Parabolantenne für deutsche Mieter polnischer Herkunft - Gemeinschaftsrechtliche Dimension
Gericht
BGH
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
16. 11. 2005
Aktenzeichen
VIII ZR 5/05
Zum Anspruch des Mieters gegen den Vermieter, die Anbringung einer Parabolantenne am Balkon der Mietwohnung zu dulden.
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der Zivilkammer 65
des Landgerichts Berlin vom 30. November 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht
zurückverwiesen.
Die Anschlussrevision der Klägerin ist gegenstandslos.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin, ein Wohnungsunternehmen, ist Eigentümerin eines Gebäudes
in Berlin. Sie vermietete ab dem 1. Oktober 1981 an die Beklagten
- deutsche Staatsangehörige polnischer Herkunft - eine im 11./12. Obergeschoss
gelegene Wohnung, die an das Breitbandkabelnetz der Deutschen Telekom
angeschlossen ist. Die Beklagten brachten auf dem Balkon ihrer Wohnung
eine Parabolantenne an, die sie an der Balkonbrüstung befestigten. Dem
Beseitigungsverlangen der Klägerin kamen sie nicht nach.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin im Wesentlichen begehrt, die Beklagten
zu verurteilen, die Parabolantenne zu entfernen und es zu unterlassen, Antennen
an der Wohnung, insbesondere im Balkonbereich, ohne Zustimmung der
Klägerin zu installieren. Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt und
mit ihrer hilfsweise erhobenen Widerklage begehrt, die Klägerin zu verurteilen,
die Anbringung einer Satellitenantenne mit einem Durchmesser von 55 cm zu
genehmigen, hilfsweise, einen geeigneten Ort für die Anbringung einer solchen
Satellitenantenne zu bestimmen.
Das Amtsgericht hat der Klage - mit einer gewissen Modifikation gegenüber
dem auf Beseitigung der Parabolantenne gerichteten Antrag - stattgegeben
und hat die Widerklage abgewiesen. Das Landgericht hat die Berufung der
Beklagten - von einer räumlichen Einschränkung des Unterlassungsausspruchs
abgesehen - hinsichtlich der Klage und der bereits im ersten Rechtszug gestellten
Widerklageanträge zurückgewiesen. Dagegen hat es dem weiteren, erstmals
im zweiten Rechtszug gestellten Hilfsantrag zur Widerklage entsprochen
und festgestellt, dass die Klägerin zur Genehmigung der Aufstellung einer Parabolantenne
verpflichtet ist, wenn die Beklagten die Aufstellung nach Maßgabe
des von der Klägerin zu wählenden Aufstellungsortes vornehmen, die Installation
fachgerecht vorgenommen wird, für eine Versicherung Sorge getragen wird
und die Rückbaukosten gegenüber der Klägerin sichergestellt werden.
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehren die Beklagten
weiterhin, dass die Klage abgewiesen wird, hilfsweise, dass ihren vorrangigen
Widerklageanträgen stattgegeben wird. Die Klägerin hat sich der Revision
angeschlossen und wendet sich gegen ihre Verpflichtung zur Erteilung
einer Genehmigung gemäß dem Feststellungsantrag der Widerklage.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in AfP 2005, 87 veröffentlicht
ist, hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
Das Amtsgericht habe die Beklagten - ohne Verstoß gegen § 308 Abs. 1
ZPO - zu Recht zur Entfernung der von ihnen an der Balkonbrüstung angebrachten
Parabolantenne verurteilt, weil es sich bei der ohne Zustimmung der
Klägerin eigenmächtig vorgenommenen Installation der Parabolantenne um
einen vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache und darüber hinaus um einen
widerrechtlichen Eingriff in die Bausubstanz handele. Die Installation verstoße
auch gegen Nr. 7 Abs. 1 Buchst. e der Allgemeinen Vertragsbestimmungen
(AVB) zum Mietvertrag, wonach die Anbringung einer solchen Antenne der vorherigen
schriftlichen Zustimmung der Klägerin bedürfe. Ein Anspruch auf Erteilung
der Zustimmung hinsichtlich der gegenwärtig an der Balkonbrüstung angebrachten
Antenne stehe den Beklagten nach Treu und Glauben und auch unter
Berücksichtigung ihres Grundrechts aus Art. 5 Abs. 1 GG nicht zu, weil sie nicht
dargetan hätten, mit der von ihnen gewählten Installation den geringstmöglichen
Eingriff in das Eigentum der Klägerin vorgenommen zu haben. Zwar hätten
die Beklagten erklärt, die Klägerin von allen Kosten freizustellen, sie hätten
jedoch weder eine fachmännische Installation der Anlage noch den Abschluss
einer Schadensversicherung schlüssig dargelegt. Die vorgelegten Fotografien
belegten darüber hinaus einen Eingriff in die Außengestaltung der Gebäudefassade
durch die Parabolantenne, auch wenn die Störung des Anblicks von der
Straße aus relativ geringfügig sei. Zudem hätten die Beklagten durch die Verschraubung
mit dem Balkongeländer unter Herausnahme eines Teils der Balkonbrüstung
in die Bausubstanz eingegriffen.
