BGH Urteil wegen Untreue bei Mannesmann Abfindungen
Gericht
BGH
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
21. 12. 2005
Aktenzeichen
3 StR 470/04
Bewilligt der Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft für eine erbrachte dienstvertraglich geschuldete Leistung einem Vorstandsmitglied nachträglich eine zuvor im Dienstvertrag nicht vereinbarte Sonderzahlung, die ausschließlich belohnenden Charakter hat und dem Unternehmen keinen zukunftsbezogenen Nutzen bringt (kompensationslose Anerkennungsprämie), liegt hierin eine treupflichtwidrige Schädigung des anvertrauten Gesellschaftsvermögens.
Die zur Erfüllung des Tatbestandes der Untreue erforderliche Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht muss auch bei unternehmerischen Entscheidungen eines Gesellschaftsorgans nicht zusätzlich "gravierend" sein (Klarstellung zu BGHSt 47, 148 und 187).
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des
Landgerichts Düsseldorf vom 22. Juli 2004 wird
1. das Verfahren im Fall II. 6. der Urteilsgründe ("TOPP-200-
Beschluss") eingestellt; im Umfang der Einstellung fallen die
Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Angeklagten
der Staatskasse zur Last;
2. das vorgenannte Urteil in den weiteren Fällen mit den Feststellungen
aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des
Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Die Staatsanwaltschaft hat den Angeklagten Prof. Dr. Funk, Dr. Ackermann,
Zwickel und L. mit der Anklage vorgeworfen, als Mitglieder des
Aufsichtsratsausschusses für Vorstandsangelegenheiten (Präsidium) der früheren
Mannesmann AG im engen zeitlichen Zusammenhang mit deren Übernahme
durch das britische Telekommunikationsunternehmen Vodafone Airtouch
plc (im folgenden: Vodafone) durch Zuerkennung freiwilliger Sonderzahlungen
und Abgeltung von Pensionsansprüchen Untreue zum Nachteil der Mannesmann AG begangen zu haben. Die Angeklagten Dr. Esser - damals Vorstandsvorsitzender
- und Dr. D. - damals Leiter der für die Betreuung der aktiven
Vorstandsmitglieder zuständigen Abteilung - sollen mehrere der Taten durch die
Vorbereitung von Beschlüssen und deren Umsetzung unterstützt haben. Den
an den Entscheidungen beteiligten Präsidiumsmitgliedern soll bewusst gewesen
sein, dass die Sonderzahlungen, die als Anerkennungsprämien für in der Vergangenheit
erbrachte besondere Leistungen bezeichnet wurden, tatsächlich
bezweckt hätten, die freundliche Übernahme durch Vodafone zu fördern und
die Empfänger unrechtmäßig zu bereichern.
Das Landgericht hat alle Angeklagten freigesprochen. Dagegen wendet
sich die Revision der Staatsanwaltschaft mit der Rüge der Verletzung formellen
und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel führt im Fall II. 6. der Urteilsgründe
("TOPP-200-Beschluss") zur Einstellung des Verfahrens, in den übrigen Fällen
zur Aufhebung der Freisprüche.
A. Anerkennungsprämien für den Vorstandsvorsitzenden Dr. Esser und
vier weitere Vorstandsmitglieder
I. Zur Übernahme der Mannesmann AG durch Vodafone und zu den Beschlüssen
über die Anerkennungsprämien hat das Landgericht folgende Feststellungen
getroffen:
Ab November 1999 versuchten der Angeklagte Dr. Esser und seine Mitarbeiter
eine Übernahme der Mannesmann AG durch Vodafone abzuwehren
und deren wirtschaftliche Selbständigkeit zu erhalten. Nach einem harten Übernahmekampf
kam es Anfang Februar 2000 zu einer Einigung der Vertreter beider Unternehmen über die Bedingungen einer einvernehmlichen Übernahme,
nachdem ein verbessertes Umtauschverhältnis für die Aktien der Mannesmann
AG erzielt worden war. Bis zum 4. Februar 2000 wurden von den Aktionären
21 %, bis zum 28. Februar 2000 90,2 % und bis zum 29. März 2000 98,66 %
des Grundkapitals der Mannesmann AG in Aktien von Vodafone umgetauscht.
Die Aktionäre, die keinen freiwilligen Aktienumtausch vorgenommen hatten,
wurden im Jahre 2002 abgefunden. Danach war Vodafone Alleininhaberin aller
Aktien der Mannesmann AG, die anschließend in die Vodafone Holding GmbH
umgewandelt wurde.
Kurz nach der Entscheidung über die einvernehmliche Übernahme befasste
sich das bis Mitte April 2000 aus den Angeklagten Prof. Dr. Funk,
Dr. Ackermann, Zwickel und L. bestehende Präsidium der Mannesmann
AG, das bei einer Beteiligung von mindestens drei Mitgliedern beschlussfähig
war und mit der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen entschied, mit
der Zuerkennung freiwilliger Anerkennungsprämien ("appreciation awards") an
den Vorstandsvorsitzenden Dr. Esser, vier weitere Vorstandsmitglieder und den
früheren Vorstandsvorsitzenden Prof. Dr. Funk. Dem lag ein Vorschlag der Hutchison
Whampoa Ltd zugrunde, die als Großaktionärin 10 % des Grundkapitals
der Mannesmann AG hielt. Die Geschäftsleitung von Vodafone hatte ihr Einverständnis
erklärt.
Die Anerkennungsprämie für den Angeklagten Dr. Esser in Höhe von ca.
16 Mio. € (10 Mio. GBP), die er zusätzlich zu vertraglich vereinbarten Abfindungen
von knapp 15 Mio. € wegen seines Ausscheidens als Vorstandsvorsitzender
der Mannesmann AG und neben weiteren 2 Mio. € zur Abgeltung verschiedener
Sachansprüche erhielt, wurde am 4. Februar 2000 von den bei der Präsidiumssitzung
anwesenden Angeklagten Prof. Dr. Funk und Dr. Ackermann vereinbart. Sie wollten damit insbesondere die Verdienste des Angeklagten Dr. Esser
für die Mannesmann AG als Finanzvorstand im Zeitraum 1994 bis Ende Mai
1999 und als Vorstandsvorsitzender seit Ende Mai 1999 im Hinblick auf die gute
Ertragslage des Unternehmens, die Steigerung des Aktien- und Unternehmenswertes
sowie die Leistungen im Übernahmekampf würdigen und angemessen
entlohnen. Der Angeklagte Zwickel nahm telefonisch an der Abstimmung teil. Er
war mit der Bewilligung der Prämie einverstanden, enthielt sich aber der Stimme,
weil er die Prämienzahlungen nicht als Angelegenheit der von ihm im
Aufsichtsrat vertretenen Arbeitnehmer betrachtete. In der Folgezeit wurde der
Beschluss vom 4. Februar 2000 durch weitere Beschlüsse sprachlich geändert
und präzisiert, ohne dass damit eine inhaltliche Veränderung verbunden war.
In der Präsidiumssitzung vom 17. Februar 2000 beschlossen die Angeklagten
Prof. Dr. Funk, Dr. Ackermann und Zwickel, der sich wiederum der
Stimme enthielt, die Gewährung von freiwilligen Anerkennungsprämien für vier
weitere Vorstandsmitglieder. Die Begünstigten, von denen zwei erst seit wenigen
Tagen dem Vorstand angehörten, sollten wegen ihrer Beiträge zum Erfolg
des Telekommunikationsbereiches der Mannesmann AG und zur Steigerung
des Unternehmenswertes - zusätzlich zu den in den Dienstverträgen vereinbarten
Bezügen - mit Zahlungen in Höhe von ca. 1,89 Mio. €, 1,38 Mio. €, 1,02
Mio. € und 770.000 € bedacht werden. Die Dauer ihrer zukünftigen Tätigkeit für
die Mannesmann AG war dabei ohne Bedeutung. Drei der vier begünstigten
Vorstandsmitglieder verließen am 31. Juli 2000 das Unternehmen.
Die an den Beschlüssen beteiligten Präsidiumsmitglieder, also die Angeklagten
Prof. Dr. Funk, Dr. Ackermann und Zwickel - der Angeklagte L.
wirkte nicht mit -, gingen bei ihren Entscheidungen davon aus, sich im Rahmen
eines ihnen insoweit eingeräumten unternehmerischen Ermessensspielraums
zu bewegen und hielten daher ihr Handeln für erlaubt. Der Angeklagte Zwickel
wusste, dass die Beschlüsse nur mit seiner Teilnahme an den Abstimmungen
zustande kommen würden, und wollte dies durch seine Stimmenthaltungen erreichen.
Die Prämien, die der Mannesmann AG keinen Vorteil brachten, wurden
in der Folgezeit an die Begünstigten ausbezahlt.
II. Auf der Grundlage dieser Feststellungen ist das Landgericht der Auffassung,
die Angeklagten Prof. Dr. Funk, Dr. Ackermann und Zwickel hätten
den Tatbestand der Untreue nicht erfüllt. Zwar hätten sie aktienrechtlich pflichtwidrig
gehandelt und die ihnen gegenüber der Mannesmann AG obliegende
Vermögensbetreuungspflicht verletzt, weil in der konkreten Situation der bereits
vereinbarten Übernahme die Anerkennungsprämien nicht im Interesse der
Mannesmann AG gelegen hätten und für ihre Bewilligung deshalb kein Ermessensspielraum
bestanden habe. Die erfolgreiche Tätigkeit der Begünstigten,
ihre Leistungen während des Übernahmekampfes und die während der Integrationsphase
noch zu bewältigenden Aufgaben seien durch die dienstvertraglich
vereinbarten Vergütungen abgegolten gewesen. Die Prämienzahlungen hätten
auch keinen Leistungsanreiz für aktive oder zukünftige Führungskräfte oder
einen sonstigen Nutzen für das Unternehmen mehr entfalten können. Jedoch
sei eine gravierende Pflichtverletzung, die bei risikoreichen unternehmerischen
Entscheidungen Voraussetzung für die Strafbarkeit wegen Untreue sei, bei einer
Gesamtschau aller maßgeblichen Umstände zu verneinen. Da bereits eine
Haupttat fehle, hätten sich die Angeklagten Dr. Esser und Dr. D nicht wegen
Beihilfe zur Untreue strafbar gemacht.
III. Dies hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Das Landgericht
hat den objektiven Tatbestand der Untreue rechtsfehlerhaft verneint.
