Keine aufwändige Nachbearbeitung erforderlich

Gericht

AG Schwerin


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

02. 03. 2006


Aktenzeichen

16 C 2711/04


Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2.a. Die Klägerin wird verurteilt, der Auszahlung des bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts ... zur Geschäftsnummer 9 HL 20/04 von der Kreissparkasse ... hinterlegten Betrages in Höhe von ... € zuzüglich Hinterlegungszinsen an die Beklagte zuzustimmen.

2.b. Es wird festgestellt, daß die Klägerin verpflichtet ist, der Beklagten die ihr entstehenden Kosten der zuvor bezeichneten Hinterlegung zu ersetzen.

3. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand


Tatbestand

Die Parteien machen wechselseitig einen Anspruch auf Freigabe eines von der Sparkasse ... bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts ... hinterlegten Betrages geltend.

Die Klägerin warb für die Beklagte, die die ... verlegt, aufgrund eines Vertrages 28.2.1997 mit vier Zusatzvereinbarungen Abonnenten für die ... auf deren Inhalt Bezug genommen wird. Nach § 4 des Vertrages sollte die Klägerin pro geworbenem Abonnenten ... DM (= ... €) an Provision für die Vermittlung erhalten. Bei einer Bezugszeit unter 12 Monaten sollten "die Abos nicht vergütet werden".

Zur Absicherung der Rückforderungsanspruche der Beklagten für bereits ausgezahlte Provisionen, die aufgrund der sogenannten "Sprünge", der Abos von weniger als 12 Monaten Bezugszeit, von der Klägerin zurückgefordert werden konnten, stellte die Klägerin der Beklagten eine selbstschuldnerische Bürgschaft der Sparkasse ... über einen Betrag von ... € zur Verfügung. Nach der Bürgschaftsurkunde war die Sparkasse ... berechtigt, sich von der Verpflichtung aus der Bürgschaftsurkunde zu befreien, indem sie den verbürgten Betrag zum Zwecke der Sicherheitsleistung im Namen und für Rechnung des Hauptschuldners hinterlegt.

Nach Beendigung des Vermittlungsvertrages der Parteien erstellte die Beklagte Rechnungen über Rückforderungsansprüche wegen entfallener Provisionen in Höhe von ... € am 25.9.1998, über ... € am 22.3.1999, der jeweils eine Liste der "gesprungenen" Abonnements beigefügt waren.

Als die Beklagte mit Schreiben vom 08.11.2004 aus der Bürgschaft wegen ihrer Rückforderungsanspruche gegen die Sparkasse ... vorging, hinterlegte diese den verbürgten Betrag bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts.

Die Klägerin ist der Auffassung, sie habe Anspruch auf Freigabe des hinterlegten Betrages zu ihren Gunsten, da die Provisionsruckforderungsanspruche der Beklagten gemäß § 88 HGB verjährt seien und diese deshalb keinen Anspruch auf den hinterlegten Betrag mehr erheben könne. Die Sicherheitsleistung zu Gunsten der Beklagten sei nicht durch die Hinterlegung durch die Sparkasse erfolgt sondern als diese die Bürgschaft stellte. Zu diesem Zeitpunkt sei noch kein Anspruch der Parteien verjährt gewesen. Die von der Beklagten vorgelegten Listen gesprungener Abonnements genügten den Anforderungen nicht, da nicht nachzuvollziehen sei, aus welchem Grund die Abonnements zu welchem Zeitpunkt gescheitert seien. Dazu sei eine Vielzahl von Angaben nötig, die die Beklagte nicht mitgeteilt habe.

Die Klägerin beantragt,

  1. die Beklagte zu verurteilen, der Auszahlung des beim Amtsgericht Syke - Hinterlegungsstelle - zur Geschäftsnummer 9 HL 20/04 durch die Kreissparkasse ... hinterlegten Betrages in Höhe von ... € zuzüglich Hinterlegungszinsen an die Klägerin zuzustimmen, und

  2. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die Kosten der im Klageantrag zu 1. bezeichneten Hinterlegung, die der Klägerin entstehen werden, zu ersetzen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie beantragt widerklagend,

  1. die Klägerin zu verurteilen, der Auszahlung des beim Amtsgericht ... - Hinterlegungsstelle - zur Geschäftsnummer 9 HL 20/94 von der Kreissparkasse ... hinterlegten Betrages in Höhe von ... € zuzüglich Hinterlegungszinsen zuzustimmen, und

  2. festzustellen, daß die Klägerin verpflichtet ist, der Beklagten die Kosten der im Widerklageantrag zu 1. bezeichneten Hinterlegung, die der Beklagten entstehen werden, zu ersetzen.