Die Hilfswiderklage der Beklagten sei - als Spiegelbild der Klage - unbegründet,
soweit sie sich auf Verurteilung der Klägerin zur Genehmigung der
streitgegenständlichen Parabolantenne richte, und unzulässig, soweit die Klägerin
hilfsweise verurteilt werden solle, einen geeigneten Ort zur Aufstellung
einer solchen Antenne zu bestimmen; zwar stehe den Beklagten unter bestimmten
Voraussetzungen ein Anspruch auf Erteilung der Genehmigung zur
Aufstellung einer Parabolantenne zu, der Widerklageantrag sei jedoch für eine
Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung zu unbestimmt gefasst.
Der auf Feststellung gerichtete Hilfswiderklageantrag sei dagegen zulässig
- insbesondere sachdienlich (§ 533 ZPO) - und auch begründet. Die Beklagten
hätten unter den im Urteilsausspruch näher umschriebenen Voraussetzungen
einen Anspruch auf Genehmigung der Aufstellung einer Parabolantenne.
Den Beklagten stehe aufgrund ihrer durch Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG und Art. 10
Abs. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) geschützten Informationsfreiheit sowie der durch Art. 49 des EG-Vertrags gewährleisteten
Dienstleistungsfreiheit ein Anspruch auf ungehinderten Zugang zu den von ihnen
frei wählbaren Informationsquellen zu. Daraus folge aus Sicht der erkennenden
Kammer, dass der Mieter unter den genannten Voraussetzungen auch
bei vorhandenem Kabelanschluss grundsätzlich Anspruch darauf habe, eine
Satellitenantenne zu installieren, um alle Fernsehprogramme empfangen zu
können, die er empfangen möchte. Ein besonderes Informationsinteresse des
Mieters - insbesondere an ausländischen Programmen - sei dafür entgegen der
bisherigen Rechtsprechung der Zivilgerichte sowie des Bundesverfassungsgerichts
und des Berliner Verfassungsgerichtshofs nicht Voraussetzung. Deshalb
hätten auch die Beklagten - unabhängig von dem von ihnen vorgetragenen besonderen
Interesse am Empfang bestimmter polnischsprachiger und religiöser
Sender - Anspruch darauf, diejenigen Fernsehkanäle zu empfangen, die sie
empfangen wollten. Der Anspruch des Mieters werde nur durch den Einwand
des Rechtsmissbrauchs begrenzt, der etwa im Falle einer sehr hohen und langfristigen
Kongruenz zwischen Kabel- und Satellitenangebot durchgreifen könne.
Dies sei jedoch vorliegend nicht ersichtlich.
II.
9 Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Die Ausführungen des Berufungsgerichts
zur Begründetheit der Klage halten der rechtlichen Nachprüfung nicht
stand. Die bisherigen Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts, soweit
sie rechtsfehlerfrei getroffen worden sind, rechtfertigen den Klageanspruch
nicht, so dass das Berufungsurteil mit der gegebenen Begründung keinen Bestand
haben kann.