1. Ausgehend von den Urteilsfeststellungen haben die Angeklagten Prof.
Dr. Funk, Dr. Ackermann und Zwickel durch die Zuerkennung der für die Gesellschaft
nutzlosen Anerkennungsprämien ihre Vermögensbetreuungspflicht im
Sinne des § 266 Abs. 1 StGB gegenüber der Mannesmann AG verletzt und dieser
dadurch einen Vermögensnachteil zugefügt.
a) Die Mitglieder des Präsidiums, das die Aktiengesellschaft gegenüber
den Vorstandsmitgliedern vertritt (§ 84 Abs. 1, § 87 Abs. 1 Satz 1, § 107 Abs. 3
Satz 1 und 2, § 112 AktG i. V. m. der Satzung), haben bei Entscheidungen über
die inhaltliche Ausgestaltung der Dienstverträge mit den Vorstandsmitgliedern
und über deren Bezüge eine Vermögensbetreuungspflicht, die aus ihrer Stellung
als Verwalter des für sie fremden Vermögens der Aktiengesellschaft folgt.
Nach den Vorgaben des Aktienrechts müssen sie bei allen Vergütungsentscheidungen
im Unternehmensinteresse (zu den dabei neben dem wirtschaftlichen
Erfolg der Gesellschaft zu berücksichtigenden Interessen vgl. Hüffer, AktG
6. Aufl. § 76 Rdn. 12) handeln, insbesondere den Vorteil der Gesellschaft wahren
und Nachteile von ihr abwenden (vgl. BGHZ 135, 244, 253; Hüffer, AktG §
84 Rdn. 9, § 93 Rdn. 4, 5, § 116 Rdn. 4). Das Gebot, alle Maßnahmen zu unterlassen,
die den Eintritt eines sicheren Vermögensschadens bei der Gesellschaft
zur Folge haben, gehört - ohne dass es dazu weiterer gesetzlicher oder rechtsgeschäftlicher
Regelungen bedürfte - zu den Treuepflichten, die ein ordentliches
und gewissenhaftes Präsidiumsmitglied (§ 93 Abs. 1 Satz 1, § 116 Satz 1
AktG) zwingend zu beachten hat. Diese aktienrechtliche Pflicht stellt sich im
Sinne des § 266 Abs. 1 StGB als Pflicht zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen
dar (vgl. BGHSt 47, 187, 200 f. m. w. N.).
b) Diese ihnen obliegende Vermögensbetreuungspflicht haben die Präsidiumsmitglieder
Prof. Dr. Funk, Dr. Ackermann und Zwickel verletzt.
aa) Allerdings beinhaltet nicht jede Vergütungsentscheidung des Präsidiums,
die im Ergebnis zu einer Schädigung der Aktiengesellschaft führt, eine
Pflichtverletzung. Denn auch hierbei handelt es sich um unternehmerische Führungs-
und Gestaltungsaufgaben, für die in der Regel ein weiter Beurteilungs-
und Ermessensspielraum eröffnet ist. Die Anerkennung eines solchen weiten
Handlungsspielraums findet ihre Rechtfertigung darin, dass unternehmerische
Entscheidungen regelmäßig aufgrund einer zukunftsbezogenen Gesamtabwägung
von Chancen und Risiken getroffen werden müssen, die wegen ihres
Prognosecharakters die Gefahr erst nachträglich erkennbarer Fehlbeurteilungen
enthält. Deshalb ist eine Pflichtverletzung nicht gegeben, solange die
Grenzen, in denen sich ein von Verantwortungsbewusstsein getragenes, ausschließlich
am Unternehmenswohl orientiertes, auf sorgfältiger Ermittlung der
Entscheidungsgrundlagen beruhendes unternehmerisches Handeln bewegen
muss, nicht überschritten sind (vgl. BGHZ 135, 244, 253 f.; 111, 224, 227;
BGHSt 46, 30, 34 f.; 47, 148, 149 f.; 47, 187, 192).
bb) Soweit es um die Bewilligung nachträglicher Sonderzahlungen für
dienstvertraglich geschuldete Leistungen geht, gilt:
(1) Ist im Dienstvertrag vereinbart, dass eine an den Geschäftserfolg
gebundene einmalige oder jährlich wiederkehrende Prämie als variabler Bestandteil
der Vergütung (vgl. die Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance
Kodex 4.2.3.) bezahlt wird, darf sie nach Ablauf des Geschäftsjahres
nachträglich zuerkannt werden. Der weite Beurteilungs- und Ermessensspielraum
der Präsidiumsmitglieder ist als Ausfluss ihrer Vermögensbetreuungspflicht
nur insoweit eingeschränkt, als die Gesamtbezüge des bedachten Vorstandsmitglieds
gemäß § 87 Abs. 1 Satz 1 AktG in einem angemessenen Verhältnis
zu seinen Aufgaben und zur Lage der Gesellschaft stehen müssen (vgl.
zu den Maßstäben des Angemessenheitsgebots Fleischer DStR 2005, 1279,
1280 ff., 1321).
(2) Auch bei fehlender Rechtsgrundlage im Dienstvertrag ist die Bewilligung
einer nachträglichen Anerkennungsprämie zulässig, wenn und soweit dem
Unternehmen gleichzeitig Vorteile zufließen, die in einem angemessenen Verhältnis
zu der mit der freiwilligen Zusatzvergütung verbundenen Minderung des
Gesellschaftsvermögens stehen. Dies kommt insbesondere in Betracht, wenn
die freiwillige Sonderzahlung entweder dem begünstigten Vorstandsmitglied
selbst oder zumindest anderen aktiven oder potentiellen Führungskräften signalisiert,
dass sich außergewöhnliche Leistungen lohnen, von ihr also eine für das
Unternehmen vorteilhafte Anreizwirkung ausgeht. Unter dem Gesichtspunkt
einer Anreizwirkung für Dritte erscheint die Zuwendung einer freiwilligen Anerkennungsprämie
auch an ein Vorstandsmitglied denkbar, das demnächst aus
der Gesellschaft ausscheidet (vgl. Hefermehl/Spindler in MünchKomm-AktG
2. Aufl. § 87 Rdn. 15; Rönnau/Hohn NStZ 2004, 113, 119 f.; Fleischer aaO
1320 f.). In all diesen Fällen wird aber dem Angemessenheitsgebot des § 87
Abs. 1 Satz 1 AktG besondere Bedeutung zukommen. Welche Grenzen sich
daraus für die Höhe einer Prämie ergeben, entzieht sich generalisierender Betrachtung
und bedarf hier angesichts der Besonderheiten des zu entscheidenden
Falles keiner näheren Erörterung.
(3) Eine im Dienstvertrag nicht vereinbarte Sonderzahlung für eine geschuldete
Leistung, die ausschließlich belohnenden Charakter hat und der Gesellschaft
keinen zukunftsbezogenen Nutzen bringen kann (kompensationslose
Anerkennungsprämie), ist demgegenüber als treupflichtwidrige Verschwendung
des anvertrauten Gesellschaftsvermögens zu bewerten (vgl. Roth, Unternehmerisches
Ermessen und Haftung des Vorstands 2001, 108 f.; Rönnau/Hohn aaO
113, 120 ff.; Fastrich in FS für Heldrich 2005 S. 143, 157 ff.). Sie ist bereits dem
Grunde nach unzulässig, ohne dass es auf die Frage ankommt, ob die Gesamtbezüge
des begünstigten Vorstandsmitglieds unter Einschluss der Sonderzahlung
nach den Grundsätzen des § 87 Abs. 1 Satz 1 AktG der Höhe nach
noch als angemessen beurteilt werden könnten.
cc) Die in der aktienrechtlichen Literatur demgegenüber vertretene Meinung,
eine freiwillige Sonderzahlung sei zur Belohnung einer in der Vergangenheit
erbrachten besonderen Leistung - unabhängig von einer Anreizwirkung
oder einem sonstigen für die Gesellschaft eintretenden Vorteil - generell zulässig,
wenn die Gesamtvergütung des Begünstigten den Grundsätzen über die
Höhe der Bezüge der Vorstandsmitglieder nach § 87 Abs. 1 Satz 1 AktG entspreche
(vgl. Hüffer Beilage 7 zu BB 2003, 18 ff.; Mertens, Rechtsgutachten zu
Fragen der Vergütung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft, 10 ff.;
Baums, Anerkennungsprämien für Vorstandsmitglieder, Johann Wolfgang Goethe-
Universität Frankfurt am Main, Institut für Bankrecht Nr. 121, 2 ff.; Fonk
NZG 2005, 248 ff.; Liebers/Hoefs ZIP 2004, 97 ff.; Hoffmann-Becking ZHR 169
(2005), 155, 161 ff.; Kort NJW 2005, 333 ff.), vermag nicht zu überzeugen.
Soweit diese Auffassung damit begründet wird (vgl. Hüffer Beilage 7 zu
BB 2003, 20 ff.; Mertens aaO 65 ff.; Baums aaO 9 ff.), das Unternehmensinteresse
führe nur im Falle der Gefährdung von Bestand und Rentabilität des Unternehmens
zu bestimmten Handlungsge- und -verboten, sei aber im Übrigen
wegen der Besonderheiten des Aktienrechts ein unverbindlicher Leitgedanke,
der lediglich die Abwägung aller relevanten Gesichtspunkte erfordere, wird dies
der Treuepflicht der Präsidiumsmitglieder als Verwalter fremden Vermögens
nicht gerecht (vgl. Fastrich aaO 157 ff.). Sie höhlt letztlich den Inhalt der Vermögensbetreuungspflicht
für Organmitglieder einer Aktiengesellschaft in einer
Weise aus, wie es bisher für keinen sonstigen Fall vermögensrechtlicher
Treuebeziehungen ernsthaft erwogen worden ist. Das Unternehmensinteresse
ist bei unternehmerischen Entscheidungen als verbindliche Richtlinie anerkannt
(vgl. BGHZ 135, 244; BGHSt 46, 30; 47, 187). Der allgemeine Grundsatz des
Zivilrechts, dass derjenige, der fremdes Vermögen zu betreuen hat, ausschließlich
und uneingeschränkt im Interesse des Vermögensinhabers handeln muss
und das anvertraute Vermögen nicht nutzlos hingeben darf, gilt auch im Aktienrecht.
