsumentin von harten Drogen, wie Kokain und Speed gewesen ist. Bezüglich der Einzelheiten wird auf den Artikel, Bl. 43 d.A. verwiesen. Auf dem Foto befindet sich neben dem Kläger und Kathi B., die nicht unkenntlich gemacht worden sind, zwischen beiden noch eine dritte Person, die mit einem schwarzen Balken anonymisiert worden ist. Alle drei Personen posieren augenfällig für das Foto, das mit Zustimmung des Klägers aufgenommen worden ist. In der Bildüberschrift heißt es: "PARTY-PEOPLE Kathi B. (r.) mit Ex-Freund Oliver G. und einer Freundin". Bezüglich der Einzelheiten wird auf das Bild (Bl. 10 d.A.) verwiesen. Der Kläger gab zu keinem Zeitpunkt seine Einwilligung in die Veröffentlichung des Fotos. Mit Schreiben vom 2.9.2005 forderte der Kläger die Beklagte auf, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Ziffer 3 der Erklärung enthielt die Geltendmachung eines Geldausgleichs in Höhe von mindestens 3.000 Euro. Hinsichtlich des Inhalts der Erklärung im Einzelnen wird auf Bl. 11/12 d.A. verwiesen. Mit Schreiben vom 7.9.2005 teilten die Beklagtenvertreter mit, dass die Beklagte die Veröffentlichung unterlassen werde. Die Übernahme einer Vertragsstrafe lehnten sie indes ab, da die Veröffentlichung keinerlei Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht des Klägers habe.
Der Kläger behauptet, er habe bereits mehrfach negatives Feedback in Bezug auf das veröffentlichte Foto und die damit verbundene Verstrickung in die "Affäre ..." erfahren. Aufgrund der Abbildung seien ihm berufliche Nachteile entstanden. Insbesondere der Freispruch des Moderators ... habe am Ende eine besonders negative Publicity ausgelöst durch das gemeinsame Foto des Klägers und Frau Kathi B. Hierfür bietet der Kläger zum Beweis das Zeugnis des N.N. an. Der Kläger habe immer wieder mit abfälligen und feindseligen Bemerkungen seiner Kundschaft auf Grund dieser vermeintlichen Verbindung mit Frau Kathi B. zu kämpfen, wofür er zum Beweis seine Parteivernehmung anbietet. Der Kläger ist der Ansicht, er habe einen Anspruch auf angemessene Entschädigung für einen immateriellen Schaden gemäß § 823 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG. Die Veröffentlichung des Bildes verletze ihn schwerwiegend in seinem Persönlichkeitsrecht. Diese Verletzung könne durch eine reine künftige Unterlassung nicht befriedigend ausgeglichen werden. Die Veröffentlichung des Fotos greife in die Intimsphäre des Klägers ein, da sie die ehemals bestandene Beziehung zwischen dem Kläger und Frau Katharine B. publik gemacht und dadurch den Kläger gegen dessen Willen zum Beteiligten der Affäre um die angebliche Vergewaltigung durch ... gemacht habe.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine angemessene Geldentschädigung zu zahlen, welche sich im Bereich um 3.000,- Euro bewegt, jedoch in das Ermessen des Gerichts gestellt wird.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, die streitgegenständliche Bildveröffentlichung stelle jedenfalls nicht eine derart schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung dar, dass die Zahlung einer Geldentschädigung unabweislich wäre. Zudem sei das Vorbringen zur angeblichen Beeinträchtigung unsubstantiiert.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung eines Schmerzensgeldes aufgrund der Veröffentlichung seines Bildes. Voraussetzung eines Schmerzensgeldanspruches ist, dass sich die Bildrechtsverletzung im Sinne des § 22 KunstUrhG als schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts darstellt und sich die erlittene Beeinträchtigung nicht auf andere Weise befriedigend ausgleichen lässt. Ob eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts gegeben ist, die die Zahlung einer Entschädigung erfordert, hängt insbesondere von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, also von dem Ausmaß der Verbreitung der rechtswidrigen Veröffentlichung, der Nachhaltigkeit und Fortdauer der Interessen- oder Rufschädigung des Verletzten, ferner von Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie von dem Grad seines Verschuldens ab (vgl. OLG Karlsruhe, NJW-RR 1990, 1328 ff. m.w.N.). Zwar wurde hier das Bild des Klägers in einer auflagenstarken Publikumszeitschrift veröffentlicht und dies in einem Kontext mit der Berichterstattung über einen öffentlichkeitsträchtigen Vergewaltigungsprozess, in der unter anderem über den Drogenkonsum sowie die psychischen Probleme des vermeintlichen Vergewaltigungsopfers, der Exfreundin des Klägers, berichtet wurde. Jedoch zeigt das Bild den Kläger bei einer normalen alltäglichen Begebenheit bei einem Diskothekenbesuch. Das Bild wurde mit seiner Zustimmung aufgenommen, wobei er nicht in hiesige Veröffentlichung eingewilligt hatte. Über den Hinweis, dass der Kläger der Ex-Freund der Kathi B. ist, hinaus wird er mit dem Vergewaltigungsprozess nicht in einen Zusammenhang gebracht. Allein dieser Hinweis, der entgegen der Ansicht des Klägers keinen Eingriff in seine Intimsphäre darstellt, ist nicht geeignet, seinen Ruf derart nachhaltig zu schädigen, dass von einer schwerwiegenden Verletzung des Persönlichkeitsrechts auszugehen sein könnte. Überdies trägt der Kläger auch eine derartige Schädigung nicht vor. Er behauptet pauschal, es seien ihm berufliche Nachteile als Immobilienmakler entstanden, ohne diese näher darzulegen. Auch der weitere Hinweis, er habe mit abfälligen und feindseligen Bemerkungen seiner Kundschaft zu kämpfen, lässt eine Mitteilung des Inhalts und des Ausmaßes dieser behaupteten Bemerkungen vermissen. Zudem lägen auch die Voraussetzungen einer Parteivernahme des Klägers nach den §§ 447, 448 ZPO zum Beweis dieser streitigen Behauptung nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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