1. Vergeblich rügt die Revision, dass in dem vom Berufungsgericht
bestätigten Ausspruch des Amtsgerichts zur Beseitigung der Parabolantenne
ein Verstoß gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO liege. Die Revision meint, ein solcher
Verstoß sei gegeben, weil die auf dem Balkon zuletzt installierte Antenne,
zu deren Entfernung die Beklagten verurteilt worden seien, nicht der im Klageantrag
näher bezeichneten Antenne entspreche. Dies trifft nicht zu.
Nach § 308 Abs. 1 ZPO ist das Gericht nicht befugt, einer Partei etwas
zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt,
die Beklagten zu verurteilen, die auf dem Balkon angebrachte Parabolantenne
"mit einem Durchmesser von ca. 80 x 100 cm" zu entfernen; das Amtsgericht
hat die Beklagten - unter Weglassung dieser Größenangabe - zur Beseitigung
der auf dem Balkon installierten Antenne verurteilt. Darin hat das Berufungsgericht
zu Recht keine Überschreitung des Klageantrags gesehen. Zutreffend
haben die Vorinstanzen - was der uneingeschränkten Überprüfung durch
das Revisionsgericht unterliegt (BGH, Urteil vom 7. Mai 1998 - I ZR 85/96, NJW
1998, 3350, unter II 2) - den Antrag der Klägerin dahin ausgelegt, dass sie die
Entfernung der zuletzt auf dem Balkon installierten Parabolantenne
- unabhängig von deren tatsächlicher Größe - verlangt. Entgegen der Auffassung
der Revision diente die Größenangabe im Klageantrag lediglich der Beschreibung
der auf dem Balkon installierten Antenne, nicht dagegen der Eingrenzung
des Streitgegenstandes auf eine bestimmte Antennengröße. Im Übrigen
wäre ein etwaiger Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO dadurch geheilt worden,
dass die Klägerin im Berufungsverfahren die Zurückweisung der Berufung
der Beklagten beantragt hat; damit hat sie sich den Urteilsausspruch des Amtsgerichts
zu eigen gemacht und ihr Klagebegehren entsprechend erweitert
(BGHZ 124, 351, 370; Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 308 Rdnr. 7
m.w.Nachw.).
2. Die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht zu der Annahme
gelangt ist, der Klägerin stehe ein Anspruch auf Beseitigung der vorhandenen
Parabolantenne und auf Unterlassung der Anbringung von Parabolantennen an
der Balkonbrüstung zu, sind dagegen nicht frei von Rechtsfehlern.
Gemäß § 541 BGB kann der Vermieter auf Unterlassung klagen, wenn
der Mieter einen vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache trotz einer Abmahnung
fortsetzt; der Anspruch umfasst auch die Beseitigung eines vom Mieter
geschaffenen vertragswidrigen Zustandes (OLG Düsseldorf, DWW 1992, 116;
MünchKommBGB/Schilling, 4. Aufl., § 541 Rdnr. 16 m.w.Nachw.; vgl. auch Senat,
Urteil vom 26. Juni 1974 - VIII ZR 43/73, NJW 1974, 1463, unter I). Die Anbringung
einer Parabolantenne an der Balkonbrüstung der gemieteten Wohnung
ohne Zustimmung des Vermieters ist vertragswidrig, wenn der Vermieter
nicht - aufgrund einer aus § 242 BGB herzuleitenden Nebenpflicht aus dem
Mietvertrag - verpflichtet ist, die Anbringung einer Parabolantenne durch den
Mieter zu dulden (vgl. Senatsurteil vom 2. März 2005 - VIII ZR 118/04, NJW-RR
2005, 596, unter II 2 m.w.Nachw.). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen für
den von der Klägerin geltend gemachten Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch
hat das Berufungsgericht, wie die Revision mit Recht beanstandet, nicht
rechtsfehlerfrei festgestellt.
