Normaler Verschleiß bei einem Gebrauchtwagen stellt grundsätzlich keinen Mangel - Fahrlässige Beweisvereitelung durch Käufer eines Gebrauchtwagens dar.
Gericht
BGH
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
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Aktenzeichen
VIII ZR 43/05
BGB § 434 Abs. 1
Normaler Verschleiß bei einem Gebrauchtwagen stellt grundsätzlich keinen Mangel
dar.
ZPO §§ 427, 441 Abs. 3 Satz 3, 444, 446, 453 Abs. 2, 454 Abs. 1;
BGB § 242D
Zur Frage der fahrlässigen Beweisvereitelung durch den Käufer eines Gebrauchtwagens,
der ein angeblich mangelhaftes Teil durch eine Werkstatt austauschen lässt,
die das betreffende Teil nicht aufbewahrt, so dass es im Gewährleistungsprozess
gegen den Verkäufer nicht als Beweismittel zur Verfügung steht.
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des
Oberlandesgerichts Stuttgart vom 31. Januar 2005 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger kaufte am 21. Januar 2003 bei der Beklagten, die einen Handel
mit Gebrauchtwagen betreibt, für seine private Nutzung einen Personenkraftwagen
C. , der im April 1994 erstmals zugelassen worden
war und einen Kilometerstand von 191.347 aufwies, zu einem Preis von
4.500 €. Das Fahrzeug wurde dem Kläger am gleichen Tag übergeben. In dem
Kaufvertragsformular ist unter der Überschrift "Sondervereinbarungen" handschriftlich
eingetragen: "Gewährleistung ist gegeben".
Bei einem Kilometerstand von 197.223 erlitt das Fahrzeug einen Defekt
am Turbolader. Mit Anwaltsschreiben vom 13. August 2003 forderte der Kläger
die Beklagte unter Fristsetzung zu einer kostenlosen Reparatur auf. Hierzu war
die Beklagte nicht bereit. Der Kläger ließ den Turbolader durch ein anderes Un-
ternehmen austauschen. Hierfür entstanden ihm Kosten in Höhe von
1.303,38 €.
Der Kläger hat die Beklagte wegen der vorgenannten Reparaturkosten
sowie wegen sonstiger Unkosten von pauschal 25 € zunächst auf Zahlung von
Schadensersatz in Höhe von insgesamt 1.328,38 € nebst Zinsen in Anspruch
genommen. Er hat behauptet, der Turboladerschaden sei am 19. Juli 2003 aufgetreten.
Nachdem das Fahrzeug im Dezember 2003 nach Klageerhebung bei
einem Kilometerstand von 209.428 einen Motorschaden erlitten und der Kläger
die Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 17. Dezember 2003 vergeblich aufgefordert
hatte, das Fahrzeug zurückzunehmen, hat der Kläger die Klage erweitert.
Neben der Zahlung der Reparaturkosten von 1.303,38 € hat er die Erstattung
des Kaufpreises für das Fahrzeug in Höhe von 4.500 € sowie der Kosten
für den Einbau einer Anhängerkupplung in Höhe von 551,50 € verlangt; hiervon
hat er die durch den Gebrauch des Fahrzeugs gezogenen Nutzungen abgesetzt,
die er auf 382,50 € beziffert. Insgesamt hat der Kläger zuletzt Zahlung
von 5.972,38 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs begehrt.
Ferner hat er beantragt, festzustellen, dass sich die Beklagte in Annahmeverzug
befindet.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat
die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen
Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist nicht begründet.
I.
Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung unter anderem in ZGS
2005, 156 veröffentlicht ist, hat zur Begründung ausgeführt:
Dem Kläger stehe kein Schadensersatzanspruch aus §§ 437 Nr. 3, 440,
281 Abs. 1, 280 Abs. 1 und 3 BGB auf Erstattung der Reparaturkosten für den
Turbolader in Höhe von 1.303,38 € zu, weil er für seine Behauptung, bei dem
Turboladerdefekt handele es sich um einen Sachmangel, der bei Gefahrübergang
bereits vorgelegen habe, beweisfällig geblieben sei. Aufgrund der vom
Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme stehe fest, dass der Turboladerdefekt
am 19. Juli 2003 aufgetreten sei. Dahingestellt bleiben könne, ob dieser
Defekt ein Sachmangel sei, was nur dann der Fall sei, wenn es sich nicht um
eine bei Fahrzeugen dieses Typs und dieses Alters mit entsprechender Laufleistung
übliche Verschleißerscheinung handele. Da der Turboladerdefekt erst
nach Gefahrübergang aufgetreten sei, hafte die Beklagte hierfür nur, wenn er
auf einen bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorhandenen Mangel zurückzuführen
sei. Die Mängelursache bleibe gemäß den bindenden Feststellungen
des Landgerichts nach den Ausführungen der beiden Sachverständigen
letztlich offen, da der ausgebaute Turbolader für eine Begutachtung nicht mehr
zur Verfügung stehe. Einerseits komme danach der (schlagartige) Defekt eines
verschlissenen Dichtungsrings innerhalb des Turboladers als Schadensursache
in Betracht. Andererseits bestehe die Möglichkeit, dass sich Teile einer unfachmännisch
eingebauten Papierdichtung am Ansaugkrümmer gelöst hätten
und über den Ölkreislauf in den Turbolader gelangt sein könnten. Diese Möglichkeit
sei aber wenig wahrscheinlich.
Ob § 476 BGB Anwendung finde, wenn die Ursache für einen unstreitig
erst nach Gefahrübergang aufgetretenen Mangel unsicher sei, sei fraglich, könne
jedoch dahingestellt bleiben. Die nach dieser Vorschrift bestehende Vermutung
sei hier jedenfalls deshalb ausgeschlossen, weil sie mit der Art des Mangels
unvereinbar sei. Dies sei bei einem Mangel der Fall, der typischerweise
jederzeit eintreten könne und aus diesem Grund keinen hinreichend wahrscheinlichen
Rückschluss auf sein Vorliegen bereits zur Zeit des Gefahrübergangs
zulasse. Hierbei müsse der Verkäufer die Art des Mangels nicht voll beweisen.
Vielmehr sei ausreichend, wenn der Unternehmer die Tatsachen voll
beweise, die ernstliche Zweifel daran begründeten, dass der Mangel bereits bei
Gefahrübergang vorhanden gewesen sei. Der Turboladerdefekt lasse nicht mit
hinreichender Wahrscheinlichkeit auf das Vorliegen eines Sachmangels bereits
bei Gefahrübergang schließen, weil der Defekt eines Dichtungsrings als in Betracht
kommende Mangelursache nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme
schlagartig eingetreten sei.
Der Kläger, der damit die volle Beweislast für den dem Turboladerdefekt
zugrunde liegenden Mangel trage, habe nicht bewiesen, dass dieser Defekt auf
die nicht fachgerecht eingebaute Papierdichtung am Ansaugkrümmer des Fahrzeugs
zurückzuführen sei. Soweit er in der Berufungsinstanz erstmals behauptet
habe, die reparierte Ölwanne mit groben Verklebungen und die nicht fachgerecht
verbaute Papierdichtung hätten "im Zusammenwirken" zu dem Turboladerdefekt
und dem Motorschaden geführt, handele es sich um ein neues Angriffsmittel,
das gemäß §§ 529 Abs. 1 Nr. 1, 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO nicht
zu berücksichtigen sei. Unabhängig davon habe der Kläger den Zusammenhang
zwischen der Ölwannenreparatur und dem Turboladerschaden nicht substantiiert
und nachvollziehbar dargetan.
Dem Kläger stehe auch kein Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung
einer Haltbarkeitsgarantie aus § 281 Abs. 1 in Verbindung mit § 443 Abs. 1
BGB zu. Eine solche Garantie könne der Sondervereinbarung im Kaufvertrag
"Gewährleistung ist gegeben" nicht entnommen werden. Sie folge nach dem
Ergebnis der Beweisaufnahme auch nicht aus einer mündlichen Nebenabrede.
Weiter sei der Vortrag des Klägers hierzu bereits unschlüssig, da nicht klar
werde, welchen Inhalt die Garantieerklärung haben solle.
Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises
nach §§ 437 Nr. 2, 440, 323 Abs. 1, 326 Abs. 4, 346 Abs. 1 BGB Zug um
Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs unter Anrechnung von Nutzungen. Bei
dem im Dezember 2003 aufgetretenen Motorschaden handele es sich nicht um
einen Sachmangel, weil er nach den Ausführungen des Sachverständigen R.
mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf ein Überdrehen des
Motors zurückzuführen sei, das sowohl durch einen Bedienfehler wie Verschalten
als auch durch ein übermäßiges Hochdrehen des Motors entstanden sein
könne.
Der Kläger könne seinen Rücktritt auch nicht auf eine unsachgemäße
Reparatur der Ölwanne des Fahrzeugs stützen. Insoweit fehle es an der Fristsetzung
zur Nachbesserung, die hier nicht gemäß §§ 440 Satz 1, 281 Abs. 2,
323 Abs. 2 BGB entbehrlich gewesen sei.
Der Vortrag des Klägers in der Berufungsbegründung, die unsachgemäß
reparierte Ölwanne und die nicht fachgerecht verbaute Papierdichtung hätten
im Zusammenwirken zu dem Motorschaden geführt, sei gemäß §§ 529 Abs. 1
Nr. 2, 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO ausgeschlossen und im Übrigen in technischer
Hinsicht nicht substantiiert.
II.
Diese Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung stand, sodass die
Revision zurückzuweisen ist.
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass dem Kläger
kein Schadensersatzanspruch aus §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 und 3, 281 Abs. 1
Satz 1 BGB auf Erstattung der Kosten für den Austausch des Turboladers in
Höhe von 1.303,38 € zusteht. Nach den genannten Vorschriften kann der Käufer
Schadensersatz statt der Leistung verlangen, wenn die Kaufsache mangelhaft
ist. Davon kann hier nicht ausgegangen werden.
a) Gemäß § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB ist die Sache frei von Sachmängeln,
wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat. Nach Satz 2
dieser Bestimmung ist die Sache, soweit ihre Beschaffenheit nicht vereinbart
ist, frei von Sachmängeln, wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte
Verwendung eignet (Nr. 1), sonst, wenn sie sich für die gewöhnliche
Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen
Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann
(Nr. 2). Nach § 446 Satz 1 BGB geht die Gefahr mit Übergabe der verkauften
Sache über. Der hier in Rede stehende Turboladerdefekt, der dazu führte, dass
das Fahrzeug nicht mehr fahrbereit war und abgeschleppt werden musste, ist
zwar eine dem Kläger nachteilige Abweichung der sogenannten Istbeschaffenheit
von der Sollbeschaffenheit. Dieser Defekt lag jedoch bei Übergabe des
Fahrzeugs am 21. Januar 2003 noch nicht vor. Nach den Feststellungen des
Berufungsgerichts ist er am 19. Juli 2003 eingetreten. Eine Sachmängelhaftung
der Beklagten kommt daher insoweit nur in Betracht, wenn der Turboladerdefekt
seinerseits auf eine Ursache zurückzuführen ist, die eine vertragswidrige
Beschaffenheit des Fahrzeugs darstellt und die bei Gefahrübergang bereits
vorhanden war (vgl. Senatsurteil BGHZ 159, 215, 218).
aa) Das Berufungsgericht ist aufgrund der in erster Instanz erstatteten
Gutachten der Sachverständigen W. und R. davon ausgegangen, dass
zwei Schadensursachen in Betracht zu ziehen seien. Zum einen könne ein
schlagartiger Defekt eines Dichtungsrings innerhalb des Turboladers eingetreten
sein. Zum anderen bestehe die – allerdings wenig wahrscheinliche – Möglichkeit,
dass sich Teile einer unfachmännisch eingebauten Papierdichtung am
Ansaugkrümmer des Motors gelöst hätten und über den Ölkreislauf in den Turbolader
gelangt sein könnten. Welche dieser beiden möglichen Schadensursachen
gegeben sei, bleibe letztlich offen, da der ausgebaute Turbolader für eine
Begutachtung nicht mehr zur Verfügung stehe. Dies greift die Revision nicht an.