Er lässt sich auch dem inzwischen durch das Gesetz zur Unternehmensintegrität
und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) vom 22. September
2005 (BGBl. I S. 2802 Nr. 60) eingeführten § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG nF
i. V. m. § 116 Satz 1 AktG entnehmen, nach dem eine Pflichtverletzung nicht
vorliegt, wenn das Präsidiumsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung
vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener
Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Damit unterscheiden sich
die Befugnisse der fremdes Vermögen verwaltenden Präsidiumsmitglieder von
den Möglichkeiten des Einzelunternehmers, dem es unbenommen bleibt, einem
verdienten Mitarbeiter aus seinem Betriebsvermögen auch dann eine freiwillige
Sonderzahlung zuzuwenden, wenn hierdurch dem Unternehmen kein Vorteil
erwächst.
Die Zulässigkeit einer kompensationslosen Anerkennungsprämie kann
auch nicht damit begründet werden, ihr liege eine einvernehmliche Abänderung
des Dienstvertrages zugrunde. Die Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht
besteht bei diesem Ansatz nämlich gerade in der freiwilligen Änderung des
Dienstvertrages (vgl. Rönnau/Hohn aaO 113, 120; Martens ZHR 169 (2005),
124, 133 ff.). Dies gilt unabhängig davon, ob die Vertragsänderung wirksam ist
oder nicht. Ebenso wenig lässt sich die Zulässigkeit einer kompensationslosen
Anerkennungsprämie auf § 87 Abs. 1 Satz 1 AktG (Gehalt oder ... Nebenleis-
tungen jeder Art) stützen. Denn diese Vorschrift regelt lediglich die Höhe der
Bezüge (vgl. Baums aaO 3 ff.) und sagt nichts über die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit
der Sonderzahlung im Hinblick auf die Vermögensbetreuungspflicht
der Präsidiumsmitglieder aus.
Auch der Einwand, dass eine besonders erfolgreiche Tätigkeit nachträglich
besser beurteilt werden könne als bei Abschluss des Dienstvertrages, verfängt
nicht. Zum einen stehen bereits bei Abschluss des Dienstvertrages vielfältige
Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung, um eine leistungsgerechte Vergütung
des Vorstandsmitglieds sicherzustellen. Zum anderen ist der Erfolg einer
geschuldeten Tätigkeit für sich allein kein rechtfertigender Grund, das im ursprünglichen
Dienstvertrag von den Parteien als angemessen bewertete Verhältnis
von Leistung und Gegenleistung nachträglich einseitig zum Nachteil der
Gesellschaft abzuändern (vgl. Martens aaO 124, 128 ff.), die umgekehrt das
Vertragsrisiko auch dann zu tragen hat, wenn der Vorstand die in ihn gesetzten
Erwartungen nicht erfüllt.
Aus dem Vergleich mit einer Ermessenstantieme kann die aktienrechtliche
Zulässigkeit einer kompensationslosen Anerkennungsprämie ebenfalls
nicht gefolgert werden. Denn die Ermessenstantieme, die entsprechend einer
dienstvertraglichen Regelung nach Ablauf des Geschäftsjahres bezahlt und deren
Höhe nach pflichtgemäßem Ermessen vom Präsidium oder seinem
Vorsitzenden festgesetzt wird, zeichnet sich gerade dadurch aus, dass sich für
sie im Dienstvertrag eine Anspruchsgrundlage findet und deshalb von ihr
regelmäßig eine Anreizwirkung ausgeht, besondere Leistungen zu erbringen.
Entgegen der Meinung der Verteidigung ergibt sich die "normative Legitimation"
einer kompensationslosen Anerkennungsprämie auch nicht aus der
neueren Gesetzgebung. Entsprechendes kann weder dem Gesetz zur Kontrolle
und Transparenz im Unternehmensbereich (KontraG) vom 27. April 1998
(BGBl. I S. 786), dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG) vom
20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3822) oder dem Gesetz zur Unternehmensintegrität
und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) vom 22. September
2005 (BGBl. I S. 2802 Nr. 60) entnommen werden. Dasselbe gilt für die
Ziffern 4.2.2. und 4.2.3. des Deutschen Corporate Governance Kodex, der lediglich
Empfehlungen zur inhaltlichen Ausgestaltung von Dienstverträgen mit
Vorstandsmitgliedern gibt, sich aber nicht zur Zulässigkeit einer nachträglichen
kompensationslosen Anerkennungsprämie verhält.
dd) Aus alledem folgt hier:
Nach den Urteilsfeststellungen waren die Sonderzahlungen in der konkreten
Situation der beschlossenen Übernahme, die durch den bevorstehenden
Verlust der wirtschaftlichen Selbständigkeit, das sich abzeichnende Ausscheiden
der Führungskräfte und eine neue Unternehmensstrategie entsprechend
den Vorgaben von Vodafone gekennzeichnet war, für die Mannesmann AG ohne
jeden Nutzen. Die Leistungen der bedachten Vorstandsmitglieder waren,
auch soweit sie zu erheblichen Steigerungen des tatsächlichen Unternehmenswertes
sowie des von spekulativen Gesichtspunkten mit beeinflussten Börsenwertes
geführt hatten, durch die dienstvertraglich vereinbarten Vergütungen
abgegolten. Nach den Dienstverträgen waren diese verpflichtet, ihre gesamte
Arbeitskraft uneingeschränkt für die Mannesmann AG einzusetzen. Dies gilt
auch für die Aktivitäten während des Übernahmekampfes und der bevorstehenden
Integrationsphase. Eine Anreizwirkung für die Begünstigten, für andere aktive
Vorstandsmitglieder oder potentielle zukünftige Führungskräfte konnte von
den Sonderzahlungen nicht mehr ausgehen. Diese waren insbesondere nicht
geeignet, die vier Vorstandsmitglieder als Leistungsträger zukünftig an das Unternehmen
zu binden. Auch das Ansehen der Mannesmann AG in der Öffentlichkeit
wurde durch die Anerkennungsprämien nicht gefördert. Ein Interesse
der Gesamtheit der Aktionäre, der Gesellschaftsgläubiger, der Arbeitnehmer
oder der Öffentlichkeit, das bei der Frage, ob die Präsidiumsmitglieder bei der
Zuerkennung der Anerkennungsprämien im Unternehmenswohl handelten, mit
zu berücksichtigen wäre (vgl. Hüffer, AktG 6. Aufl. § 76 Rdn. 12), lag nicht vor.
Insbesondere waren die freiwilligen Sonderzahlungen auch von keinem Nutzen
für die Aktionäre, weil die Steigerung des Börsenwertes - von den Anerkennungsprämien
unabhängig - bereits eingetreten und das Umtauschverhältnis für
die Aktien festgelegt war.
Da somit die Anerkennungsprämien das Vermögen der Mannesmann AG
ohne Kompensation minderten, durften die Präsidiumsmitglieder diese nicht
bewilligen. Ein Handlungsspielraum war ihnen nicht eröffnet. Daher haben die
Angeklagten Prof. Dr. Funk, Dr. Ackermann und Zwickel im Sinne des § 266
Abs. 1 StGB ihre Vermögensbetreuungspflicht verletzt und dadurch der Gesellschaft
in Höhe der gezahlten Prämien einen Nachteil zugefügt. Dabei kann offen
bleiben, welche der beiden Tatbestandsvarianten des § 266 Abs. 1 StGB
- Missbrauchs- oder Treubruchstatbestand - verwirklicht worden ist, was davon
abhängt, ob die Zuwendungen zivilrechtlich wirksam sind oder nicht (vgl.
Lenckner/Perron in Schönke/Schröder, 25. Aufl. § 266 Rdn. 17 m. w. N.). Denn
die verletzte Pflicht zur Betreuung fremden Vermögens ist für beide Tatbestandsalternativen
identisch; der Missbrauchstatbestand ist lediglich ein Spezialfall
des umfassenderen Treubruchstatbestandes (vgl. BGHSt 24, 386, 387 f.;
47, 187, 192; BGH NJW 1984, 2539, 2540).
Soweit die Verteidigung versucht, die den Senat bindenden Feststellungen
des Landgerichts durch Angriffe gegen die Beweiswürdigung in Zweifel zu
ziehen, erschöpfen sich ihre Ausführungen weitgehend in einer eigenen Beweiswürdigung.
Damit kann sie im Revisionsverfahren nicht gehört werden.
Selbst wenn sie insoweit Rechtsfehler aufzeigen würde, könnte dies nicht dazu
führen, dass der Senat eigene Feststellungen trifft, die die Freisprüche rechtfertigen
könnten. Auch die vom Landgericht aus diesen Feststellungen gezogenen
aktienrechtlichen Wertungen sind - entgegen der Auffassung der Verteidigung -
nicht zu beanstanden.
c) Das von der Geschäftsleitung der Übernehmerin Vodafone erklärte
Einverständnis mit den Prämien steht der Annahme einer Pflichtverletzung nicht
entgegen.
Da der Untreuetatbestand den Zweck hat, das dem Treupflichtigen anvertraute
fremde Vermögen zu schützen (vgl. BGHSt 43, 293, 297), ist die
Vermögensbetreuungspflicht des § 266 Abs. 1 StGB in der Regel nicht verletzt,
wenn der Vermögensinhaber sein Einverständnis mit der Vermögensschädigung
erklärt hat (vgl. BGHSt 3, 23, 25; siehe auch BGHSt 9, 203, 216, wonach
die Rechtswidrigkeit entfällt; offen gelassen in BGHSt 30, 247, 249). Bei einer
Aktiengesellschaft ist Voraussetzung für ein strafrechtlich bedeutsames Einverständnis
mit einer kompensationslosen Anerkennungsprämie, dass es entweder
von dem Alleinaktionär oder von der Gesamtheit der Aktionäre durch einen Beschluss
der Hauptversammlung über die Verwendung des Bilanzgewinns (§ 58
Abs. 3 Satz 1, § 174 Abs. 1 Satz 1 AktG, vgl. Kropff in MünchKomm-AktG
2. Aufl. § 174 Rdn. 32) erteilt worden ist, nicht gegen Rechtsvorschriften verstößt
oder aus sonstigen Gründen ausnahmsweise als unwirksam zu bewerten
ist (vgl. BGHSt 35, 333, 335 ff.; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 23, 37).