a) Es kann dahinstehen, ob die Allgemeinen Vertragsbestimmungen
(AVB) der Klägerin, wie das Berufungsgericht angenommen hat, in den Mietvertrag
der Parteien einbezogen worden sind. Zwar hat die Klägerin eine vorherige
schriftliche Zustimmung zur Anbringung der Antenne, wie sie in Nr. 7 Abs. 1
Buchst. e ihrer AVB vorgesehen ist, nicht erteilt. Dies reicht jedoch für die Begründetheit
der Klage nicht aus. Hinzukommen muss, wie ausgeführt, dass dem
Mieter - unabhängig von der fehlenden Zustimmung des Vermieters - ein Anspruch
auf Duldung der Antenne durch den Vermieter nicht zusteht. Deshalb
kann sich der Vermieter, der die Beseitigung einer vom Mieter angebrachten
Parabolantenne verlangt, nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht auf das
bloße Fehlen seiner Zustimmung berufen, wenn er diese hätte erteilen müssen
(dolo-petit-Einrede; Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 8. Aufl., § 541 Rdnr. 24).
Auch das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die fehlende Zustimmung
allein den Klageanspruch nicht rechtfertigt, und hat deshalb - im Ansatz
zutreffend - weiter geprüft, ob die Beklagten einen Anspruch auf Erteilung der
Zustimmung haben, ob also die Klägerin verpflichtet ist, die angebrachte Antenne
zu dulden.
b) Das Berufungsgericht hat einen solchen Anspruch der Beklagten mit
der Begründung verneint, die Beklagten hätten - unabhängig von der Frage, ob
auf ihrer Seite ein besonderes Informationsinteresse (Art. 5 GG) bestehe und
ob dieses höher zu gewichten sei als das Eigentumsrecht der Klägerin (Art. 14
GG) - jedenfalls nicht dargetan, mit der von ihnen gewählten Installation den
geringstmöglichen Eingriff in das Eigentum der Klägerin vorgenommen zu haben.
Dies hält den Angriffen der Revision nicht stand.
aa) Zu Recht rügt die Revision die Annahme des Berufungsgerichts, die
Beklagten hätten - unabhängig von der sonst erforderlichen Grundrechtsabwägung
- allein deshalb keinen Anspruch auf Duldung der Antenne durch die Klägerin,
weil sie weder die fachmännische Installation der Satellitenanlage noch
den Abschluss einer Schadensversicherung schlüssig dargelegt hätten.
(1) Zwar trifft es zu, dass der Vermieter die Anbringung einer Parabolantenne
- abgesehen von weiteren Voraussetzungen - selbstverständlich nur zu
dulden hat, wenn die Antenne zur Vermeidung von Gefahren für Dritte und von
möglichen Sachschäden fachgerecht installiert wird (vgl. OLG Frankfurt am
Main, NJW 1992, 2490; OLG Karlsruhe, NJW 1993, 2815; Münch-
KommBGB/Schilling, aaO, § 535 Rdnr. 83; Schmidt-Futterer/Blank, aaO,
Rdnr. 14). Jedoch durfte das Berufungsgericht den Duldungsanspruch der Beklagten
nicht mit der Begründung insoweit unzureichenden Tatsachenvortrags
der Beklagten verneinen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die fachgerechte
Installation, wie das Berufungsgericht angenommen hat, als Voraussetzung des
Duldungsanspruchs der Beklagten von diesen darzulegen und zu beweisen ist
oder ob, wie die Revision meint, dem Vermieter die Darlegungs- und Beweislast
für eine unfachmännische Anbringung der Antenne obliegt, wenn er - wie hier -
die Beseitigung eines nach seiner Behauptung vertragswidrigen Zustands verlangt.