Die Revision rügt vielmehr, das Berufungsgericht habe den Vortrag des
Klägers in der Berufungsbegründung verfahrensfehlerhaft nicht berücksichtigt,
der Defekt am Turbolader könne auch durch die unsachgemäße Reparatur an
der Ölwanne mit Verklebungen "im Zusammenwirken" mit der nicht fachgerecht
eingebauten Papierdichtung am Ansaugkrümmer hervorgerufen worden sein.
Diese Rüge ist nicht berechtigt. Die Revision wendet sich insoweit nicht gegen
die – zutreffende – Auffassung des Berufungsgerichts, die Voraussetzungen für
eine Zulassung des neuen Vorbringens des Klägers nach § 531 Abs. 2 Satz 1
Nr. 3 ZPO hätten nicht vorgelegen. Sie meint jedoch, der neue Vortrag des Klägers
habe gemäß § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO zugelassen werden müssen,
weil das Landgericht den Kläger entgegen § 139 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1
ZPO nicht darauf hingewiesen habe, dass sich aus dem Gutachten des Sachverständigen
R. ein Mangel des Fahrzeugs in Bezug auf die Ölwanne ergebe,
worauf der Kläger den betreffenden Vortrag bereits in der ersten Instanz
gehalten hätte. Das ist nicht richtig. Bei der materiellen Prozessleitung nach
§ 139 ZPO hat das Gericht das Verfügungsrecht der Parteien über das Streitverhältnis
und deren alleinige Befugnis zur Beibringung des Prozessstoffs zu
beachten. Es ist ihm deshalb verwehrt, auf die Einführung selbständiger, einen
gesetzlichen Tatbestand eigenständig ausfüllender Angriffs- und Verteidigungsmittel
in den Prozess hinzuwirken (BGHZ 156, 269, 270 f. m.w.Nachw.).
Das Landgericht war daher weder berechtigt noch verpflichtet, den Kläger auf
die Möglichkeit hinzuweisen, dass er sein Klagebegehren im Hinblick auf die
Befunde des Sachverständigen gegebenenfalls auf das Vorliegen weiterer
Sachmängel stützen könne. Danach kann dahingestellt bleiben, ob das Berufungsgericht
nicht auch zu Recht angenommen hat, der Kläger habe den Zusammenhang
zwischen der Ölwannenreparatur und dem Turboladerschaden
nicht substantiiert und nachvollziehbar dargelegt.
bb) Bleibt es mithin bei den beiden vom Berufungsgericht in Betracht gezogenen
Ursachen für den hier in Rede stehenden Turboladerdefekt, wäre die
Unaufklärbarkeit, welche dieser Ursachen tatsächlich gegeben ist, unerheblich,
wenn beiden möglichen Schadensursachen eine vertragswidrige Beschaffenheit
des Fahrzeugs zugrunde liegen würde und jeweils davon auszugehen wäre,
dass der betreffende Mangel bereits bei Gefahrübergang bestanden hätte.
Das ist indessen nicht der Fall. Hier fehlt es bereits an ersterem. Zwar stellt eine
unfachmännisch eingebaute Papierdichtung am Ansaugkrümmer des Motors
eine vertragswidrige Beschaffenheit dar. Dagegen muss jedoch der schlagartige
Defekt eines Dichtungsrings im Turbolader nicht notwendigerweise auf einem
Mangel beruhen. Das Berufungsgericht hat dies ausdrücklich offen gelassen.
Angesichts des hohen Alters des gebraucht gekauften Fahrzeugs von rund
neun Jahren und seiner großen Laufleistung von über 190.000 Kilometern liegt
insoweit vielmehr ein normaler Verschleiß nahe, der, sofern wie hier keine besonderen
Umstände gegeben sind, nach der zutreffenden Ansicht des Berufungsgerichts
keinen Mangel darstellt (vgl. zum alten Recht OLG Karlsruhe,
NJW-RR 1988, 1138, 1139; zum neuen Recht OLG Köln, ZGS 2004, 40; KG
ZGS 2005, 76; OLG Celle, NJW 2004, 3566; Reinking/Eggert, Der Autokauf,
9. Aufl., Rdnrn. 1228 ff.; MünchKommBGB/Westermann, 4. Aufl. § 434
Rdnr. 58, jew. m.w.Nachw.; ferner Senatsurteil vom 14. September 2005 – VIII
ZR 363/04, zur Veröffentlichung bestimmt, unter B II 2).