Das Einverständnis von Vodafone mit den Sonderzahlungen lässt schon
deshalb eine Untreue nicht entfallen, weil es an der erforderlichen Zustimmung
aller Anteilseigner der Mannesmann AG oder der diese repräsentierenden
Hauptversammlung fehlt. Die Mannesmann AG, der gegenüber die Präsidiumsmitglieder
vermögensbetreuungspflichtig waren, war als juristische Person
rechtlich selbständig und Inhaberin eines eigenen Vermögens, das allen Aktionären
in ihrer Gesamtheit zustand. Ein Einverständnis aufgrund eines Beschlusses
der Hauptversammlung lag nach den Feststellungen nicht vor. Die
Übernehmerin Vodafone, die im Zeitpunkt der Zustimmung am 3. Februar 2000
lediglich 9,8 % des Grundkapitals hielt und im Zeitpunkt der Prämienauszahlungen
Ende März 2000 mit 98,66 % des Grundkapitals nur Mehrheitsaktionärin
war, wurde erst im Jahre 2002 nach Abfindung der übrigen Aktionäre alleinige
Inhaberin der Mannesmann AG. Dies reicht für ein rechtlich wirksames Einverständnis
in die Vermögensschädigung nicht aus, weil ein solches vor der Tat
erteilt worden sein muss (vgl. Lenckner in Schönke/Schröder aaO vor § 32 Rdn.
44; Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. vor § 32 Rdn. 3 b). Das Einverständnis eines
zukünftigen Alleinaktionärs ist somit für den Schuldspruch ohne Bedeutung,
kann aber - je nach den Umständen - als den Unrechtsgehalt erheblich mindernder
Faktor die Strafzumessung beeinflussen.
2. Soweit die Strafkammer meint, bei risikoreichen unternehmerischen
Entscheidungen setze die Annahme einer tatbestandsmäßigen Untreue zusätzlich
eine "gravierende" Pflichtverletzung voraus, die hier nach einer Gesamtschau
vor allem im Hinblick auf die gute Ertrags- und Vermögenslage der Mannesmann
AG, die Wahrung innerbetrieblicher Transparenz, die ausreichende
Kenntnis der Präsidiumsmitglieder von den maßgeblichen Entscheidungsgrundlagen
sowie auf das Fehlen sachwidriger Motive zu verneinen sei, kann dem
nicht gefolgt werden.
Für ihre Meinung hat sich die Strafkammer auf zwei Urteile des 1. Strafsenats
des Bundesgerichtshofs (BGHSt 47, 148, 149 f., 152; 47, 187, 197 f.)
gestützt, aus denen auch Teile der Literatur (vgl. Dierlamm StrafFo 2005, 397,
402 f.; Wollberg ZIP 2004, 646, 656 f.; Braum KritV 2004, 67, 76 f.)
entsprechende Folgerungen ableiten. Eine nähere Analyse dieser Urteile erweist
indes, dass auch der 1. Strafsenat bei risikobehafteten unternehmerischen
Entscheidungen keineswegs eine gravierende Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht
verlangt. Im Übrigen läge, selbst wenn man eine solche
Auslegung für geboten halten wollte, die Voraussetzung einer risikobehafteten
Entscheidung hier nicht vor.
a) In dem Urteil BGHSt 47, 148, das sich mit der Frage strafbarer Untreue
durch die Vergabe von Krediten befasst, stellt der 1. Strafsenat fest, dass
die Annahme, die Entscheidungsträger hätten bei der Gewährung eines später
Not leidend gewordenen Kredits ihre Vermögensbetreuungspflicht gegenüber
dem Kreditinstitut verletzt, nicht schlicht darauf gestützt werden könne, dass
einzelne der banküblichen Informations- und Prüfungspflichten - wie im dort
gegebenen Fall - nicht eingehalten worden seien. Für die Pflichtverletzung im
Sinne des Untreuetatbestandes sei - so die Entscheidung wörtlich - "maßgebend,
ob die Entscheidungsträger … ihre Informations- und Prüfungspflichten
bezüglich der wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditnehmers gravierend verletzt
haben" (BGHSt 47, 148, 150). Danach bezieht sich das Merkmal "gravierend"
nicht auf das Tatbestandsmerkmal der Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht.
Es ist vielmehr - sowohl nach dem Wortlaut der zitierten Wendung
als auch nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe - unmissverständlich
auf die Verletzung der Informations- und Prüfungspflicht bezogen. Mit
der Klarstellung, dass nicht die Verletzung jeder Sorgfaltspflicht bei der Entscheidungsfindung
für ein nach § 266 Abs. 1 StGB tatbestandsmäßiges Verhal-
ten ausreicht, ist aber nichts anderes zum Ausdruck gebracht als das, was nach
dem Gesetz in seiner Auslegung durch die ständige Rechtsprechung ohnehin
gilt: § 266 StGB ist nur anwendbar, wenn die in Frage stehende Maßnahme -
nach dem Ergebnis der durchgeführten und erforderlichen Prüfungen - die
Pflicht zur Wahrnehmung der Interessen des Vermögensinhabers verletzt. In
der Sache wird danach nur der in der Rechtsprechung und Literatur anerkannte
weite Beurteilungs- und Ermessensspielraum, ohne den risikobehaftete unternehmerische
Entscheidungen nicht möglich sind, für Fälle der Kreditvergabe
weiter ausgestaltet und klargestellt, dass nicht jeder Pflichtenverstoß bereits
eine Pflichtverletzung im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB begründet.
b) Auch in seinem Urteil BGHSt 47, 187, das sich mit Fragen der Untreue
durch Unternehmensspenden befasst, hat der 1. Strafsenat nicht die Auffassung
vertreten, dass im Bereich risikobehafteter unternehmerischer Entscheidungen
der Untreuetatbestand lediglich auf gravierende Verletzungen der Vermögensfürsorgepflicht
angewandt werden könne. Das kommt schon im Leitsatz
des Urteils "… genügt für die Annahme einer Pflichtwidrigkeit im Sinne des Untreuetatbestandes
des § 266 StGB nicht jede gesellschaftsrechtliche Pflichtverletzung;
diese muss vielmehr gravierend sein" deutlich zum Ausdruck und steht
nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe außer Zweifel. Anliegen
des Urteils ist es, speziell für den Bereich der Unternehmensspenden in ihren
unterschiedlichen Erscheinungsformen unter Berücksichtigung der diese Fallgruppe
prägenden Besonderheiten - insbesondere auch mit Blick darauf, dass
sich deren Werbewirkung keinesfalls exakt messen lässt und der wirtschaftliche
Nutzen für das spendende Unternehmen nicht genau bestimmt werden kann -
die Notwendigkeit eines weiten Handlungsspielraums des Entscheidungsträgers
zu betonen und Kriterien für die Beurteilung anzubieten, ob sich die Gewährung
der Spende im Einzelfall im Rahmen dieses Spielraums hält. Der Senat braucht
nicht zu entscheiden, welche Aussagekraft den vom 1. Strafsenat verwendeten
Kriterien im Einzelnen zukommt und ob ihre Zusam-menstellung insgesamt hilfreich
ist. Desgleichen bedarf es keiner Auseinandersetzung damit, ob die Problematik
der Unternehmensspenden dadurch sachgerechter gelöst werden könnte,
dass die Annahme einer strafbaren Untreue nach dem Grundsatz "in dubio
pro reo" ausscheidet, solange nur ein die Spende kompensierender Nutzen für
das Unternehmen möglich erscheint (vgl. Samson, Untreue durch Unternehmensspenden?
in Non Profit Law Yearbook 2004 S. 233, 241). Jedenfalls kann
die Verteidigung auch das Urteil BGHSt 47, 187 nicht für ihre Auffassung in Anspruch
nehmen, dass bei unternehmerischen Entscheidungen nur "gravierende"
Verletzungen der Vermögensfürsorgepflicht als tatbestandsmäßige Untreuehandlungen
in Betracht kommen.
c) Unabhängig davon, ob die Urteile des 1. Strafsenats in dem vom
Landgericht und Teilen der Literatur angenommenen Sinn verstanden werden
könnten, bieten sie für eine Verneinung des objektiven Tatbestandes hier keine
Grundlage. Die Entscheidung zur Unternehmensspende betrifft einen in keiner
Weise vergleichbaren Sachverhalt. Gegenstand des Urteils zur Kreditvergabe
ist ausschließlich eine risikobehaftete unternehmerische Prognoseentscheidung.
In diesem Fall hatten die Entscheidungsträger die Aussicht auf den möglichen
Nutzen und Vorteil der Maßnahme für das Unternehmen mit dem Risiko
eines Nachteils - Ausfall des Kredits - abzuwägen. Die Unwägbarkeiten dieser
Entscheidung sind der Grund für die Anerkennung eines Handlungsspielraums,
dessen Betonung und Ausgestaltung Anliegen des 1. Strafsenats war.
Demgegenüber standen die Angeklagten Prof. Dr. Funk, Dr. Ackermann
und Zwickel nicht in der Situation einer in dem beschriebenen Sinne risikobehafteten
Entscheidung, als sie die Bewilligung der Anerkennungsprämien zugunsten des Angeklagten Dr. Esser und der vier weiteren Vorstandsmitglieder
beschlossen. Die Zuerkennung der Prämien hatte - wie dargelegt - für das zu
betreuende Vermögen der Mannesmann AG ausschließlich nachteilige Wirkungen.
Ein im Übrigen auch nicht angestrebter, irgendwie gearteter Vorteil für die
Gesellschaft konnte unter den gegebenen Umständen - ersichtlich - nicht eintreten.
Damit bestand für die Präsidiumsmitglieder kein Handlungsspielraum. Für
solche Fallgestaltungen steht auch nach der Rechtsprechung des
1. Strafsenats außer Frage, dass die Entscheidungsträger die ihnen obliegende
Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB verletzen, ohne
dass dem Merkmal einer "gravierenden" Pflichtverletzung irgendeine Bedeutung
zukommen kann (vgl. auch BGH, Urt. vom 22. November 2005 - 1 StR 571/04).
d) Da die genannten Urteile des 1. Strafsenats der Entscheidung des erkennenden
Senats nicht entgegenstehen, ist eine Anfrage gemäß § 132 Abs. 2
und 3 GVG - abgesehen davon, dass die Ausführungen in BGHSt 47, 187, 197
zur Notwendigkeit "gravierender" gesellschaftsrechtlicher Pflichtverletzungen
nicht tragend sind - nicht veranlasst.
IV. Die Freisprüche der Angeklagten können auch nicht aus anderen
Gründen bestehen bleiben.