Selbst wenn der Auffassung des Berufungsgerichts zu folgen wäre, kann
dessen Entscheidung keinen Bestand haben. Denn nach dem Tatbestand des
erstinstanzlichen Urteils, auf den das Berufungsgericht ausdrücklich Bezug genommen
hat, haben die Beklagten durchaus behauptet, die Antenne sei an der
Balkonbrüstung fachmännisch angebracht worden. Dieses Vorbringen der Beklagten,
das in den von der Revision angeführten Schriftsätzen näher ausgeführt
und durch Fotos veranschaulicht worden ist, war hinreichend substantiiert
und ist vom Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft übergangen worden (§ 286
ZPO). Auf diesem Verfahrensfehler beruht die Entscheidung des Berufungsge-
richts, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Berufungsgericht zu
einer anderen Entscheidung gelangt wäre, wenn es sich mit dem Sachvortrag
der Beklagten und den vorgelegten Fotos näher auseinandergesetzt hätte. Sofern
sich das Berufungsgericht außer Stande gesehen hätte, sich von der fachmännischen
Anbringung der Antenne anhand der vorgelegten Fotos ein eigenes
Bild zu verschaffen, hätte es die Antenne in Augenschein nehmen oder eine
Begutachtung durch einen Sachverständigen anordnen können (§ 144
Abs. 1 Satz 1 ZPO).
(2) Auch die weiteren Ausführungen des Berufungsgerichts, die Beklagten
hätten den Abschluss einer Schadensversicherung nicht schlüssig dargelegt,
tragen den zuerkannten Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch der
Klägerin nicht. Es bedarf keiner Entscheidung, ob ein Vermieter vom Mieter den
Abschluss einer Haftpflichtversicherung zur Abdeckung möglicher Schäden, die
von einer Parabolantenne verursacht werden können, verlangen darf (so OLG
Karlsruhe, aaO; Schmidt-Futterer/Blank, aaO, Rdnr. 24). Ein solcher Anspruch
kann erst dann in Betracht kommen, wenn der Vermieter unter der Voraussetzung
einer gegebenenfalls abzuschließenden Versicherung bereit oder
- aufgrund des grundrechtlich geschützten Informationsinteresses des Mieters
(Art. 5 Abs. 1 GG) - verpflichtet ist, die Antenne zu dulden. Ein Mieter muss keine
Versicherung für eine Antenne abschließen, die er ohnehin nicht aufstellen
darf oder umgehend entfernen muss. Dass den Beklagten unter dem genannten
verfassungsrechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Duldung der Antenne
- abgesehen von der Frage des Versicherungsschutzes - grundsätzlich
zustehe, hat das Berufungsgericht im Rahmen seiner Entscheidung über die
Verurteilung der Beklagten gemäß den Klageanträgen aber weder geprüft noch
festgestellt. Die dafür erforderliche Grundrechtsabwägung hat es - anders als
das Amtsgericht - in diesem Zusammenhang unterlassen. Soweit es einen entsprechenden Duldungsanspruch der Beklagten im Rahmen seiner Entschei-
dung über deren Hilfswiderklage grundsätzlich bejaht hat, sind seine Ausführungen
rechtsfehlerhaft (dazu unter III.) und deshalb nicht geeignet, den Begründungsmangel
an dieser Stelle aufzufüllen.
Bei dieser Sachlage könnte die Entscheidung des Berufungsgerichts hinsichtlich
der Verpflichtung der Beklagten zur Beseitigung der vorhandenen Antenne
wegen fehlenden Versicherungsschutzes allenfalls dann Bestand haben,
wenn die Klägerin unter der Voraussetzung nachgewiesenen Versicherungsschutzes
ohne weiteres bereit gewesen wäre, die vorhandene Antenne zu dulden,
oder wenn die Beklagten beansprucht hätten, die Antenne auch ohne versicherungsmäßige Absicherung aufstellen zu dürfen. An beidem fehlt es hier.
Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass die Klägerin den Abschluss
einer solchen Versicherung von den Beklagten verlangt hätte und unter dieser
Voraussetzung etwa bereit gewesen wäre, die Antenne zu gestatten. Dies ist
auch im Übrigen nicht ersichtlich. Vielmehr hat die Klägerin vorprozessual
ebenso wie im laufenden Rechtsstreit den Standpunkt vertreten, die Beklagten
seien schon aus anderen Gründen zur Beseitigung der Parabolantenne verpflichtet.