b) Der Umstand, dass nicht mehr zu klären ist, ob der Turboladerdefekt
auf einem Mangel beruht, geht zu Lasten des Klägers. Macht der Käufer – wie
hier der Kläger – Rechte nach § 437 BGB geltend, nachdem er die Kaufsache
entgegengenommen hat, trifft ihn die Darlegungs- und Beweislast für die einen
Sachmangel begründenden Tatsachen (Senatsurteil BGHZ 159, 215, 217 f.
m.w.Nachw.). Das folgt aus § 363 BGB, wonach den Gläubiger, der eine ihm
als Erfüllung angebotene Leistung als Erfüllung angenommen hat, die Beweislast
trifft, wenn er die Leistung deshalb nicht als Erfüllung gelten lassen will, weil
sie eine andere als die geschuldete Leistung oder weil sie unvollständig gewesen
sei.
aa) Aus § 476 BGB, der auf den – hier gegebenen – Verbrauchsgüterkauf
(§ 474 BGB) Anwendung findet, ergibt sich vorliegend nichts anderes.
Nach dieser Vorschrift wird dann, wenn sich innerhalb von sechs Monaten seit
Gefahrübergang ein Sachmangel zeigt, vermutet, dass die Sache bereits bei
Gefahrübergang mangelhaft war, es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art
der Sache oder des Mangels unvereinbar. Nach der Rechtsprechung des Senats
gilt die in § 476 BGB vorgesehene Beweislastumkehr zugunsten des Käufers
nicht für die – hier offene – Frage, ob überhaupt ein Sachmangel vorliegt.
Die Vorschrift setzt vielmehr einen binnen sechs Monaten seit Gefahrübergang
aufgetretenen Sachmangel voraus und enthält eine lediglich in zeitlicher Hinsicht
wirkende Vermutung, dass dieser Mangel bereits im Zeitpunkt des Ge-
fahrübergangs vorhanden war (BGHZ aaO, 218; Urteil vom 14. September
2005, aaO, unter B II 1 b bb (1)).
bb) Aber auch wenn man dieser Meinung nicht folgen und die Beweislastumkehr
des § 476 BGB entgegen dem Wortlaut der Vorschrift und dem
Wortlaut des durch sie umgesetzten (Begründung in BT-Drucks. 14/6040
S. 245) Art. 5 Abs. 3 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie (Richtlinie 1999/44/EG
des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten
Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter,
ABl. EG Nr. L 171 S. 12) aus Gründen des Verbraucherschutzes auf die Ursache
eines sich innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang zeigenden
Sachmangels erstrecken würde, würde sich hier letztlich nichts anderes ergeben,
weil der Kläger den der Beklagten dann obliegenden Beweis des Gegenteils
fahrlässig vereitelt hat.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt in
Anwendung des Rechtsgedankens aus §§ 427, 441 Abs. 3 Satz 3, 444, 446,
453 Abs. 2, 454 Abs. 1 ZPO und § 242 BGB eine Beweisvereitelung vor, wenn
eine Partei ihrem beweispflichtigen Gegner die Beweisführung schuldhaft erschwert
oder unmöglich macht. Dies kann vorprozessual oder während des
Prozesses durch gezielte oder fahrlässige Handlungen geschehen, mit denen
bereits vorhandene Beweismittel vernichtet oder vorenthalten werden. Das Verschulden
muss sich dabei sowohl auf die Zerstörung oder Entziehung des Beweisobjekts
als auch auf die Beseitigung seiner Beweisfunktion beziehen, also
darauf, die Beweislage des Gegners in einem gegenwärtigen oder künftigen
Prozess nachteilig zu beeinflussen. Als Folge der Beweisvereitelung kommen in
solchen Fällen Beweiserleichterungen in Betracht, die unter Umständen bis zur
Umkehr der Beweislast gehen können (z.B. Urteil vom 9. November 1995 – III
ZR 226/94, WM 1996, 208 unter B II 2, insoweit in BGHZ 131, 163 nicht abge-
druckt; Urteil vom 17. Juni 1997 – X ZR 119/94, WM 1998, 204 unter I 4 b; Urteil
vom 27. September 2001 – IX ZR 281/00, WM 2001, 2450 unter II 2 a; Urteil
vom 23. September 2003 – XI ZR 380/00, WM 2003, 2325 unter II 1 a, jew.
m.w.Nachw.).