1. Die Feststellungen bilden keine Grundlage, um die Freisprüche wegen
eines den Vorsatz ausschließenden Tatbestandsirrtums oder eines unvermeidbaren
Verbotsirrtums aufrechtzuerhalten. Auf die zutreffende rechtliche Einordnung
einer etwaigen Fehlvorstellung kommt es daher nicht an.
a) Es fehlen tragfähige Ausführungen des Landgerichts zur subjektiven
Tatseite. Da es die Freisprüche auf das Fehlen objektiver Tatbestandsvoraussetzungen
gestützt hat, hat es - von seinem Ansatz her konsequent - den "festgestellten"
Irrtum, die vermögensbetreuungspflichtigen Präsidiumsmitglieder
hätten ihr Handeln für erlaubt gehalten, nicht durch eine Beweiswürdigung belegt.
Es bleibt daher unklar, welche tatsächlichen Umstände diesen Irrtum hervorgerufen
haben.
b) Auch der Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe, insbesondere die
Feststellungen des Landgerichts zum Irrtum der Angeklagten Dr. Ackermann
und Zwickel bei der Zuerkennung der Sonderzahlung an den Angeklagten Prof.
Dr. Funk können die fehlende Beweiswürdigung zu den Vorstellungen der Angeklagten
bei Bewilligung der Prämien für Dr. Esser und die vier weiteren Vorstandsmitglieder
nicht ersetzen. Seine Feststellung, die Präsidiumsmitglieder
Dr. Ackermann und Zwickel seien davon ausgegangen, wegen ihres unternehmerischen
Handlungsspielraums zur Bewilligung der Prämie an den Angeklagten
Prof. Dr. Funk befugt zu sein, beruht auf ihren Einlassungen, die das Landgericht
als unwiderlegbar angesehen hat. Da an die Bewertung der Einlassung
eines Angeklagten die gleichen Anforderungen zu stellen sind wie an die Beurteilung
von Beweismitteln, darf der Tatrichter diese seiner Entscheidung aber
nur dann zugrunde legen, wenn er in seine Überzeugungsbildung auch die Beweisergebnisse
einbezogen hat, die gegen die Richtigkeit der Einlassung sprechen
können (vgl. BGHSt 34, 29, 34; BGHR StPO § 261 Einlassung 6; Überzeugungsbildung
29; BGH NStZ 2002, 48). Hier hat die Strafkammer zwar die
zugunsten der Angeklagten Dr. Ackermann und Zwickel sprechenden Umstände
wie die Nichtaufnahme von Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft Düsseldorf
im Fall der Sonderzahlung an den Angeklagten Dr. Esser und den eingeholten
Rechtsrat berücksichtigt, jedoch eine Vielzahl von Indizien nicht in die
Beweiswürdigung einbezogen, die - zumindest in ihrer Gesamtheit - Zweifel an
einem Irrtum aufkommen lassen und darauf hindeuten, dass ihnen die Verletzung
der Vermögensbetreuungspflicht bewusst, jedenfalls die Rechtmäßigkeit
ihres Handelns gleichgültig war:
Die Beschlussfassungen vom 4. Februar 2000 erfolgten innerhalb kürzester
Zeit in unmittelbarer zeitlicher Nähe zur beschlossenen freundlichen
Übernahme. Der Angeklagte Zwickel nahm an den Abstimmungen telefonisch
nach einer nur kurzen mündlichen Information durch Prof. Dr. Funk teil, obwohl
keine Eilbedürftigkeit vorlag. Die Höhe der Sonderzahlung für den Angeklagten
Dr. Esser, die für den Wirtschaftsstandort Deutschland außergewöhnlich war,
wurde von den Präsidiumsmitgliedern weder näher diskutiert noch begründet,
vielmehr folgten diese dem mit der Übernehmerin Vodafone abgestimmten Vorschlag
der Großaktionärin Hutchison Whampoa Ltd, deren Interessen offensichtlich
nicht mit denen der Mannesmann AG übereinstimmten. Sie nahmen
keinen Anstoß an der von ihnen erkannten Selbstbegünstigung des Angeklagten
Prof. Dr. Funk mit Beschuss vom 4. Februar 2000, dem eine - letztendlich
nicht ausbezahlte - Prämie von ca. 4,8 Mio. € zuerkannt wurde. Bei der am
17. April 2000 beschlossenen und später ausbezahlten Anerkennungsprämie
von ca. 3 Mio. € handelten die Angeklagten Dr. Ackermann und Zwickel mit der
sachwidrigen Motivation, dem Wunsch des Prof. Dr. Funk nachzukommen, eine
sachlich nicht gerechtfertigte Sonderzahlung zu erhalten (vgl. B. I.). Der Angeklagte
Dr. Ackermann befürwortete diese Prämie, obwohl er zuvor von den
mündlich und schriftlich geäußerten Bedenken der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
KPMG zu den Sonderzahlungen für die aktiven Vorstandsmitglieder hinsichtlich
Vertragsgrundlage, Veranlassung und Größenordnung Kenntnis erhalten
hatte.
2. Der Freispruch des Angeklagten Zwickel kann nicht deshalb aufrechterhalten
werden, weil er den Sonderzahlungen nicht zugestimmt, sondern sich -
mit Rücksicht auf die von ihm zu vertretenden Arbeitnehmerinteressen - der
Stimme enthalten hat.
Angesichts der Besonderheiten der Abstimmungen besteht für den Senat
keine Notwendigkeit, sich grundsätzlich mit der strafrechtlichen Verantwortlichkeit
der einzelnen Mitglieder eines Gremiums bei Mehrheitsentscheidungen zu
befassen. Denn nach den Feststellungen wusste der Angeklagte Zwickel bei
seinen Stimmabgaben, dass sich die Angeklagten Prof. Dr. Funk und
Dr. Ackermann bereits auf die Zuerkennung der Anerkennungsprämien verständigt
hatten und dass die Beschlüsse - unabhängig von seinem eigenen Abstimmungsverhalten
- mit seiner Teilnahme an den Beschlussfassungen wirksam
würden. Ebendies wollte er auch erreichen, weil er mit deren Inhalt nach
den Urteilsfeststellungen einverstanden war. Damit hat er durch seine Stimmenthaltungen
vorsätzlich die Wirksamkeit der Beschlüsse herbeigeführt, so dass
ihm das Landgericht die Mehrheitsentscheidungen des Präsidiums zu Recht als
Mittäter zugerechnet hat (vgl. Tröndle/Fischer aaO § 25 Rdn. 19; Dencker, Mittäterschaft
in Gremien, in Amelung, Individuelle Verantwortung und Beteiligungsverhältnisse
bei Straftaten in bürokratischen Organisationen des Staates,
der Wirtschaft und der Gesellschaft, 63 ff., 70). Entgegen der Meinung der Verteidigung
kann sich der Angeklagte Zwickel nicht mit Erfolg darauf berufen, die
Beschlüsse wären mit demselben Ergebnis zustande gekommen, wenn er mit
"Nein" gestimmt hätte. Denn dieser Einwand lässt den den Sachverhalt prägenden,
für die rechtliche Einordnung wesentlichen Umstand unberücksichtigt: Die
Stimmenthaltung des Angeklagten Zwickel entsprach hier objektiv und subjektiv
im Ergebnis einer "Ja-Stimme", die mit Rücksicht auf seine Stellung als Arbeitnehmervertreter
lediglich nach außen nicht erkennbar werden sollte.
3. Die Freisprüche der Angeklagten Dr. Esser und Dr. D. vom Vorwurf
der Beihilfe zur Untreue haben auch unter dem Gesichtspunkt einer "straflosen
Hilfeleistung durch berufstypische neutrale Handlungen" keinen Bestand.
Die von der Rechtsprechung hierzu entwickelten Grundsätze (vgl. BGHSt
46, 107, 109 ff., 112 f.; BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten 20, § 266 Abs. 1
Beihilfe 3) tragen dem Umstand Rechnung, dass äußerlich neutrale berufsübliche
Verhaltensweisen von Dritten zur Begehung einer Straftat ausgenutzt werden
können. Die deshalb erforderliche Einschränkung der Beihilfestrafbarkeit
hat danach innerhalb des subjektiven Tatbestands aufgrund einer wertenden
Betrachtung im Einzelfall zu erfolgen. Weiß der Hilfeleistende nicht, wie der von
ihm geleistete Beitrag vom Haupttäter verwendet wird, und hält er es lediglich
für möglich, dass sein Tun zur Begehung einer Straftat ausgenutzt wird, so ist
sein Handeln regelmäßig keine strafbare Beihilfe, es sei denn, das von ihm erkannte
Risiko strafbaren Verhaltens des von ihm Unterstützten war derart hoch,
dass er sich mit seiner Hilfeleistung die Förderung eines erkennbar tatgeneigten
Täters angelegen sein ließ. Zielt das Handeln des Haupttäters dagegen ausschließlich
auf eine strafbare Handlung und weiß dies der Hilfeleistende, so ist
sein Tatbeitrag als Beihilfe zu werten, weil dann sein Tun den "Alltagscharakter"
verliert, als Solidarisierung mit dem Täter zu deuten ist und deshalb auch nicht
mehr als sozialadäquat angesehen werden kann (vgl. BGHSt 46, 107, 112).
Es kann offen bleiben, ob diese zur Eingrenzung der Beihilfestrafbarkeit
bei "berufstypischen neutralen Handlungen" entwickelten Kriterien der Sache
nach weiter führen oder ob nicht vielmehr die Strafbarkeitsbeschränkung bei
sachgerechter Auslegung ausreichend nach den herkömmlichen und allgemein
anerkannten Regeln etwa über die objektive Zurechnung oder den Gehilfenvorsatz
erfolgen kann. Selbst wenn man der dargestellten Rechtsprechung folgt,
scheidet nämlich nach den getroffenen Feststellungen unter diesem Gesichtspunkt
eine Beihilfe zur Untreue nicht aus. Für die Angeklagten Dr. Esser und
Dr. D. waren die Vorbereitung der Präsidiumsbeschlüsse sowie deren Umsetzung
schon deshalb keine "berufstypischen Handlungen mit Alltagscharakter",
weil sie damit gezielt die Zuwendung der Sonderzahlungen förderten. Bei
ihren Hilfeleistungen kannten sie - in gleicher Weise wie die Präsidiumsmitglieder
Prof. Dr. Funk, Dr. Ackermann und Zwickel - alle Umstände, welche die objektive
Pflichtverletzung begründeten. Soweit der Gehilfe einer Straftat seine
unterstützende Tätigkeit innerhalb eines weisungsgebundenen Dienstverhältnisses
erbracht hat, liegt darin lediglich ein zu seinen Gunsten bei der Strafzumessung
zu berücksichtigender Umstand.