Auch hat das Berufungsgericht nicht festgestellt, dass die Beklagten
den Abschluss einer Haftpflichtversicherung für die Parabolantenne etwa verweigert
hätten. Die Beklagten haben im Gegenteil, wie das Berufungsgericht
nicht verkennt, vorgetragen, über eine entsprechende Haftpflichtversicherung
bereits zu verfügen. Dass der von den Beklagten dafür vorgelegte Versicherungsnachweis
sich nicht auf eine Haftpflichtversicherung, sondern auf eine
Rechtsschutzversicherung bezieht, rechtfertigt nicht ohne weiteres die Schlussfolgerung,
die Beklagten seien nicht zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung
bereit, wenn davon die Genehmigung der Antenne abhängen sollte.
bb) Auch die Tatsachenfeststellungen, die das Berufungsgericht zum
Eingriff in das Eigentumsrecht der Klägerin (Art. 14 Abs. 1 GG) getroffen hat,
reichen nicht aus, um einen Anspruch der Beklagten auf Duldung der von ihnen
angebrachten Antenne ohne weiteres zu verneinen und - dementsprechend -
den Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch der Klägerin für begründet zu
halten. Die vom Berufungsgericht als geringfügig beurteilte Beeinträchtigung
der Außenfassade und der festgestellte Substanzeingriff sind dafür nicht
schwerwiegend genug. Es kann nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden
Sachvortrag der Beklagten nicht von vornherein ausgeschlossen werden,
dass die Klägerin die Beeinträchtigung ihres Eigentums durch die von den
Beklagten angebrachte Antenne im Hinblick auf ein möglicherweise bestehendes
und vorrangiges besonderes Informationsinteresse der Beklagten (Art. 5
Abs. 1 GG) hinnehmen muss.
III.
Die Entscheidung des Berufungsgerichts hinsichtlich der Verurteilung der
Beklagten gemäß den Klageanträgen kann somit keinen Bestand haben; sie
stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Das Berufungsgericht
hat zwar eine Grundrechtsabwägung, die es im Zusammenhang
mit der Klage versäumt hat, im Rahmen der Begründung seiner Entscheidung
über die Hilfswiderklage nachgeholt. Diese Ausführungen sind jedoch nicht geeignet,
der Klage zum Erfolg zu verhelfen, weil den Beklagten danach - wollte
man der Auffassung des Berufungsgericht folgen - gegen die Klägerin ein Anspruch
auf Duldung einer Parabolantenne grundsätzlich zustünde und die Beseitigungs-
und Unterlassungsklage somit - vorbehaltlich der oben unter 2 b
erörterten Fragen - unbegründet wäre.
Andererseits kann der Senat aber auch nicht gemäß § 563 Abs. 3 ZPO
unter Zugrundelegung der vom Berufungsgericht im Rahmen der Hilfswiderklage
vorgenommenen Grundrechtsabwägung in der Sache selbst zu Lasten der
Klägerin entscheiden; denn diese Abwägung ist rechtsfehlerhaft und wird vom
Berufungsgericht auf der Grundlage der dafür erforderlichen Tatsachenfeststellungen
unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut vorzunehmen
sein.
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE
90, 27; Beschluss vom 24. Januar 2005 - 1 BvR 1953/00, NJW-RR 2005, 661;
Beschluss vom 17. März 2005 - 1 BvR 42/03, zur Veröffentlichung bestimmt) ist
dem Grundrecht des Mieters aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 GG, sich aus
allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten, auch in zivilgerichtlichen
Streitigkeiten über die Anbringung von Satellitenempfangsanlagen
an Mietwohnungen Rechnung zu tragen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das
- gleichrangige - Grundrecht des Vermieters als Eigentümer aus Art. 14 Abs. 1
Satz 1 GG berührt ist, wenn von ihm verlangt wird, eine Empfangsanlage an
seinem Eigentum zu dulden. Das erfordert in der Regel eine fallbezogene Abwägung
der von dem eingeschränkten Grundrecht und dem grundrechtsbeschränkenden
Gesetz geschützten Interessen, die im Rahmen der auslegungsfähigen
Tatbestandsmerkmale des bürgerlichen Rechts (§§ 535 Abs. 1 Satz 1
und 2, 242 BGB) vorzunehmen ist (BVerfGE 90, 27, 32 ff.; BVerfG, Beschluss
vom 24. Januar 2005, aaO, unter II 2 b aa; Senatsurteil vom 2. März 2005
- VIII ZR 118/04, NJW-RR 2005, 596, unter II 2 a m.w.Nachw.). An diesen
Grundsätzen, die eine Abwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des
Einzelfalles fordern, für die sich jede schematische Lösung verbietet, hält der
Senat fest.