Hier erfüllt das Verhalten des Klägers die Voraussetzungen einer fahrlässigen
Beweisvereitelung. Der Kläger hätte erkennen können und durch eine
entsprechende Anweisung verhindern müssen, dass die von ihm mit dem Austausch
des defekten Turboladers beauftragte Werkstatt diesen nicht aufbewahrt.
Soweit die Revision nach Schluss der Revisionsverhandlung durch nicht
nachgelassenen Schriftsatz geltend macht, der defekte Turbolader habe gegen
Lieferung eines Austauschteils in das Werk des Herstellers geschickt werden
"müssen", handelt es sich um in der Revisionsinstanz nach § 559 ZPO unzulässigen
neuen Tatsachenvortrag, der zudem nicht einsichtig ist. Der Kläger
hätte bedenken müssen, dass der defekte Turbolader in dem von ihm zum
Zeitpunkt des Austausches bereits erwogenen Schadensersatzprozess gegen
die Beklagte als Beweismittel benötigt werden würde und deswegen aufbewahrt
werden musste. In dem Schreiben seines Anwalts vom 13. August 2003, mit
dem er die Beklagte unter Fristsetzung zu einer kostenlosen Reparatur aufforderte,
kündigte der Kläger nämlich bereits an, dass er das Fahrzeug nach
fruchtlosem Fristablauf in einer anderen Werkstatt reparieren lassen, der Beklagten
die dadurch entstehenden Kosten in Rechnung stellen und diesen Anspruch
notfalls gerichtlich geltend machen werde.
Keiner Entscheidung bedarf es, ob die lediglich fahrlässige Beweisvereitelung
des Klägers als Rechtsfolge eine – im Hinblick auf die hier unterstellte
Anwendung des § 476 BGB erneute – Beweislastumkehr rechtfertigt, die also
wieder zur Beweislast des Klägers für die Verursachung des Turboladerdefekts
durch einen Mangel zurückführt. Zumindest ist der durch die Beweisvereitelung
des Klägers am Vollbeweis gehinderten Beklagten eine Beweiserleichterung in
der Form zu gewähren, dass der nach dem vom Berufungsgericht in Übereinstimmung
mit dem Landgericht festgestellten Ergebnis der Beweisaufnahme
wahrscheinlichste Geschehensablauf als von der Beklagten bewiesen angesehen
wird. Das ist die Verursachung des Turboladerdefekts durch einen schlagartigen
Defekt eines Dichtungsrings innerhalb des Turboladers infolge eines
normalen Verschleißes, der angesichts des hohen Alters und der großen Laufleistung
des Fahrzeugs keinen Mangel darstellt (vgl. oben unter II 1 a).
Nach alledem kann dahingestellt bleiben, ob das Berufungsgericht zu
Recht angenommen hat, dass eine etwaige Beweislastumkehr nach § 476 BGB
hier nach der Art des Mangels ausgeschlossen ist.
2. Zu Recht hat das Berufungsgericht weiter den vom Kläger geltend
gemachten Anspruch aus §§ 437 Nr. 2, 323 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB auf Rückgewähr
des Kaufpreises für das von ihm erworbene Fahrzeug in Höhe von
4.500 € wegen Rücktritts vom Kaufvertrag verneint. Wie der vorstehend behandelte
Schadensersatzanspruch aus § 437 Nr. 3 BGB setzt der Rücktritt vom
Kaufvertrag nach § 437 Nr. 2 BGB voraus, dass die Kaufsache gemäß § 434
BGB mangelhaft ist. Davon kann auch im vorliegenden Zusammenhang nicht
ausgegangen werden.