V. Demgemäß sind die Freisprüche aufzuheben. Eine Aufrechterhaltung
der an sich fehlerfreien Feststellungen zum objektiven Sachverhalt kommt
schon deshalb nicht in Betracht, weil die freigesprochenen Angeklagten die Tatvorwürfe
bestreiten und das rechtsfehlerfreie Zustandekommen der Feststellungen
mangels Beschwer nicht überprüfen lassen konnten (vgl. BGH NStZ
1999, 206, 207; Kuckein in KK 5. Aufl. § 353 Rdn. 24 aE). Folglich muss auch
nicht entschieden werden, ob das Landgericht bei seiner Beweiswürdigung
- wie die Staatsanwaltschaft meint - rechtsfehlerhaft von Anerkennungsprämien
und nicht von Zuwendungen zur Erleichterung und Beschleunigung der freundlichen
Übernahme oder zumindest der Übernahmeverhandlungen ausgegangen
ist.
B. Anerkennungsprämie für den Angeklagten Prof. Dr. Funk
Auch die Freisprüche der Angeklagten Dr. Ackermann und Zwickel vom
Vorwurf der Untreue wegen der Zuwendung der Anerkennungsprämie an den
Mitangeklagten Prof. Dr. Funk sowie die Freisprüche der Angeklagten Dr. Esser
und Dr. D. vom Vorwurf der Beihilfe hierzu sind nicht frei von Rechtsfehlern
und deshalb aufzuheben.
I. Nach den Urteilsfeststellungen war der Angeklagte Prof. Dr. Funk von
1994 bis Mai 1999 Vorstandsvorsitzender der Mannesmann AG. Deren Unternehmenswert
steigerte sich in diesem Zeitraum deutlich. Inspiriert durch die für
die aktiven Vorstandsmitglieder vorgeschlagenen Prämien äußerte er spontan
den Wunsch, selbst eine Sonderzahlung von der Mannesmann AG zu erhalten.
Nachdem sich der Vertreter der Großaktionärin Hutchison Whampoa Ltd damit
einverstanden erklärt hatte, vereinbarten am 4. Februar 2000 die Angeklagten
Prof. Dr. Funk und Dr. Ackermann, aus dem für die leistungsstärksten Mitglieder
des Telekommunikationsteams vorgesehenen Prämienfonds von ca. 16
Mio. €, Prof. Dr. Funk eine Anerkennungsprämie in Höhe von ca. 4,8 Mio. € zu
gewähren. Der Angeklagte Zwickel nahm telefonisch an der Beschlussfassung
teil, enthielt sich aber der Stimme, wodurch er auch diesen Beschluss zustande
bringen wollte. Allen drei Präsidiumsmitgliedern war bewusst, dass der Angeklagte
Prof. Dr. Funk an einer Beratung und Abstimmung teilnahm, die ihn
selbst begünstigte. Da in der Folgezeit vor allem wegen der Selbstbegünstigung
Bedenken gegen die formelle Wirksamkeit des Beschlusses entstanden waren,
wurde die Prämie nicht ausbezahlt.
Nach dem Ausscheiden des Angeklagten Prof. Dr. Funk aus dem Aufsichtsrat
beschloss das Präsidium der Mannesmann AG am 17. April 2000
durch den neuen Aufsichtsratsvorsitzenden Sir Gent - Chief Executive Officer
von Vodafone - sowie die Angeklagten Dr. Ackermann und Zwickel, der sich
wiederum der Stimme enthielt, dem Angeklagten Prof. Dr. Funk eine freiwillige
Sonderzahlung in Höhe von ca. 3 Mio. € zuzuwenden. Nach dem Inhalt des
Beschlussprotokolls geschah dies, um seine maßgeblichen Beiträge zum wirtschaftlichen
Erfolg der Mannesmann AG und zur Steigerung des Unternehmenswertes
zu honorieren. Das tatsächliche Motiv der Angeklagten Dr. Ackermann
und Zwickel für die Prämienbewilligung war jedoch allein der Wunsch des
Begünstigten, selbst auch eine Anerkennungsprämie zu erhalten. Sie gingen
auch insoweit davon aus, die Beschlussfassung wahre die Grenzen unternehmerischen
Ermessens und hielten ihr Handeln für erlaubt. Ende April 2000 wurde
die Prämie an Prof. Dr. Funk überwiesen.
II. Das Landgericht ist der Meinung, die Angeklagten Dr. Ackermann und
Zwickel hätten sich auch in diesem Fall nicht wegen Untreue strafbar gemacht.
Zwar hätten sie vorsätzlich ihre gegenüber der Mannesmann AG bestehende
Vermögensbetreuungspflicht gravierend verletzt und die Gesellschaft geschädigt,
weil sie die nicht im Unternehmensinteresse liegende Anerkennungsprämie
aus einer sachwidrigen Motivation heraus willkürlich zuerkannt hätten. Den
Präsidiumsmitgliedern habe jedoch aufgrund einer fehlerhaften aktienrechtlichen
Gesamtbetrachtung das Unrechtsbewusstsein gefehlt. Ihr Verbotsirrtum
sei unvermeidbar gewesen. Wenn sie Rechtsrat eingeholt hätten, wäre die Zahlung
einer freiwilligen Anerkennungsprämie, deren aktienrechtliche Zulässigkeit
zum damaligen Zeitpunkt weder in der Rechtsprechung noch im Schrifttum als
problematisch behandelt worden sei, als rechtlich unbedenklich bezeichnet
worden. Die Angeklagten Dr. Esser und Dr. D. , die lediglich innerhalb ihres
beruflichen Aufgabenbereiches die Tat gefördert hätten, hätten sich nicht wegen
Beihilfe zur Untreue strafbar gemacht. Es fehle an den besonderen Voraussetzungen,
die bei einem berufstypischen Verhalten an den Gehilfenvorsatz
zu stellen seien.
III. Dieser rechtlichen Würdigung ist zuzustimmen, soweit das Landgericht
annimmt, dass die Angeklagten Dr. Ackermann und Zwickel den objektiven
Tatbestand der Untreue erfüllt haben. Wie sich aus den Ausführungen zu den
Anerkennungsprämien für den Vorstandsvorsitzenden Dr. Esser und die vier
weiteren Vorstandsmitglieder (vgl. A. III. 1.) ergibt, stand es den Präsidiumsmitgliedern
nicht frei, die in der Vergangenheit erbrachte, durch die dienstvertraglichen
Bezüge bereits abgegoltene Leistung durch eine Sonderzahlung zusätzlich
zu honorieren. Denn die Prämie war für die Mannesmann AG ohne Nutzen.
Hinzu kommt, dass die Zuwendung aufgrund sachwidriger Motivation und damit
willkürlich beschlossen wurde. Dies folgt auch daraus, dass das Präsidium beim
Ausscheiden des Prof. Dr. Funk als Vorstandsvorsitzender für eine Anerkennungsprämie
keinen Anlass gesehen und diese nicht zeitnah zuerkannt hatte.
IV. Rechtsfehlerhaft ist jedoch die Annahme, die Angeklagten
Dr. Ackermann und Zwickel hätten sich in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum
befunden.
Unter den gegebenen Umständen, vor allem angesichts der offensichtlichen
Pflichtwidrigkeit einer willkürlichen Zuwendung, hätten die Angeklagten
Dr. Ackermann und Zwickel bei Anlegung der an die Unvermeidbarkeit eines
Verbotsirrtums zu stellenden Anforderungen (vgl. BGHSt 3, 357, 366; 4, 1, 5
und 237, 242 f.) nach ihren Fähigkeiten und Kenntnissen einen eventuell gegebenen
Irrtum vermeiden können. Dazu hätte es nicht einmal eines Rechtsrats
bedurft. Bei Einholung von Rechtsrat durch eine sachkundige, neutrale Person
hätte richtigerweise die Frage gestellt werden müssen, ob eine ausschließlich
durch den Wunsch des Begünstigten motivierte, dem Unternehmen keinen Vorteil
bringende Prämiengewährung rechtlich zulässig ist. Dies wäre mit Sicherheit
verneint worden.
V. Entgegen der Meinung der Verteidigung vermögen die Urteilsfeststellungen
zur subjektiven Tatseite auch sonst einen Freispruch nicht zu tragen.
Insofern braucht nicht entschieden zu werden, ob die Fehlvorstellung der Angeklagten
Dr. Ackermann und Zwickel - entgegen der Meinung des Landgerichts -
bereits einen den Vorsatz ausschließenden Irrtum darstellen würde.
1. Die Ausführungen der Strafkammer zu den Vorstellungen dieser Angeklagten
sind bereits in sich widersprüchlich. Nach den Feststellungen kannten
sie ihre Vermögensbetreuungspflicht und ihr Vorsatz umfasste auch die Pflichtwidrigkeit
ihres Handelns. Dies ist ohne nähere Erörterung mit der Annahme
fehlenden Unrechtsbewusstseins unvereinbar.
2. Außerdem beruhen die Feststellungen zum Irrtum auf einer lückenhaften
Beweiswürdigung. Insoweit wird auf die Ausführungen zu A. V. 1. b) Bezug
genommen. In die Beweiswürdigung hat die Strafkammer vor allem nicht erkennbar
das gegen einen Irrtum sprechende Indiz einbezogen, dass die Anerkennungsprämie
nicht die Verdienste des früheren Vorstandsvorsitzenden Prof.