2. Das Berufungsgericht meint, der Mieter habe in der Regel auch bei
vorhandenem Kabelanschluss zur Befriedigung weitergehender Informationsinteressen
ohne weiteres einen Anspruch auf Anbringung einer für den Satellitenempfang
erforderlichen Parabolantenne. Dem ist nicht zu folgen. Die Auffas-
sung des Berufungsgerichts trägt dem grundrechtlich geschützten Interesse des
Eigentümers an der baulich und optisch ungeschmälerten Erhaltung seines Gebäudes
nicht hinreichend Rechnung.
a) In der Rechtsprechung und im Schrifttum ist anerkannt, dass in einem
Mietverhältnis dem durch Art. 5 Abs. 1 GG grundrechtlich geschützten Informationsbedürfnis des Mieters in der Regel hinreichend Rechnung getragen wird,
wenn der Vermieter einen Breitbandkabelanschluss bereitstellt (vgl. Senatsurteil
vom 2. März 2005, aaO; OLG Frankfurt am Main und OLG Karlsruhe, aaO;
MünchKommBGB/Schilling, aaO, § 535 Rdnr. 79 ff.; Schmidt-Futterer/ Eisenschmid,
aaO, § 535 Rdnr. 390 f. m.w.Nachw.). Dies gilt auch gegenüber
dem ausländischen Mieter, wenn für ihn über den Kabelanschluss ein ausreichender
Zugang zu Programmen in seiner Sprache und aus seinem Heimatland
besteht (BVerfG, Beschlüsse vom 24. Januar 2005 und vom 17. März 2005,
aaO; Schmidt-Futterer/Eisenschmid, aaO, Rdnr. 394 ff., 397 ff. m.w.Nachw.). In
diesem Fall ist auch gegenüber einem ausländischen Mieter ein sachlicher
Grund für eine Versagung der Genehmigung zur Aufstellung einer Parabolantenne
gegeben. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts reicht es
- auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten - für einen Anspruch des
Mieters auf Duldung einer Parabolantenne durch den Vermieter nicht aus, dass
über eine Satellitenempfangsanlage im Vergleich zum Breitbandkabelanschluss
eine größere Anzahl von Programmen empfangen werden kann. Vielmehr
kommt es darauf an, ob bereits der vorhandene Kabelanschluss geeignet ist,
das geltend gemachte Informationsinteresse des Mieters hinreichend zu befriedigen
(vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Januar 2005, aaO, unter bb) (2)).
b) Ein grundsätzlicher Vorrang des Informationsinteresses des Mieters
vor den Eigentumsinteressen des Vermieters ergibt sich - anders als das Berufungsgericht
meint - auch nicht aus dem Recht der Europäischen Gemeinschaf-
ten (vgl. zur Anwendung der allgemeinen Grundsätze des freien Waren- und
Dienstleistungsverkehrs auf dem Gebiet der Nutzung von Parabolantennen:
Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften vom 27. Januar
2001 - KOM (2001) 351 endg.; dazu Dörr, WuM 2002, 347, 351). Die in Art. 49
des EG-Vertrags geregelte Dienstleistungsfreiheit, auf die sich der Mieter berufen
kann, ist nicht schrankenlos gewährleistet (vgl. nur EuGH, Urteil vom
30. November 1995 - Rs. C-55/94, Slg. 1995, I-4165 Rdnr. 37); gleiches gilt für
die in Art. 10 EMRK gewährleistete Informationsfreiheit (zum Empfang ausländischer
Fernsehprogramme über Satellit EGMR, Urteil vom 22. Mai 1990
- Nr. 15/1989/175/231, NJW 1991, 620). Da auch das Eigentumsrecht von der
Gemeinschaftsrechtsordnung geschützt wird (EuGH, Urteil vom 13. Dezember
1979 - Rs. 44/79, Slg. 1979, 3727 Rdnr. 17 ff.; Urteil vom 5. Oktober 1994
- Rs. C-280/93, Slg. 1994, I-4973 Rdnr. 77 f.), haben die Gerichte der Mitgliedsstaaten
bei der Auslegung und Anwendung des Gemeinschaftsrechts den berechtigten
Interessen auch des Eigentümers Rechnung zu tragen, so dass es
- ebenso wie im nationalen Recht - einer Abwägung der vom Gemeinschaftsrecht
geschützten Rechtspositionen unter Berücksichtigung der Umstände des
Einzelfalls bedarf. Dass hierbei dem Wunsch des Mieters, weitere Hörfunk-
oder Fernsehprogramme mittels einer Parabolantenne empfangen zu können,
von vorneherein der Vorrang vor den Interessen des Eigentümers einzuräumen
wäre, lässt sich dem Gemeinschaftsrecht nicht entnehmen.