a) Der Motorschaden hat zum Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeugs
am 21. Januar 2003 noch nicht vorgelegen, sondern ist erst lange danach im
Dezember 2003 aufgetreten. Eine Sachmängelhaftung der Beklagten kommt
daher insoweit nur in Betracht, wenn der Motorschaden seinerseits auf eine
Ursache zurückzuführen ist, die eine vertragswidrige Beschaffenheit des Fahrzeugs
darstellt und die bereits bei Gefahrübergang vorhanden war (vgl. Senatsurteil
BGHZ 159, 215, 218 und oben unter II 1 a). Dafür hat der Kläger we-
der etwas vorgetragen noch den ihm nach § 363 BGB obliegenden (vgl. BGHZ
aaO, 217 f. sowie oben unter II 1 b) Beweis erbracht. Das gilt auch dann, wenn
das Berufungsgericht, wie die Revision rügt, zu Unrecht gemäß den Ausführungen
des Sachverständigen R. angenommen hätte, dass der Motorschaden
nicht auf einem Mangel des Fahrzeugs, sondern auf einem Überdrehen des
Motors infolge eines Bedienungsfehlers beruht. § 476 BGB hilft dem Kläger insoweit
schon deswegen nicht weiter, weil sich der Motorschaden nicht innerhalb
von sechs Monaten seit Gefahrübergang, sondern erst mehr als zehn Monate
danach gezeigt hat.
b) Die fehlerhaft verbaute Papierdichtung am Ansaugkrümmer stellt zwar
einen Mangel dar. Der Kläger hat jedoch auch insoweit nicht den ihm obliegenden
Beweis erbracht, dass dieser Mangel bereits bei Übergabe des Fahrzeugs
vorgelegen hat. § 476 BGB hilft dem Kläger wiederum nicht weiter, weil sich die
fehlerhaft verbaute Papierdichtung nicht innerhalb von sechs Monaten nach
Übergabe des Fahrzeugs gezeigt hat, sondern erst von dem Sachverständigen
R. bei der Untersuchung des Fahrzeugs am 11. Mai 2004 entdeckt worden
ist, wie die Revisionserwiderung zu Recht geltend macht.
Darüber hinaus scheitert ein Rücktritt des Klägers wegen der fehlerhaft
verbauten Papierdichtung auch daran, dass der Kläger der Beklagten insoweit
nicht gemäß §§ 437 Nr. 2, 323 Abs. 1 BGB eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt
hat. Dies war entgegen der Ansicht der Revision nicht deswegen nach § 323
Abs. 2 Nr. 1 oder § 440 Satz 1 BGB entbehrlich, weil die Beklagte den Austausch
des Turboladers abgelehnt hatte. Darin liegt keine ernsthafte und endgültige
Verweigerung der Reparatur der Papierdichtung, weil davon zum Zeitpunkt
des Turboladerdefekts noch keine Rede war.
c) Soweit sich die Revision für den Rücktritt des Klägers vom Kaufvertrag
erstmals in dem vorliegenden Rechtsstreit auf den Turboladerdefekt beruft, ist
der Rücktritt schon deswegen nicht gerechtfertigt, weil aus den oben (unter II 1)
dargelegten Gründen kein Mangel gegeben ist.
3. Aus den vorgenannten Gründen (unter II 2) steht dem Kläger auch
kein Anspruch aus §§ 437 Nr. 3, 284 BGB auf Ersatz vergeblicher Aufwendungen
für den Einbau einer Anhängerkupplung zu (vgl. insoweit Senatsurteil vom
20. Juli 2005 – VIII ZR 275/04, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).
4. Zu Recht hat das Berufungsgericht schließlich einen Schadensersatzanspruch
des Klägers aus §§ 281 Abs. 1, 443 Abs. 1 BGB wegen Nichterfüllung
einer Garantie verneint. Ohne Erfolg rügt die Revision, das Berufungsgericht
habe gegen § 286 ZPO verstoßen, weil es den vom Kläger zum Beweis für die
Abgabe einer Garantieerklärung benannten Gesellschafter der Beklagten nicht
vernommen habe. Die Voraussetzungen für eine Vernehmung des vertretungsberechtigten
Gesellschafters als Partei (§§ 445, 448 ZPO) lagen nicht vor, weil
das Berufungsgericht die Behauptung des Klägers, die Beklagte habe die Man-
gelfreiheit des verkauften Fahrzeugs "garantiert", zutreffend und von der Revision
unbeanstandet als nicht schlüssig angesehen hat.
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