Die Beklagte behauptet, von den von der Klägerin geworbenen Abonnenten seien die in ihren Auflistungen aufgeführten Abonnements gescheitert. Diese Listen habe sie der Klägerin mit den Rechnungen übersandt. Sie ist der Auffassung ihre Rückforderungsansprüche seien nicht verjährt und hätten der langen, für Bereicherungsansprüche geltenden Verjährung unterlegen. Die Klägerin könne keine Einwendungen gegen die Rückforderungsansprüche mehr erheben, da sie diese durch Schweigen im Handelsverkehr akzeptiert habe.

Entscheidungsgründe


Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Der Klägerin steht ein Anspruch gegen die Beklagte auf Freigabe des von der Sparkasse ... hinterlegten Betrages gemäß § 812 Abs. 1 BGB nicht zu. Zwar kann gemäß § 813 Abs. 1 BGB eine Leistung dann zurückgefordert werden, wenn dem Anspruch, zu dessen Erfüllung geleistet wurde, eine dauernde Einrede gegenüberstand. Hier war der Anspruch der Beklagten auf Rückzahlung der Provisionen, welcher durch die Bürgschaft der Sparkasse ... abgesichert worden war, und der der Inanspruchnahme der Sparkasse durch die Beklagte zugrundelag, im Zeitpunkt der Hinterlegung durch die Sparkasse am 26.7.2004 verjährt. Maßgeblich ist hier die vierjährige Verjährung nach § 88 HGB a.F., da es sich um Ansprüche aus dem Handelsvertreterverhältnis handelt. Selbst wenn man den Provisionsrückforderungsanspruch nicht im Vertragsverhältnis begründet sehen wollte, ist jedenfalls die Verjährung entsprechend den für das Vertragsverhältnis geltenden Verjährungsregeln heranzuziehen, sofern deren Gründe auch auf den Bereicherungsanspruch zutreffen (vgl. BGH in NJW 1986, 2564 f.). Daß durch die vierjährige Verjährungsfrist des § 88 HGB die wechselseitigen Ansprüche aus dem Handelsvertreterverhältnis in absehbarer Zeit geklärt werden, ist ein Grund, der auch für Bereicherungsansprüche zu gelten hat, die aus dem Handelsvertreterverhältnis resultieren. Die Rückforderungsansprüche dem Beklagten stammen aus den Jahren 1998 und 1999, so daß die vierjährige Verjährungsfrist am 31.12.2003 endete. Der Einwand der Verjährung kann hier jedoch nicht zu einem Bereicherungsanspruch der Klägerin nach § 812 Abs. l BGB führen, denn nach § 813 Abs. l S 2 BGB bleibt die Vorschrift des § 214 Abs. 2 BGB unberührt, wonach eine gewährte Sicherheit nicht aufgrund der Verjährung des gesicherten Anspruchs zurückgefordert werden kann. Ein Bereicherungsanspruch der Klägerin wegen Verjährung der Rückforderungsansprüche der Beklagten kann damit nicht bestehen, denn die Hinterlegung stellt eine Sicherheitsleistung dar. Die Sparkasse ... war nach der Bürgschaftsurkunde ausdrücklich berechtigt, bei Inanspruchnahme aus der Bürgschaft "zum Zwecke der Sicherheitsleistung " zu hinterlegen.

Die Widerklage ist begründet.

Der Beklagten steht ein Anspruch auf Freigabe des hinterlegten Betrages gegenüber der Klägerin zu, da durch die Hinterlegung die ihr nach § 812 Abs. l BGB zustehenden Provisionsrückforderungsansprüche gesichert werden sollten.