Dr. Funk für die Mannesmann AG angemessen entlohnen sollte, sondern ohne
hinreichenden unternehmensbezogenen Anlass aus willkürlichen Gründen allein
aufgrund des Wunsches des Begünstigten zugewendet wurde. Die diesem
Beweisergebnis entgegen stehenden Einlassungen der Angeklagten
Dr. Ackermann und Zwickel hat sie nicht geglaubt und die sachwidrige Motivation
ausdrücklich festgestellt. Vor diesem Hintergrund liegt die Annahme fehlenden
Unrechtsbewusstseins fern. Es ist schlechterdings nicht vorstellbar, dass
sich der in führenden Positionen der deutschen Wirtschaft tätige Angeklagte
Dr. Ackermann und der Gewerkschaftsführer Zwickel für berechtigt gehalten
haben könnten, in Millionenhöhe willkürlich - so das angefochtene Urteil - über
das ihnen anvertraute Gesellschaftsvermögen verfügen zu dürfen. Auch hätte
erörtert werden müssen, dass die ursprünglich bewilligte Prämie in Höhe von
ca. 4,8 Mio. € ohne weitere Diskussion und Erläuterung innerhalb weniger Wochen
durch eine solche von ca. 3 Mio. € ersetzt wurde, dies unter anderem aus
Verärgerung des neuen Aufsichtsratsvorsitzenden über Äußerungen des Angeklagten
Prof. Dr. Funk gegen Ende des Übernahmekampfes. Schließlich erweist
sich die Beweiswürdigung auch im Hinblick darauf als lückenhaft, dass der Angeklagte
Dr. Ackermann am 17. April 2000 unmittelbar vor der Beschlussfassung
von den rechtlichen Bedenken der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG
gegen die Prämien für Dr. Esser und die vier weiteren Vorstandsmitglieder erfahren
hatte; diese Bedenken beanspruchten indessen für die Sonderzahlung
an Prof. Dr. Funk in noch stärkerem Maße Beachtung. Unter diesen Umständen
kann die Annahme eines Irrtums allein auf die Erwägung, die Hinweise der
KPMG genügten nicht, um eine Kenntnis der Rechtswidrigkeit oder Zweifel an
der Rechtmäßigkeit positiv feststellen zu können, nicht rechtsfehlerfrei gestützt
werden.
VI. Der Freispruch der Angeklagten Dr. Esser und Dr. D. vom Vorwurf
der Beihilfe zur Untreue hat ebenfalls keinen Bestand. Eine Beihilfestrafbarkeit
scheidet auch hier nicht unter dem Gesichtspunkt "berufstypischen Handelns"
aus (vgl. A. IV. 3.). Soweit die Verteidigung zusätzlich einwendet, dass
es unsicher gewesen sei, ob das Präsidium tatsächlich entsprechend der
Beschlussvorlage entscheiden werde, stellt dies den Gehilfenvorsatz nicht in
Frage, weil dieser nicht das sichere Wissen der Tatbegehung durch den Haupttäter
voraussetzt.
C. Abfindung der Alternativpensionsansprüche
Schließlich halten die Freisprüche der Angeklagten Prof. Dr. Funk,
Dr. Ackermann, Zwickel und L. vom Vorwurf der Untreue in vier Fällen
wegen der Abfindung der Alternativpensionsansprüche sowie der Freispruch
des Angeklagten Dr. D. vom Vorwurf der Beihilfe rechtlicher Überprüfung
nicht stand und sind daher aufzuheben.
I. Hierzu hat das Landgericht folgendes festgestellt:
Die Mannesmann AG gewährte den ehemaligen Vorstandsmitgliedern
und deren Hinterbliebenen Pensionen, deren Höhe sie durch einen Vergleich
der Fest- mit der Alternativpension ermittelte. Der Festpension lag - abhängig
vom Zeitpunkt des Eintritts des Versorgungsfalls - ein prozentualer Anteil des
vor dem Ausscheiden zuletzt bezogenen Bruttojahresgehalts zugrunde, während
sich die Alternativpension aus einem Prozentsatz der durchschnittlichen
jährlichen Gesamtbezüge der aktiven Vorstandsmitglieder der jeweiligen Hierarchiestufe
errechnete. Gezahlt wurde der höhere Betrag.
Mit Beschluss des Präsidiums vom 20. November 1998 wurde die Regelung
über die Alternativpensionen, die zu unvorgesehen hohen Ansprüchen geführt
hatte, für die aktiven Vorstandsmitglieder unter gleichzeitiger Erhöhung der
Festpensionen abgeschafft. Für den damaligen Vorstandsvorsitzenden Prof. Dr.
Funk und die bereits pensionierten Vorstandsmitglieder galt weiterhin das alte
Pensionsmodell. Der Angeklagte Prof. Dr. Funk, der nach der Übernahme der
Mannesmann AG durch Vodafone in Zukunft fallende Vorstandsbezüge und
damit ein Absinken oder einen Wegfall der Alternativpensionen befürchtete, bereitete
in Zusammenarbeit mit dem Angeklagten Dr. D. eine pauschale Ab-
findung der zukünftigen Ansprüche auf die Differenz zwischen Alternativ- und
Festpension vor.
In der Präsidiumssitzung vom 27. März 2000 sprach der Angeklagte Prof.
Dr. Funk die Abfindung der Alternativpensionsansprüche an, legte einen vorbereiteten
Beschlussentwurf vor und versicherte, dass die Abfindungsbeträge
rechtlich und versicherungsmathematisch geprüft worden seien. Anschließend
beschlossen die Angeklagten Dr. Ackermann, Zwickel und L. , die sich auf
das Beschlussthema nicht vorbereitet hatten, einstimmig, 18 Pensionären Abfindungsangebote
in der Gesamthöhe von über 31 Mio. € zu unterbreiten, von
denen über 2,7 Mio. € auf den Angeklagten Prof. Dr. Funk entfielen. Dabei gingen
sie von einer Reduzierung der durchschnittlichen Vorstandsvergütungen
und damit verbunden von einem Absinken oder dem Wegfall der Alternativpensionen
in der Zukunft aus. Sie erkannten, dass bei Beibehaltung der bisherigen
Pensionsregelung die Alternativpensionsansprüche langfristig ihren wirtschaftlichen
Wert verlieren würden.
Durch weitere Beschlüsse erhöhte das Präsidium in der Folgezeit die Abfindungsbeträge
für zwei Pensionäre wegen unberücksichtigt gebliebener persönlicher
Umstände um ca. 394.000 € und ca. 380.000 €, in einem Fall beschloss
es die Auszahlung der Abfindung als jährliche Rente auf die Dauer von
15 Jahren, was Mehrkosten von ca. 450.000 € zur Folge hatte.
Die Präsidiumsmitglieder waren bei ihren Entscheidungen der Meinung,
zur Abfindung der Alternativpensionen berechtigt zu sein, insbesondere dadurch
drohende gerichtliche Auseinandersetzungen mit den Pensionären vermeiden
zu können. Nachdem die Pensionäre und Hinterbliebenen ihr Einverständnis mit den beschlossenen Abfindungen erklärt hatten, wurden die Beträge
ausbezahlt.
II. Das Landgericht vertritt die Auffassung, die Beschlüsse über die Abfindung
der Alternativpensionsansprüche seien im Ergebnis nicht als Untreue zu
bewerten. Bei der Grundentscheidung vom 27. März 2000 hätten die Präsidiumsmitglieder
zwar ihre gegenüber der Mannesmann AG bestehende Vermögensbetreuungspflicht
verletzt, weil sie in Zukunft tatsächlich nicht mehr bestehende
Ansprüche abgefunden hätten. Dies habe nicht im Unternehmensinteresse
gelegen. Die Pflichtverletzung sei jedoch nicht gravierend gewesen, da
die Ertrags- und Vermögenslage der Mannesmann AG gut gewesen sei, die
Präsidiumsmitglieder nicht aus sachwidrigen Motiven gehandelt hätten und sie
wegen des bestehenden Prozessrisikos zu Recht von einem Vergleich ausgegangen
seien. In den weiteren Fällen fehle es wegen der Vergleichsmotivation
bereits an einem Pflichtenverstoß. Mangels einer Haupttat scheide eine Strafbarkeit
des Angeklagten Dr. D. wegen Beihilfe zur Untreue aus.
III. Die Urteilsgründe tragen die Freisprüche der Angeklagten nicht.
1. Die zur Grundentscheidung vom 27. März 2000 über die Abfindung
der Alternativpensionsansprüche getroffenen Feststellungen sind lückenhaft, so
dass nicht überprüft werden kann, ob die Präsidiumsmitglieder die Grenzen unternehmerischen
Ermessens überschritten und deshalb die Mannesmann AG
pflichtwidrig geschädigt haben. Dem Urteil ist insbesondere nicht zu entnehmen,
welcher Wert den künftigen Alternativpensionsansprüchen - jedenfalls der
Größenordnung nach - unter Berücksichtigung von versicherungsmathematischer
Zahlungsdauer und der zu erwartenden Absenkung der Vorstandsgehälter
unter dem Einfluss der neuen Konzernmutter Vodafone objektiv beizumessen war und wie sich die zuerkannten Beträge dazu verhalten. Aus dem Gesamtzusammenhang
der Urteilsgründe ergibt sich lediglich, dass das Landgericht
langfristig von einer stark abnehmenden Werthaltigkeit der Alternativpensionsansprüche
und damit von einem geringfügigen Wert ausgegangen ist. Da
die variable Alternativpension nur dann zu bezahlen war, wenn sie die Festpension
überstieg, hätte auch deren jeweilige Höhe mitgeteilt werden müssen.
Entgegen der Meinung der Verteidigung sind die fehlenden Feststellungen
nicht etwa deshalb entbehrlich, weil sich die Abfindungsentscheidung notwendigerweise
innerhalb der Grenzen des auch insoweit bestehenden, wenn
auch durch versicherungsmathematische Vorgaben beschränkten unternehmerischen
Handlungsspielraums bewegte. Denn wegen der dargestellten Lücken
ist nicht überprüfbar, ob mit Blick auf die Vermögensbetreuungspflicht der Präsidiumsmitglieder
die Grenzen des Spielraums noch eingehalten sind. Aus denselben
Erwägungen kann die Feststellung des Landgerichts, die Angeklagten
seien von einem Vergleich ausgegangen, die Freisprüche entgegen der von der
Verteidigung geäußerten Auffassung nicht tragen. Die von ihr angestellte Erwägung,
den Pensionären habe möglicherweise ein Anspruch auf Anpassung der
Pensionszusagen zugestanden, wird durch die Feststellungen nicht gestützt.
2. Auch die Freisprüche zu den drei Folgeentscheidungen über die Abfindung
der Alternativpensionsansprüche können nicht bestehen bleiben. Zum
einen waren die Erhöhungen der Abfindungen für zwei Pensionäre sowie die
Umrechnung der Abfindung einer Hinterbliebenen in eine Rentenzahlung abhängig
von der am 27. März 2000 getroffenen Grundentscheidung und mit dieser
untrennbar verbunden. Zum anderen sind auch die Feststellungen zu den
Folgeentscheidungen lückenhaft. Es kann daher nicht beurteilt werden, ob es
sich gegenüber der Grundentscheidung - wie das Landgericht angenommen
hat - um selbständige Pflichtverletzungen handelt.