3. Die Abwägung, ob das Informationsrecht des Mieters aus Art. 5 Abs. 1
GG im konkreten Fall das Eigentumsrecht des Vermieters aus Art. 14 Abs. 1
Satz 1 GG überwiegt, ist grundsätzlich dem Tatrichter vorbehalten (vgl. Senatsurteil
vom 2. März 2005, aaO, unter II 2 b). Das Berufungsgericht hat eine solche
Abwägung, wie ausgeführt, bisher nicht in der gebotenen Weise vorgenommen
und hat auch nicht die dafür erforderlichen Feststellungen getroffen.
Es hat zwar rechtsfehlerfrei festgestellt, dass das Eigentumsrecht der Klägerin
durch die von den Beklagten installierte Parabolantenne beeinträchtigt wird, hat
aber - von seinem Standpunkt aus folgerichtig (zuvor unter b) - nicht geprüft, ob
ein besonderes Informationsinteresse der Beklagten - insbesondere hinsichtlich
des Empfangs polnischsprachiger Fernsehprogramme - anzuerkennen ist, obwohl
die Wohnung der Beklagten mit einem Breitbandkabelanschluss
ausgestattet ist, und ob die Klägerin die Beeinträchtigung ihres Eigentums im
Hinblick darauf hinnehmen muss. Die dafür erforderlichen Feststellungen und
die Abwägung der widerstreitenden, grundrechtlich geschützten Interessen hat
das Berufungsgericht nachzuholen.
IV.
Aus den dargelegten Gründen ist das Berufungsurteil auf die Revision
der Beklagten, soweit sich diese gegen die Verurteilung der Beklagten richtet,
aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist, da sie nicht zur Endentscheidung
reif ist, zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht
zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 ZPO). Das Berufungsgericht
wird sich insbesondere mit der eingehenden Interessenabwägung, die das
Amtsgericht vorgenommen hat, und dem diesbezüglichen Sachvortrag der Parteien
im Berufungsverfahren auseinanderzusetzen haben.
Dagegen hat der Senat über die Revision der Beklagten im Übrigen - mit
der diese weiterhin hilfsweise die Verurteilung der Klägerin nach ihren vorrangigen,
bereits im ersten Rechtszug gestellten Widerklageanträgen begehren -
sowie über die Anschlussrevision der Klägerin - mit der diese sich gegen das
Berufungsurteil wendet, soweit es dem im zweiten Rechtszug hilfsweise gestellten
Widerklageantrag stattgegeben hat - nicht zu entscheiden. Vor einer Entscheidung
über die Hilfswiderklage ist zunächst erneut über die Berufung der
Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des Amtsgerichts und damit
über die Begründetheit der Klage zu entscheiden. Aus diesen prozessualen
Gründen ist die Anschlussrevision der Klägerin gegenstandslos, was klarstellend
auszusprechen war.
Dr. Deppert
Dr. Leimert
Wiechers
Dr. Frellesen
Hermanns
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