Die Beklagte hat einen Anspruch auf Rückzahlung der an die Klägerin ausgezahlten Provisionen in Höhe des hinterlegten Betrages von ... € gemäß § 812 Abs. 1 BGB, da die Klägerin diese Zahlungen ohne Rechtsgrund erhalten hat. Ihr Anspruch auf die von der Beklagten an sie gezahlten Provisionen ist gemäß § 87 a Abs.2 HGB in dieser Höhe entfallen. Nach § 4 Nr. 2 des zwischen den Parteien geschlossenen Handelsvertretervertrages wurden Provisionen von der Beklagten nur geschuldet, wenn die Bezugszeit der geworbenen Abonnenten zwölf Monate betrug. Mit der Rechnung vom 25.9.1998 verlangte die Beklagte von der Klägerin Provisionen wegen "gesprungener" Abonnements in Höhe von insgesamt ... € zurück, zu deren Belegung sie eine Liste beifügte, in der Namen und Vornamen sowie die Kundennummer der geworbenen Abonnenten, die Anzahl der Monate, die bezahlt worden waren, die Höhe der bezahlten Provision und der in Rechnung gestellte Rückforderungsanspruch der Beklagten aufgeführt sind. Soweit die Klägerin den Erhalt der Listen vor Klageerhebung bestritten hat, ist dieses Bestreiten durch das von ihr selbst vorgelegte Schreiben ihres früheren Bevollmächtigten vom 6.4.1999 widerlegt, denn darin wird gerügt, daß die Zahlungseingänge der einzelnen Abonnenten nicht bekannt seien. Daraus folgt jedoch, daß die einzelnen Abonnenten mitgeteilt worden waren. In der zur Rechnung vom 25.9.1998 beigefügten Liste der Beklagten sind allein 41 Abonnenten genannt, von denen gar keine Zahlung einging und für die die Beklagte jetzt Sprungbelege vorgelegt hat. In letzteren ist auch die Anschrift des jeweiligen Abonnenten sowie der Beendigungsgrund genannt, der in diesen Fällen sämtlich "keine Zahlung" oder "unbekannt" lautet. Mit diesen Angaben hat die Beklagte alles mitgeteilt, was erforderlich ist, um in diesen Fällen den Wegfall des Provisionsanspruches nachvollziehbar darzutun. Nach Vorlage der Sprungbelege hat die Klägerin auch nur noch gerügt, daß die Angaben der Beklagten nicht ausreichend nachvollziehbar seien und den Anforderungen an eine Abrechnung von Provisionsansprüchen nicht genügten, ohne die Angaben aus den Sprungbelegen zu bestreiten. Nach § 87 a Abs. 2 HGB entfällt der Provisionsanspruch des Handelsvertreters, wenn feststeht, daß der Dritte nicht leistet. Sind keinerlei Zahlungen geleistet worden oder war der Abonnent nicht unter der von ihm angegebenen Anschrift aufzufinden, wurde der Abonnementvertrag nicht weiter durchgeführt und die Voraussetzungen für das Entfallen der Provision lagen vor. Auf die Kündigung des Abonnementvertrages kommt es nicht an, da bei Ausbleiben jeglicher Zahlung die Nichtleistung des Kunden feststeht. Weiterer Angaben bedurfte es nicht, da es sich bei den von der Klägerin geworbenen Zeitungsabonnements um Verträge geringeren Wertes handelt, bei denen der Unternehmer nicht gehalten ist, diese durch aufwendige Nachbearbeitung oder Klage gegen zahlreiche nicht abnahme- und zahlungswillige Kunden durchzusetzen (vgl. auch BGH in BB1971, 1430 und in DB 1983,2136). Eine Stornoreserve, über die von der Beklagten abzurechnen wäre, wurde von der Beklagten unstreitig nicht einbehalten. In den von der Beklagten in ihrer Liste aufgeführten 41 Fällen, in denen keinerlei Zahlung einging und für die sie Sprungbelege vorgelegt hat, hat sie an die Beklagte die dort genannten Provisionen von insgesamt ... € an die Klägerin gezahlt, die den hinterlegten Betrag übersteigen.

Dem Anspruch der Beklagten steht auch nicht der von der Klägerin erhobene Einwand der Verjährung entgegen, denn nach § 216 Abs. 1 BGB ist der Gläubiger durch die Verjährung eines Anspruches dann nicht an der Befriedigung gehindert, wenn für den Anspruch ein Pfandrecht besteht. Hier wirkt die zum Zweck der Sicherheitsleistung erfolgte Hinterlegung wie ein Pfandrecht, das sie nach § 233 BGB begründet. Die Beklagte kann sich daher trotz der oben ausgeführten Verjährung ihres Anspruches aus dem hinterlegten Betrag befriedigen.

Der Feststellungsantrag ist begründet. Nicht die Beklagte sondern die Klägerin haben die Kosten der Hinterlegung zu tragen. Dies folgt aus der Zusatzvereinbarung der Parteien vom 1.4.1997, laut welcher die Klägerin eine Bankbürgschaft bezüglich der Stornoregulierung zur Verfügung stellen sollte. Die Verpflichtung zur Sicherheitsleistung umfaßt auch die Kostentragung der durch die Hinterlegung der bürgenden Sparkasse entstehenden Kosten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht nach § 709 ZPO.

Rechtsgebiete

Vertriebsrecht