D. Einstellung von Fall II. 6. der Urteilsgründe ("TOPP-200-Beschluss") 76
Das Verfahren wegen des Vorwurfs der Untreue durch eine pflichtwidrige
Zuerkennung des "TOPP-200-Bonus" - eines erfolgsabhängigen, variablen Bestandteils
der Vergütung der Vorstandsmitglieder - ist auf die Revision der
Staatsanwaltschaft gemäß § 260 Abs. 3 StPO durch Urteil einzustellen. Denn
es fehlt insoweit aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts dargestellten
Gründen an der Verfahrensvoraussetzung einer zugelassenen Anklage.
Der Tatkomplex, der von der Staatsanwaltschaft vor Anklageerhebung
gemäß § 154 a Abs. 1 StPO von der Strafverfolgung vorläufig ausgeschieden
worden war, konnte durch Beschluss des Landgerichts nicht wirksam in das
Verfahren einbezogen werden, weil die Präsidiumsbeschlüsse über den Bonus
und die Pensionsabfindungen mangels einer inhaltlichen Verknüpfung nicht zur
selben prozessualen Tat gehören. Das Einstellungsurteil geht im Falle fehlender
Anklage einer Aufrechterhaltung des Freispruchs vor (vgl. BGHSt 46, 130, 135
ff.; Meyer-Goßner, StPO 48. Aufl. § 260 Rdn. 44 f.), so dass es keiner Erörterung
bedarf, ob die Freisprüche rechtlicher Nachprüfung standhalten würden.
E. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf folgendes hin:
I. Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass sich der Angeklagte
Dr. Esser durch seine Mitwirkung an der Vorbereitung und der Umsetzung
der Beschlüsse über die ihm und den anderen Vorstandsmitgliedern gewährten freiwilligen Sonderzahlungen lediglich wegen Beihilfe zur Untreue
strafbar gemacht haben kann; denn ihn traf im Zusammenhang mit diesen Beschlüssen
keine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber der Mannesmann AG.
Daher kommt bei ihm eine als Mittäter begangene Untreue nicht in Betracht.
Zwar hat der Vorstandsvorsitzende einer Aktiengesellschaft als deren
Geschäftsführer und Vertreter (§ 76 Abs. 1, § 77 Abs. 1, § 78 Abs. 1 AktG)
grundsätzlich die Pflicht, die Vermögensinteressen der Gesellschaft zu wahren,
insbesondere Schaden von dem Gesellschaftsvermögen abzuwenden, und
damit eine Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB. Dies
gilt jedoch nicht für Entscheidungen, die im weitesten Sinne die Bezüge der
Vorstandsmitglieder betreffen. Diese werden durch das Aktiengesetz nicht nur
aus der Vertretungsmacht, sondern auch aus der Geschäftsführungsbefugnis
des Vorstands ausgeklammert und sind dem Präsidium (Aufsichtsrat) in ausschließlicher
Zuständigkeit zugewiesen (§ 87 Abs. 1 und 2, § 112 AktG). Das
hat seinen Grund nicht nur darin, dass insoweit die Gesellschaft zum Ausschluss
von Insichgeschäften durch ein anderes Organ vertreten werden muss.
Vielmehr wird hierdurch auch der Tatsache Rechnung getragen, dass bei der
Regelung der Vorstandsbezüge die Vermögensinteressen von Gesellschaft und
Vorstandsmitglied nicht gleichgerichtet sind, sondern - auch soweit nicht die
eigenen, sondern die Bezüge anderer Vorstandsmitglieder betroffen sind - typischerweise
in die entgegen gesetzte Richtung gehen. Ist dieser Entscheidungsbereich
aber rechtlich aus den Befugnissen der Vorstandsmitglieder ausgeklammert,
so kann diese insoweit auch keine Pflicht zur Betreuung der Vermögensinteressen
der Gesellschaft treffen. Allein ihre faktischen Einwirkungsmöglichkeiten
auf die entsprechenden Beschlüsse des Präsidiums (Aufsichtsrats)
ändern an dieser Rechtslage nichts.
II. Stellt sich der Sachverhalt dem neuen Tatrichter zur objektiven Tatseite
in seinen wesentlichen Elementen ebenso dar, wie er im angefochtenen Urteil
festgestellt ist, wird die Strafbarkeit der Angeklagten maßgeblich von den
Feststellungen zur subjektiven Tatseite abhängen. Je nach dem Stand ihrer
(Un-)Kenntnis von den Tatsachen und der eigenen (Fehl-) Bewertung ihres
Verhaltens könnten sie in einem den Vorsatz und damit die Strafbarkeit ausschließenden
Tatbestandsirrtum (§§ 15, 16 StGB) oder in einem vermeidbaren
oder unvermeidbaren Verbotsirrtum (§ 17 StGB) gehandelt haben. Die Abgrenzung
im einzelnen dürfte sich als schwierig erweisen, wie dies bei Tatbeständen
mit stark normativ geprägten objektiven Tatbestandsmerkmalen (hier in § 266
Abs. 1 StGB die Verletzung der Pflicht, die Vermögensinteressen wahrzunehmen)
häufig der Fall ist und gerade für den zu beurteilenden Sachverhalt auch
durch entgegen gesetzte Stellungnahmen in der Literatur belegt wird (vgl. u.a.
einerseits Arzt/Weber, Strafrecht BT § 22 Rdn. 69; Jakobs NStZ 2005, 276,
277; Jakobs in FS für Dahs S. 49 ff. und andererseits Schünemann in LK 11.
Aufl. § 266 Rdn. 153 f.; Kindhäuser in NK-StGB 13. Lfg. § 266 Rdn. 179; Tröndle/
Fischer aaO § 266 Rdn. 77; Puppe GA 1990, 145, 171; Roxin, Strafrecht AT
Bd. 1 3. Aufl. § 21 Rdn. 23).
Angesichts der Ungewissheit, welche Feststellungen der neue Tatrichter
insoweit gegebenenfalls treffen wird, und insbesondere der Vielgestaltigkeit der
denkbaren Sachverhaltsgestaltungen, wäre ein Versuch, für alle in Betracht
kommenden Vorstellungen und Motivationen Hinweise auf die - nach Auffassung
des Senats - zutreffende rechtliche Einordnung zu geben, von vorneherein
verfehlt; dies gilt auch deshalb, weil weder das Landgericht noch der - gegebenenfalls
in anderer Besetzung entscheidende - Senat in einem etwaigen neuen
Revisionsverfahren daran gebunden wären. Die schriftlichen Stellungnahmen
von Bundesanwaltschaft und Verteidigung sowie die Erörterung der Fragen in
der Hauptverhandlung geben aber Anlass zu folgenden Anmerkungen:
Eine sachgerechte Einordnung etwaiger Fehlvorstellungen oder -bewertungen
der Angeklagten wird sich nicht durch schlichte Anwendung einfacher
Formeln ohne Rückgriff auf wertende Kriterien und differenzierende Betrachtungen
erreichen lassen. Die Annahme etwa, dass jede (worin auch immer begründete)
fehlerhafte Wertung, nicht pflichtwidrig zu handeln, stets zum Vorsatzausschluss
führt, weil zum Vorsatz bei der Untreue auch das Bewusstsein
des Täters gehöre, die ihm obliegende Vermögensfürsorgepflicht zu verletzen,
kann nicht überzeugen. Umgekehrt könnte der Senat auch der Auffassung nicht
folgen, dass es für die Bejahung vorsätzlichen Handelns ausreicht, wenn der
Täter alle die objektive Pflichtwidrigkeit seines Handelns begründenden tatsächlichen
Umstände kennt und dass seine in Kenntnis dieser Umstände aufgrund
unzutreffender Bewertung gewonnene fehlerhafte Überzeugung, seine Vermögensbetreuungspflichten nicht zu verletzen, stets nur als Verbotsirrtum zu werten
ist.
Ausgehend von den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Landgerichts
zum objektiven Sachverhalt und mit Blick auf seine Ausführungen zu den Vorstellungen
der Angeklagten Prof. Dr. Funk, Dr. Ackermann und Zwickel neigt
der Senat etwa hinsichtlich der Anerkenntnisprämien für den Angeklagten
Dr. Esser zu folgender Bewertung:
War den Präsidiumsmitgliedern - was allerdings kaum anders vorstellbar
sein dürfte - bewusst, dass die Sonderzahlungen für die Mannesmann AG in
der gegebenen Situation (Übernahme des Unternehmens durch Vodafone und
Ausscheiden von Dr. Esser) ohne jeden Nutzen war, so dürfte ihre irrige An-
nahme, zur Bewilligung der Prämien gleichwohl berechtigt gewesen zu sein,
den Vorsatz unberührt lassen und lediglich einen Verbotsirrtum begründen. Wer
als Verwalter fremden Vermögens in Kenntnis seiner Vermögensfürsorgepflicht
eine Maßnahme trifft, die dem Inhaber des betreuten Vermögens keinen Vorteil
bringen kann und deswegen einen sicheren Vermögensverlust bedeutet, kennt
nicht nur die Tatsachen, die rechtlich als Verletzung der Vermögensfürsorgepflicht
zu bewerten sind. Er weiß, weil das Verbot, alles das Vermögen sicher
und ausnahmslos Schädigende zu unterlassen, zentraler Bestandteil der Vermögensfürsorgepflicht
ist, vielmehr zugleich auch, dass er diese seine Pflicht
verletzt. Wenn die Angeklagten Prof. Dr. Funk, Dr. Ackermann und Zwickel -
wie es nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils der Fall war - gemeint
haben, "aufgrund ihrer unternehmerischen Handlungsfreiheit" zu den
Zahlungen berechtigt zu sein, liegt es nahe, dass sie in Kenntnis dessen, dass
ihr Verhalten für die Mannesmann AG sicher nachteilig war und mithin ihre
Vermögensfürsorgepflicht eigentlich verletzte, gleichsam einen nicht bestehenden
Erlaubnissatz in Anspruch genommen haben. Eine solche Fehlvorstellung
wird aber von § 17 StGB und nicht von § 16 StGB geregelt.
Dasselbe gilt noch deutlicher hinsichtlich der Anerkennungsprämie für
Prof. Dr. Funk: Sollten die Angeklagten Dr. Ackermann und Zwickel tatsächlich
geglaubt haben, zu der das Vermögen der Mannesmann AG schädigenden
Zuwendung allein deswegen berechtigt zu sein, weil diese dem Wunsch des
Angeklagten Prof. Dr. Funk entsprochen habe, so liegt die Annahme eines den
Vorsatz ausschließenden Tatbestandsirrtums fern.
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